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Härteste Felsen Substanz der ganzen Hongkong-Gruppe, Sir, sagte er.

Und die südlichste der Inseln, sagte er, und direkt dort, am Rande der chinesischen Hoheitsgewässer.

Siebenhundertneunzig Fuß hoch, Sir, die Fischer benutzen sie als Landmarke vom Meer her, Sir, sagte er. Technisch gesehen keine einzelne Insel, sondern eine Gruppe von sechs Inseln, davon fünf völlig unfruchtbar, baumlos und unbewohnt. 1

Schöner Tempel, Sir. Echte Antiquität. Schöne Holzschnitzereien, aber kaum natürliche Bewässerung.

»Herrgott, Murphy, wir wollen die verdammte Insel doch nicht kaufen!« rief Martello. Nun, da der Einsatz nahe und London weit weg war, hatte Martello, wie Guillam feststellte, viel von seinem Firnis und jeden englischen Anstrich verloren. Seine Tropenanzüge waren reinste amerikanische Kreationen, urtd er empfand das Bedürfnis, sich mit Menschen zu unterhalten, vorzugsweise mit seinen eigenen Leuten. Guillam argwöhnte, daß sogar London für ihn ein Abenteuer bedeutete, und Hongkong war bereits Feindesland. Smiley hingegen reagierte auf Streß genau umgekehrt: er wurde verschlossen und von eisiger Höflichkeit. Po Toi selber hat eine im Abnehmen begriffene Einwohnerzahl von einhundertachtzig Bauern und Fischern, zumeist Kommunisten, drei bewohnte Dörfer und drei verlassene, Sir, sagte Murphy. Er leierte weiter. Smiley hörte nach wie vor aufmerksam zu, Martello hingegen zeichnete Männchen auf seinen Notizblock.

»Und morgen, Sir«, sagte Murphy, »morgen nacht hält Po Toi das alljährliche Fest zu Ehren von Tin Hau ab, der Meeresgöttin, Sir.«

Martello hörte mit seinem Gekritzel auf. »Glauben die Leute wirklich an diesen Scheiß?«

»Jeder hat ein Recht auf seinen Glauben, Sir.«

»Lernt man das auch in Ihrem Ausbildungscollege, Murphy?«

Martello widmete sich wieder seinen Zeichnungen.

Betretenes Schweigen herrschte, bis Murphy tapfer wieder zum Zeigestock griff und mit der Spitze auf eine Stelle an der Südküste der Insel wies.

»Das Tin-Hau-Fest, Sir, konzentriert sich auf den einzigen größeren Hafen, Sir, direkt hier an der Südwestspitze, wo der alte Tempel steht. Nach Mr. Smileys wohlbegründeter Prognose, Sir, würde Kos Landeuntemehmen hier stattfinden, abseits der Hauptbucht, in einer kleinen Bai an der Ostseite der Insel. Eine Landung auf dieser Seite der Insel, die nicht bewohnt ist, keinen natürlichen Zugang zum Meer bietet, zu einem Zeitpunkt, da die Festlichkeiten in der Haworbucht eine Ablenkung . . . «  Guillam hatte das Klingeln nicht gehört. Erst die Stimme von Martellos zweitem Gehilfen, der den Anruf beantwortete: »Ja, Mac«, dann das Quietschen seines Sessels, als er sich bolzengerade aufrichtete und Smiley anstarrte. »Gut, Mac. Klar, Mac. Sofort. Ja. Sekunde. Direkt neben mir. Bleib dran.« Smiley stand bereits neben ihm und hatte die Hand' nach dem Hörer ausgestreckt. Martello beobachtete Smiley. Murphy auf dem Podium wandte ihnen den Rücken, während er weitere fesselnde Besonderheiten der Insel Po Toi aufzeigte und die Unterbrechung gar nicht richtig zur Kenntnis nahm. »Die Insel ist den Seeleuten auch als Geisterfelsen bekannt, Sir«, erklärte er mit der gleichen langweiligen Stimme. »Aber niemand scheint zu wissen, warum.« Smiley lauschte kurze Zeit, dann legte er auf. »Vielen Dank, Murphy«, sagte er höflich. »Es war sehr interessant.«

Eine Weile stand er wie versteinert da und hatte die Finger wie der selige Mr. Pickwick nachdenklich an die Oberlippe gelegt. »Ja«, wiederholte er. »Ja, sehr interessant.« Er ging bis zur Tür, dann blieb er wieder stehen. »Entschuldigung, Marty, ich muß Sie für eine Weile verlassen. Nicht mehr als ein, zwei Stunden, nehme ich an. Auf jeden Fall rufe ich Sie an.«

Er streckte die Hand nach dem Türgriff aus, dann wandte er sich zu Guillam um.

»Peter, es wäre mir lieb, wenn Sie mitkämen. Es könnte sein, daß wir einen Wagen brauchen, und Sie scheinen mit dem Verkehr in Hongkong fabelhaft zurechtzukommen. Habe ich Fawn nicht irgendwo gesehen? Ah, da sind Sie ja.«

Die Blumen an der Headland Road glänzten flaumig, wie Farne, die für Weihnachten mit Lackspray verschönert wurden. Der Gehsteig war schmal und wenig benutzt, außer von den Amahs, die den Kindern Bewegung verschafften, was sie taten, ohne mit den Kleinen zu sprechen, als führten sie Hunde spazieren. Der Observierangswagen der Vettern war ein absichtlich unauffälliger brauner Mercedeslaster, ziemlich mitgenommen, mit Tonstaub an den Kotflügeln und den an einer Seitenwand aufgemalten Buchstaben H.K.DEVp. und BLDg.SURVEY Ltd. Eine alte Antenne mit chinesischen Wimpeln daran war über die Kabine geneigt, und als der Lastwagen sich - zum zweiten, oder war es zum viertenmal an diesem Vormittag -, an Kos Wohnsitz vorüberschob, achtete niemand auf ihn. Irgend jemand baut immer in Headland Road, wie überall in Hongkong. In seinem Inneren kauerten in eigens für diesen Zweck installierten kunststoffbezogenen Kojen zwei Männer in einem Wald von Ferngläsern, Kameras und Funktelefoneinrichtungen und beobachteten intensiv. Auch für sie war die Fahrt an Seven Gates vorbei langsam zur Routine geworden. »Keine Veränderung?« sagte der erste. »Keine Veränderung«, bestätigte der zweite. »Keine Veränderung«, wiederholte der erste in das Funksprechgerät, und hörte am anderen Ende Murphys vertrauenerweckende Stimme die Nachricht bestätigen.

»Vielleicht sind sie bloß Wachsfiguren«, sagte der erste, ohne sich ablenken zu lassen. »Vielleicht sollten wir mal mit der Nadel reinstechen, ob sie dann schreien.«

»Sollten wir vielleicht wirklich«, sagte der zweite. Während der ganzen beruflichen Laufbahn, darüber waren sie sich einig, hatten sie niemals irgend etwas beobachtet, das sich so still verhalten hatte. Ko stand, wo er immer zu stehen pflegte, am Ende des Rosenbeets, den Rücken ihnen zugewandt, und starrte aufs Meer hinaus. Seine winzige Ehefrau saß ein Stück von ihm entfernt allein auf einem weißen Gartenstuhl, wie immer schwarz gekleidet, und schien auf ihren Mann zu starren. Nur an Tiu bewegte sich etwas. Auch er saß auf einem Stuhl, aber neben Ko, und er mampfte irgend etwas, das wie ein Schmalzkringel aussah. Als der Lastwagen die Hauptstraße erreicht hatte, rumpelte er in Richtung Stanley weiter und setzte aus Gründen der Tarnung seine angebliche Inspektionsfahrt durch die Gegend fort.

 

 Lieses Lover

Ihre Wohnung war groß und ohne einheitliche Note: eine Mischung aus Wartesaal, Direktionssuite und Bordellsalon. Die Decke des Wohnraums fiel nach einer Seite schräg ab wie das Schiff einer Kirche, deren Grundmauern sich gesenkt haben. Das Niveau des Fußbodens wechselte ständig, der Teppich war dicht wie ein Rasen, und beider Schritte ließen glänzende Fußabdrücke zurück. Die riesigen Fenster gaben den Blick auf grenzenlose Einsamkeiten frei, und als Lizzie die Jalousien heruntergelassen und die Vorhänge zugezogen hatte, waren sie und Jerry plötzlich in einem Vorstadtbungalow ohne Garten. Die Amah hatte sich in ihr Zimmer hinter der Küche zurückgezogen, und als sie von dort auftauchte, schickte Lizzie sie wieder weg. Sie schlurfte zischend und stirnrunzelnd hinaus. Warte nur, bis ich's dem Herrn stecke, hieß das.

Jerry legte die Ketten an der Wohnungstür vor, und danach ging er mit ihr durch alle Räume, ließ sie zu seiner Linken einen Schritt vorangehen und die Türen öffnen, sogar die Schränke. Das Schlafzimmer glich dem Bühnenaufbau für einen Fernsehfilm über eine femme fatale, mit seinem runden abgesteppten Bett und der eingelassenen Badewanne hinter Wandschirmen. Er durchsuchte die Nachtschränkchen nach einer Waffe. Man ist zwar in Hongkong nicht besonders schießwütig, aber wer einmal in Indochina gelebt hat, bei dem war im allgemeinen irgend etwas im Haus. Ihr Ankleidezimmer sah aus, als hätte sie einen der smarten skandinavischen Einrichtungsläden per Telefon ausgekauft. Das Eßzimmer bestand aus Rauchglas, blitzendem Chrom und Leder. Falsche Gainsborough-Ahnen starrten verdrossen auf die leeren Stühle - alle die Mamas, die keine Eier kochen konnten, dachte er. Mit schwarzem Tigerfell bezogene Stufen führten zu Kos Gemach, und hier blieb Jerry staunend stehen. Er war wider Willen fasziniert, sah in jeder Einzelheit den Mann und seine Verwandtschaft mit Old Sambo. Der überdimensionale Schreibtisch mit den geschweiften Beinen und den Klauenfüßen, die Präsidentengarnitur. Die Tintenfässer, Brieföffner und Scheren im Futteral, die unberührten Gesetzesbücher, genau die gleichen, die auch Old Sambo überall mitgeschleift hatte: Simon über Steuerrecht, Charlesworthy über Gesellschaftsrecht. Die gerahmten Zertifikate an der Wand. Die Verleihungsurkunde zu seinem O. B. E., die mit den Worten begann: »Elizabeth die Zweite von Gottes Gnaden . . . « Der Orden selbst, auf Seide gebettet wie die Waffen eines toten Ritters. Gruppenfotos chinesischer Angehöriger auf den Stufen eines Tempels. Siegreiche Rennpferde. Lizzie, wie sie ihn anlachte. Lizzie im Badeanzug, ein atemraubender Anblick. Lizzie in Paris. Behutsam zog er die Schreibtischläden auf und entdeckte geprägte Geschäftsbogen von einem Dutzend verschiedener Firmen. In den Schränken leere Aktenordner, eine elektrische IBM-Schreibmaschine ohne Kabel, ein Adressenbuch ohne Adressen darin. Lizzie mit nacktem Oberkörper, wie sie über den langen Rücken hinweg zu ihm hinsah. Lizzie, Gott sei ihr gnädig, im Hochzeitskleid, einen Gardenienstrauß in der Hand. Ko mußte sie zum Fotografieren zu einem Brautausstatter geschickt haben.