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Jane Geary nickte nachdrücklich. »Die ganze Familie war sich einig, was Sie anging. Wir sprachen mit unseren Vorfahren, aber keiner von uns hatte jemals das Gefühl, dass Sie auch dabei waren. Das schwöre ich. Deshalb trug Großvater mir auch auf, Ihnen seine Botschaft zu überbringen, falls ich Ihnen begegnete. Wären Sie tot gewesen, hätte er damit gerechnet, der Erste von uns zu sein, der Sie wiedersieht. Aber keiner von uns glaubte, dass Sie dort sind.« Ihr Gesichtsausdruck wurde beseelter. »Wir haben außerhalb der Familie mit niemandem darüber gesprochen. Die Legende begann, um sich zu greifen, dass Sie eines Tages zurückkehren würden, um die Allianz zu retten. Aber aus der Familie hat das niemals jemand öffentlich gesagt, deshalb weiß ich nicht, wie die Legende entstanden ist. Aber sie ist wahr. Es hat lange gedauert, bis ich das akzeptieren konnte.«

»Jane, bitte nicht. Auf meinen Schultern lasten schon die Erwartungen all dieser Menschen, die nicht mit mir verwandt sind.« Er spreizte die Hände. »Es ist schön, wenn es Leute gibt, die mir glauben, dass ich ein Mensch bin. Das ist für mich wichtig.«

Sie dachte kurz nach und nickte. »Ich glaube, ich verstehe, was Sie meinen. Trotzdem muss ich Sie als Mitglied der Familie nach der Wahrheit fragen. Wo waren Sie all die Jahre? Bei den Lichtern im Sprungraum? Bei den lebenden Sternen?«

Sie meinte die Frage offenbar völlig ernst, also verkniff sich Geary ein Lachen, weil seine Großnichte sich davon vermutlich verletzt gefühlt hätte. »Ich weiß nicht. Eigentlich kann ich mich an gar nichts erinnern. Ich weiß nur, ich bin eingeschlafen, und dann bin ich auf der Dauntless aufgewacht.«

»Nicht mal irgendwelche Träume?«, forschte sie sichtlich enttäuscht nach.

»Ich kann… Nicht dass ich wüsste«, korrigierte er sich. »Von Zeit zu Zeit glaube ich, mich an irgendwelche Fragmente zu erinnern. Aber die Ärzte haben mir erklärt, dass im Kälteschlaf alle Körperfunktionen angehalten oder so weit wie möglich gedrosselt werden. Das gilt auch für den Denkprozess. Ich habe nicht gedacht, also konnte ich auch nicht träumen. Jedenfalls sagen das die Ärzte. Falls doch irgendetwas geschehen ist, dann kann ich mich daran nicht erinnern.« Geary sah seine Großnichte an und fühlte sich wegen der Richtung, in die ihre Fragen gegangen waren, ein wenig unbehaglich, weshalb er dringend das Thema wechseln wollte. »Was hätten Sie gemacht, wenn Sie nicht zur Flotte gegangen wären?«

Jane Geary lächelte ihn an. »Irgendetwas mit Gebäuden. Architektur. Die Leute orientieren sich seit Jahrtausenden an den gleichen Modellen, aber ich glaube, wir können mehr lernen, wenn wir etwas Neues entwerfen.« Dann wurde sie wieder ernst. »Michael hat eine Tochter und zwei Söhne. Die Tochter ist in sechs Monaten alt genug, um mit dem Training zum Flottenoffizier zu beginnen.«

Er hatte das gewusst, das Thema aber nicht anschneiden wollen, weil er sich fragte, was diese Kinder wohl von Black Jack hielten, der ihren Vater im Heimatsystem der Syndiks zurückgelassen hatte. »Ist es das, was sie will?«

»Vielleicht bekommen Sie ja eine Gelegenheit, sie selbst zu fragen.«

»Solange sie wirklich eine Wahl hat.«

Jane Geary nickte. »Womöglich bekommt sie ja durch Sie diese Wahl. Verzeihen Sie bitte, dass ich nicht schon früher mit Ihnen gesprochen habe. Ich sollte jetzt besser gehen, Sie haben sicher noch viel vorzubereiten.«

Er warf einen Blick auf die Uhr und nickte widerstrebend. »Vielen Dank. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viel mir das bedeutet hat.«

»Vielleicht bekommen wir ja beide noch eine Gelegenheit, mit Michael zu reden.« Sie stand auf und salutierte ganz so wie jemand, der sich mit dieser Geste erst vor Kurzem vertraut gemacht hatte. »Wenn Sie gestatten, Admiral.«

»Selbstverständlich.« Geary erwiderte den Salut und erhob sich von seinem Platz. Er starrte einen Moment auf die Stelle, an der sich eben noch ihr Bild befunden hatte, und begab sich dann auf die Brücke.

Auf Gearys Display war das Hypernet-Portal zu sehen, das fast den ganzen Bildschirm ausfüllte. Das eigentliche Portal war eine Matrix aus gebundener Energie, die mit menschlichen Sinnen nicht wahrnehmbar war. Sichtbar war dagegen ein Ring aus Hunderten von Objekten, den sogenannten Trossen, die diese Matrix stabil hielten und dafür sorgten, dass sich ihre Position nicht veränderte. Seit Sancere war er keinem Portal mehr so nah gewesen wie in diesem Moment, und dieses andere Portal war im Kollabieren begriffen gewesen, da zu viele Trossen von Syndik-Kriegsschiffen zerschossen worden waren, nur um zu verhindern, dass die Allianz-Flotte das Portal benutzte. Als ihm ins Gedächtnis kam, wie das All selbst fluktuiert hatte, als das Portal zusammenbrach, musste Geary tief durchatmen, um wieder ruhig zu werden.

»Keine Probleme«, meldete Desjani und lächelte ihn zuversichtlich an.

»Captain Desjani, ich habe mich bislang nur einmal einem Hypernet-Portal genähert, und Sie werden sich erinnern, dass das keine angenehme Erfahrung war.«

»Wir haben’s überlebt.«

Wenn er berücksichtigte, dass diese Menschen seit hundert Jahren mit dem Krieg lebten, war das allerdings ein überzeugender Maßstab für Erfolg und Misserfolg.

»Jetzt werden wir herausfinden, ob alles so funktioniert, wie es soll«, meinte Desjani.

Er nickte, da er wusste, dass sie sich auf Dinge bezog, über die sie auf der Brücke nicht diskutieren sollten. Alle wahrscheinlichkeitsbasierten Würmer, die sie hatten finden können, waren aus den Hypernet-, Steuer- und Komm-Systemen aller Schiffe der Flotte entfernt worden. Jetzt blieb nur zu hoffen, dass die Aliens sie nicht umleiten konnten, sobald sie sich im Hypernet befanden, so wie sie es mit einer Syndik-Flotte gemacht hatten. Aber ob es sicher war oder nicht, würde die Allianz-Flotte erst in dem Moment herausfinden, wenn sie es versuchten. »Und wie funktioniert das noch mal mit diesem Hypernet-Schlüssel?«

»Wenn wir in das Feld des Hypernet-Portals eindringen, wird der Syndik-Schlüssel an Bord aktiviert. Wir legen die Parameter für das Transportfeld fest, damit es groß genug ist für die gesamte Flotte. Wir stellen sicher, dass das auf dem Schlüssel angezeigte Ziel auch das gewünschte ist, und dann befehlen wir dem Schlüssel, das Startkommando an das Portal zu übertragen. Es ist ganz einfach.«

Geary nickte. »Zu einfach sogar. Welcher menschliche Ingenieur hat jemals etwas konstruiert, das leicht zu bedienen war?«

»Da haben Sie recht. Wir hätten eigentlich von vornherein misstrauisch werden müssen, weil zum Aktivieren der Vorrichtung nicht irgendwelche mystischen Gesten in einer bestimmten Reihenfolge erforderlich sind und weil man den Namen des Ziels angezeigt bekommt, nicht aber einen endlosen Zahlencode, den man erst einmal Ziffer für Ziffer vergleichen muss. Kein menschlicher Software-Entwickler würde etwas so Benutzerfreundliches konstruieren.« Desjani grinste und deutete auf die Flotte. »Sind Sie mit der Formation zufrieden?«

»Ja. Diese Formation kommt mit allem zurecht, was uns erwarten könnte, falls die Syndiks am Hypernet-Portal auf uns warten sollten. Damit ist allerdings nicht zu rechnen.«

Desjani schaute auf einen anderen Teil des Displays. »Der Schlüssel ist aktiviert. Wollen Sie die Daten eingeben?«

»Nein, machen Sie das bitte.«

Ihre Finger huschten über das Tastenfeld, dann betrachtete sie kritisch die Anzeige. »Ablauf-Wachhabender, bestätigen Sie, dass die Größe des Transportfelds korrekt eingegeben ist.«

Einen Moment später nickte der Offizier. »Bestätigt, Captain. Das Feld umschließt die gesamte Flotte.«

»Bestätigen Sie Zevos als angegebenes Ziel.«

»Zevos als Ziel angegeben.«

Desjani schaute zu Geary. »Bitte um Erlaubnis, den Hypernet-Schlüssel für den Transport nach Zevos zu aktivieren.«