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»Ordentliches Hotel.«

Rigby legte die Brille sorgfältig ins Futteral zurück und ließ dieses in eine Schublade fallen.

»Komischer Ort, Carne. Es besteht eine tiefe Kluft zwischen Bügerrock und Gelehrtentalar, wie wir sagen; keine Seite kennt oder mag die andere. Furcht bewirkt das, Furcht und Unwissenheit. Das macht es schwer in einem Fall wie diesem. Oh, ich kann Mr. Fielding und Mr. D'Arcy besuchen, und sie sagen >Guten Tag, Sergeant< und laden mich zu einer Tasse Tee in der Küche ein, aber ich kann mit ihnen nicht warm werden. Sie haben ihre eigene Gemeinschaft, und keiner kann da von draußen hinein. Kein Klatsch in den Lokalen, keine Kontakte, nichts... nur Tee und Aniskuchen und die Anrede >Sergeant<.« Rigby lachte plötzlich, und Smiley lachte erleichtert mit ihm. »Es gibt 'ne Menge Dinge, die ich sie fragen möchte, 'ne Menge; wer die Rodes leiden konnte und wer nicht, ob Mr. Rode ein guter Lehrer ist und ob seine Frau zu den anderen paßte. Ich habe die nackten Tatsachen, aber gewissermaßen keine Kleider dazu.« Er sah Smiley erwartungsvoll an. Ein langes Schweigen folgte.

»Wenn Sie wollen, daß ich mithelfe, wird mich das freuen«, sagte Smiley schließlich. »Aber lassen Sie mich zuerst die Tatsachen wissen.«

»Stella Rode wurde in der Nacht von Mittwoch, dem Sechzehnten, etwa zwischen zehn nach elf und Viertel vor zwölf ermordet. Sie muß mit einem Knüppel, einem Stück Rohr oder sonst etwas fünfzehn- bis zwanzigmal geschlagen worden sein. Es war ein schrecklicher Mord... schrecklich. Ihr ganzer Körper ist voll Wunden. Vermutlich kam sie aus dem Wohnzimmer zur Vordertür, weil es geklingelt hatte; als sie die Tür öffnete, wurde sie niedergeschlagen und zum Wintergarten geschleift. Die Tür zum Wintergarten war nämlich nicht versperrt.«

»Ich begreife... Merkwürdig, daß er das gewußt haben sollte, wie?«

»Der Mörder kann sich dort schon versteckt gehalten haben; wir können das nach den Spuren gerade dort nicht feststellen. Er trug Gummistiefel. Nach dem Abstand der Fußspuren im Garten kann man annehmen, daß er ungefähr 1 Meter 80 groß war. Nachdem er sie in den Wintergarten gezerrt hatte, muß er wiederholt auf sie eingeschlagen haben - hauptsächlich auf den Kopf. Im Wintergarten ist eine Menge von dem, was wir verströmtes Blut nennen, das heißt Blut, das aus einer offenen Arterie gespritzt ist. Sonst gibt's davon nirgends eine Spur.«

»Und keine Spur davon an ihrem Mann?«

»Ich werde später noch darauf zu sprechen kommen, aber die kurze Antwort ist nein.« Er hielt einen Augenblick inne und fuhr fort: »Nun, ich sagte, es gäbe Fußspuren, und es gab sie tatsächlich. Der Mörder kam durch den Hintergarten. Woher er kam und wohin er ging, weiß der Himmel. Sehen Sie, es gibt keine vom Tatort wegführenden Fußspuren - nicht von Gummistiefeln. Überhaupt keine. Es ist natürlich möglich, daß die wegführenden Spuren dem Pfad zur Vorderpforte folgten und dann im späteren Hin- und Herlaufen in der Nacht verlorengingen. Aber ich glaube nicht, daß wir sie selbst dann verloren hätten.« Er warf einen kurzen Blick auf Smiley und setzte hinzu: »Er ließ etwas im Wintergarten zurück - einen alten Stoffgürtel, marineblau, von einem billigen Mantel, dem Aussehen nach. Wir bearbeiten das jetzt.«

»Wurde sie... beraubt oder sonst etwas?«

»Kein Zeichen von Gewaltanwendung. Sie trug eine Kette grüner Perlen um den Hals; die sind verschwunden; und es sieht so aus, als ob er versuchte, ihr die Ringe vom Finger zu ziehen, aber sie saßen zu fest.« Er hielt inne. »Ich brauche Ihnen kaum zu sagen, daß wir Berichte aus allen Ecken des Landes über große Männer in blauen Mänteln und Gummistiefeln bekommen haben. Aber keiner von ihnen hatte Flügel, soviel ich weiß. Oder Siebenmeilenstiefel, um vom Wintergarten bis zur Straße zu springen.«

Sie unterbrachen das Gespräch, während ein junger Polizist Tee auf einem Tablett hereinbrachte. Er stellte es auf dem Tisch ab, sah Smiley aus den Augenwinkeln an und entschied, dem Inspektor das Eingießen zu überlassen. Er drehte die Teekanne herum, so daß der Griff bei Rigby war, und zog sich zurück. Smiley war amüsiert über den makellosen Zustand der Tablettdecke, über das zueinander passende Porzellan und das Teesieb, die von den enormen Händen des Polizisten vor sie hingestellt worden waren. Rigby goß den Tee ein, und sie tranken eine Weile schweigend. Rigby hatte, überlegte Smiley, etwas umwerfend Kompetentes. Gerade die Alltäglichkeit des Mannes und seines Zimmers identifizierten ihn mit der Gesellschaft, die er beschützte. Die unklassifizierbaren Möbel, die hölzernen Aktenschränke, die kahlen Wände, das altmodische Telefon mit seiner gesonderten Hörmuschel, der braune Fries um die Wand und der braune Anstrich der Tür, das glänzende Linoleum und der leichte Geruch von Karbol, das blubbernde Gasfeuer und der Kalender einer Versicherungsgesellschaft - dies waren die Beweise von Rechtschaffenheit und Mäßigung; ihre Kargheit gab Trost und Zuversicht.

Rigby fuhr fort: »Rode ging zu Fieldings Haus zurück, um die Prüfungsarbeiten zu holen. Fielding bestätigt das selbstverständlich. Rode traf in Fieldings Haus gegen 11 Uhr 35 ein, soweit Fielding das sagen kann. Er hielt sich dort kaum auf, sammelte nur seine Prüfungsarbeiten an der Tür ein - sie waren in einer kleinen Aktenmappe, die er zum Tragen von Lehrbüchern verwendete. Er erinnert sich nicht, ob er jemanden auf der Straße gesehen hat. Er meint, daß ihn ein Radfahrer überholt hat, ist aber nicht sicher. Wenn wir Rode glauben, so ging er direkt nach Hause. Dort angekommen, klingelte er. Er trug einen Smoking und hatte daher keinen Schlüssel bei sich. Seine Frau erwartete, daß er klingeln würde, wissen Sie. Das ist das Teuflische daran. Es war eine mondhelle Nacht, wohlgemerkt, der Boden schneebedeckt, so daß man überaus weit sehen konnte. Er rief sie, aber sie antwortete nicht. Dann sah er Fußspuren, die um das Haus herumführten. Nicht bloß Fußabdrücke, sondern auch Blutspuren und aufgewühlten Schnee, dort, wo der Leichnam zum Wintergarten geschleift worden war. Aber im Mondlicht wußte er nicht, daß es Blut war; es waren nur dunkle Flecken, und Rode sagte später, er habe gedacht, es sei das Schmutzwasser aus den Dachrinnen, das über den Schnee lief. Er folgte den Spuren, bis er zum Wintergarten kam. Drinnen war es dunkler, und er tastete nach dem Lichtschalter, der aber nicht funktionierte.«

»Zündete er ein Streichholz an?«

»Nein, er hatte keine. Er ist Nichtraucher. Seine Frau mochte Rauchen nicht. Er bewegte sich von der Tür weiter. Die Wände des Wintergartens bestehen hauptsächlich aus Glas, bis auf einen Mauersockel von ein Meter Höhe, aber das Dach ist mit Schindeln gedeckt. Der Mond stand in jener Nacht hoch, und es drang nicht viel Licht herein, außer durch das Verbindungsfenster zwischen Wintergarten und Wohnzimmer - sie hatte jedoch nur eine kleine Tischlampe im Wohnzimmer brennen. So tastete er sich weiter, redete die ganze Zeit, rief nach Stella, seiner Frau. Im Gehen stolperte er über etwas und fiel beinahe hin. Er kniete nieder und tastete mit den Händen ihren Körper entlang. Er bemerkte, daß seine Hände mit Blut bedeckt waren. Danach erinnerte er sich an fast nichts mehr, aber es gibt einen älteren Lehrer, der einige hundert Meter die Straße aufwärts wohnt - Mr. D'Arcy heißt er, wohnt bei seiner Schwester-, und der hörte ihn auf der Straße schreien. D'Arcy ging zu ihm hinaus. Rode hatte Blut überall, an den Händen und im Gesicht, und schien wie von Sinnen. D'Arcy rief die Polizei an, und ich kam gegen ein Uhr morgens hin. Ich habe wohl schon einiges an scheußlichen Dingen gesehen, aber dies war das scheußlichste. Überall Blut. Wer sie auch ermordet hat, muß damit bedeckt gewesen sein. Es gibt einen Außenhahn an der Wintergartenwand. Der Hahn war angedreht, wahrscheinlich vom Mörder, der sich die Hände säubern wollte. Die Fachleute haben im Schnee darunter Blutspuren gefunden. Der Hahn war vor kurzem von Rode gedichtet worden, wie man mir gesagt hat...«