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»Noch einmal!« sagte der junge Leichtmatrose sehr kühl, nachdem er das Loch mit einem Thonpfropfen verschlossen hatte.

Der Wasserstand im Kegel war wieder stationär geworden, der freie Innenraum aber wieder um 21 Centimeter in der Höhe vermindert. Das Athmen ward beschwerlicher, denn es trat langsam ein Mangel an Sauerstoff ein. Man bemerkte das auch an der Flamme der Laterne, welche einen röthlichen Schimmer annahm und an Leuchtkraft verlor.

Dreizehntel Meter oberhalb des ersten Loches begann Dick Sand auf die nämliche Weise ein zweites zu bohren. Mißglückte der Versuch auch hier, so drohte zwar das Wasser im Kegel noch höher zu steigen… doch diese Gefahr mußte man eben in den Kauf nehmen.

Während Dick Sand mit seinem Bohrer arbeitete, hörte man plötzlich Vetter Benedict ausrufen:

»Ah, zum Teufel!… da… da haben wir’s ja!«

Herkules erhob die Laterne und ließ ihr Licht auf Vetter Benedict fallen, dessen Angesicht die tiefste Befriedigung ausdrückte.

»Ja, da haben wir’s, warum diese intelligenten Termiten ihren Bau aufgegeben haben. Sie fühlten die Ueberschwemmung schon voraus! O, der Instinct, meine Freunde, der Instinct! Sind pfiffiger als wir, diese Termiten, weit, weit pfiffiger!«

Das war so die ganze Moral, welche Vetter Benedict aus der thatsächlich verzweifelten Situation zog.

Eben zog Dick Sand den durch die Wand gedrungenen Ladestock zurück. Es entstand ein Pfeifen und wiederum stieg das Wasser im Innern des Kegels… das Loch hatte die freie Luft noch immer nicht getroffen!

Die Lage ward allgemach schrecklich. Mrs. Weldon, welche jetzt das Wasser fast erreichte, hielt den kleinen Jack in ihren Armen hoch. Alle erstickten fast in dem engen Raume. Ihre Ohren summten. Die Laterne verbreitete nur noch ein unzulängliches Licht.

»Steht denn der Kegel wirklich gänzlich unter Wasser?« murmelte Dick Sand.

Er mußte das erfahren und deshalb noch ein drittes Loch an der Kegelspitze selbst bohren.

Mißlang auch dieser letzte Versuch, so stand ihnen freilich der unmittelbare Tod durch Erstickung bevor. Was von Luft noch übrig war über der Wasserfläche, mußte dann entweichen und das Wasser den ganzen Kegel erfüllen.

»Mistreß Weldon, sagte Dick Sand, unsere Lage ist Ihnen bekannt. Zögern wir, so geht uns die athembare Luft aus. Schlägt auch der letzte Versuch fehl, so erfüllt das Wasser den ganzen Raum. Die einzige Aussicht auf Rettung liegt noch darin, daß der Gipfel des Kegels das Niveau der Wildfluth überragt. Es bleibt uns nur dieser letzte Versuch übrig. Stimmen Sie ihm zu?

– Thu’ es, Dick!« erwiderte Mrs. Weldon.

In diesem Augenblicke erlosch die Lampe in dem vorhandenen, zur Unterhaltung der Verbrennung untauglichen Gasgemische. Mrs. Weldon und ihre Gefährten saßen in absoluter Dunkelheit.

Dick Sand stieg auf die Schultern von Herkules, der sich selbst an eines der Wandfächer stemmte, wobei nur sein Kopf allein noch über Wasser blieb. Mrs. Weldon, Jack und Vetter Benedict hatten sich in die allerhöchste Zellenabtheilung zurückgezogen.

Dick Sand nahm die Wand in Angriff und rasch drang sein Ladestock durch den Thon. An dieser Stelle war die Wand selbst sowohl dicker als auch härter. Dick Sand beeilte sich, nicht ohne ein erdrückendes Angstgefühl, denn durch die enge Oeffnung, welche er bohrte, sollte mit der Luft entweder das Leben, oder mit dem Wasser der Tod seinen Einzug halten.

Plötzlich ließ sich ein scharfes trockenes Pfeifen vernehmen. Die comprimirte Luft drang hinaus… aber ein Strahl des Tages blitzte durch die Oeffnung. Das Wasser stieg nur noch um 21 Centimeter und stand dann still, ohne daß Dick Sand nöthig hatte, die Oeffnung wieder zu verschließen. Der Gipfel des Kegels ragte über die Fluth empor… Mrs. Weldon und ihre Gefährten waren gerettet!

Sofort kamen, nach einem wild aufjauchzenden Hurrah, in dem Herkules’ sonore Stimme vorherrschte, die Jagdmesser in Anwendung.

Alle gaben auf eines der Boote Feuer. (S. 298.)

Die eiligst angegriffene Kegelhaube zerbröckelte unter ihnen. Die Oeffnung erweiterte sich, die Luft drang in vollem Strome ein und mit ihr die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne. Nach Abdeckung des Kegels mußte es leicht sein, sich auf seine Wand emporzuschwingen, und dort wollte man sich nach einem Mittel umsehen, eine benachbarte, der Ueberschwemmung gänzlich entzogene Anhöhe zu erreichen.

Der Riese gebrauchte seine verkehrt gefaßte Flinte als Keule. (S. 298.)

Dick Sand bestieg zuerst den Gipfel des Kegels…

Ein Schrei entfuhr ihm.

Er vernahm das den Afrika-Reisenden nur zu wohlbekannte Geräusch durch die Luft schwirrender Pfeile.

Dick Sand vermochte in der Schnelligkeit auf hundert Schritte von dem Termitenhügel ein Lager, und zehn Schritt von demselben auf der über schwemmten Ebene einige lange, mit Eingebornen besetzte Barken wahrzunehmen.

Von einer dieser Barken aus war jene Wolke von Pfeilen weggeflattert, als nur der Kopf des jungen Leichtmatrosen außerhalb der Oeffnung erschien.

Mit einem Worte setzte Dick Sand seine Gefährten von Allem in Kenntniß. Er ergriff sein Gewehr, erklomm von Herkules, Acteon und Bat gefolgt, die Spitze auf’s Neue, und alle Bier gaben auf eines der Boote Feuer.

Mehrere Eingeborne stürzten zusammen und ein wüthendes Geheul nebst Flintenschüssen antwortete dem Knall der Feuerwaffen.

Was vermochte Dick Sand und seine Begleiter aber gegen ein ganzes Hundert Afrikaner auszurichten, die sie von allen Seiten umzingelten?

Der Termitenhügel ward gestürmt. Mrs. Weldon, ihr Kind, Vetter Benedict, Alle rücksichtslos herausgezerrt und, ohne Zeit zu einem Worte zu gewinnen oder sich zum letzten Male die Hand zu drücken, offenbar auf Grund vorher ergangener Vorschrift von einander getrennt.

Die eine Barke nahm Mrs. Weldon, den kleinen Jack nebst Vetter Benedict auf, und Dick Sand sah sie inmitten des Lagers verschwinden.

Er selbst wurde nebst Nan, dem alten Tom, Herkules, Bat, Acteon und Austin in eine zweite Pirogue geworfen, welche nach einem anderen, benachbarten Hügel steuerte.

Zwanzig Eingeborne besetzten diese Barke, der fünf andere nachfolgten. An Widerstand war zwar nicht zu denken, und doch versuchten ihn Dick Sand und seine Gefährten. Einige Krieger des Zuges wurden von ihnen verwundet, und gewiß hätten sie diesen Widerstand mit dem Leben bezahlt, wenn nicht ein ausdrücklicher Befehl ergangen gewesen wäre, sie zu schonen.

Nur wenige Minuten währte die Ueberfahrt. In dem Augenblick aber, da das Boot an’s Land stieß, sprang Herkules mit gewaltigem Satze heraus Zwei Eingeborne stürzten auf ihn zu, der Riese jedoch gebrauchte seine verkehrt gefaßte Flinte als Keule und mit zerschmettertem Schädel taumelten die Eingebornen zur Erde.

Einen Moment später verschwand Herkules unter einem Hagel von Kugeln in dem nahen Dickicht, gerade als Dick Sand und seine Begleiter, welche man an’s Land gesetzt hatte, ganz wie Sklaven in Fesseln gelegt wurden.

Siebentes Capitel.

Ein Lager am Ufer der Coanza.

Nach der Ueberschwemmung, welche einen See gemacht hatte aus dieser Ebene, aus der sich die Termiten-Ansiedelung erhob, bot das Land einen völlig veränderten Anblick. Etwa zwanzig Ameisenbauten tauchten daraus mit ihrer Spitze empor und bildeten die einzigen hervorragenden Punkte dieser breiten Mulde.