Während sich verschiedene Offiziere gegenseitig gratulierten, hörte Geary wiederholt, wie von dem singenden Affen gesprochen wurde.
»Das sind die guten Neuigkeiten«, fuhr Geary fort und bemerkte, dass sein Tonfall etwas schroffer wurde. Aber das spiegelte nur seine Empfindungen wider, war er doch wütend darüber, dass das Ende nun doch nicht das Ende bedeutete. »Die schlechten Neuigkeit ist die, dass die Syndikatwelten im Zerfall begriffen sind. Wir werden uns mit langfristigen Problemen befassen müssen, die von den Nachfolgeregierungen ausgehen können, denen dann klargemacht werden muss, dass sie sich an die Bedingungen des Friedensvertrags zu halten haben.«
Commander Landis von der Valiant meldete sich zu Wort, als Geary eine kurze Pause machte: »Aber wir reden von kleinen Einsätzen im Vergleich zum Krieg, richtig, Sir?«
»Relativ betrachtet ja«, bestätigte Geary. »Aber es werden viele von diesen kleinen Einsätzen sein, und denjenigen, die sie ausführen müssen, kommen sie dann vielleicht gar nicht so klein vor.«
»Die Reglementierung des verrottenden Leichnams der Syndikatwelten«, brummte Armus.
Commander Neeson schüttelte den Kopf. »Dieser Leichnam könnte manche regionale Macht hervorbringen, die stark genug ist, um Ärger zu machen. Das ist das Problem, das das Kriegsende mit sich bringt, aber das war wohl unvermeidlich. Die Syndiks haben sich auf ihre Kriegsschiffe verlassen, um die einzelnen Systeme einzuschüchtern, aber wir mussten diese Schiffe zerstören, um zu siegen.«
Badaya schnaubte verächtlich. »Wenn die Syndiks schon vor langer Zeit so schlau gewesen wären, den Krieg zu beenden, dann hätten sie auch weiter an ihrer Macht festhalten können. Aber sie haben es übertrieben, und dafür bekommen sie jetzt die Rechnung.«
»Dutzende von Sternensystemen wie Heradao?«, fragte Captain Vitali von der Daring. »Die Syndiks werden für diesen Krieg teuer bezahlen.«
»Unwichtig«, meinte Badaya. »Wir haben gewonnen, und die militärischen Bedrohungen, mit denen wir von jetzt an zu tun haben, werden vergleichsweise harmlos sein.«
»Bis auf eine«, warf Geary ein und sah die allgemeine Verwirrung, als er das Sternendisplay über dem Tisch so veränderte, dass es die Grenze zwischen den Syndiks und den Aliens zeigte. »Die Syndiks haben zugegeben, dass auf der anderen Seite des Syndik-Territoriums, also auf der der Allianz abgewandten Seite, eine intelligente, nichtmenschliche Rasse existiert.«
Sekundenlang herrschte derart völlige Stille, dass Geary sich fragte, ob er plötzlich taub geworden war. »Wer ist das?«, fragte Captain Duellos, der so klang, als hätte er soeben zum ersten Mal davon gehört.
»Das wissen die Syndiks nicht. Diese Aliens haben sich bislang erfolgreich bedeckt gehalten und existieren so völlig zurückgezogen, dass es den Syndiks in den letzten hundert Jahren nicht gelungen ist, irgendetwas Nennenswertes über sie in Erfahrung zu bringen. Sie bezeichnen die Aliens als die Enigma-Rasse.«
General Carabali atmete lautstark aus. »Lassen Sie mich raten. Die sind feindselig.«
»Offenbar ja, allerdings wissen wir nicht, in welchem Ausmaß.«
Schließlich hatte sich Badaya wieder genügend im Griff, um zu fragen: »Welchen Beweis haben die Syndiks geliefert, dass diese Rasse tatsächlich existiert?«
»Ich werde es Ihnen darlegen, aber einen Beweis dafür haben wir sogar selbst in den Händen gehalten. Sie erinnern sich an die Entdeckung von Würmern in unseren Betriebssystemen, die zur Programmierung Quantenwahrscheinlichkeiten benutzten. Solche Würmer übersteigen unsere technischen Fähigkeiten, und wir haben nun Belege dafür, dass die Syndiks derartige Fähigkeiten ebenfalls nicht besitzen. Soweit wir das beurteilen können, ist ihnen die Existenz der Würmer überhaupt nicht bekannt. Doch in den Systemen der kampfunfähig geschossenen Syndik-Schiffe haben wir genau die gleiche Software gefunden, wie Ihnen General Carabali bestätigen kann. Die Würmer müssen folglich das Werk dieser Rasse sein. In unsere Systeme hatten sie die eingespeist, um unsere Flugbewegungen beobachten zu können.«
»Arbeiten sie gegen uns, oder überwachen sie uns nur?«
»Sie arbeiten gegen uns. Sie können mit einer Art Fernsteuerung die Hypernet-Portale zusammenbrechen lassen. Das ist bei Kalixa geschehen, und hier ebenfalls.«
»Die haben versucht, uns auszulöschen?«
»Offenbar ja. Lassen Sie mich alles darlegen, was wir inzwischen über diese Aliens wissen und wie sich die Situation an der Syndik-Grenze zu ihnen gestaltet.«
Er holte aus, umriss die Belege für deren Existenz, zeigte die Aufzeichnung der um Hilfe bittenden Syndik-CEO und berichtete das Wenige, das er über ihre Fähigkeiten erzählen konnte. Als er zum Abschluss seiner Ausführungen kam, sagte lange Zeit niemand auch nur ein Wort.
Dann setzte der Captain der Dragon dem Schweigen ein Ende. »Reden wir hier davon, uns mit den Syndiks zu verbünden, um gemeinsam gegen diese Aliens vorzugehen?«
»Nein.« Geary sah, wie die Anspannung von einigen Männern und Frauen vor ihm am Tisch abfiel. »Niemand hat vorgeschlagen, dass wir uns einverstanden erklären sollen, die Syndikatwelten zu verteidigen. Eine solche Vereinbarung könnte zu leicht in ihr Gegenteil verkehrt werden.« Viele der Anwesenden nickten bekräftigend, da niemand hier den Syndiks traute. »Aber es ist eine andere Sache, wenn es darum geht, eine Invasion aufzuhalten. Wir wissen nicht, welche Absichten die Enigma-Rasse verfolgt, und wir wissen auch nicht, wie weit sie tatsächlich vorrücken würde, wenn die Grenze zu den Syndiks zusammenbricht.«
»Sie reden doch nicht von einer Bedrohung für die Allianz, oder? Das ist doch eine viel zu große Strecke.«
»Vier Wochen Reisezeit von der Grenze der Allianz bis zur Grenze mit den Aliens«, hielt Desjani dagegen. »Im Hypernet.«
»Können die das Hypernet benutzen?«, wollte der Captain der Warspite wissen.
»Es ist möglich«, antwortete Geary. »Wir haben sogar Grund zu der Annahme, dass es die Aliens waren, die die Allianz und die Syndikatwelten mit der Hypernet-Technologie versorgt haben.«
Wieder starrten ihn alle an, dann sagte Commander Neeson, als würde er mit sich selbst reden: »Das würde erklären…, dass es so viele Dinge gibt, die wir am Hypernet gar nicht verstehen… Und diese Würmer haben sich über die Hypernet-Schlüssel an Bord unserer Schiffe geschlichen.«
»So sieht es aus.«
»Aber warum?«, fragte Badaya und kniff bedrohlich die Augen zusammen. »Warum geben sie beiden Seiten solche Technologie? Was hatten sie vor?«
Duellos’ Blick schien auf einen Punkt in weiter Ferne gerichtet zu sein. »Das Hypernet sorgte für einen wirtschaftlichen Aufschwung in der Allianz ebenso wie bei den Syndikatwelten, der in dem Moment einsetzte, als die Ausgaben für den Krieg für beide Seiten zu hoch zu werden drohten. Außerdem machten sie das Kämpfen viel einfacher, da die Logistik verbessert wurde, weil Schiffe und Material viel schneller von System zu System gelangen konnten.«
»Die wollten also, dass wir weiterkämpfen?« Badaya lehnte sich nach hinten, Zornesröte stieg ihm ins Gesicht. »Sie wollten beide Seiten immer weiter schwächen, bis sie uns unterwerfen konnten.«
»Das war möglicherweise die Absicht dahinter«, stimmte Geary ihm zu. »Unsere Absicht ist es, diesen Aliens zu verstehen zu geben, dass wir eine solche Einmischung in unsere Angelegenheiten nicht dulden. Wir wollen ihnen klar machen, dass interne Konflikte die Menschheit nicht davon abhalten werden, sich zur Wehr zu setzen, wenn jemand versucht, in ihr Territorium vorzudringen und es für sich zu beanspruchen.«
»Was einen Kampf erforderlich machen könnte«, warf Jane Geary ein. »Einen Kampf gegen einen Kontrahenten, von dem wir nicht wissen, wie stark er ist und über welche Ressourcen er verfügt, welche Waffen er besitzt und wie es um seine Verteidigungsfähigkeiten bestellt ist.«