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Er hatte nicht damit gerechnet, dass einer der Senatoren zugunsten eines Staatsstreichs argumentieren würde. Es gelang ihm, seine Reaktion darauf zu überspielen, dann sagte er ruhig: »Ich habe mein Schicksal schon vor langer Zeit aus der Hand gegeben, Madam Senatorin. Ich habe geschworen, rechtmäßige Befehle auszuführen, und genau das werde ich auch weiterhin machen. Und falls ich diese Befehle nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann, werde ich mein Offizierspatent zurückgeben.«

Schließlich ergriff Rione mit leiser, aber fester Stimme das Wort. »Das ist sein Ernst. Er spielt Ihnen nichts vor. Ich hatte den gleichen Verdacht wie Sie alle, dass Black Jack als künftiger Diktator auftritt, der seine militärische Rolle nutzt, um die politische Autorität zu ersetzen.« Ihr Blick ruhte kurz auf der stämmigen Frau und einem anderen Senator, womit sie nur beinahe andeutete, dass diese beiden eine solche Entwicklung nicht fürchteten, sondern vielmehr herbeisehnten. »Allerdings bin ich Captain Geary nahe genug gewesen, um Ihnen versichern zu können, dass er es ehrlich meint. Unterziehen Sie ihn einem Verhör, und Sie werden feststellen, er macht Ihnen zu keinem Zeitpunkt etwas vor. Captain Geary trägt nicht den Makel von einem Jahrhundert Krieg, meine verehrten Senatoren. Er glaubt immer noch an alles, was unseren Vorfahren lieb und teuer war. Und er glaubt an Sie, an jeden Einzelnen von Ihnen.«

Ein paar Senatoren schauten weg, als seien ihnen diese Worte peinlich, aber Navarro sah sie forschend an. »Wir haben Berichte gelesen, wonach Sie Captain Geary tatsächlich sehr nahe gewesen sein sollen, Madam Co-Präsidentin. Wird Ihre Meinung über ihn davon in irgendeiner Weise beeinflusst?«

»Es war eine körperliche Beziehung«, räumte Rione wie beiläufig ein. »Sie war von kurzer Dauer.« Dann straffte sie auf einmal die Schultern, und alles Lässige an ihrem Verhalten war verschwunden. »Aus den Informationen, die die Flotte im Syndik-Gebiet sammeln konnte, ergibt sich, dass mein Ehemann von den Syndiks lebend gefangengenommen wurde. Es könnte sein, dass er noch lebt. Meine Loyalität gilt der Allianz und ihm.«

Einer der Senatoren schüttelte den Kopf. »Sie haben mit einem anderen Mann geschlafen, obwohl Ihr Ehemann noch leben könnte? Ein solch unehrenhaftes…«

Rione stieg die Zornesröte ins Gesicht, doch Geary kam ihr zuvor und unterbrach den Senator: »Sie wusste nicht, dass er noch leben könnte. Jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt. Co-Präsidentin Rione ist eine ehrbare Frau.«

»Wohingegen Sie, Senator Gizelle«, fügte Rione mit gesenkter Stimme an, als sich nach Gearys Bemerkung Schweigen breitgemacht hatte, »das Wort Ehre nicht mal buchstabieren könnten, wenn Ihr Leben davon abhinge.«

Navarro schlug wieder mit der flachen Hand auf den Tisch, um dem Streit ein Ende zu setzen, bevor er eskalieren konnte. »Das reicht. Beantworten Sie nur die Frage, Senatorin Rione. Ist Ihr Urteil neutral?«

»Ja.« Rione nickte und sah sich um. Offenbar hatte sie sich wieder im Griff. »Jeder hier weiß, was Captain Geary in diesem Moment tun könnte, wenn er es wollte. Und was er längst alles getan haben könnte, wenn er es wirklich beabsichtigte. In diesem Moment könnte er im Unity-Sternensystem eintreffen, begleitet von einer Flotte von Kriegsschiffen, auf denen sämtliche Senatsmitglieder in Arrestzellen sitzen, und die Leute würden ihm zujubeln. Haben Sie auch nur eine vage Ahnung davon, wie lange er gebraucht hat, um zu begreifen, dass so etwas möglich wäre? Ein solcher Gedanke war in seinem Universum schlicht undenkbar, und so verhält es sich immer noch. Aber es gibt Leute, die vortäuschen würden, in seinem Namen zu handeln, und wir müssen diese Leute davon abhalten, etwas in Gang zu setzen, was sich möglicherweise nicht mehr stoppen ließe. Hören Sie also bitte mit solchem Unsinn wie der Verhaftung von Captain Geary auf. Er wird seine Kräfte nicht gegen die Allianz wenden.«

»Das möchte ich gern glauben«, erwiderte Navarro. »Aber ich weiß nicht, ob ich das wagen darf.«

»Dann möchte ich Ihnen etwas zeigen.« Rione lud eine Datei herunter, aktivierte sie und Geary sah sich auf der Brücke der Dauntless sitzen. Insgeheim fragte er sich, wie es Rione gelungen war, auf die Logbücher des Flaggschiffs zuzugreifen und wo diese Aufnahme entstanden war, doch als er hörte, was gesagt wurde, fiel es ihm ein. Die Szene zeigte sein Verhalten in dem Moment, als er zu verstehen begann, dass das Personal der Allianz-Flotte beabsichtigte, Kriegsgefangene zu töten, als sei das ein völlig routinemäßiger Vorgang.

Als der Ausschnitt endete, deutete Rione auf Geary. »Das hat sich bei Corvus abgespielt, kurz nachdem er das Kommando über die Flotte übernommen hatte. Meinen Sie, das war gespielt? Dann irren Sie sich. Das waren unsere Vorfahren, die durch diesen Mann zu uns gesprochen haben.«

»Ich muss unbedingt mit meinen Vorfahren reden«, sagte Navarro mehr zu sich selbst, senkte kurz den Blick und sah dann erneut Geary an. »Fassen Sie die von Ihnen empfohlene Vorgehensweise in wenigen Worten zusammen, Captain. Da Sie offenbar nicht vorhaben, mit der Flotte nach Unity zu fliegen und uns ins Gefängnis zu stecken – wohin wollen Sie dann mit ihr?«

Er hätte sich nie träumen lassen, dem Großen Rat persönlich Bericht zu erstatten, doch das wäre immer noch wahrscheinlicher gewesen als eine solche Frage aus dem Mund des Ratsvorsitzenden zu hören zu bekommen. Geary ließ wieder das Sternendisplay anzeigen. »Ich möchte zwei Dinge vorschlagen. Zum einen halte ich es für wichtig, den Schaden auszunutzen, den wir in der letzten Zeit der Syndik-Flotte zugefügt haben. Wenn wir den Syndiks Zeit lassen, werden sie in der Lage sein, ihre Streitkräfte wieder zu verstärken, aber wenn wir sofort zuschlagen, solange sie geschwächt sind, könnte es uns gelingen, sie zu einem Waffenstillstand zu zwingen.« Das Display veränderte sich und konzentrierte sich auf einen Stern. Die leisen Seufzer von der anderen Seite des Tischs bildete sich Geary in diesem Moment nicht bloß ein.

»Das Syndik-Heimatsystem?«, fragte die stämmige Frau ungläubig. »Sind Sie nicht von da entkommen, Captain Geary? Aus dieser Falle, die die Syndiks unserer Flotte gestellt hatten?«

»Richtig, Ma’am, aber jetzt geschieht das unter anderen Vorzeichen. Die Syndik-Flotte ist deutlich dezimiert worden. Ein paar ihrer Kriegsschiffe sind uns entwischt, als wir den Angriff abgewehrt haben, aber selbst mit diesen neu konstruierten Kriegsschiffen, die die Syndiks losgeschickt haben, stehen unsere Chancen immer noch sehr gut.« Er deutete auf den Stern. »Wir haben den Syndik-Hypernetschlüssel sicher nach Hause gebracht, und jetzt können wir diesen Schlüssel benutzen, um mit unserer Flotte zügig in ihr Heimatsystem zu gelangen, die dortige Verteidigung zu zerschlagen und die Führung aufzufordern, ernsthafte Verhandlungen zu beginnen. Wir haben jetzt die Gelegenheit, bis ins Herz des Syndik-Territoriums vorzudringen und ihnen einen schweren Schlag zuzufügen.«

»Und wenn die Syndik-Führer nicht an ernsthaften Verhandlungen interessiert sind?«, wollte Navarro wissen, der die Hände gefaltet hatte und das Kinn auf ihnen ruhen ließ.

»Dann, Sir, können wir immer noch zu unserer tief vordringenden Munition greifen, um einen Wechsel auf der Führungsebene der Syndiks herbeizuführen.« Er hatte genügend Beweise dafür gesehen, dass diese Führer bereit waren, zahlreiche ihrer Leute zu opfern, während sie selbst stets dafür sorgten, dass sie gut geschützt waren. Diesmal allerdings sollten sie dazu gar nicht erst die Gelegenheit bekommen.

»Welche Forderungen sollen wir stellen?«, fragte Senatorin Suva.

»Das muss der Rat entscheiden«, antwortete Rione. »Aber meine Empfehlung geht dahin, zu erwägen, welchen Nutzen wir davon haben, Forderungen zu stellen, wenn die einzige andere Alternative bei einer Ablehnung durch die Syndiks die ist, dass dieser Krieg fortgesetzt wird. Daher schlage ich vor, wir bieten den Syndiks ein Ende der Feindseligkeiten und eine Rückkehr zu den Verhältnissen vor dem Krieg an, einschließlich eines vollständigen Gefangenenaustauschs und eines Austauschs aller verfügbaren Informationen über sämtliches im Verlauf des Krieges in Gefangenschaft geratenes Personal.«