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Sieben Tage später saß Geary in seinem Quartier und betrachtete die Lichter des Sprungraums, während er versuchte, sich nicht von diesem seltsamen Kribbeln anstecken zu lassen, das umso stärker wurde, je länger man sich im Sprungraum aufhielt. Auf einmal wurde die Türglocke auf eine Weise betätigt, die etwas auffallend Hastiges, Dringendes an sich hatte.

Einen Augenblick später kam Tanya Desjani hereingestürmt und wirkte so wütend, als wollte sie mit bloßen Händen ein Loch in die Schiffshülle reißen. »Diese Frau werde ich nicht länger auf meinem Schiff tolerieren!«

»Welche Frau?«, fragte Geary, auch wenn er die Antwort längst kannte. »Und was hat sie getan?«

»Diese Politikerin! Sie wissen doch, wie sie sich benommen hat! Sie waren dabei, als sie etwas Nettes zu mir sagte!«

Geary sah sie einen Moment lang verdutzt an. »Ähm… ja, ich weiß.«

»Haben Sie sich nicht gefragt, warum sie das gemacht hat?« Ohne seine Antwort abzuwarten, redete sie weiter: »Ich habe sie jetzt endlich danach gefragt, und wissen Sie, was sie gesagt hat? Wissen Sie’s?«

»Nein.« Knappe Antworten schienen ihm die sicherste Taktik zu sein.

»Weil ich für Sie wichtig bin. Das hat sie gesagt. Ich bin für Sie wichtig, und deshalb versucht sie, mich bei Laune zu halten!«

Offensichtlich hatte Riones Taktik nicht funktioniert. Geary nickte nur, da ihm keine unbedenklich erscheinende Antwort in den Sinn kommen wollte.

Desjani hob wütend eine Faust, Zornesröte hatte ihr Gesicht fest im Griff. »Das ist genau das Gleiche wie ihr Vorschlag, ich sollte mich Ihnen als Belohnung anbieten, falls Sie bereit wären, Diktator zu werden! Ich bin kein Spielzeug und keine Schachfigur, die von Ihren Feinden oder Ihren Freunden nach Belieben benutzt werden kann! Ich bin ein Captain der Allianz-Flotte, diesen Rang habe ich mir mit meinem Schweiß und meinem Blut und mit einem ehrenvollen Dienst erarbeitet. Ich lasse nicht zu, dass irgendjemand versucht, mich zu manipulieren, mich zu benutzen oder mit mir zu spielen, nur weil er auf Sie Einfluss nehmen will!«

Er sah ihr in die Augen. »Ich verstehe, was Sie meinen.«

»Tun Sie das?«, gab sie zurück und bedachte ihn mit einem wütenden Blick. »Können Sie das? Würden Sie in meinem Schatten stehen wollen?«

»Ich würde niemals…«

»Um Sie geht es hier nicht! Es geht um jeden anderen in diesem verdammten Universum, der uns beide anschaut und dabei nur Sie sieht! Ich habe nicht mein Leben damit verbracht, diese Position zu erreichen, damit ich zur unbedeutenden Begleiterin von irgendwem werde!«

Diese Möglichkeit war ihm in den Sinn gekommen, und das war eine Tatsache, die ihm gar nicht gefiel. Ihm hätte bewusst sein sollen, wie sehr sich Black Jack auf Tanyas eigenes Image auswirken würde. »Sie könnten niemals unbedeutend sein.«

»Erzählen Sie das mal dem Universum!« Mit einer ausholenden Handbewegung schien sie auf die gesamte Schöpfung zu zeigen.

»Das werde ich. Es tut mir leid, ich trage eben sehr viel Vergangenheit mit mir herum.«

»Ich sagte schon, es geht nicht um Sie, sondern um alle anderen und darum, wie sie mich wahrnehmen. Oder wie sie mich eben nicht wahrnehmen.« Sie ballte beide Fäuste. »Warum musste mir das alles passieren? Warum konnte mein Herz nicht auf meinen Verstand hören? Als diese Hexe mir ihre Motive sagte, da musste ich irgendwie Dampf ablassen, sonst wäre ich in die Luft gegangen… und mit mir das ganze Schiff! Bei Ihnen kann ich wenigstens… Aber bei Ihnen kann ich’s eben eigentlich nicht… Oh, verflucht!« Desjani machte einen Schritt nach hinten und fuhr sich durch die Haare. »Wir sind bedenklich dicht davor, über etwas zu reden, über das wir beide gar nicht reden können.«

»Jedenfalls nicht im Moment.«

»Nicht bis… haben Sie noch einmal über alles nachgedacht? Werden Sie Flottenadmiral bleiben? Werden Sie das Kommando über die Flotte behalten?«

»Nein«, antwortete Geary leise.

»Muss ich etwa diejenige sein, die die Vernunftentscheidungen trifft?«

»Das hängt davon ab, wie Sie Vernunft definieren.«

Frustriert und zugleich wütend sah sie ihn an. »Mir war wirklich nicht bewusst… Ich muss noch mal mit meinen Vorfahren reden.« Desjani drückte den Rücken durch und straffte die Schultern, dann fragte sie in ruhigerem, gefassterem Tonfalclass="underline" »Gibt es sonst noch etwas, Admiral Geary?«

Er verkniff sich die Erwiderung, dass sie ihn aus eigenem Antrieb aufgesucht hatte, aber nicht von ihm herbestellt worden war. »Nein, sonst gibt es nichts.«

Sie salutierte und verließ sein Quartier.

Eine halbe Stunde später stattete Rione ihm einen Besuch ab. »Da ist etwas, was Sie vermutlich wissen sollten«, begann sie.

»Das weiß ich bereits. Sehen Sie nicht die Schneise der Verwüstung, die Desjani hinterlassen hat?«

»Sie scheinen es aber unbeschadet überstanden zu haben«, meinte Rione achselzuckend. »Ich wollte nur nett sein. Ich weiß nicht, warum sie sich so darüber aufgeregt hat.«

»Weil es für Sie untypisch war«, entgegnete Geary.

»Das muss sie wohl misstrauisch gemacht haben.« Anstatt sich über seine Bemerkung zu ärgern, wirkte Rione vielmehr amüsiert. »Sie ist hergekommen, um sich von Ihnen trösten zu lassen, nicht wahr?«

»Das ist nicht witzig.«

»Nein. Ich kann mir vorstellen, dass es für sie nicht so leicht ist. Dabei habe ich wirklich nur versucht, sie ein wenig aufzumuntern.« Rione hielt kurz inne. »Wenn sie sich wieder beruhigt hat, können Sie ihr ja vielleicht deutlich machen, dass ich nur gesagt habe, was ich glaube. Zu schade, dass sie nicht fähig ist, das zu akzeptieren.«

»Ich werde sehen, ob ich eine Möglichkeit finde, ihr das Erstgenannte zu sagen.« So viel also zu seiner Absicht, in irgendeiner Weise zwischen Rione und Desjani zu vermitteln. Die beiden waren so grundverschieden, dass sie eine kritische Masse zu bilden begannen, sobald sie sich zu nahe kamen. Eine Explosion ließ sich offenbar nur verhindern, wenn er dafür sorgte, dass die zwei Frauen immer so weit wie möglich voneinander entfernt waren. »Es ist ihr gutes Recht, auf das Schicksal wütend zu sein.«

»Das Recht haben Sie auch.« Rione atmete mit einem leisen Seufzer aus. »Ich werde versuchen, es für Sie beide nicht noch schwerer zu machen.«

»Wieso? Weil es für mich wichtig ist? Ich weiß, für Tanya Desjani haben Sie nichts übrig.«

»Nein«, antwortete sie und verfiel dann in ein so langes Schweigen, dass Geary sich allmählich zu fragen begann, ob sie überhaupt noch etwas sagen würde. Doch dann fuhr sie leise fort: »Weil die Frau, die ich einmal war, sich nicht darauf beschränkt hätte, sich darum zu sorgen, wie gut andere ihren Bedürfnissen und Zwecken dienen könnten. Lange Zeit dachte ich, ich hätte meine Seele für das eingetauscht, was ich für wichtig hielt. Aber ich habe festgestellt, dass ich meine Seele doch noch besitze. Und falls Sie davon irgendjemandem ein Wort sagen, werde ich alles leugnen, und niemand wird Ihnen glauben.«

»Ihr Geheimnis ist bei mir in guten Händen.«

Rione reagierte mit einem ironischen Blick. »Es wäre nicht gut, wenn die Leute wüssten, dass Politiker eine Seele haben, stimmt’s? Apropos seelenlose Politiker: Senatorin Costa sucht eifrig nach Informationen über Sie und Ihren Captain, weil sie gern für alle Fälle etwas gegen Sie in der Hand hätte. Sie ist inzwischen sehr frustriert, weil ihr niemand irgendein schmutziges kleines Geheimnis über Sie verraten will.«