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Captain Duellos – in Person, nicht als virtuelle Darstellung – lehnte sich zurück und sah sich in Gearys Quartier um. »Ich erwarte immer, dass ein Ort anders aussieht, wenn ich ihn persönlich besuche, auch wenn meine virtuellen Ausflüge eigentlich die Realität zeigen sollten. Aber es gibt einfach zu viele Leute, die mit Filtern ihren virtuellen Besuchern Illusionen zeigen, in denen sie selbst eigentlich lieber leben würden als in der Realität.«

»Und? Sieht es hier anders aus?«, fragte Geary ihn und nahm ihm gegenüber Platz.

»Nicht dass ich wüsste«, erwiderte Duellos. »Aber in diesem Fall habe ich auch nichts anderes erwartet. Bei Ihnen habe ich immer das Gefühl, dass es Ihnen unangenehm ist, anderen etwas vorzugaukeln.«

Die meisten Besuche auf anderen Schiffen der Flotte liefen virtuell ab, dennoch war es nicht völlig ungewöhnlich, sich persönlich zu seinem Gesprächspartner zu begeben. Da es nach wie vor keine Bedrohung durch feindliche Schiffe gab, war Duellos mit einem Shuttle zu einem alten Bekannten geflogen, der jetzt einen der neuen Schlachtkreuzer befehligte. Auf dem Rückweg zur Inspire hatte er dann noch einen Abstecher auf die Dauntless eingelegt.

»Wie geht’s Ihrem Freund auf der Agile?«, erkundigte sich Geary.

»Ganz gut, wenngleich auch ein wenig beunruhigt, weil er so viel über die radikal neuen Methoden gehört hat, zu denen Black Jack Geary greift. Ich habe ihm versichert, dass es sich um ehrbare, wirkungsvolle und erlernbare Methoden handelt, was er ja aus erster Hand hier bei Atalia miterleben konnte. Er wollte mich persönlich sehen, um mir ein Erinnerungsstück von einer gemeinsamen Freundin zu geben, die vor einer Weile in einer Schlacht umgekommen ist.« Sekundenlang saß Duellos schweigend da, dann sah er Geary an. »Ich rechne immer noch damit, jeden Moment von Jaylen Cresida eine Nachricht zu erhalten, weil sie mit mir über die neuesten Entwicklungen bei ihren Forschungen reden oder mir eine neue Taktik präsentieren will.«

»Ich weiß, wie es Ihnen ergeht. Mir fällt es noch immer schwer, beim Anblick der Flotte die Furious nicht mehr sehen zu können.«

»Aber… wir machen dennoch weiter.« Duellos atmete seufzend aus, dann deutete er mit einer Kopfbewegung auf das Sternendisplay. »Wir machen weiter und kehren zurück ins Heimatsystem der Syndiks.«

»Das ist der Plan«, bestätigte Geary.

»Sind Sie nicht neugierig, woher ich weiß, wie Ihr Plan aussieht?«

Geary verzog den Mund und machte eine vage Handbewegung. »Nach den Berichten von Lieutenant Iger, dem Geheimdienstoffizier an Bord der Dauntless, wusste offenbar jeder im Varandal-System – und mit ›jeder‹ meine ich Militär und Zivilpersonen gleichermaßen – darüber Bescheid, noch bevor wir losgeflogen sind. Allerdings musste ich auch mit einer Reihe von Leuten meinen Plan besprechen, um die Zustimmung zu erhalten.«

»Und irgendjemand hat den Plan ausgeplaudert«, fügte Duellos gespielt überrascht hinzu. »Wohin geht es wirklich?«

»Ins Heimatsystem der Syndiks.«

Duellos beugte sich vor, um Geary forschend anzusehen. »Wollen Sie den Syndiks weismachen, dass wir in Wahrheit doch nicht hinfliegen, gerade weil jeder weiß, dass die Zentralwelt unser Ziel ist? Ihnen ist bestimmt bekannt, was für eine unsichere Wissenschaft es ist, wenn man versucht, den Feind zu manipulieren.«

»Ja, davon habe ich gehört«, gab er zurück und seufzte ebenfalls. »Ich wollte nicht, dass das bekannt wird, aber ich nehme an, die Syndiks wussten längst, es würde unser Ziel sein. Es ist das einzig sinnvolle Ziel, das die Syndiks auf keinen Fall verlieren dürfen. Wenn die Syndik-Führer aus ihrem Heimatsystem fliehen, dann liegt die Moral in den Syndikatwelten am Boden.«

»Das trifft für unsere Führer zu«, wandte Duellos ein. »Aber denken die Syndiks genauso?«

»Soweit wir wissen, ja. Die Syndikatwelten stehen dicht vor dem Zusammenbruch. Ein klein wenig davon ist soeben hier bei Atalia abgebröckelt. Wenn ihre Führer jetzt noch die Flucht vor uns ergreifen, dann ist das eindeutig das Ende.«

Wieder musterte Duellos das Sternendisplay. »Um so schnell wie möglich dort einzutreffen, müssen wir schon das Hypernet der Syndiks benutzen, und das heißt, wir müssen wieder zur Vordertür bei ihnen hereinspazieren. Ich denke nur ungern an dieses Minenfeld zurück, das uns beim letzten Mal vor ihrem Hypernet-Portal erwartet hat.«

»Mein Plan berücksichtigt diesen Punkt«, vertraute Geary ihm an. »Wir müssen uns ins Syndik-Heimatsystem begeben, um den entscheidenden Treffer zu landen. Aber es gibt verschiedene Wege, dorthin zu gelangen. Ich habe mein Bestes gegeben, so wenige Leute wie möglich einzuweihen, und die Komm-Systeme nur benutzt, wenn es unbedingt nötig war. Aber bevor wir von hier in den Sprungraum gehen, werde ich wie versprochen die Flotte informieren.«

»Ich verstehe Ihre Vorbehalte, sogar die ultragesicherten Komm-Systeme zu benutzen. Vermutlich haben Sie bereits erraten, dass ich genau deswegen persönlich hergekommen bin.« Duellos warf ihm einen Seitenblick zu. »Haben Sie mit Tanya gesprochen? Kennt sie den Plan?«

»Ja.«

»Hervorragend.«

»Was bringt Sie auf den Gedanken, ich könnte sie nicht eingeweiht haben?«, wollte Geary lächelnd wissen.

Duellos betrachtete intensiv seine Fingernägel. »Persönliche Gründe.«

»Von persönlichen Gründen lasse ich mich nicht beeinflussen.«

»Sie hat mich gebeten, mit Ihnen zu reden«, fuhr er entspannt fort. »Tanya meine ich. Sie meinte, ich solle versuchen, Ihnen Vernunft einzuprügeln.«

»Was habe ich denn nun schon wieder angestellt?«, fragte Geary.

»Sie sprach davon, dass Sie nur vorübergehend Flottenadmiral sein wollen. Sie meinen wohl wirklich alles ernst, was Sie sagen, nicht wahr? Wenn ein Mann davon redet, dass er für seine große Liebe alles geben würde, dann ist das in den meisten Fällen eine theoretische Erklärung, an die sich so gut wie niemand gebunden fühlt.«

Geary musste lachen. »Roberto, ich bin nicht dazu qualifiziert, Flottenadmiral zu sein.« Schnell hob er die Hand, um Duellos’ Widerspruch abzuwehren. »Ich kann diese Flotte befehligen, aber Flottenadmiral zu sein, das ist einiges mehr. Ich verfüge nicht über die erforderliche Erfahrung auf Gebieten wie Diplomatie, Logistik und Planung, um nur ein paar zu nennen.«

»Bei allem Respekt, Admiral, aber dieser Meinung kann ich nicht zustimmen.« Damit war Duellos sehr ernst geworden. »Ganz ehrlich, ist es das, was Sie wollen? Ist das die beste Entscheidung, die Sie treffen können?«

Er sah Duellos an und ließ zu, dass der ihm etwas von der emotionalen Belastung anmerken konnte. »Ich glaube, ich habe viel gegeben und viel geleistet. Ich weiß auch, dass es immer noch etwas mehr gibt, das getan werden muss. Ich habe auch damit aufgehört, mir einzureden, dass ich dem Ganzen einfach den Rücken kehren kann. Ich werde nicht die Menschen im Stich lassen, die auf mich zählen. Aber wie lange kann ich das durchhalten, ohne… ohne auf das Rücksicht zu nehmen, was ich selbst brauche? Unsere Schiffe erreichten Varandal mit dem letzten Rest aus den Brennstoffzellen, Roberto. Manchmal fühle ich mich so wie die Schiffe in diesem Moment – als ob meine Brennstoffzellen verbraucht sind und ich mich abschalten muss. Dann rede ich mit Tanya, und mit einem Mal kann ich wieder weitermachen.«

»Haben Sie ihr das gesagt?«

»Das kann ich nicht! Jedenfalls nicht so, und das wissen Sie. Das ist unangemessen und unprofessionell, und es würde sie in eine unangenehme Lage bringen. Ich respektiere sie zu sehr, als dass ich ihr so etwas antun könnte.«

»Respektieren?«, wiederholte Duellos und zog fragend eine Braue hoch. »Oder meinen Sie ein anderes Gefühl, das Sie nur nicht laut aussprechen können?«

»Sowohl als auch«, räumte Geary ein. »Aber ich werde nicht ihre Ehre aufs Spiel setzen.«