Durchgedreht, entschieden sie, als die Türen sich hinter ihm geschlossen hatten. Armer Kerl. Peinlich.
War wirklich eine Verschwörung gegen Smiley von der Größenordnung im Gang, wie Guillam vermutete? Und wenn ja, wie wirkte sich Westerbys Alleingang darauf aus? Es ist keine einschlägige Information verfügbar, und sogar Leute, die einander durchaus vertrauen, sind nicht geneigt, die Frage zu diskutieren.
Ganz sicher bestand eine geheime Absprache zwischen Enderby und Martello, wonach die Vettern den ersten Happen von Nelson kriegen und sich in den Ruhm teilen sollten, ihn herbeigeschafft zu haben - als Gegenleistung für ihr Votum zugunsten Enderbys. Ganz sicher waren Lacon und Collins, in ihren weit auseinanderliegenden Bereichen, daran beteiligt. Aber wann genau sie den Plan faßten, sich Nelson selber unter den Nagel zu reißen und mit welchen Mitteln - zum Beispiel über das bewährte Verfahren einer konzertierten demarche auf ministerieller Ebene in London -, wird man vermutlich nie erfahren. Es kann indes, wie sich ja herausstellt, kein Zweifel darüber bestehen, daß Westerby sich für sie als Glück im Unglück erwies: er lieferte ihnen den Vorwand, nach dem sie gesucht hatten.
Und hatte Smiley nun, tief im Innern, von der Verschwörung gewußt! War er sich klar darüber, und hatte er diese Lösung insgeheim sogar begrüßt? Peter Guillam, der inzwischen bereits gut drei Jahre in seinem Exil in Brixton Zeit gehabt hat, sich seine Meinung zu bilden, behauptet, die Antwort auf beide Fragen sei ein entschiedenes Ja. Es gibt einen Brief, den George auf dem Höhepunkt der Krisis an Ann Smiley schrieb, sagt Guillam, vermutlich während einer der langen Warteperioden in der Isolierstation. Guillam stützte seine Theorie hauptsächlich auf diesen Brief. Ann hat ihn ihm gezeigt, als er sie in Wiltshire aufsuchte, in der Hoffnung, eine Versöhnung herbeiführen zu können, und im Lauf des Gesprächs, dem allerdings kein Erfolg beschieden war, förderte Ann ihn aus ihrer Handtasche zutage. Guillam behauptet, er habe einen Teil davon im Gedächtnis behalten und sofort aufgeschrieben, als er wieder im Wagen saß. Und es steht fest, daß der Stil des Schreibens bedeutend anspruchsvoller ist als alles, was Guillam je hätte verfassen können.
Ich frage mich allen Ernstes und hoffentlich ohne jedes Selbstmitleid, wie ich in diesen gegenwärtigen Engpaß geraten konnte. Soweit ich mich zurückerinnere, wählte ich die geheime Straße, denn sie schien sich mir am direktesten und am weitesten dem Ziel meines Landes zu nähern. In jenen Tagen war der Feind jemand, auf den man hinzeigen, über den man in den Zeitungen lesen konnte. Heute weiß ich nur noch, daß ich gelernt habe, das ganze Leben als eine Verschwörung zu verstehen. Dies ist das Schwert, durch das ich gelebt habe, und nun, da ich Umschau halte, sehe ich, daß ich auch durch dieses Schwert umkommen werde. Wenn ich den Todesstoß empfangen soll, so falle ich doch wenigstens von den Händen meiner Peers.
Wie Guillam erläutert, ist dieser Brief typisch für Smileys Blaue Periode.
Heute, sagt er, ist George fast wieder der alte. Dann und wann treffen er und Ann sich zum Lunch, und Guillam persönlich ist überzeugt, daß sie eines Tages einfach wieder zusammenkommen und beisammen bleiben. George spricht nie von Westerby. Und Guillam tut es auch nicht, George zuliebe.