»Es wäre auch schön, etwas über ihre Bewaffnung zu wissen«, ergänzte Geary. »Oder überhaupt irgendetwas über ihre Schiffe.«
»Mein Gefühl sagt mir, dass wir das alles wohl auf die harte Tour rausfinden müssen«, meinte Desjani und warf Geary einen gereizten Blick zu. »Die Alternative besteht darin, dass wir uns von einem Gegner, über den wir so wenig wissen, einen beträchtlichen Teil eines von Menschen bewohnten Territoriums einfach so wegnehmen lassen.«
»Richtig«, stimmte Geary ihr zu, während sein Blick auf der Darstellung des Midway-Systems ruhte. »Was glauben Sie, wie die Flotte reagieren wird?«
»Das hängt davon ab, was Sie den Leuten sagen werden. Wenn Sie ihnen erzählen, dass wir den Syndiks helfen wollen, wird das nicht so gut ankommen.«
»Und wenn ich sage, es geht darum, die Menschheit zu beschützen. Was wird die Flotte dazu sagen?«
Sie verzog das Gesicht. »Nicht ganz so schlimm, aber es sind Syndiks, die diesen Teil der Menschheit ausmachen, und damit sind wir wieder beim ersten Problem. Etwas verteidigen oder beschützen, das sind alles passive Aktivitäten. Diese Flotte glaubt an den Angriff.«
Er nickte verstehend. »Also soll ich sagen, wir werden den Aliens in den Hintern treten?«
»Den Aliens, die sich in die Angelegenheiten der Menschheit eingemischt haben«, gab Desjani grinsend zurück. »Sie müssen der Flotte Gründe liefern, damit klar wird, dass diese Enigma-Irgendwas bereits die Allianz bedroht haben. Dass sie uns mit dem Kollaps des Hypernet-Portals umzubringen versucht haben.« Sie wurde ernster. »Aber wenn die Flotte den Eindruck bekommt, dass das nur das Vorspiel zu einem neuen endlosen Krieg ist, dann wird die Begeisterung nicht sehr groß sein.«
Duellos hatte sich in der Zwischenzeit das Ultimatum genauer angesehen. »Wer oder was diese Aliens auch sein mögen, auf jeden Fall kennen sie sich mit der Anwaltssprache der Menschen aus. Dieses Dokument könnte ebenso gut von einem menschlichen Anwalt aufgesetzt worden sein.«
»Das war auch die Ansicht der Politiker«, ließ Geary seine Offiziere wissen.
»Vielleicht haben sie ja ein paar von unseren Anwälten entführt«, überlegte Desjani.
»Das könnte erklären, warum sie uns vernichten wollen«, stimmte Duellos den anderen zu. »Was würden wir machen, wenn uns plötzlich ein paar Anwaltsaliens einen Besuch abstatten würden?«
»Ich glaube, das ist längst passiert. Vielleicht sind einige von unseren Anwälten in Wahrheit Aliens.«
»Ich kenne ein paar, auf die das zutreffen könnte.«
Desjani schnaubte und schüttelte den Kopf. »Admiral, Sie fragen uns, ob wir den Kampf gegen diese Aliens aufnehmen sollen, aber das haben wir doch schon längst gemacht. Nämlich bei Lakota, wissen Sie noch?«
»Ja.« Er würde nie den Anblick vergessen, wie sich die Indefatigable, die Defiant und die Audacious opferten, um den Rest der Flotte zu retten. »Ich schätze, wir sind es unseren Toten schuldig, dass wir uns den Aliens in den Weg stellen. Also ein Grund mehr, der dafür spricht.«
Duellos nickte. »Darüber hinaus sagten Sie, dass dieser Boyens kein völlig hoffnungsloser Fall ist.«
»Nun, er scheint in groben Zügen wie unsere Politiker zu sein.«
»Das spricht nicht unbedingt für ihn«, murmelte Desjani.
»Trotzdem«, hielt Duellos dagegen. »Wenn wir die Syndik-Grenzregion retten können und diesen Sternensystemen helfen, ihre eigene politische Koalition zu bilden, dann könnten wir in dieser Region des Alls eine uns freundlich gesinnte Macht etablieren. Zwar nur eine kleine Macht, das ist gar keine Frage, aber immer noch besser als eine ganze Grenzregion, die in viele einzelne Systeme zerfällt.«
»Mit einer solchen Macht, die mit unserer Unterstützung einverstanden ist, würden wir außerdem Zugang zu den von ihr kontrollierten Gebieten erlangen«, ergänzte Tulev. »Das wäre für die zukünftige Verteidigung der Allianz von entscheidender Bedeutung, immerhin müssen wir in der Lage sein, unmittelbar mit diesen Aliens zusammentreffen zu können.«
»Die Aliens treffen nie unmittelbar mit Menschen zusammen«, brummte Desjani.
»Vielleicht können wir daran ja etwas ändern«, gab Geary zu bedenken. »Dann sind wir also alle einer Meinung?« Duellos und Tulev nickten sofort bestätigend, Desjani folgte mit leichter Verzögerung und machte dabei den Eindruck einer Frau, die sich in ihr Schicksal gefügt hatte. »Danke. Es wird sicher interessant werden, welche Reaktionen kommen, wenn ich das allen Offizieren auf einer Flottenkonferenz mitteile. Ich habe keine Ahnung, wie das ankommen wird.«
»Die anderen werden Ihnen folgen«, erklärte Tulev geradeheraus. »Sie haben sie aus der Hölle herausgeführt, und Sie haben sie hierher an diesen Punkt geführt, an dem der Krieg endet.«
»Aber jetzt muss ich ihnen sagen, dass ich ihnen wichtige Informationen vorenthalten habe, die eine ernste Bedrohung dieser Flotte und der Allianz darstellen.«
Desjani und Duellos zögerten, da sie beide überlegten, was sie darauf entgegnen sollten, aber Tulev schüttelte sofort den Kopf. »Ich habe nicht oft das Vergnügen, einen Admiral sagen zu können, dass er sich irrt. Welche wichtige Information wurde denn zurückgehalten? Es ging doch nur um Mutmaßungen, Annahmen, Möglichkeiten. Wir wussten bislang doch nicht mal, dass diese Enigma-Rasse tatsächlich existiert. Die Bestätigung haben wir erst von den Syndiks erhalten.«
»Wir haben wegen der Bedrohung durch die Aliens um Sternensysteme mit Hypernet-Portal einen Bogen gemacht«, wandte Geary ein.
»Wir haben um diese Systeme schon davor einen Bogen gemacht, Admiral, weil die Syndiks dank der Hypernet-Portale zu schnell ihre Streitkräfte verlegen konnten.« Tulev zeigte auf das Sternendisplay. »Welchen Ihrer Befehle hätten Sie anders gegeben, welchen anderen Weg nach Hause hätte die Flotte eingeschlagen, wenn Sie nie auf die Vermutung gekommen wären, dass es diese Aliens geben könnte?«
Geary musterte das Display und ging in Gedanken die lange Heimreise durch. »Wenn ich ganz ehrlich sein soll, dann muss ich sagen, dass mir nichts einfällt, was ich anders gemacht hätte. Wir hätten sogar die Schutzvorrichtung entwickelt, um die Hypernet-Portale der Allianz vor Angriffen durch die Syndiks zu schützen, nachdem uns bewusst geworden war, welche Gefahr sie für unsere eigenen Sternensysteme darstellen.«
»Ganz genau. Sie haben nichts verschwiegen, das Sie zu einer anderen Vorgehensweise veranlasst hätte.« Tulev lehnte sich nach hinten und lächelte flüchtig. »In dieser Hinsicht gibt es für Sie keinen Grund, ein schlechtes Gewissen zu haben.«
Duellos sah zu Tulev, zog eine Augenbraue hoch und nickte schließlich. »Captain Tulev hat recht, Admiral. Selbst bei Lakota haben wir erst anschließend vom Eingreifen der Aliens erfahren, weshalb dieses Wissen keinen Einfluss auf Ihre Befehle hatte.«
Nachdenklich rieb sich Geary übers Gesicht. »Das ist ein gutes Argument, aber wir haben die Systeme unserer Kriegsschiffe von den Würmern der Aliens gesäubert. Andere Offiziere und Matrosen werden sich zu Recht fragen, warum wir ihnen zu dem Zeitpunkt nicht gesagt haben, dass wir eine nichtmenschliche Spezies für die Urheber dieser Würmer vermuteten.«
»Nein, das werden sie nicht«, sagte Desjani. »Sie werden annehmen, dass unsere politische Führung etwas wusste, aber geschwiegen hat. Ihnen wird niemand die Schuld daran geben, sondern den Politikern, weil sie das sonst auch immer machen. Und woher wissen wir, ob das wirklich so verkehrt ist? Wer sagt denn, dass die Allianz-Regierung wirklich niemals etwas über die Existenz dieser Aliens vermutet hat? Die Syndiks haben schließlich auch eisern geschwiegen und den größten Teil ihres Militärs für dumm verkauft. Die Flotte wird Ihnen keine Schuld geben.«