Ich schüttelte den Kopf.
»Es gefällt mir nicht, Clyde. Ganz und gar nicht.«
Holdreth lachte wieder und hob seinen Hund mit den Facettenaugen hoch.
»Sagen Sie, wissen Sie, wo ich davon einen zweiten finde, Gus?«
»Gleich da drüben.« Ich zeigte es ihm. »An dem Baum da. Die Zunge hängt ihm schon heraus. Er wartet nur darauf, mitgenommen zu werden.«
Holdreth lächelte.
»Was sagt man dazu!« Er fing das Exemplar ein und trug die beiden ins Schiff.
Ich entfernte mich, um die Gegend zu besichtigen. Der Planet war für mich einfach zu unfaßbar, als daß ich ihn auf Anhieb akzeptieren konnte, ohne mich wenigstens genau umzusehen.
Zum einen existieren Tiere einfach nicht so — in großen, gemischten Mengen, glücklich zusammenlebend. Mir waren von jeder Art nur ein paar Exemplare aufgefallen, und es mußten mindestens fünfhundert verschiedene Arten sein, eine seltsamer als die andere. So geht es in der Natur nicht zu.
Zum anderen schienen sie alle miteinander gut auszukommen, auch wenn sie die inoffizielle Führerschaft durch das giraffenartige Wesen anerkannten. So geht es in der Natur auch nicht zu. Ich hatte noch keine Auseinandersetzung zwischen den Tieren beobachten können. Das sprach dafür, daß sie alle Pflanzenfresser waren, und das ergab ökologisch keinen Sinn.
Ich zuckte die Achseln und ging weiter.
Eine halbe Stunde später wußte ich ein bißchen mehr über die Geographie unserer Goldgrube. Wir befanden uns entweder auf einer riesigen Insel oder Halbinsel, weil ich in etwa zehn Meilen Entfernung ein gewaltiges Gewässer sehen konnte. Unsere Umgebung war ziemlich flach, abgesehen von einem größeren Hügel, von dem aus ich das Gelände überblicken konnte.
Nicht weit vom Schiff entfernt gab es einen dichten Urwald. Er breitete sich in der einen Richtung bis zum Wasser aus, endete in der anderen aber ganz plötzlich. Wir hatten das Schiff am Rand der Lichtung aufgesetzt. Anscheinend lebten die meisten Tiere im Urwald.
Auf der anderen Seite unserer Lichtung befand sich eine breite, niedrige Ebene, die in der Ferne in eine Wüste überzugehen schien; ich konnte eine wenig einladende Fläche nackten Sandes sehen, die in sonderbarem Gegensatz zu dem fruchtbaren Urwald auf meiner Linken stand. Daneben lag ein kleiner See. Es war die Art Gelände, die eine vielfältige Fauna anzog, da es in einem kleinen Bereich jede Art von Lebensraum zu geben schien.
Und die Fauna! Der Reichtum an fremdartigen Tieren versetzte mich immer wieder in Erstaunen. Es gab sie in allen Formen und Größen, Farben und Gerüchen, und das einzige, was sie alle gemeinsam hatten, war ihre Gutartigkeit. Im Laufe meiner Wanderung mußten an die hundert Tiere auf mich zumarschiert sein, mich betrachtet und wieder das Weite gesucht haben. Darunter ein halbes Dutzend Arten, die ich noch nicht gesehen hatte, sowie eine der intelligent wirkenden Giraffen mit den Augenstengeln und ein Hund ohne Fell. Wieder hatte ich das Gefühl, daß die Giraffe mir etwas mitteilen wollte.
Es gefiel mir nicht. Es gefiel mir ganz und gar nicht.
Ich kehrte zu unserer Lichtung zurück und sah Holdreth und Davison noch immer wild herumstürzen und so viele Tiere wie möglich in unseren Frachtraum stopfen.
»Wie geht es?« fragte ich.
»Der Frachtraum ist voll«, sagte Davison. »Wir treffen jetzt unsere Ersatzauswahl.« Ich sah ihn Holdreths zwei Nackthunde hinaustragen und statt dessen ein Paar achtbeiniger pinguinartiger Wesen aufheben, die sich ohne Gegenwehr wegschleppen ließen. Holdreth machte ein unglückliches Gesicht.
»Wozu wollen Sie denn die, Lee? Die hundeähnlichen Wesen scheinen doch viel interessanter zu sein, nicht?«
»Nein. Ich nehme lieber die beiden da mit. Seltsame Tiere, was? Seht euch das Muskelgeflecht an, das — «
»Halt mal«, sagte ich. Ich starrte das Tier an. »Das ist merkwürdig. Es hat acht Beine.«
»Werden Sie Zoologe?« fragte Holdreth belustigt.
»Nein — aber ich mache mir Gedanken. Warum hat der hier acht Beine, ein anderes Tier sechs, und manche nur vier?«
Sie sahen mich verständnislos an, mit der Verachtung des Fachmanns.
»Ich meine, in der Evolution hier müßte doch eine gewisse Logik bemerkbar sein, nicht? Auf der Erde haben wir vierbeiniges Leben entwickelt, auf Venus sind es vorwiegend sechs Beine. Aber haben Sie schon einmal ein solches Evolutionsdurcheinander gesehen wie hier?«
»Es gibt Seltsameres«, meinte Holdreth. »Die Symbionten auf Sirius Drei, die Wühler von Mizar — aber Sie haben recht, Gus. Das ist wirklich eine merkwürdige evolutionäre Streuung. Ich glaube, wir sollten hierbleiben und das gründlich untersuchen.«
Davisons Strahlen machte mir sofort klar, daß ich einen Fehler begangen hatte. Ich beschloß, es auf andere Weise zu versuchen.
»Der Meinung bin ich nicht«, sagte ich. »Ich finde, wir sollten mit dem starten, was wir haben, und später mit einer größeren Expedition zurückkommen.«
»Na, hören Sie, Gus, machen Sie sich nicht lächerlich!« sagte Davison lachend. »Das ist die Chance meines Lebens — warum sollten wir die ganze zoologische Abteilung holen?«
Ich wollte ihnen nicht sagen, daß ich Angst davor hatte, noch länger hierzubleiben. Ich verschränkte die Arme.
»Lee, ich bin der Pilot, und ihr müßt auf mich hören. Der Plan sieht einen kurzen Aufenthalt hier vor, dann müssen wir starten. Kommen Sie mir nicht damit, ich machte mich lächerlich.«
»Aber das tun Sie, Mann! Sie stehen blindlings der wissenschaftlichen Forschung im Weg — «
»Hören Sie zu, Lee. Unsere Nahrung ist ziemlich knapp berechnet, damit ihr beide mehr Frachtraum habt. Und wir sind nur ein Sammlerteam. Es reicht nicht für längere Aufenthalte auf einem einzelnen Planeten. Wenn ihr am Ende nicht eure eigenen Tiere fressen wollt, schlage ich vor, daß wir weiterfliegen.«
Sie schwiegen eine kurze Zeit, dann sagte Holdreth: »Dagegen können wir wohl nicht an, Lee. Hören wir auf Gus und fliegen wir zurück. Wir haben später Zeit genug, uns hier gründlich umzusehen.«
»Aber — ach, meinetwegen«, sagte Davison widerstrebend. Er griff nach den achtbeinigen Pinguinen. »Ich trage die nur schnell hinein, dann können wir starten.« Er sah mich seltsam an, so, als hätte ich etwas Kriminelles getan. Als er ins Schiff ging, rief ich seinen Namen.
»Hören Sie, Lee, ich will Sie nicht von hier wegreißen. Es geht einfach um die Nahrungsvorräte«, log ich, um meinen unklaren Argwohn zu vertuschen.
»Ich weiß schon, Gus.« Er drehte sich um und betrat das Schiff.
Ich stand da und dachte einen Augenblick an gar nichts, dann ging ich auch hinein, um die Startumlaufbahn zu berechnen.
Ich kam bis zum Treibstoffverbrauch, als mir etwas auffiel. Aus einem Steuerschrank hingen Kabel. Jemand hatte unseren Antriebsmechanismus demoliert, und das gründlich.
Ich starrte einen langen Augenblick betroffen auf den defekten Antrieb, dann drehte ich mich um und ging in den Frachtraum.
»Davison!«
»Was ist, Gus?«
»Kommen Sie mal her, ja?« Ein paar Minuten später tauchte er auf und sagte ungeduldig: »Was wollen Sie, Gus? Ich bin — « Er riß den Mund auf. »Sehen Sie sich den Antrieb an!«
»Ja, tun Sie das!« fauchte ich. »Mir ist schlecht. Holen Sie sofort Holdreth herein.«
Während er hinauslief, bemühte ich mich um den demolierten Mechanismus. Als ich die Tafel abgenommen hatte und hineinsehen konnte, wurde mir ein wenig wohler; der Antrieb war nicht so beschädigt, daß man ihn nicht reparieren konnte, wenngleich er übel zugerichtet worden war. Drei oder vier Tage harter Arbeit mit Schraubenzieher und Lötlampe würden genügen. Meine Wut wurde dadurch nicht geringer. Ich hörte Holdreth und Davison hinter mir hereinkommen und fuhr herum.
»Also, ihr Idioten. Wer von euch war das?«
Sie öffneten gleichzeitig den Mund, um zu protestieren. Ich hörte eine Weile zu, dann sagte ich: »Einer nach dem anderen!«