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»Es gibt keinen Zweifel, daß es die Mordwaffe ist?« fragte Smiley lahm.

»Wir haben Kupferteilchen in den Wunden der Leiche gefunden.«

»Merkwürdig, nicht wahr«, äußerte Smiley nachdenklich, »daß der Mörder die Waffe so weit getragen hat, bevor er sich ihrer entledigte. Besonders, wenn er zu Fuß ging. Man sollte doch annehmen, daß er sie loswerden wollte, sobald er konnte.«

»Es ist merkwürdig. Sehr merkwürdig. Die Straße nach Okeford verläuft die Hälfte dieser sechs Kilometer am Kanal entlang; er hätte das Kabel dort überall irgendwo in den Kanal werfen können. Wir wären also nicht klüger gewesen.«

»War das Kabel alt?«

»Nicht besonders. Nur ein Standardtyp. Es hätte so ungefähr von überall her stammen können.« Rigby zögerte und platzte dann heraus: »Sehen Sie, Sir, das versuche ich klarzumachen. Die Umstände dieses Falles verlangen einen bestimmten Typ von Untersuchungen: weitgespannte Suche, detaillierte Laboratoriumsarbeit, Massenbefragung. Das verlangt der Chef, und er hat recht. Wir haben keine Verdachtsmomente gegen den Gatten, und er ist, um es ehrlich zu sagen, uns wirklich wenig von Nutzen. Er scheint ein bißchen verloren zu sein, ein bißchen vage, widerspricht sich in kleinen, belanglosen Dingen, wie in seinem Heiratsdatum oder im Namen seines Arztes. Das ist natürlich der Schock, ich habe das schon früher erlebt. Ich bin im Bild über Ihren Brief, Sir, und es ist verdammt merkwürdig, aber wenn Sie mir sagen können, wie er Gummistiefel aus einem Hut produzieren und sie später wieder loswerden, wie er, ohne mehr als ein paar Blutschmierer auf sich zurückzulassen, seine Frau totschlagen und die Waffe sechs Kilometer vom Tatort entfernen konnte, und das alles innerhalb von zehn Minuten, nachdem er in Fieldings Haus gewesen war, wäre ich Ihnen dankbar. Wir suchen einen Unbekannten, 1 Meter 80 groß, der ziemlich neue Dunlop-Gummistiefel, Größe IOV2, Lederhandschuhe und einen alten blauen, blutbespritzten Mantel trägt. Einen Mann, der zu Fuß unterwegs war, der in der Mordnacht zwischen 11 Uhr 10 und 11 Uhr 45 in der Gegend von North Fields war, der sich in Richtung Okeford aufmachte, mit fünfundvierzig Zentimeter Koaxialkabel,  einer Kette grüner Perlen und einem Imitations-Diamantclip, geschätzter Wert dreiundzwanzig Shilling und sechs Pence. Wir suchen einen Irren, einen Mann, der aus Vergnügen mordet oder für den Preis einer Mahlzeit.« Rigby hielt inne, lächelte gedankenvoll und fügte hinzu: »Wer kann fünfzehn Meter durch die Luft fliegen? Aber wie sollen wir mit solchen Informationen unsere Zeit anders vertun? Wonach sonst können wir suchen? Ich kann nicht Leute ansetzen, Schatten zu jagen, wenn derartige Arbeit zu tun ist.«

»Ich begreife das.«

»Aber ich bin ein alter Polizist, Mr. Smiley, und ich weiß gern, woran ich bin. Ich mag nicht nach Leuten fahnden, an deren Existenz ich nicht glauben kann, und ich mag nicht von Zeugen abgeschnitten sein. Ich treffe gern Leute und spreche mit ihnen, schnüffle hier und da herum und mache mich mit der Umwelt vertraut. Aber ich kann das nicht, nicht in der Schule. Können Sie mir folgen? So müssen wir uns auf Laboratorien, Spürhunde und landweite Suchaktionen verlassen. Aber irgendwie habe ich ein Gefühl in den Knochen, daß dies nicht einer dieser Fälle ist.«

»Ich las in der Zeitung von einer Frau, einer >Verrückten Janie<...«

»Darauf komme ich noch. Mrs. Rode war eine gütige Frau, umgänglich. Ich habe das jedenfalls immer wieder festgestellt. Einige Frauen in der Chapel waren gegen sie eingenommen, aber Sie wissen ja, wie Frauen sind. Es scheint, sie freundete sich mit dieser armen Janie an. Janie kam betteln, verkaufte Kräuter und Wundermittel an der Hintertür; Sie kennen das. Sie ist sonderbar, spricht mit Vögeln und so. Sie lebt in einer verfallenen romanischen Kapelle auf dem Weg nach Pylle. Stella Rode pflegte ihr Essen und Kleidung zu geben - die arme Seele war mehr als einmal halb verhungert. Nun ist Janie verschwunden. Sie wurde Mittwoch am frühen Abend auf dem Feld nach North Fields gesehen, und seitdem nicht mehr. Das bedeutet gar nichts. Diese Leute kommen und gehen auf ihre Art. Jahrelang sind sie überall in der Nachbarschaft anzutreffen, und eines Tages verschwinden sie wie Schnee im Feuer. Sie sind vielleicht in einem Graben gestorben, oder sie sind krank geworden und haben sich wie eine Katze verkrochen; Janie ist nicht die einzige Wunderliche hier herum. Es gibt 'ne Menge Aufregung, weil wir noch eine weitere Serie von Fußabdrücken gefunden haben, die am Rand der Bäume am hinteren Ende des Gartens entlanglaufen. Nach ihrem Aussehen waren es die Abdrücke einer Frau, und sie kommen an einer Stelle ganz nahe an den Wintergarten heran. Könnten von einer Zigeunerin oder einem Bettelweib sein. Könnten alles sein, aber ich nehme an, es war wohl wirklich Janie. Ich hoffe es inständig, Sir; wir könnten einen Augenzeugen brauchen, selbst einen, der verrückt ist.«

Smiley stand auf. Als sie sich die Hände schüttelten, sagte Rigby:

»Auf Wiedersehen, Sir. Rufen Sie mich an, wann immer Sie wollen.« Er kritzelte eine Telefonnummer auf einen Block, riß den Zettel ab und gab ihn Smiley. »Das ist meine Nummer zu Hause.« Er brachte Smiley zur Tür, schien zu zögern und sagte dann: »Sie sind nicht etwa zufällig selbst ein ehemaliger Carne-Schüler, Sir?«

»Um Himmels willen, nein.«

Wieder zögerte Rigby. »Unser Chef ist ein alter Carnianer. Früher indische Armee. Brigadegeneral Havelock. Dies ist sein letztes Jahr. Er ist an diesem Fall sehr interessiert. Schätzt es nicht, daß ich in der Schule herumschnüffle. Will's nicht haben.«

»Ich verstehe.«

»Er will eine schnelle Verhaftung.«

»Und außerhalb von Carne, darf ich wohl annehmen?«

»Auf Wiedersehen, Mr. Smiley. Vergessen Sie nicht, mich anzurufen. Oh, ich hätte noch etwas erwähnen sollen. Das Kabelstück...«

»Ja?«

»Mr. Rode benutzte ein Stück derselben Machart als Demonstrationsobjekt in einer Unterrichtsstunde über elementare Elektronik. Verlor es vor etwa drei Wochen.«

Smiley ging langsam in sein Hotel zurück.

Liebe Brim,

sogleich nach meiner Ankunft habe ich Deinen Brief dem Mann von der Kriminalpolizei übergeben, der den Fall bearbeitet - es war Rigby, wie Ben angenommen hatte: Er sieht aus wie eine Mischung von Humpty-Dumpty und kornischem Kobold - sehr gedrungen und plump-, und ich glaube nicht, daß er sich von irgend jemandem hereinlegen läßt.

Um in der Mitte zu beginnen - unser Brief hatte nicht ganz die von uns erwartete Wirkung; offenbar hat Stella Rode dem hiesigen Baptistenprediger Cardew schon vor zwei Wochen erzählt, daß ihr Mann versuche, sie in den langen Nächten, was immer sie sein mögen, zu töten. Was die Umstände des Mordes betrifft - der Bericht im Guardian ist im wesentlichen richtig.

Tatsächlich wurde es, je mehr Rigby mir erzählte, desto unwahrscheinlicher, daß sie von ihrem Mann ermordet worden ist. Fast alles wies auf einen anderen Täter. Ganz abgesehen vom Motiv, gibt es den Fundort der Waffe, die Fußspuren im Schnee (die auf einen großen Mann in Gummistiefeln hinweisen), das Vorhandensein von unidentifizierten Handschuhabdrücken im Wintergarten. Dazu kommt als stärkstes Argument überhaupt: wer sie auch ermordete, muß von Blut bedeckt gewesen sein - der Wintergarten sah schrecklich aus, sagte mir Rigby. Natürlich waren an Rode Blutspuren, als er auf der Straße von seinem Kollegen aufgelesen wurde, aber nur Wischer, die vom Stolpern über die Leiche im Dunkeln herrühren könnten. Außerdem führen die Fußspuren nur in den Garten hinein, nicht aus ihm heraus. Wie die Dinge im Augenblick stehen, gibt es, laut Rigby, nur eine Erklärung: der Mörder war ein Fremder, ein Landstreicher, vielleicht ein Irrer, der sie zu seinem Vergnügen ermordete, oder wegen ihres Schmucks (der wertlos war), sich auf der Okeford-Straße davonmachte und die Waffe in einen Graben warf. (Aber warum sie sechs Kilometer weit tragen, und warum sie nicht in den Kanal auf der anderen Seite des Grabens werfen? Die Okeford-Straße quert das Oke-Moor, das kreuz und quer abgedeicht ist, um Überflutungen zu verhindern.) Wenn diese Erklärung richtig ist, dann schreiben wir Stellas Brief und ihre Unterhaltung mit Cardew wohl einem Verfolgungswahn zu, oder der Vorahnung des Todes, je nachdem, ob wir abergläubisch sind oder nicht. Wenn das so ist, dann ist es der tollste Zufall, von dem ich je gehört habe. Das bringt mich zum letzten Punkt. Ich habe aus dem, was Rigby nicht gesagt hat, entnommen, daß sein Vorgesetzter ihn in den Hintern getreten hat und ihn antreibt, das Land nach Stromern in blutverschmierten blauen Mänteln abzusuchen. (Du erinnerst dich an den Gürtel.) Rigby hat natürlich keine andere Wahl, als den Hinweisen zu folgen und das zu tun, was sein Chef erwartet - aber er ist offensichtlich besorgt über etwas - entweder etwas, das er mir nicht gesagt hat oder das er nur instinktiv spürt. Ich glaube, er meinte es ernst, als er mir sagte, ich solle ihm alles erzählen, was ich über die Schul-Seite herausfände - über die Rodes, die Art, wie sie sich einfügten, und so weiter. Carnes Klostermauern sind immer noch ziemlich hoch, findet er... Also werde ich ein bißchen herumschnüffeln, denke ich, und sehen, was vorgeht. Ich rief Fielding an, als ich von der Polizeistation zurückkam, und er hat mich für heute abend zum Essen eingeladen. Ich werde wieder schreiben, wenn ich Dir etwas zu berichten habe.