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«Mr. Fitz-Clarence!«rief Farquhar.»Hopsen Sie gefälligst nicht so herum!«Dann wandte er sich um und sah Gilchrist in das nach oben gewandte Gesicht.»Wie meinten Sie soeben, Mr. Gilchrist?»

«Das Fechten ist unsauber, Sir.»

Schweigend sah Bolitho dem kleinen Drama zu. Die Midshipmen hatten ihre Waffen noch in Position, fochten jedoch nicht mehr. Matrosen, die in den Luvwanten arbeiteten, hielten inne und schauten herab; ihre gebräunten Oberkörper schimmerten golden in der Sonne. Mitten dazwischen stand Pascoe, die dunklen Augen auf Gilchrist gerichtet; nur an seinem heftigen Atmen war zu erkennen, daß er sich ärgerte.

Und Farquhar — dessen blaue Augen hatten einen ganz merkwürdigen Ausdruck. Bis jetzt hatte er Gilchrist ständig beschäftigt gehalten, so daß diesem keine Zeit zur Opposition blieb. Aber nun war es wieder soweit. Warum hatte sich Farquhar so über ihn geärgert? Was juckt diesen verdammten Kerl?

Farquhar schnippte mit den Fingern.»Bootsmannsmaat! Meinen Degen!»

Er ging nach Lee und beugte sich über die Reling, behielt aber Gilchrist im Auge, der unten auf der gegenüberliegenden Seite stand.

«Mr. Pascoe, lassen Sie diese Anfänger Schluß machen!«Ohne hinzusehen nahm Farquhar dem besorgt herzueilenden Bootsmannsmaaten den Degen aus der Hand.»Sie haben doch bei einem kühnen Unternehmen gegen die Dons Ihren Degen eingebüßt, Mr. Pascoe. «Er zog seinen eigenen aus der Scheide und hielt ihn kritisch gegen den Himmel» Eine ganz anständige Klinge. Geschenk meines verstorbenen Onkels. «Er blickte in Bolithos ernstes Gesicht und fuhr fort:»Doch ich glaube, Sir Henry selbst bevorzugte etwas Schwereres, nicht wahr, Sir? — Mit Ihrer Erlaubnis, Sir!»

Bolitho mußte sich zusammennehmen, als der junge Pascoe unten mit sicherem Griff die Waffe auffing.

«Und jetzt, Mr. Gilchrist«, sagte Farquhar gelassen,»wenn Sie so freundlich sein wollen, gegen unseren jüngsten Leutnant anzutreten, könnten unsere Midshipmen vielleicht etwas lernen — eh?»

Erschrocken starrte Gilchrist erst Pascoe, dann Farquhar an.

«Ich soll mich duellieren, Sir?«Er brachte kaum die Worte heraus.

«Aber nicht doch, kein Duell, Mr. Gilchrist. Eine Lektion, wenn Sie wollen. «Farquhar trat wieder neben Bolitho und sagte leise:»Haben Sie keine Angst um Mr. Pascoe, Sir.»

Der Messesteward hatte Gilchrist einen Degen gebracht. Er hielt ihn in der Hand, als hätte er noch nie im Leben einen gesehen, und murmelte etwas Undeutliches. Verwirrt starrte er die Midshipmen an. Luce machte eine grimmige Miene, weiter hinten stand Saxby mit weit offenem Munde und Augen so groß wie Untertassen. Dann schien sich Gilchrist der unmöglichen Situation bewußt zu werden.»Achtung, Mr. Pascoe!«sagte er kurz.

Die Klingen trafen sich, blitzten, zuckten über den sonnengebleichten Planken wie stählerne Zungen.

Beim Zusehen bekam Bolitho eine trockene Kehle. Geschmeidig tänzelte Pascoe um die Laffette eines Achtzehnpfünders. Seine Sohlen schienen den Weg zu fühlen. Bolitho wollte wegsehen, zu Farquhar hin. Hatte dieser wirklich nur vor, Gilchrist seine Arroganz auszutreiben, oder benutzte er die Gelegenheit, um Bolitho mittels Pascoes Fechttalent an seinen toten Bruder Hugh zu erinnern?

Vielleicht dachte auch Farquhar in diesem Moment daran, wie sie Hugh Bolithos Gefangene auf dessen amerikanischem Schiff gewesen waren. Das konnte er kaum vergessen haben, ebensowenig wie die Tatsache, daß Hugh zugrunde gegangen war, weil er als Offizier des Königs einen Offizierskameraden getötet hatte — im Duell.

Bolitho hörte Gilchrists schweren Atem, sah seinen wut- und haßverzerrten Blick, als er Pascoes Parade wegschlug und ihn ein paar Schritte zurückdrängte.

Gelassen sagte Farquhar:»Sehen Sie? Seine Wut ist größer als seine Fechtkunst. «Es war beinahe, als spräche er zu sich selbst.»Er drängt vor, verschwendet unnötig Kraft. «Und mit einem anerkennenden Nicken:»Er hat die größere Reichweite und ist körperlich stärker als Mr. Pascoe, aber…»

Da wurde Gilchrists Klinge durch eine blitzschnelle, hochangesetzte Parade Pascoes fixiert; eine geschickte Drehung des Handgelenks, und sie flog durch die Luft und landete ein paar Schritte weiter klirrend auf den Planken.

Gilchrist, wie gebannt auf Pascoes Degenspitze starrend, die bewegungslos ein paar Zoll vor seine Brust verharrte, trat zurück.

«Gut! Sehr gut, alle beide!«rief Farquhar hinunter und wandte sich dann den Midshipmen zu, die wie erstarrt standen.»Das war eine nützliche Lektion — eh?»

Bolitho holte tief Atem. Tatsächlich: eine Lektion für alle Beteiligten.

Der Steuermannsmaat der Wache, der dem Schauspiel wie alle zugesehen hatte, blickte auf einmal hoch und legte die Hand ans

Ohr.

«Geschützfeuer, Sir!»

Bolitho riß seine Gedanken von dem Waffengang los.»Woher?»

Dann vernahm er es auch, wie Brandung an einer Felsküste. Gedämpft, doch unverkennbar.

«Im Osten, Sir«, sagte der Maat und deutete nach Steuerbord voraus.»Ganz bestimmt.»

Farquhar eilte an ihm vorbei.»Sie haben gut aufgepaßt, Mr. Ba-gley«, sagte er und beugte sich über den Kompaß.»Bitte um Erlaubnis zu rekognoszieren, bevor der Wind noch mehr abflaut.»

Bolitho nickte.»Signalisieren Sie dem Geschwader, es soll mehr SegeI setzen. Auch die Harebell — wenn Commander Inch das Signal noch sehen kann.»

Farquhar schritt zur Reling, und Gilchrist erschien an der Backbordleiter.»Lassen Sie >Alle Mann< pfeifen«, sagte er knapp, ohne sich um Gilchrists Verwirrung zu kümmern.»Großsegel setzen, nötigenfalls auch die Stagsegel. «Er hielt inne und horchte mit geneigtem Kopf auf das schrille Pfeifen in den unteren Decks.»Wir wollen ein paar Strich abfallen — hoffentlich ist Bagleys Peilung richtig.»

Die Matrosen eilten auf ihre Stationen bei den Masten, und Pas-coe ging zur anderen Seite, um Luces Signalgasten zu beaufsichtigen.

Bolitho hielt ihn an.»Freut mich, daß du heil geblieben bist, Adam.»

Der junge Mann grinste über das ganze sonnengebräunte Gesicht.»Das war leicht, Onkel.»

«Diesmal«, entgegnete Bolitho kurz.»Und außerdem hattest du ja nicht angefangen. Das weiß ich auch.»

Das Lächeln erlosch.»Entschuldigung, Sir.»

«Das nächste Mal, wenn du unbedingt einen scharfen Waffengang machen willst, frag mich gefälligst vorher, Adam.»

Pascoe zögerte und lächelte dann unsicher.»Jawohl, Sir.»

«Und nun weg mit dir. Ich möchte, daß meine Schiffe noch heute die Signale zu sehen kriegen.»

Farquhar trat zu ihm an die Reling.»Ein prächtiger junger Mann, Sir. «Ihre Augen trafen sich. Dann sagte Bolitho gelassen:»Und ich wäre Ihnen verbunden, Captain Farquhar, wenn er das auch bliebe.»

Lächelnd ging Farquhar nach vorn und sah zu, wie die Männer eilends zu den Rahen aufenterten.

An der Kampanjeleiter tauchte Major Leroux auf und faßte grüßend an den Hut.»Hört sich an wie zwei Schiffe, Sir. Wahrscheinlich haben Nicator oder Buzzard einen Franzosen vor.»

Bolitho sah hoch. Das mächtige Großsegel entfaltete sich an der Rah und füllte sich: das Donnern der Leinwand übertönte das ferne Geschützfeuer.»Hoffentlich haben Sie recht, Major.»

Leroux beobachtete seine Seesoldaten an den Besanbrassen. Fast im Plauderton sagte er:»Mein Korporal ist ein ausgezeichneter Scharfschütze, Sir. Wenn er sein Geld als Kunstschütze auf dem Jahrmarkt verdienen könnte, wäre er heute zweifellos ein reicher Mann.»

Eben kam Leutnant Nepean herbei, um eine Meldung zu machen, und Leroux ging ihm entgegen.

Auch Allday war an Deck erschienen.»Das ist schon ein kluger Kerl, dieser Major Leroux, Sir«, sagte er.

«Wie meinen Sie das?«fragte Bolitho mißtrauisch.

Allday lächelte verhalten.»Er hatte diesen Korporal Cutler unten im Niedergang zur Messe plaziert. Mit seiner langen Muskete, auf die er so stolz ist.»