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Kaum hatte er geendet, hörte Geary Lärm vom hinteren Teil der Brücke. Verärgert drehte er sich um und sah, dass Rione mit den beiden anderen Senatoren dastand und sich mit ihnen über irgendetwas zu streiten schien. Desjanis Blick ließ vermuten, dass sie überlegte, ob sie die drei wohl verhaften lassen konnte, ohne sich damit Ärger einzuhandeln. »Entschuldigen Sie«, sagte Geary lauter als üblich, »aber wir stehen hier einer starken Streitmacht der Syndiks gegenüber, und es wäre uns lieber, wenn wir dabei nicht gestört würden.«

»Auch wenn wir damit schon eine ganze Weile leben müssen«, fügte Desjani leise genug hinzu, um von den Politikern nicht gehört zu werden.

Senatorin Costa machte eine großspurige Geste. »Admiral Geary, wir versuchen nur, einen gerechten Plan auszuarbeiten, wer wann den Beobachterposten auf der Brücke einnehmen kann.«

So, dass Costa und Sakai davon nichts sehen konnten, machte Rione eine entschuldigende Geste in Gearys Richtung. »Vielleicht sollten wir diese Diskussion woanders führen«, schlug sie vor, »wo wir die Besatzung nicht stören.«

»Zum Beispiel in der Arrestzelle«, murmelte Desjani.

»Tanya«, warnte Geary leise, dann hob er seine Stimme wieder an. »Ein guter Vorschlag, Madam Co-Präsidentin. Machen Sie das bitte unter sich aus.« Er wollte sich nicht einmischen, da er ansonsten fürchtete, die Geduld mit den Politikern zu verlieren und ihnen vorzuschreiben, wann wer auf der Brücke sein durfte. So etwas konnte allzu schnell zu einer Gepflogenheit werden, und er wollte sich nicht angewöhnen, Politiker herumzukommandieren, weil es genügend Leute in der Flotte und in der Allianz gab, die sich genau das von ihm wünschten.

Sakais Einstellung war nur schwer auszuloten, aber er war bereit, die Brücke zu verlassen. »Gut, Admiral. Wir gehen davon aus, dass wir umgehend benachrichtigt werden, wenn die feindliche Streitmacht eliminiert worden ist.«

Aus Sakais Mund hörte sich das an, als sei es eine reine Formsache, die Syndik-Flotte zu eliminieren, dachte Geary, aber nach außen hin nickte er nur und sagte: »Selbstverständlich.«

»Ich bin sehr stolz«, fuhr Sakai fort, »hier so viele tapfere Bürger von Kosatka zu sehen, die in dieser Schlacht eine so entscheidende Rolle spielen. Ohne ihr Opfer könnten wir heute nicht hier stehen.«

Desjani verdrehte die Augen, was Sakai nicht sehen konnte, und sagte dann in einem respektvollen Ton: »Vielen Dank, Senator.« Auch die Wachhabenden auf der Brücke gaben knappe, aber höfliche Bemerkungen von sich, dann zogen sich die drei Senatoren zurück.

Es wunderte Geary nicht, dass Senatorin Costa kurze Zeit darauf wieder auf die Brücke kam und den Platz im Beobachtersessel einnahm. Er war davon ausgegangen, dass Rione einen ihrer Kollegen für eine Weile den Platz überlassen würde, da sie aus Erfahrung wusste, dass erst einmal für Stunden Ruhe herrschte. Immerhin dauerte es ja zunächst noch zwei Stunden, bevor die Syndik-Flotte, die das Hypernet-Portal bewachte, die Ankunft der Allianz-Flotte überhaupt wahrnehmen konnte. Und erst fast drei Stunden danach würde man sehen, wie die Syndiks darauf reagierten.

Nach einer Stunde war noch immer nicht viel geschehen, außer dass die Allianz-Flotte weiter auf die Syndiks zusteuerte und dass ein paar kinetische Geschosse die in der Nähe befindlichen gegnerischen Verteidigungsanlagen trafen. Costa war inzwischen etwas unruhig geworden. Eine Stunde später hatte sich noch immer nichts Nennenswertes ereignet. 0,1 Lichtgeschwindigkeit hörte sich nach hohem Tempo an, was auch zutraf, bewegte sich doch die Flotte mit rund dreißigtausend Kilometern in der Sekunde durchs All. Doch angesichts der gewaltigen Entfernungen, die es zu überwinden galt, konnte sich sogar diese Geschwindigkeit manchmal so anfühlen, als würde man im Schneckentempo unterwegs sein. Da zehn Stunden erforderlich waren, um die Strecke einer einzelnen Lichtstunde zurückzulegen, und da der Feind fast drei Lichtstunden entfernt war, würde es weit über einen Tag dauern, ehe ein Gefecht überhaupt in greifbare Nähe rückte.

»Inzwischen sollten sie uns entdeckt haben«, merkte Desjani an Geary gerichtet an und war dabei laut genug, dass Costa sie hören konnte. »Nur noch drei Stunden, dann wissen wir, wie sie reagieren werden.«

Die bereits gelangweilt dreinblickende Costa verzog entsetzt den Mund.

Geary stand auf. »Ich muss ein wenig spazieren gehen, um in Ruhe nachzudenken. Lassen Sie mich wissen, wenn sich vor Ablauf der drei Stunden etwas ereignet.«

»Wird gemacht, Sir.«

Als er zwei Stunden später auf die Brücke zurückkehrte, hatte Rione wieder den Beobachterplatz eingenommen, doch sie machte nicht den Eindruck, dass sie sich darüber freute, die Rotation unter den Senatoren so eingeteilt zu haben, dass sie die beste Schicht hatte. Stattdessen glaubte Geary bei ihr einen besorgten Gesichtsausdruck zu bemerken. »Was ist los?«

»Ich weiß nicht.«

Da sie sich weiter nicht äußerte, setzte sich Geary wieder auf seinen Platz und nickte Desjani zu, die ebenfalls irgendwie irritiert wirkte. »Wie sieht es da draußen aus?«

»Gut.« Trotzdem schien sie sich darüber nicht zu freuen.

»Woran stören Sie sich?«, wollte Geary wissen.

»Das kann ich nicht sagen, Admiral. Woran stören Sie sich?«

»Das kann ich auch nicht sagen.«

Die Minuten zogen sich zäh dahin, aber schließlich blinkten Warnlichter auf dem Steuerdisplay auf, da sich die Syndik-Flotte in Bewegung gesetzt hatte.

»Sie weichen dem Kampf aus«, stellte Desjani verblüfft fest.

Die Kriegsschiffe der Syndiks hatten abgedreht und verließen ihre Positionen in der Nähe des Hypernet-Portals, jedoch nicht auf einem Vektor, der sie zu den näher kommenden Schiffen der Allianz geführt hätte. »Ich frage mich, wohin sie wollen«, wunderte sich Geary. Falls die feindliche Flotte vorhatte, sich immer wieder außer Reichweite der Allianz-Streitmacht zu begeben, würde sie als lästige und konstante Bedrohung über allem schweben. Im Normalraum konnten Menschen mit der Physik spielen, beispielsweise in der Gestalt von Trägheitsdämpfern, die es ihnen erlaubten, so schnell zu beschleunigen und abzubremsen, dass Schiffe und Besatzungen unter gewöhnlichen Umständen von den Fliehkräften zerrissen worden wären. Aber niemand hatte bislang einen Weg gefunden, wie man die simplen Faktoren Entfernung und Zeit in den Griff bekommen konnte. Die Syndiks waren einfach zu weit entfernt, als dass die Allianz-Flotte eine Chance gehabt hätte, sie zu fassen zu bekommen. Für ein Gefecht mussten die Syndiks schon deutlich näher herankommen, doch im Augenblick schienen sie daran nicht interessiert zu sein.

»Wo immer die auch hin wollen, sie wollen auf jeden Fall nicht zu uns«, sagte Desjani, als die berechneten Vektoren sich von Kegeln zu immer dünner werdenden Linien veränderten, da die Syndiks ihren Kurs und die beabsichtigte Geschwindigkeit erreichten. »Sieht aus, als wollten sie ein Segment des Systems durchqueren. Sie fliegen zwar nicht von uns weg, aber nennenswert näher kommen sie auch nicht.«

Hatten die Syndiks beschlossen, lieber zu verhandeln, anstatt einen aussichtslosen Kampf zu beginnen? Bislang war bei Geary noch keine Reaktion auf seine im System ausgestrahlten Forderungen eingegangen. »Sie bleiben eine Bedrohung, aber wir erreichen sie nicht. Auch gut, dann nehmen wir eben Kurs auf den Planeten mit der höchsten Bevölkerungsdichte. Damit kann die Syndik-Flotte dann gut zwei Tage lang darüber nachdenken, ob sie wirklich tatenlos zusehen will, wie wir uns zu ihren Führern begeben und ihnen die Pistole an den Kopf setzen. Entweder sie kämpfen, oder wir gewinnen.« Sehr befriedigend kam ihm das alles nicht vor, aber es schien die beste Lösung zu sein.