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Was diese Messe von Kazonnde aber noch bemerkenswerther machte, das war der Handel mit Stoffen und Elfenbein.

Von Stoffen lagerten hier »Chukkas« zu Tausenden, klafterweise der »Mericani«, ein grauhaariger, aus Salem in Massachussets herstammender Calicot, der »Kaniki«, ein 90 Centimeter breiter Baumwollenstoff, der »Sohari«, ein blau und weiß quarrirtes, roth gerändertes Gewebe mit schmalen blauen Streifen dazwischen, der aber geringer geschätzt wird als die »Diulis«, d.h. grün, roth oder gelb geränderte Seidenzeuge aus Surate, von denen ein Stück von ungefähr drei Yard Länge von sieben Dollars an bis zu achtzig Dollars kostet, letzteres wenn der Stoff mit Goldfäden durchwirkt ist.

Das Elfenbein strömte hier aus allen Theilen Inner-zusammen, um nach Chartum, Zanzibar oder Natal übergeführt zu werden, und zahlreiche Händler betrieben nur allein diesen Zweig des afrikanischen Handels. Stellt man sich vor, wie viel Elefanten getödtet werden, um 500.000 Kilogramm Elfenbein1 zu erlangen, welche den Handelsplätzen Europas und vorzüglich Englands zugeführt werden? Das Bedürfniß des Vereinigten Königreiches fordert allein 40.000. Die Ostküste Afrikas erzeugt 140 Tonnen dieses kostbaren Materials. Das mittlere Gewicht eines Paares von Elefantenzähnen beträgt etwa 151/2 Kilogramm und diese galten im Jahre 1874 bis 1500 Francs, doch giebt es deren auch bis 921/2 Kilo Schwere, und gerade bei Gelegenheit des Marktes von Kazonnde hätten die Liebhaber dieser Waare wundervolle Exemplare gefunden, aus opalem, halbdurchscheinendem, leicht zu bearbeitendem Elfenbein mit brauner Rinde, das seine Weiße unverändert bewahrt und nicht, wie das Elfenbein von niederer Art, mit der Zeit nachdunkelt.

Wie kam zwischen Käufern und Verkäufern der Abschluß des Handels zu Stande? Welches war die coursfähige Münze? Für die afrikanischen Sklavenhändler waren das, wie gesagt, die Sklaven.

Der Eingeborne zahlt mit Glasperlen venetianischen Fabrikats, welche »Catchokolos« heißen, wenn sie kalkweiß, »Bubulus«, wenn sie schwarz, und »Sikunderetches«, wenn sie rosa von Farbe sind. Die Perlenschnüre bilden in zehnfacher Reihe oder »Khetes« und so lang, daß sie den Hals zweimal umschließen, den »Fundo«, der einen ansehnlichen Werth repräsentirt. Einen gewöhnlichen größeren Werthmesser dieser Perlen bildet der »Frasilach«, im Gewicht von 35 Kilo, und Livingstone, Cameron und Stanley sorgten immer für einen hinlänglichen Vorrath dieser Münze. In Ermanglung von Glasperlen haben auch der »Pize«, eine zanzibaritische Münze von 4 Centimes, und die »Viunguas«, d.s. nur der Ostküste eigenthümliche Muscheln, Courswerth auf den afrikanischen Märkten. Die menschenfressenden Stämme schätzen die Zähne und menschlichen Kiefern ziemlich hoch, und während des Lakoni sah man Rosenkränze von Zähnen am Halse von Eingebornen, welche jedenfalls deren frühere Träger aufgespeist hatten; solche Zähne haben neuerdings aber an Werth bedeutend verloren.

Das war das Bild des großen Marktes. Gegen Mittag erlangte die Belebtheit ihren Gipfelpunkt und ward das Geräusch wahrhaft betäubend. Die Aufregung der Verkäufer, wenn man ihnen zu niedrige Preise bot, und das Geschrei der Käufer, welche sich für übervortheilt hielten, spottet jeder Beschreibung. Ost kam es dabei zu Streitigkeiten und selbstredend fehlte es gänzlich an Hütern des Gesetzes und des Friedens, um diese heulende, gröhlende Masse im Zaume zu halten.

Um die Mitte des Tages war es, als Alvez die Sklaven, welche er verkaufen wollte, dem Markte zuführen ließ. Die Menschenmenge vermehrte sich dadurch um zweitausend Unglückliche jeden Alters, welche der Händler in seinen Baracken seit mehreren Monaten verwahrt gehabt hatte. Dieser »Stock« befand sich auch nicht in schlechtem Zustande. Eine längere Ruhe und hinreichende Nahrung hatten die Sklaven jene auf dem Lakoni beliebte, vortheilhafte Erscheinung gewinnen lassen. Die Letztangekommenen konnten mit jenen keinen Vergleich aushalten und nach einem Monat Barackenaufenthalt hätte sie Alvez sicher zu höheren Preisen an den Mann gebracht; die Nachfrage von Seiten der Ostküste trat aber so dringend auf, daß er sich dafür entschied, sie zum Verkauf zu stellen wie sie eben waren.

Für Tom und seine drei Genossen war das ein Unglück. Die Havlidars stießen sie unter die Heerde, welche die Tchitoka erfüllte. An den Händen fest geknebelt, sagten ihre Blicke doch, welcher Zorn in ihnen kochte, wie die Scham sie überwältigte.

»Herr Dick ist nicht hier! sagte Bat, als er den weiten Platz von Kazonnde prüfend überblickt hatte.

– Nein, antwortete Acteon, ihn wird man nicht zum Verkauf stellen.

– Er wird ermordet, wenn es nicht schon geschehen ist! fügte der alte Neger hinzu. Was uns betrifft, wir haben nur eine Hoffnung, und zwar die, daß uns ein und derselbe Händler ersteht. Es wäre doch ein Trost, nicht getrennt zu werden.

– Ach, Dich fern von mir und als Sklaven arbeitend zu wissen!… Ach, mein armer alter Vater! rief Bat schluchzend.

– Nein, sagte Tom bestimmt, nein, man wird uns nicht trennen, und vielleicht könnten wir gar…

– O, wenn Herkules zur Stelle wäre!« setzte Austin hinzu.

Der Riese war jedoch nicht wieder zum Vorschein gekommen. Seit den letzten, Dick Sand zugegangenen Nachrichten hatte man weder von Dingo noch von ihm auch nur ein Wort gehört. Sollte man ihn um sein Schicksal beneiden? O gewiß! Denn wenn Herkules den Tod fand, so hatte er doch wenigstens keine Sklavenketten zu tragen gehabt.

Inzwischen hatte der Verkauf seinen Anfang genommen. Alvez’ Agenten bewegten sich unter der Menge einzelner Loose von Männern, Frauen und Kindern umher, ohne sich darum zu sorgen, ob sie die Mütter von ihren Kindern trennten oder nicht. Kann man wohl diesen Unglücklichen noch den Namen von Menschen geben, da sie nicht anders als wie Hausthiere behandelt wurden? Tom und die Seinen führte man von Käufer zu Käufer. Vor ihnen her schritt ein Agent, der den Preis ausrief, für den ihr Loos abgegeben werden sollte. Arabische Zwischenhändler oder Mestizen aus den inneren Provinzen unterzogen sie einer sorgfältigen Prüfung. Sie erkannte an ihnen nicht jene der afrikanischen Race eigenthümlichen Zeichen, welche sich bei Amerikanern der zweiten Generation gewöhnlich verwischen. In ihren Augen hatten diese kräftigen und intelligenten Neger, welche sich von den Schwarzen von Zambesi oder von der Lualaba auffällig unterschieden, indessen einen hohen Werth. Sie betasteten sie, wendeten sie nach allen Seiten, und sahen nach ihren Zähnen. So verfahren die Roßtäuscher, wenn sie Pferde kaufen wollen. Dann schleuderte man einen Stock weit weg, und ließ sie dahinlaufen, um ihn wieder zu holen und dabei die Art ihrer Bewegungen zu beobachten.

Dieser Methode huldigten Alle, und Alle wurden derselben erniedrigenden Probe unterworfen. Nun darf man nicht etwa glauben, daß diese Unglücklichen einer solchen Behandlung gegenüber ganz unempfindlich gewesen wären. Im Gegentheil. Mit Ausnahme der Kinder, welche ja nicht zu beurtheilen vermochten, wie sehr man hiermit der Menschenwürde zu nahe trat, stieg Allen, Männern und Frauen, die Farbe der Scham in’s Gesicht. Man ersparte ihnen auch weder Schimpfworte noch Schläge.

Dieser König war gegen fünfzig Jahre alt. (S. 348.)

Der halb betrunkene Coïmbra und die Agenten von Alvez schienen sich zum letzten Male noch ein Vergnügen daraus zu machen, sie recht brutal zu behandeln, und bei den neuen Herren, welche sie mit Elfenbein, Stoffen oder Perlen bezahlten, wartete ihrer im Ganzen kein besserer Empfang. Mutter und Kind, Mann und Frau, gewaltsam voneinander gerissen, durften sich nicht einmal Lebewohl sagen und sahen sich auf diesem Lakoni vielleicht zum letzten Male für dieses Leben.