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Geary nickte. »Sie gehen davon aus, dass ihre Regierung sie belügen könnte.«

»Ist das ein so ungewöhnlicher Gedanke?«, fragte Rione sarkastisch.

Er vermied es, Desjani direkt anzusehen. Die Offiziere der Flotte misstrauten ihren politischen Führern, und er fragte sich, wie viele von ihnen wohl an die Funktionstüchtigkeit der Schutzvorrichtung glauben würden, wäre die nicht hier in dieser Flotte entwickelt worden. »Also gut. Glauben Sie, es wird Costa oder Sakai etwas ausmachen, wenn ich das hier regele? Oder werden sie sagen, dass ich Verhandlungen führe?«

»Das hier ist eine Gefechtssituation«, gab Rione zurück. »Das fällt ganz allein in Ihre Zuständigkeit, Flottenadmiral Geary.«

»Captain Desjani, lassen Sie bitte von Ihrem Komm-Wachhabenden einen eng gebündelten Strahl öffnen, damit ich dem Syndik-CEO antworten kann.«

Nachdem die Verbindung hergestellt war, setzte Geary die ernste Miene eines Flottenbefehlshabers auf und aktivierte sein Komm. »Hier spricht Flottenadmiral Geary, ich rufe die CEOs der Syndikatwelten und das Volk im Parnosa-Sternensystem. Die Allianz war nicht verantwortlich für den Zusammenbruch der Hypernet-Portale in irgendeinem System der Syndikatwelten. Ganz im Gegenteil haben sogar Schiffe dieser Flotte sich den größten Risiken ausgesetzt, um dafür zu sorgen, dass das Portal bei Sancere bei seinem Kollaps nur minimalen Schaden anrichtet. Es ist nicht unsere Absicht, das Portal in diesem System zu zerstören.« Das musste er vorwegschicken, weil er nicht einmal die Andeutung einer Bereitschaft vermitteln wollte, ein Portal als Waffe gegen die Bevölkerung eines Systems einzusetzen. »Wenn Sie diese Flotte nicht angreifen, werden wir auch keine Vergeltungsmaßnahmen ergreifen, die sich gegen Ihre Bevölkerung oder gegen Ihre Einrichtungen wenden.« Er hielt kurz inne, dann ergänzte er noch etwas, das ihm immer nur schwer über die Lippen kam, weil es eine Bedrohung betraf, die von der Allianz niemals hätte ausgehen dürfen. »Diese Flotte führt keinen Krieg gegen Zivilisten.« Jedenfalls nicht mehr und auch nicht weiterhin, solange er das Kommando hatte. Er war sich sicher, dass die meisten Offiziere seiner Flotte diese Haltung unterstrichen. »Wir eröffnen das Feuer nur auf militärische Ziele, was Ihnen aufgrund unserer Aktivitäten in den letzten Monaten in anderen Sternensystemen bekannt sein dürfte. Halten Sie Ihre Streitkräfte von dieser Flotte fern und greifen Sie uns nicht an, dann müssen wir uns auch nicht zur Wehr setzen. Auf die Ehre unserer Vorfahren.«

Desjani schüttelte den Kopf. »Wir befinden uns in einem ziemlich wohlhabenden System, und die Flotte wird wahrscheinlich keinen Schuss abfeuern.« Sie warf Geary einen zynischen Blick zu. »Früher hätten wir uns einen Spaß daraus gemacht, hier alles in die Luft zu jagen.«

»Sie meinen ›vor ein paar Monaten‹, nicht wahr?«

»Es sind mehr als ›ein paar Monate‹ vergangen, Admiral.« Dann veränderte sich ihr Minenspiel. »Wenn mir vor einem Jahr jemand gesagt hätte, was sich bis zum heutigen Tag alles verändern würde, ich hätte ihm kein Wort geglaubt.«

Fast hätte er darauf etwas erwidert, doch dann wurde ihm bewusst, wo er vor einem Jahr gewesen war. Da hatte er noch im künstlichen Tiefschlaf gelegen, in einer beschädigten Rettungskapsel, die in einem Trümmerfeld im Grendel-System trieb. Nicht ahnend, dass die allerletzten Energiereserven der Kapsel angezapft wurden und er in ein paar Monaten sterben würde, weil die lebenserhaltenden Systeme dann unwiderruflich ausfielen.

»Was ist los?«, fragte Desjani, die ihn mit Sorge musterte.

»Mir war nur für einen Moment kalt«, murmelte er und fragte sich, ob er die Erinnerung an das Eis, das seinen Körper erfüllt hatte, wohl jemals ganz loswerden würde.

Sie sah ihn noch einen Augenblick lang an, dann beugte sie sich vor, bis sie sich wieder in Gearys virtueller Privatsphäre befand. »Egal, was ich in den letzten Wochen gesagt oder getan habe, ich danke den lebenden Sternen dafür, dass Sie überlebt haben, dass Sie auf mein Schiff gekommen sind und dass ich Sie kennenlernen durfte.«

Er nickte und musste sich zwingen, nicht zu lächeln. »Danke.«

Dann lehnte sich Desjani wieder zurück und wurde ernst. »Noch ein Tag, dann werden wir wissen, ob dieser Schlüssel noch funktioniert.« Ihr Lächeln hatte etwas Wölfisches an sich. »Ich kann es nicht erwarten, ins Heimatsystem der Syndiks zurückzukehren. Diese Flotte hat mit ihnen noch eine Rechnung zu begleichen.«

Zwei Stunden vor Erreichen des Hypernet-Portals gab Geary vor, sich noch ein wenig ausruhen zu wollen. Die Stimmung auf der Brücke der Dauntless war auch so angespannt genug. In einer Stunde würde er dorthin zurückkehren, um das letzte Stück des Anflugs auf das Portal mitzuverfolgen, dem die erst zweite Hypernet-Erfahrung in seinem Leben folgen würde. Von der ersten hatte er so gut wie nichts mitbekommen, da er geistig und körperlich noch posttraumatischem Stress ausgesetzt gewesen war.

Plötzlich versprach ein eingehender Anruf eine willkommene Ablenkung. »Geary hier«, meldete er sich.

»Es ist eine Bitte um eine Konferenzschaltung für Sie eingegangen, Admiral«, meldete ihm der Komm-Wachhabende der Dauntless. »Von der Dreadnaught

Hastig stand Geary auf und zog seine Uniform zurecht. »Nehmen Sie sie an.«

Einen Augenblick später tauchte das Bild von Captain Jane Geary in seinem Quartier auf, als würde sie leibhaftig vor ihm stehen. Ihre Miene verriet nichts, ihr Tonfall war neutral. »Captain Geary. Ich bitte um eine private Besprechung mit Admiral Geary.«

»Gewährt.« Er konnte ihr nicht anmerken, was sie empfand, und er hatte auch keine Ahnung, was sie ihm sagen wollte. »Bitte, setzen Sie sich doch.«

Auf der Dreadnaught nahm Jane Geary steif in einem Sessel in ihrem eigenen Quartier Platz, ihr virtuelles Abbild tat genau das Gleiche. Sie sahen sich gegenseitig an, wobei es ihn sogar jetzt erschreckte, als er erkannte, dass seine Großnichte um einige Jahre mehr gealtert war als er. Bislang hatte er nur ein Foto von ihr gekannt, doch als sie jetzt in Person vor ihm saß, konnte er eine gewisse Ähnlichkeit mit seinem Bruder erkennen. »Darf ich nach dem Grund für diese private Besprechung fragen?«, erkundigte er sich schließlich.

»Ja, Sir. Zunächst würde ich gern wissen, warum Sie die Dreadnaught und die Dependable der Dritten Schlachtschiffdivision zugeteilt und mir den Befehl über diese Division übertragen haben.«

Diese Frage konnte er problemlos beantworten. »Die Dritte Schlachtschiffdivision hatte etliche Probleme hinsichtlich ihrer Führung, der Moral und der Effizienz. Die überlebenden Schiffe dieser Division benötigten gute Vorbilder und eine gute Führungspersönlichkeit. Nach allem, was ich während der Kämpfe bei Varandal beobachten konnte, war ich der Ansicht, dass die Dreadnaught und die Dependable die erste Anforderung und Sie persönlich die zweite erfüllen.«

Jane Geary dachte kurz über seine Antwort nach, dann sagte sie: »Ich habe gehört, Sie haben eine Nachricht von meinem Bruder Captain Michael Geary für mich.« Sie sprach ohne erkennbare Gefühlsregungen.

»Ja. Ich hatte Ihnen angeboten, eine Kopie der Übertragung an Sie weiterzuleiten.«

»Können Sie mir nicht einfach erzählen, was er gesagt hat?«

»Natürlich.« Er hatte sich die ganze Zeit über auf diese Unterhaltung gefreut, sich aber gleichzeitig davor gefürchtet, und daran hatte sich auch jetzt nichts geändert. »Er sagte, ich soll Ihnen ausrichten, dass er mich nicht mehr hasst.«

Eine Zeit lang sah Jane Geary ihn nur an, dann wandte sie ihren Blick von ihm ab und atmete angestrengt. »Ist das alles?«

»Wir hatten nicht viel Zeit. Wie viel wissen Sie über das, was sich abgespielt hatte?«

»Ich kenne die offiziellen Berichte und habe mit ein paar Offizieren der Flotte gesprochen, Admiral.«