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»Sind sie sehr eingebildet?«

»Ja, das sind sie. Oder zumindest der Obertölpel, und er hat es all den anderen beigebracht. Sie glauben jedes Wort, das er sagt.«

»Das haben wir gemerkt«, bestätigte Lucy.

»Ja – in gewisser Weise ging es ohne ihn besser. Natürlich könnte ich ihn in etwas anderes verwandeln, oder ich könnte einen Zauber über ihn verhängen, daß sie ihm kein einziges Wort mehr glauben. Aber das will ich nicht tun.

Es ist besser für sie, ihn zu bewundern, als wenn sie gar nichts bewundern.«

»Bewundern sie dich denn nicht?« fragte Lucy.

»Nein, mich doch nicht«, sagte der Zauberer. »Mich würden sie nicht bewundern.«

»Warum hast du sie häßlich gemacht – ich meine, was sie häßlich gemacht nennen?«

»Nun, sie wollten nicht tun, was ihnen befohlen wurde. Es ist ihre Aufgabe, sich um den Garten zu kümmern und Lebensmittel anzubauen – nicht für mich, wie sie annehmen, sondern für sich selbst. Sie würden es überhaupt nicht tun, wenn ich es ihnen nicht befehlen würde. Und natürlich braucht man für einen Garten Wasser. Eine halbe Meile von hier am Berg ist eine herrliche Quelle. Und aus dieser Quelle entspringt ein Bach, der direkt am Garten vorbeifließt. Ich habe ihnen lediglich befohlen, das Wasser aus dem Bach zu holen, statt zweimal oder dreimal am Tag mit Eimern zur Quelle hochzuklettern und auf dem Rückweg die Hälfte des Wassers zu verschütten. Aber sie haben es nicht begriffen. Zum Schluß weigerten sie sich einfach.«

»Sind sie denn so dumm?« fragte Lucy.

Der Zauberer seufzte. »Du kannst dir nicht vorstellen, welche Schwierigkeiten ich schon mit ihnen hatte. Vor ein paar Monaten waren sie alle dafür, die Teller und das Besteck vor dem Essen abzuwaschen. Sie sagten, dadurch würde man hinterher Zeit sparen. Ich habe sie dabei erwischt, wie sie gekochte Kartoffeln in die Erde steckten, um sich nach der Ernte das Kochen zu sparen. Eines Tages schlich sich die Katze in die Milchkammer, und zwanzig von ihnen machten sich an die Arbeit, die ganze Milch hinauszuschaffen; keiner kam auf die Idee, die Katze wegzubringen. Aber ich sehe, daß du fertig bist. Komm, wir schauen uns die Tölpel an, jetzt, wo man sie wieder sehen kann.«

Sie gingen in ein anderes Zimmer, das schwer verständliche Instrumente enthielt – wie Astrolaber, Orrerien, Chronoskope, Poesiemeter, Choriambusen und Theolinden –, und da, als sie am Fenster angelangt waren, sagte der Zauberer: »Dort! Dort sind deine Tölpel!«

»Ich sehe niemand«, sagte Lucy. »Aber was sind denn das für Pilzdinger?«

Die Dinger, auf die sie deutete, waren auf der ganzen Rasenfläche verteilt. Sie sahen ohne Zweifel ganz so aus wie Pilze, aber sie waren viel zu groß – der Stiel war etwa einen Meter lang, und der Schirm hatte einen Durchmesser der gleichen Länge. Als sie genau hinschaute, sah sie auch, daß der Stiel nicht in der Mitte, sondern an der Seite des Schirms angewachsen war, wodurch es so aussah, als wäre das Gleichgewicht ein wenig gestört. Und am Fuß des Stiels lag etwas – ein kleines Bündel – auf dem Gras. Je länger sie die Dinger anstarrte, desto weniger schienen sie Pilzen zu gleichen. Der Schirmteil war nicht richtig rund, wie sie zuerst angenommen hatte. Er war länger als breit, und an einem Ende war er etwas breiter als am anderen. Mindestens fünfzig dieser Dinger lagen herum.

Die Uhr schlug drei.

Sofort passierte etwas sehr Eigenartiges. Jeder »Pilz« drehte sich plötzlich um. Die kleinen Bündel, die am Fuß des Stiels gelegen hatten, waren Kopf und Körper. Die Stiele waren die Beine. Aber es waren nicht jeweils zwei Beine, sondern zu jedem Körper gehörte nur ein einziges Bein. Dieses eine Bein war nicht an einer Seite angewachsen wie bei einem Menschen, der nur ein Bein hat, sondern es schloß direkt an den Körper an. Am Ende des Beines befand sich ein einziger, riesiger Fuß – ein breitzehiger Fuß. Die Zehen wölbten sich ein wenig nach oben, wodurch der Fuß fast so aussah wie ein kleines Kanu. Sofort wurde Lucy klar, warum sie wie Pilze ausgesehen hatten. Sie hatten platt auf dem Rücken gelegen, das Bein senkrecht in die Höhe gestreckt und den riesigen Fuß darüber ausgebreitet. Später erfuhr Lucy, daß dies ihre normale Ruhestellung war; denn der Fuß hielt sowohl den Regen als auch die Sonne ab, und für einen Einbeiner war es unter seinem eigenen Fuß fast genauso gemütlich wie für andere in einem Zelt.

»Oh, wie lustig sie aussehen, wie lustig!« rief Lucy und brach in Gelächter aus. »Hast du sie so gemacht?«

»Ja, ja, ich habe die Tölpel in Einbeiner verwandelt«, sagte der Zauberer. Auch er lachte, bis ihm die Tränen herunterliefen. »Aber schau mal zu!« fügte er hinzu.

Es lohnte sich zuzuschauen. Natürlich konnten diese kleinen einfüßigen Männchen nicht so gehen oder rennen wie wir. Sie bewegten sich hüpfend, wie Flöhe oder Frösche. Und was für Sprünge sie machten! So, als bestünden diese riesigen Füße aus einem Satz Sprungfedern. Und mit was für einem Schwung sie wieder auf dem Boden landeten! Das war das Stampfgeräusch, das Lucy so verwirrt hatte. Jetzt hüpften sie nach allen Seiten und riefen einander zu: »He, Kameraden! Wir sind wieder sichtbar!«

»Das sind wir«, sagte einer, der eine rote Mütze mit vielen Troddeln trug und der offensichtlich der Anführer der Einbeiner war. »Und ich sage euch – wenn die Leute sichtbar sind, dann kann man sie sehen.«

»Ja, so ist es, so ist es, Boß«, riefen alle anderen. »Ganz recht. Keiner kann klarer denken als du. Du hättest es nicht besser ausdrücken können.«

»Das kleine Mädchen hat es geschafft, während der alte Herr seinen Mittagsschlaf hielt«, verkündete der Anführer. »Diesmal ist es uns gelungen, ihn zu überrumpeln!«

»Genau das wollten wir eben auch sagen«, stimmte der Chor zu. »Du bist heute noch besser als je zuvor. Weiter so, weiter so.«

»Wie können sie es wagen, so über dich zu sprechen?« fragte Lucy. »Gestern schienen sie noch Angst vor dir zu haben. Ob sie wohl nicht auf die Idee kommen, du könntest ihnen zuhören?«

»Das ist eine von den komischen Eigenschaften der Tölpel«, sagte der Zauberer. »Manchmal reden sie so, als würde ich alles bestimmen, alles mithören und als wäre ich sehr gefährlich. Und im nächsten Moment sind sie der Ansicht, sie könnten mich mit Tricks hereinlegen, die jedes kleine Kind durchschaut.«

»Muß man sie wieder in ihre normale Gestalt zurückverwandeln?« fragte Lucy. »Macht es ihnen wirklich so viel aus, daß sie so sind, wie sie sind? Sie scheinen recht zufrieden zu sein. Da – schau dir diesen Sprung an! Wie haben sie denn vorher ausgesehen?«

»Es waren ganz gewöhnliche kleine Zwerge«, sagte der Zauberer. »Längst nicht so hübsch wie die Zwerge von Narnia.«

»Es wäre wirklich ein Jammer, wenn man sie zurückverwandeln würde«, sagte Lucy. »Sie sind so komisch – und sie sind sehr süß. Meinst du, es nützt etwas, wenn ich ihnen das sage?«

»Ganz bestimmt – sofern du es ihnen begreiflich machen kannst.«

»Kommst du mit und hilfst mir dabei?«

»Nein, nein. Allein schaffst du es bestimmt viel besser.«

»Vielen Dank für das Essen«, sagte Lucy und wandte sich schnell ab. Sie rannte die Treppe hinunter, die sie am Morgen so ängstlich bestiegen hatte. Am Fuß der Treppe prallte sie mit Edmund zusammen. Alle anderen waren auch da und warteten, und Lucy bekam ein schlechtes Gewissen, als sie ihre besorgten Gesichter sah und ihr klar wurde, wie lange sie weggeblieben war und ihre Freunde vergessen hatte.

»Alles in Ordnung!« rief sie. »Alles klar! Der Zauberer ist ganz phantastisch – und Aslan habe ich auch gesehen.«

Dann rannte sie wie der Blitz hinaus in den Garten. Dort bebte die Erde von den Sprüngen der Einbeiner, und die Luft vibrierte von ihren Rufen. Und beides verstärkte sich noch, als sie Lucy sahen.

»Da kommt sie, da kommt sie«, riefen sie. »Ein dreifaches Hurra für das kleine Mädchen! Ah! Sie hat es dem alten Herrn gezeigt! Ja, das hat sie!«