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»Wenn wir jetzt entscheiden, nicht dieses Sternensystem aufzusuchen«, argumentierte Rione, »dann berauben wir uns zugleich aller anderen Optionen, uns mit diesen Aliens zu befassen. Wir werden nicht mal in der Lage sein, mit ihnen in direkten Kontakt zu treten, wenn die Syndiks damit nicht einverstanden sind. Wenn wir aber dieses System aufsuchen, dann bewahren wir uns die Fähigkeit, selbst zu entscheiden, was wir tun wollen. Lassen wir es bleiben, dann haben wir keinerlei Einfluss mehr darauf, was die Aliens und die Syndiks machen werden. Ich persönlich traue keiner von beiden Seiten genügend über den Weg, um sie gewähren zu lassen. Die Allianz muss mit am Verhandlungstisch sitzen, und das bedeutet, den Sprung nach Midway zu unternehmen.«

»Allein unsere Anwesenheit könnte genügen, um der Bedrohung ein Ende zu bereiten«, warf Sakai ein. »Wenn sie diesen Zug machen, weil sie bei den Syndiks Schwäche erkannt haben, dann reicht unter Umständen eine Machtdemonstration, um sie zur Umkehr zu bewegen.«

»Dann schlagen Sie doch mal in den Geschichtsbüchern nach!«, hielt Costa dagegen. »Unzählige Kriege sind allein aus dem Grund ausgebrochen, weil irgendwer glaubte, er müsse seine Macht demonstrieren!«

»Ich habe ja nicht behauptet, dass die Gefahr damit auf jeden Fall gebannt wird. Mein Gedanke war lediglich, dass es ein Weg sein könnte, das Problem aus der Welt zu schaffen. Wenn nicht, gibt es bestimmt noch Alternativen zum Einsatz von Waffen.«

»Meinen Sie, eine Allianz-Flotte wird im Angesicht einer feindlichen Streitmacht klein beigeben?«

»Das hängt davon ab«, meinte Rione, »wer diese Flotte anführt. Admiral Geary hat bislang seine Meinung noch nicht geäußert, aber er kennt jetzt unsere Einstellung. Ich schlage vor, wir lassen ihm Zeit, um über unsere Optionen nachzudenken und um sich mit den Leuten aus seinem Stab zusammenzusetzen, denen er vertraut.« Sie nickte Geary zu, Sakai schloss sich sofort an, nur Costa zögerte und folgte dann mit unübersehbarem Widerwillen dem Beispiel der anderen.

Geary erwiderte das Nicken und versuchte, seine Gefühle vor den dreien zu verbergen. Er war längst zu der Ansicht gelangt, dass es notwendig war, die Flotte nach Midway zu schicken. Vor seiner Entscheidung wollte er jedoch mit anderen Flottenoffizieren reden und deren Meinung hören. Aber er wusste auch, dass er noch etwas anderes zur Sprache bringen musste. »Haben die Syndiks irgendeinen Hinweis darauf geben können, wer den Befehl gesendet hat, der das Hypernet-Portal zusammenbrechen ließ?«

Sakai schüttelte den Kopf. »Sie behaupten, es nicht zu wissen, und sie sagen, dass es keine Aufzeichnung in irgendeinem ihrer Systeme gibt, die belegt, dass ein entsprechendes Signal gesendet wurde. Auch nicht von der Flotte, bevor sie zerstört wurde.«

»Wer soll denn sonst versucht haben, unsere Flotte zu vernichten?«, wollte Costa wissen.

»Ich glaube, wir haben gerade eben ausführlich über diejenigen gesprochen, die dafür infrage kommen, Senatorin«, erwiderte Geary. »Ein Hypernet-Portal kollabiert ohne einen Hinweis darauf, wer das Signal gesendet hat. Das haben wir schon einmal erlebt. Das Gleiche könnte hier auch passiert sein, wobei wir alle froh sein können, dass es dazu erst gekommen ist, nachdem die zerstörerische Programmierung gelöscht wurde. Ich habe die Bestätigung, dass sich in den Systemen der Syndik-Schiffe die Würmer der Aliens finden. Darüber könnten die Aliens erfahren haben, dass wir uns hier im Heimatsystem aufhalten, allerdings glücklicherweise nicht mehr rechtzeitig genug, um das Portal zu einer Zeit zusammenbrechen zu lassen, als es noch das gesamte System ausgelöscht hätte.«

»Dann«, begann Sakai leise, während Costa Geary ansah, »befinden wir uns bereits mit ihnen im Krieg, obwohl der größte Teil der Menschheit noch gar nicht weiß, dass sie überhaupt existieren.«

»Kriege lassen sich beenden, Senator«, gab Geary zurück, dann verließ er den Raum.

Eine Viertelstunde später saß er im Flottenkonferenzraum. Die reale Captain Tanya Desjani sowie die Captains Duellos und Tulev in Form virtueller Darstellungen waren die einzigen Anwesenden. Zunächst erklärte er den Inhalt des Friedensvertrags und hielt inne, um die Reaktionen der drei Offiziere zu beobachten.

Duellos schloss die Augen. »Ich hatte nicht gedacht, dass ich jemals diesen Tag erleben würde.«

»Es hat zu lange gedauert«, murmelte Tulev. »Viel zu lange, aber es ist vollbracht. Der Affe hat gesungen.«

»Was?«, fragte Geary. »Wer hat gesungen?«

»Der Affe«, wiederholte Desjani, die den Eindruck machte, als müsse sie gegen Tränen ankämpfen. »Das bedeutet, es ist vorbei.«

»Nein, warten Sie. Wenn etwas vorbei ist, sagt man: ›Klappe zu, Affe tot.‹ Wenn etwas noch nicht vorbei ist, heißt es: ›Es ist noch nicht aller Tage Abend.‹«

Duellos machte die Augen wieder auf und sah Geary verwundert an. »Wirklich?«

»Ja.«

»Welcher Abend denn?«

»Keine Ahnung, das ist so eine Redewendung.«

»Und was ist mit dem Affen?«, wollte Desjani wissen. »Warum ist er tot, wenn die Klappe zu ist? Und was für eine Klappe soll das sein?«

»Weiß ich auch nicht. Ich weiß nur, dass das vor einem Jahrhundert zwei verschiedene Redewendungen waren. Sie haben die irgendwie zu einer zusammengesetzt.«

»Vielleicht hatte es ja ursprünglich mit einem Affen zu tun, der gern gesungen hat«, warf Duellos ein, dann begann er zu lachen und Desjani stimmte mit ein. Sogar Tulev ließ sich zu einem Lächeln hinreißen.

Geary konnte diese Reaktionen gut verstehen. Sie alle waren wie berauscht vor Freude. Sie waren von der Nachricht überwältigt, dass der Krieg doch noch ein Ende nehmen würde. Die Senatoren der Allianz hatten sich nicht annähernd so erfreut gezeigt, da ihnen die nachfolgenden Probleme Kopfzerbrechen bereiteten. Das zeigte auch, dass für sie der Krieg immer nur etwas weit Entferntes, fast schon Abstraktes gewesen war. Im Gegensatz zu ihnen hatten die Flottenoffiziere ein Leben lang Tod und Zerstörung aus erster Hand erleben müssen.

Und nun würde er ihnen eröffnen müssen, dass der Krieg zwar vorüber war, ein Frieden aber noch in weiter Ferne lag.

Etwas an seinem Gesichtsausdruck musste ihn verraten haben, denn plötzlich wurde Desjani ernst und fragte besorgt: »Was ist? Sind es die Aliens?«

»Ja, und von denen abgesehen werden wir es mit vielen kleinen Gruppierungen zu tun bekommen, die bislang im Rahmen der Syndikatwelten zusammengeschlossen waren. Wir haben also jede Menge Probleme vor unserer eigenen Tür, und die Aliens versuchen, das zu ihrem Vorteil auszunutzen.« Die aufgekommene Unbeschwertheit wich schnell wieder, als die drei Offiziere hörten, was er zu berichten hatte. »Captain Tulev, ich wäre Ihnen dankbar, von Ihnen eine offene und ehrliche Meinung zu dieser Situation zu hören.«

Tulev sah ihn ausdruckslos an und ließ durch nichts erkennen, dass seine gesamte Familie mit allen Angehörigen vor Jahrzehnten umgekommen war, als die Syndiks seine Heimatwelt mit einem ungeheuren Bombenteppich überzogen hatten. »Sie wollen von mir wissen, ob wir denjenigen helfen sollen, die uns so viel Tod und Zerstörung gebracht haben?« Einen Moment lang saß er schweigend da, schließlich seufzte er. »Meine Vorfahren haben mir vor langer Zeit aufgetragen, dass ich andere vor den Syndiks beschützen soll. Aber sie sagten auch, dass ich bereit sein sollte zu vergeben, weil der Hass sonst meine Seele so zerstört, wie der Krieg alles andere kaputtmacht.«

»Tanya?«

»Was ist?«, fragte sie und wirkte mit einem Mal wütend.

»Ihren Ratschlag. Ich möchte wissen, was Sie denken.«

»Ich denke, das ist alles großer Mist, Sir«, sagte sie und beugte sich vor, während sie schnaubend ausatmete. »Ich kann in der Analyse keinen Denkfehler entdecken. Mindestens zwanzig Sternensysteme, das ist eine Menge, zumal einige dieser Systeme ein erstklassiges Territorium darstellen. Ich wünschte nur, wir wüssten mehr über diese Aliens. Wie kann es sein, dass die Syndiks so wenig über sie herausgefunden haben, wenn es doch seit hundert Jahren Kontakt zu ihnen gibt?«