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»Ich habe nur bei einigen Ratsmitgliedern offene Feindseligkeit bemerkt«, sagte Geary.

»›Offen‹ ist hier das Zauberwort. Gizelle mag Sie nicht, aber das werte ich als ein Ehrenabzeichen. Er gehört zu den Leuten, die einen Putsch nutzen würden, um jede Menge Geld und noch mehr Macht anzuhäufen.« Rione lächelte ironisch. »Er ärgert sich zweifellos darüber, dass Sie ihm dabei im Weg stehen. Ich bin nie dahintergekommen, was Gizelle mit Admiral Bloch ausgeheckt hatte, aber er hat massiv hinter den Kulissen gewirkt, damit Bloch Zustimmung für seinen Plan erhielt. Und was Bloch erreichen wollte, wissen wir schließlich beide.«

Geary rieb sich die Augen. »Und Senator Navarro? Was sollten diese Spitzen gegen ihn bedeuten?«

»Die bedeuten, dass er unter dem Verdacht steht, heimlich mit den Syndiks gemeinsame Sache zu machen. Er stammt aus dem Abassas-System nahe der Grenze, und während die umliegenden Allianz-Systeme immer wieder von den Syndiks angegriffen werden, herrscht seit Navarros Wahl in den Großen Rat in Abassas völlige Ruhe.«

Das sah nicht gut aus, fand Geary. »Und was glauben Sie? Läuft da was zwischen ihm und den Syndiks?«

Nachdenklich sah Rione zur Seite. »Ich habe nie etwas davon gehört, dass Navarro Bestechung nachgewiesen wurde. Das soll heißen, dass seine Feinde Gerüchte verbreiten, aber er noch nie bei einem Bestechungsakt ertappt worden ist. Wäre es passiert und vertuscht worden, dann wäre es mir trotzdem bekannt. Abgesehen von der auffallenden Tatsache, dass die Syndiks sein Heimatsystem in Ruhe lassen, gibt es keinen Hinweis auf einen Verrat oder andere, nicht so schwerwiegende Verbrechen.« Einen Moment lang hielt sie inne. »Ich glaube, er ist nicht mehr und nicht weniger ehrlich als jeder von uns. Meiner Ansicht nach versucht er, sein Bestes für die Allianz zu geben. Aber er musste zu viele Kompromisse eingehen, damit nicht alles aus den Fugen gerät. Das ist eben der Unterschied zwischen einem guten militärischen Führer und einem guten Politiker, John Geary. Sie haben mir gezeigt, dass ein guter militärischer Führer das Leben seiner Untergebenen nur widerstrebend und voller Bedauern opfert, aber wenn die Umstände es erfordern, dann opfert er diese Leben. Der gute Politiker macht das Gleiche mit seinen Prinzipien. Nur dass es für geopferte Prinzipien kein Heldenbegräbnis gibt.«

»Wollen Sie damit sagen, dass er so ist wie Sie?«

»In vieler Hinsicht.«

»Dann können wir ihm vertrauen, auch wenn Abassas nicht von den Syndiks unter Beschuss genommen wird.«

Rione warf ihm einen aufgebrachten Blick zu. »Ich würde Ihnen nie den Ratschlag geben, mir in jeder Hinsicht zu vertrauen. Aber ich glaube, er wird die Vorgehensweise befürworten, die er als die beste im Sinne der Allianz ansieht. Allerdings haben Sie gesehen, dass seine Fähigkeiten, den Rat zu kontrollieren, durch die gegen ihn geäußerten Verdächtigungen behindert werden.«

Da war noch etwas anderes, was ihn ins Grübeln gebracht hatte, und das sprach Geary nun an: »Hat Navarro deswegen dafür gesorgt, dass der Rat Admiral Blochs Plan zustimmt, obwohl alles dagegen sprach und die Möglichkeit bestand, dass Bloch sich bei einem unerwarteten Erfolg zum Diktator aufschwingen würde?«

»Der Ratsvorsitz rotiert«, ließ Rione ihn wissen. »Als Blochs Plan genehmigt wurde, hatte Costa den Vorsitz. Navarro sprach sich mit Nachdruck gegen Blochs Vorhaben aus, aber wegen der Zweifel, was sein Verhältnis zu den Syndiks betrifft, konnte er sich mit seinen Argumenten nicht durchsetzen. Ein Verräter würde schließlich nicht wollen, dass ein Plan in die Tat umgesetzt wird, der zum Sieg führt, nicht wahr?«

»Verstehe. Aber natürlich würde ein vernünftiges und loyales Individuum ebenfalls keinem Plan zustimmen, der solche Risiken in sich birgt«, erwiderte er und schaute zu der geschlossenen Tür. »Warum wollten Sie mir eigentlich im Vorfeld nichts über diese Politiker sagen, denen ich Bericht erstatten sollte?«

»Weil ich wollte, dass Sie zu unpolitischer und militärischer Hochform auflaufen, Captain Geary«, meinte sie seufzend. »Hätte ich Ihnen zu jedem von ihnen gesagt, was ich über sie weiß, dann hätten Sie womöglich auf einer persönlicheren Ebene reagiert, und das hätte Sie selbst möglicherweise auch wie einen Politiker wirken lassen. So aber waren Sie ganz Militär, völlig distanziert und das Musterbeispiel für einen Flottenoffizier, der nicht mal über Politik nachdenkt, sondern nur darüber, wie er seine Arbeit zu erledigen hat.« Sie lachte verächtlich. »Vermutlich ist Ihnen nicht mal aufgefallen, wie sehr sie das verwirrt hat. Die hatten einen Politiker erwartet, der lediglich eine Uniform trägt, aber so denkt und handelt wie einer von ihnen. Und als Sie davon nichts erkennen ließen, wussten die nicht, wie sie mit Ihnen umgehen sollten. Es gab einen Moment, da konnte ich Navarro anmerken, wie ihm bewusst wurde, dass Sie ihm kein Theater vorspielten. Das war der Moment, als ich zu hoffen begann, dass wir hier erfolgreich sein könnten.« Mit einem Mal schlug ihre Stimmung wieder um, und sie warf Geary einen hämischen Blick zu. »Ist doch eine gute Sache, dass Sie mich in der Hand haben, nicht wahr?«

Er hielt sich davon ab, das zu erwidern, was ihm als Erstes durch den Kopf ging, stattdessen begnügte er sich mit einer harmlosen Feststellung: »Mir war nicht bewusst, dass Sie meinen gesamten Komm-Verkehr überwachen.«

»Das ist nicht der Fall«, versicherte sie ihm. »Ich versuche allerdings, Badayas sämtlichen Komm-Verkehr zu überwachen. Ihre Abschirmungen zu überwinden, ist eine sehr schwierige Sache, was vor allem dem Eifer des befehlshabenden Offiziers der Dauntless zu verdanken ist. Aber in diesem Fall habe ich Badayas Übertragung abgehört. Keine Sorge, ich werde dem Mann nichts tun, solange er nicht außer Kontrolle gerät. Im Augenblick sind seine Illusionen für uns von Nutzen.«

Das hörte sich in Gearys Ohren grundverkehrt an. »Ich täusche den Mann nicht, um einen persönlichen Nutzen daraus zu ziehen. Und Sie machen das auch nicht.«

»Glauben Sie nicht, Sie wüssten alles über mich, Captain Geary.« Rione lächelte ihn frostig an. »Vertrauen Sie jedem nur so weit, wie es sein muss.«

Anstatt sich auf eine Diskussion mit ihr einzulassen, nickte er nur. Rione war und blieb ihm ein Rätsel, doch soweit er das beurteilen konnte, war sie auch weiterhin seine Verbündete. Für ihn gab es keinen Zweifel daran, dass Desjani, Duellos und Tulev sie ständig im Auge behielten und auf Hinweise darauf achteten, ob sie vorhatte, ihm in den Rücken zu fallen.

Das Warten zog sich hin. Geary konnte die ganze Zeit über nur starr dastehen, während sich Rione gegen die Korridorwand lehnte und auf einen weit entfernten Punkt schaute. Es war nicht das erste Mal, dass er sich wünschte zu wissen, was ihr in diesem Moment durch den Kopf ging.

Nach einer Weile kehrte Timbale kopfschüttelnd zu ihnen zurück. »General Firgani war mit einem Plan beschäftigt, wie er die Marines Ihrer ›Ehrengarde‹ ausschalten kann. Ich habe ihn letztlich davon überzeugen können, was für eine dumme Idee das ist, indem ich ihm vor Augen geführt habe, welche Mittel ihm im Gegensatz zur gesamten Flotte zur Verfügung stehen. Und ich konnte ihm deutlich machen, dass er sich unmöglich in einem äußeren Abteil einer Raumstation mit einem ganzen Zug Marines anlegen kann, ohne dass man überall im Sternensystem das unvermeidliche Feuerwerk bemerkt. Nicht mal Firgani ist so dumm, dass er ein Gefecht vom Zaun bricht, das so offensichtlich von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.«