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Captain Kattnig nickte, seine Miene wirkte angespannt. »Das werden wir, Sir. Keiner von uns konnte Sie auf dem langen Weg nach Hause begleiten, was wir alle sehr bedauern.«

Die absurde Tatsache, dass jemand bedauerte, eine verzweifelte Heimreise nicht mitgemacht zu haben, die er vielleicht gar nicht überlebt hätte, entlockte Geary ein Lächeln, das er aber zu einer verständnisvollen Geste umzugestalten wusste. Er konnte nur zu gut verstehen, warum jemand in einer solchen Zeit an der Seite seiner Kameraden sein wollte. »Wir hätten Sie gut gebrauchen können, aber dafür begleiten Sie uns ja jetzt.«

»Wie ich hörte, hat sich Captain Tulev gut geschlagen«, fügte Kattnig mit gesenkter Stimme hinzu. »Er hat sich selbst übertroffen.«

»Ja, das hat er. Captain Tulev ist ein zuverlässiger und fähiger Offizier. Ich war wirklich froh, dass er mit dabei war.«

»Es tut gut, das zu hören. Captain Tulev und ich bekamen zur gleichen Zeit unser eigenes Kommando.«

»Ja, das sagten Sie.«

»Wirklich? Entschuldigen Sie bitte, Admiral.« Captain Kattnig schaute sich um, als würde er sein eigenes Schiff zum ersten Mal sehen. »Es heißt, Sie werden den Krieg beenden. Das hier könnte der letzte Feldzug sein.«

»Wenn die lebenden Sterne uns diesen Segen geben, dann wird es tatsächlich der letzte Feldzug in diesem Krieg sein«, stimmte Geary ihm zu.

»Ja, das wäre eine gute Sache«, erklärte Kattnig, klang dabei aber ein wenig unschlüssig. »Ich konnte nicht bei der Flotte sein, müssen Sie wissen. Mein letztes Schiff, die Paragon, war bei den Kämpfen bei Valdisia schwer beschädigt worden und musste bei T’shima umfangreichen Reparaturen unterzogen werden.«

»Ich verstehe.«

»Dann wurde die Paragon überhastet wieder ins Gefecht geschickt, als die Allianz-Flotte… unauffindbar war. Bei der Verteidigung von Beowulf bekamen wir so schwere Treffer ab, dass das Schiff aufgegeben werden musste.«

»Das muss ein mutiger Einsatz gewesen sein«, meinte Geary, während er sich wunderte, warum Kattnig so beharrlich zu erklären versuchte, wieso er beim ersten Angriff der Flotte auf das Heimatsystem der Syndiks nicht dabei gewesen war.

»Das war es, Sir, das war es.« Kattnig flüsterte die Worte, während sein Blick in die Ferne gerichtet war. Dann auf einmal sah er wieder Geary an. »Ich bestand darauf, ein anderes Schiff zu bekommen. Um… um diesmal bei der Flotte zu sein.«

»Die Verteidigung der Allianz in der Zeit, als die Flotte sich im Syndik-Territorium aufhielt, stellte eine äußerst wichtige Aufgabe dar. Ansonsten wären wir in eine Heimat zurückgekehrt, die nur noch aus Ruinen und Toten bestanden hätte. Sie haben Großes geleistet.«

»Vielen Dank, Sir. Sie werden sehen, wozu mein Schiff in der Lage sein kann«, versprach Kattnig ihm.

Geary hatte alles in seiner Macht Stehende unternommen, um die Moral auf der Adroit zu fördern, aber seine Inspektion hatte zu viele Belege dafür ergeben, dass diese Crew eigentlich um Längen besser war als das ihr zugeteilte Schiff. Notwendige Sicherungen in wichtigen Systemen waren bis unter die minimalen Sicherheitsanforderungen abgebaut worden, die Leistungsfähigkeit der Waffensysteme wurde durch Einsparungen bei den Energieleitungen zu den Höllenspeeren eingeschränkt, und die Magazine konnten nur mit wenigen Phantom-Flugkörpern bestückt werden, obwohl bei einer vernünftigen, aber kostenintensiveren Planung selbst auf dem beengten Raum für deutlich mehr Platz gewesen wäre. Auch den Sensoren fehlte es an Sicherungen und an Leistungsfähigkeit, sodass die Adroit-Klasse von den Daten abhängig war, die ihnen die Sensoren anderer Schiffe lieferten. Bei einem größeren Gefecht war das ja noch hinnehmbar, aber ein auf sich gestelltes Schiff dieser Klasse befand sich dadurch deutlich im Nachteil. Geary konnte ein Adroit-Schiff nicht einmal nur von Eskortschiffen begleitet losschicken, da die Fähigkeiten von Kreuzern und Zerstörern nicht die Schwächen auszugleichen vermochten, mit denen die neuen Schlachtkreuzer wegen der Probleme mit den Sensoren zu kämpfen hatten.

Diese Erkenntnisse hatten Geary einmal mehr deutlich gemacht, wie schlecht es um die Allianz bestellt war. Ein Jahrhundert Krieg hatte die wirtschaftliche und industrielle Grundlage so ausbluten lassen, dass die interstellaren Zivilisationen nicht in der Lage waren, das Militär finanziell ausreichend zu unterstützen. Wenn es ihm nicht gelang, den Krieg zu beenden, würde der Zerfall immer weiter voranschreiten und sich mehr und mehr beschleunigen, so als wäre der Krieg ein Schwarzes Loch, das die Menschheit und alles von ihr Geschaffene verschlucken wollte. Jetzt verstand er auch die Verzweiflung, die Desjani dazu getrieben hatte, ihm das Versprechen abzuringen, dass er nicht dieser Mission den Rücken kehrte, die ihm ihrer Meinung nach von den lebenden Sternen persönlich übertragen worden war. Und er verstand, warum die Menschen ihre ganze Hoffnung in ihn setzten. Zugleich fragte er sich, wie vielen von ihnen eigentlich klar war, welche Belastung das alles für ihn bedeutete.

Zumindest Desjani wusste das, davon war er überzeugt. Sie wusste es gut genug und wäre sogar bereit gewesen, ihre Ehre für ihn aufzugeben, wenn er sie darum gebeten hätte. Seine Reaktion auf dieses Angebot, nämlich die strikte Weigerung, ihr etwas Derartiges anzutun, hatte ihm die Kraft zum Weitermachen verliehen. Die Zivilisationen der Menschheit mochten im Zerfall begriffen sein, doch solange Leute wie Desjani den Glauben nicht aufgaben und weiterkämpften, so lange gab es die Hoffnung, dass dieser Prozess gestoppt werden konnte.

Und so saß Geary ein weiteres Mal auf dem Platz des Flottenbefehlshabers auf der Brücke der Dauntless, während die Schiffe seiner Flotte ihren Platz in der Formation einnahmen. Sie beschleunigten und nahmen Kurs auf den Sprungpunkt zu dem von Syndiks kontrollierten System Atalia.

Ihm wurde bewusst, dass Desjani ihn beobachtete, ohne etwas von den Gedanken zu ahnen, die ihm durch den Kopf gingen. Zumindest hoffte er, dass sie nichts ahnte, denn zeitweise hatte Desjani eine beunruhigende Fähigkeit zur Schau gestellt, seine Gedanken zu lesen. »Was ist?«

»Ein schöner Anblick, nicht wahr, Sir?«, sagte sie. »Ich habe sie noch nie so manövrieren sehen. Früher waren wir immer viel nachlässiger. Was da zählte, war, den Feind in den Griff zu bekommen. Auf das Aussehen der Formation kam es uns nicht so an, weil uns nicht klar war, dass ein Zusammenhang zwischen beidem besteht.«

»Sie geben ein sehr gutes Bild ab, und sie sind auch sehr gut. Aber sie werden nicht alle heimkehren«, gab Geary leise zu bedenken.

»Nein. Es ist ein Jahrhundert vergangen, seit sie alle heimgekehrt sind, Flottenadmiral Geary. Vielleicht werden Sie daran endlich etwas ändern.«

»Falls ja, wird das nicht allein mein Verdienst sein, Captain Desjani.«

Die Flotte war aufgebrochen, alle Augen im Varandal-System waren auf sie gerichtet.

»Unseren ersten Stopp werden wir in Atalia einlegen«, bestätigte er den Offizieren, die ihn beobachteten. »Wir werden noch vor dem Sprung Gefechtsformation einnehmen, auch wenn wir nicht davon ausgehen, bei Atalia auf nennenswerte Gegenwehr zu stoßen. Sollten die Syndiks dort kämpfen wollen, dann werden sie ihren Kampf bekommen.« Der Konferenzraum wirkte riesig, den langen Tisch säumten die virtuellen Abbilder aller befehlshabenden Offiziere von jedem Schiff der Flotte. Ebenfalls anwesend waren die frischgebackene Marine General Carabali sowie Co-Präsidentin Rione mit zwei Vertretern des Großen Rats – der stämmigen Senatorin Costa und einem Senator namens Sakai, der kaum ein Wort gesagt hatte, als Geary vom Rat befragt worden war.

Die meisten Flottenoffiziere gaben sich Mühe, die beiden neuen Politiker zu ignorieren, während sie Rione mit einem Mindestmaß an Höflichkeit behandelten, seit bekannt war, dass Geary ihr vertraute. Die Offiziere von den Schiffen der Callas-Republik und Rift-Föderation hatten Rione von Anfang an als ihre Politikerin angesehen und ihr Handeln verteidigt, dennoch waren sie froh darüber gewesen, dass sich niemals eine Gelegenheit ergeben hatte, bei der sie sich zwischen ihr und Geary hätten entscheiden müssen.