Sie stand lächelnd auf. »Das werde ich machen, Admiral. Ich werde heute Abend auch eine Kerze für Captain Cresida aufstellen.«
Nachdem sie gegangen war, wandte sich Geary an Desjani: »Erinnern Sie mich später daran, dass ich das auch mache.«
»Daran sollte ich Sie nicht erinnern müssen«, gab sie in dem gleichen schroffen Tonfall zurück, in dem sie zuvor mit ihren Wachhabenden gesprochen hatte. »Aber ich werde es machen, bevor ich heute Abend eine Kerze für sie anzünde. Aber warum ist das Portal kollabiert?«
»Vielleicht wurde das Signal von jemandem gesendet, der den vormaligen Syndik-Führern treu ergeben ist – und der bereit war, für seine Loyalität sein Leben zu opfern«, überlegte Geary. »Oder…«
»Ja. Oder unsere mysteriösen Feinde hatten die Finger im Spiel. Irgendwie haben sie davon erfahren, dass wir hier sind, und daraufhin haben sie den Befehl an das Portal gesendet.« Desjani lehnte sich zurück, war aber immer noch angespannt. »Hätten sie den Befehl früher gesendet, dann wären die Syndikatwelten jetzt führungslos, und die Allianz-Flotte würde nicht mehr existieren.«
»Wie praktisch für sie«, meinte er und rieb sich nachdenklich das Kinn. »Es wird hier nicht enden, richtig?«
»Verdammt richtig, Sir.«
»Es ist möglich, dass die Aliens durch die Syndik-Schiffe herausgefunden haben, dass wir hier sind.« Mit den Fingern trommelte er auf die Armlehne. »Einige der Syndik-Schiffe sind flugunfähig, insbesondere die Schlachtschiffe. Wir müssen ein paar unserer Schiffe zu ihnen schicken, um ihnen zu ›helfen‹.« Desjani sah ihn daraufhin ungläubig an. »Wir bringen ein paar von unseren Leuten an Bord, ob es den Syndiks gefällt oder nicht, und betonen die humanitäre Geste, indem wir den Verwundeten helfen und Leute evakuieren, die es nicht mehr in die Rettungskapseln geschafft haben. Bei der Gelegenheit suchen wir in ihren Betriebssystemen nach Hinweisen auf die Würmer der Aliens.«
Desjanis Miene hellte sich auf. »Wenn wir dort Würmer finden, ist klar, dass die Syndiks davon nichts wussten.«
»Ganz genau. Und es ist dann auch klar, wie die Aliens von unserer Anwesenheit erfahren konnten. Falls da keine Würmer sind, könnte es bedeuten, dass die Syndiks ebenfalls einen Weg gefunden haben, um sie zu neutralisieren, oder aber dass die Aliens entschieden hatten, die Syndiks nicht auszuspionieren.«
»Ich an Ihrer Stelle würde auf die letzte Möglichkeit lieber kein Geld setzen. Was immer es mit diesen Aliens auf sich haben mag, ich habe jedenfalls den Eindruck, dass sie jeden Vorteil nutzen, der sich ihnen bietet.« Desjani schüttelte den Kopf. »Aber offiziell muss es darum gehen, dass wir den Syndiks helfen, auch wenn sich nicht viele Matrosen freiwillig für einen solchen Einsatz melden werden.«
»Das ist mir klar«, meinte Geary und grinste. »Aber ich habe jede Menge Marines.«
General Carabali nahm ihre Befehle gelassen entgegen, und nur ein ganz flüchtiges Lächeln verriet ihre Zufriedenheit, als sie den wahren Grund für die Hilfsmission erfuhr. »Admiral, ich empfehle Ihnen, dass Sie die Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer mit meinen Marines an Bord sehr nah an die betroffenen Syndik-Kriegsschiffe heranbringen. Wenn sie die Feuerkraft der Flotte ganz dicht vor Augen haben, wird das das Risiko verringern, dass die Besatzungen Widerstand leisten, der nur zu weiteren Schäden bei ihren Systemen führen würde.«
Ganz zu schweigen davon, dass die Syndik-Crews sich dabei selbst Schaden zufügen konnten. »Gute Idee. Wir stellen in diesem Augenblick den Plan zusammen. Ich gebe Ihnen Bescheid, sobald die Schiffe ausgewählt sind, damit Sie Ihre Marines informieren können. Wenn Sie Experten für die Flottensysteme benötigen, lassen Sie es mich wissen. Ich werde dann genug ›Freiwillige‹ zusammentreiben.«
»Danke, Sir. Ich habe unter meinen Marines eine Reihe von Systemspezialisten, die der Aufgabe gewachsen sein sollten. Es könnte allerdings sein, dass sie mehr über die Würmer erfahren müssen, nach denen sie suchen sollen, zumal Sie ja gesagt haben, dass die auf einem ungewöhnlichen Prinzip basieren.«
»Auf einem sehr ungewöhnlichen, General. Ich werde veranlassen, dass die Systemsicherheitsoffiziere der ausgewählten Schiffe sich bereithalten, um die notwendigen Angaben zu machen.«
Wieder versuchte er, sich zu entspannen. Sofern nicht der Stern ohne Vorwarnung zur Nova wurde, sollte es keine weiteren Bedrohungen geben, die seiner Flotte gefährlich werden konnten. Als aber auch am letzten Syndik-Schlachtschiff die Lichter erloschen, da Duellos’ Eingreiftruppe sie alle außer Gefecht gesetzt hatte, meldete sich Geary bei den Politikern. »Sie können dem neuen Exekutivrat ausrichten, wenn er uns zusichert, dass die überlebenden Kriegsschiffe uns nicht angreifen, dann werden wir davon Abstand nehmen, diese Schiffe zu zerstören.«
Rione lächelte ihn humorlos an. »Ich glaube, die neuen Syndik-Führer werden alles tun, um dafür zu sorgen, dass möglichst keines der verbliebenen Kriegsschiffe zerstört wird. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Sieg, Admiral.«
»Danke. Ich zähle darauf, dass Sie diesen Sieg in einen Friedensschluss verwandeln.«
»Ich werde tun, was ich kann.«
In den nächsten Stunden gab es genügend Ablenkung, um die Zeit schnell verstreichen zu lassen, während Teile der Allianz-Flotte sich den Wracks der Syndik-Streitmacht näherten und damit begannen, Hilfsteams der Marines zu den Schiffen zu schicken, die sich in ihrer Zusammensetzung, Panzerung und Bewaffnung nicht allzu sehr von den Sturmtruppen zu unterscheiden schienen. »Ein MHT erfüllt eine primär nicht auf Kampf ausgerichtete Mission, während ein MST in erster Linie eine Kampfmission verfolgt«, erklärte General Carabali. »Natürlich ist jedes MHT so zusammengesetzt, dass es jederzeit als MST zum Einsatz kommen kann. Umgekehrt ist das genauso möglich.«
»Also kann man sagen«, erwiderte Geary, »dass es sich um die gleiche Sache handelt, die zwei verschiedene Namen trägt.«
»Nein, Sir«, antwortete Carabali völlig ernst. »Es sind zwei verschiedene Dinge, die exakt die gleichen Fähigkeiten besitzen. Die taktischen Anweisungen sind da sehr eindeutig.«
Mit einer Marine über semantische Spitzfindigkeiten zu diskutieren, während sie die offiziellen Definitionen auf ihrer Seite hatte, erschien ihm nicht als ein nutzbringender Zeitvertreib, also akzeptierte Geary die Logik dahinter als gegeben und befasste sich lieber damit, den Marines dabei zuzusehen, wie sie die Wracks der Syndik-Schlachtschiffe durchkämmten. Ein paar Mal erlag er der Versuchung und zoomte Bilder von einem der Marines heran, um sich anzusehen, was vom jeweiligen Helmvisier übertragen wurde und exakt dem entsprach, was auch der Marine in dem Moment sah. Das Innere der Syndik-Schiffe sah immer gleich aus, überall bot sich die gleiche Verwüstung als Folge der Konfrontation mit der Allianz-Flotte. Sobald überlebende Syndik-Matrosen gefunden wurden, die mangels funktionierender Rettungskapseln nicht von Bord hatten gelangen können, bestanden die Marines darauf, die Syndiks aus den Wracks herauszuholen, was allerdings etwas völlig anderes war als eine Festnahme der Syndiks, wie General Carabali ihm versicherte.
»Die meisten Systeme auf den Schlachtschiffen wurden zerstört, und alles, was noch funktionierte, wurde von den Syndiks gelöscht, bevor sie das Schiff aufgaben«, berichtete Carabali schließlich. »Aber die Fachidioten für Flottensystemcodes haben uns gesagt, dass diese außergewöhnlichen Würmer bei einer normalen Systemlöschung nicht gelöscht werden, und sie haben Recht behalten. An mehreren Stellen haben wir Spuren dieser Würmer gefunden.«