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Herrick sah ihn mißtrauisch an.»Unser Unterwasserschiff ist sauber, Sir. Und ich habe jedes Segel persönlich kontrolliert — wir könnten auch beim besten Willen nicht einen halben Knoten mehr machen.»

Überrascht von seinem vorwurfsvollen Ton, wandte Bolitho sich um.»Das sollte keine Kritik sein, Thomas. Ich weiß, ein Kommandant kann allerhand, aber den Elementen befehlen kann er nicht.»

Herrick lächelte gezwungen.»Entschuldigung, Sir. Aber mich bedrückt das ziemlich. Von uns wird so viel erwartet. Wenn es schiefgeht, ehe wir richtig angefangen haben…«Er zuckte hilflos die Achseln.»Die ganze Flotte müßte vielleicht darunter leiden.»

Bolitho stieg auf einen Poller und hielt sich an den Netzen, während er nach achtern zur Nicator spähte, die lethargisch auf dem gleichen Bug lag. Ihre Marssegel waren kaum gefüllt, und ihr Masttoppwimpel hob sich nur gelegentlich in den leeren Himmel.

Von Land war nichts zu sehen, obwohl der Ausguck, der winzig wie ein Äffchen turmhoch über Deck hockte, es als purpurnen Dunststreifen erkennen mußte: die Südküste von Spanien. Bolitho schauerte trotz der feuchten Hitze, als er daran dachte, daß er diese Strecke schon einmal gesegelt war. Übrigens — warum stellte sich Herrick so an? Es sah ihm gar nicht ähnlich, über das» Vielleicht «nachzugrübeln. Wieder kamen Bolitho bohrende Zweifel. War diese Verantwortung eine zu schwere Bürde für Herrick? Ohne ihn anzusehen, fragte er:»Ihr Erster, Thomas — was wissen Sie von ihm?»

«Mr. Gilchrist?«erwiderte Herrick zurückhaltend.»Sehr tüchtig im Dienst. Bei St. Vincent war er Zweiter auf der Lysander

Bolitho biß sich auf die Lippe. Es ärgerte ihn, daß er bereits am zweiten Tag auf See den Mund nicht mehr halten konnte. Mehr noch: er war verletzt und wußte selbst nicht, warum. Thomas Herrick war sein Freund, und in all den Jahren, in denen sie Schulter an Schulter gegen den Tod gekämpft, Fieber und Durst gelitten, Angst und Verzweiflung durchgemacht hatten, wäre eine solche Kluft zwischen ihnen unvorstellbar gewesen.

«Ich habe nicht nach seiner Führung gefragt«, entgegnete er schroffer als beabsichtigt.»Ich will etwas über den Menschen Gil-christ wissen.»

«Kann nicht klagen, Sir. Er ist ein guter Seemann.»

«Und das genügt?»

«Es muß mir genügen, Sir. Sonst weiß ich nichts über ihn«, antwortete Herrick gepreßt.

Bolitho trat vom Poller herunter und zog seine Uhr.»Aha.»

«Sehen Sie, Sir«, sagte Herrick mit einer unsicheren Handbewegung,»die Dinge ändern sich eben. Ich fühle eine solche Distanz zu meinem Schiff und meinen Leuten, als lebte ich auf einer Insel. Immer wenn ich versuche, alles so zu machen wie früher, kommen mir Geschwaderangelegenheiten dazwischen. Meine Offiziere sind fast alle junge Leute; manche haben noch nie einen ernstgemeinten

Kanonenschuß gehört. Pascoe, der jüngste Leutnant an Bord, hat mehr Gefechtserfahrung als alle anderen zusammen. «Herrick sprach jetzt rasch, die Worte flossen unaufhaltsam.»Ich habe ausgezeichnete Deckoffiziere, zum Teil die besten, mit denen ich je gesegelt bin. Aber Sie wissen selbst, wie das ist, Sir: die Befehle müssen vom Achterdeck kommen.»

Bolitho durfte sich nichts anmerken lassen. Wie gern hätte er Herrick beiseite genommen, mit in seine Kajüte, aus dem Bannkreis der neugierigen Augen, ihm gesagt, wie gut er ihn verstand. Aber dann wäre alles genauso geworden wie früher: Bolitho hätte sich wieder mit dem Schiffsalltag und den gedrängt vollen unteren Decks befaßt, und Herrick hätte nur darauf gewartet, seine Gedanken in Handlungen umzusetzen: ganz der ausgezeichnete Untergebene, der er immer gewesen war.

«Ja«, sagte Bolitho endlich,»so soll es auch sein. Das Schiff verläßt sich auf seinen Kommandanten. Und ich auch.»

Herrick seufzte.»Ich mußte das einmal ansprechen.»

«Ich habe Ihre Ernennung zu meinem Flaggkapitän nicht aus alter Freundschaft befürwortet, sondern weil ich glaubte, daß Sie der richtige Mann sind. «Bolitho sah, daß seine Worte Herrick wie ein Schlag ins Gesicht trafen, und fuhr fort:»Und dieser Meinung bin ich immer noch.»

Aus dem Augenwinkel sah er die massige Gestalt des Masters die beflissenen Midshipmen mit ihren Sextanten für das tägliche Ritual der Standortbestimmung um sich versammeln. An der Reling stand Leutnant Fitz-Clarence, Offizier der Wache, und tat ziemlich überzeugend so, als beobachte er aufmerksam die im Großmast arbe i-tenden Matrosen; doch verrieten seine angespannten Schultern, daß er versuchte, der Unterhaltung seiner Vorgesetzten zu lauschen.

«Also wollen wir nicht mehr so düster in die Zukunft sehen, ja? Wenn wir erst Feindberührung bekommen, haben wir Sorgen genug. Daran hat sich bestimmt nichts geändert.»

Herrick trat einen Schritt zurück.»Aye, Sir. «Sein Gesicht war grimmig.»Tut mir leid, wenn ich Sie enttäuschte. «Er sah Bolitho nach, der sich zur Kampanjeleiter gewandt hatte, und schloß:»Es wird nicht wieder vorkommen.»

Bolitho schritt zur Heckreling und packte verzweifelt das vergoldete Schnitzwerk. Er konnte versuchen, was er wollte, sie fanden nicht mehr zueinander; die Kluft zwischen ihnen war nicht zu überbrücken.

«An Deck!«hallte der heisere Ruf des Ausgucks, und Bolitho fuhr herum.»Die Harebell signalisiert!»

Bolitho wartete ungeduldig, bis Mr. Fitz-Clarence, Zweiter Offizier der Lysander, aus tiefem Sinnen erwachte und rief:»Mr. Faulkner! In die Wanten mit Ihrem Teleskop! Ich will wissen, was sie meldet, und zwar gleich!»

Der Midshipman der Wache, der eben noch bei den Netzen gedöst hatte, froh darüber, daß er sich Mr. Grubbs tiefschürfende Ausführungen über Navigation nicht mitanhören mußte, rannte zu den Leewanten und enterte rasch zum Großmast auf.

Fitz-Clarence sah ihm nach, Hände in die Hüften gestemmt, als erwarte er jeden Moment, daß der Junge abrutschte und fiel. Anscheinend hatte er eine Vorliebe für eindrucksvolle Posen. Er war ein eifriger, schneidiger Offizier, und was ihm an Körpergröße fehlte, pflegte er durch ständige Betonung seiner Autorität zu ersetzen.

Herrick stand dicht neben ihm, die Hände auf dem Rücken. Bo-litho bemerkte, daß er sie nicht stillhalten konnte, was seine äußerliche Ruhe Lügen strafte.

Endlich kam die schrille Knabenstimme von oben: «Harebell an Flagschiff, Sir: Buzzard im Nordosten gesichtet!»

Bolitho stieß die Hände in die Taschen und griff nach seiner Uhr, um seine plötzliche Erregung zu beherrschen. Kapitän Javal war also auf Gegenkurs gegangen und kam zum Geschwader zurück. Folglich hatte er entweder feindliche Kräfte gesichtet, die für ihn zu stark waren; oder er wollte seinem Kommodore melden, daß der Gegner bereits hinter ihm hersegelte.

Bolitho sah Herrick zur Leiter eilen, und im nächsten Moment stand er neben ihm an der Reling.

«Signal an Geschwader«, sagte Bolitho.»>Zum Flaggschiff auf-schließen!< Und wir kürzen Segel, damit sie es leichter haben.»

Herrick starrte mit seinen klaren blauen Augen nach achtern über die glitzernde See.»Die Osiris kommt bereits auf. Kapitän Farquhar muß Augen haben wie ein Luchs. «Das klang so bitter, daß

Bolitho ihn überrascht und wortlos von der Seite ansah. Er wußte, was Herrick dachte, so genau, als hätte er es herausgeschrien: Wäre Farquhar Bolithos Flaggkapitän gewesen, so hätte es keine Verzögerung gegeben. Ihm hätte der Kommodore nicht erst sagen müssen, was sich von selbst verstand.

Herrick faßte an den Hut und ging wieder zur Leiter. Doch Gil-christ war bereits auf dem Achterdeck, Sprechtrompete in der Hand, und blaffte:»Bootsmannsmaat! Pfeifen Sie >Alle Mann zum Segelkürzen!< Den letzten, der oben ist, schreiben Sie auf!»

Dann wandte er sich zu Herrick um.»Lagebesprechung, Sir?«Es klang irgendwie herausfordernd.