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Eine Zeit lang sagte Viki nichts. Ein Mensch, der die Spinnen nicht kannte, hätte glauben können, sie schliefe. Doch Trixia sah die Bewegungen von Esshänden und hörte unübersetzte Klagelaute. Von Zeit zu Zeit war Viki so, von Zeit zu Zeit musste sie das Bild abstreifen, das sie ihrem Team und Belga Untersiedel und den Fremden aus dem Weltraum präsentierte. Klein Viktoria hatte ihre Sache sehr gut gemacht, mindestens so gut, wie ihre Mutter es hätte machen können — da war sich Trixia sicher. Sie hatte den Triumph der Großen Lauer ihrer Eltern vollendet. In ihrer Helmanzeige sah Trixia ein Dutzend wartende Anrufe für Major Lichtberg. Ein, zwei Stunden allein — das war alles, was Viktoria dieser Tage erübrigen konnte. Mit Ausnahme von Brent war Trixia wahrscheinlich die einzige Person, die wusste, welche Zweifel in Viktoria Lichtberg wohnten.

Der EinAus stieg am Himmel und ließ die Schatten über das gekippte Land wandern. Wärmer würde Hochäquatorien in den nächsten zweihundert Jahren nicht mehr sein, doch EinAus brachte es gerade zustande, einen weichen Sublimationsdunst aufsteigen zu lassen.

»Ich hoffe das Beste, Trixia. Die Generalin und Papa, sie waren so überaus klug. Sie können nicht beide tot sein. Doch sie — und ich — mussten so viel Schweres tun. Leute, die uns vertraut haben, sind gestorben.«

»Es war ein Krieg, Viktoria. Gegen Pedure, gegen die Aufsteiger.« Das war es, was sich Trixia jetzt sagte, wenn sie an Xopi Reung dachte.

»Gewiss. Und den Überlebenden geht es gut. Sogar Rachner Thrakt. Er wird nie wieder in den Dienst des Königs zurückkehren. Er fühlt sich verraten. Er ist verraten worden. Doch jetzt ist er mit Jirlib und Didi dort oben« — sie stieß eine Hand in Richtung L1 — »und wird einer Art Spinnen-Dschöng-Ho angehören.« Sie schwieg, dann schlug sie abrupt auf den Felsen, auf dem sie saß. Trixia hörte, dass ihre echte Stimme zornig war und abwehrend. »Verdammt, Mutter war eine gute Generalin! Ich hätte niemals tun können, was sie getan hat; in mir ist zu viel von Papa. Und in den ersten Jahren hat es funktioniert; sein Genie und ihres haben sich miteinander multipliziert. Doch es wurde immer schwerer, die Gegenlauer zu verbergen. Videomantie war eine großartige Tarnung; sie erlaubte uns, unabhängige Hardware und einen verborgenen Datenfluss direkt unter den Schnauzen der Menschen zu haben. Doch wenn es jemals eine einzige undichte Stelle gab, wenn die Menschen es jemals ahnten, konnten sie uns alle umbringen. Das fraß an Mamas Herz.«

Ihre Esshände zuckten ziellos, und es erklang ein ersticktes Zischen. Viktoria weinte. »Ich hoffe nur, sie hat es Hrunkner erzählt. Er war der treueste Freund, den wir jemals hatten. Er liebte uns, obwohl er uns für eine Perversion hielt. Doch Mutter konnte das einfach nicht akzeptieren. Sie verlangte zu viel von Onkel Hrunk, und als er sich nicht ändern konnte, hat sie…«

Trixia ließ ihren Arm über den Mittelrücken von Viktoria gleiten. Von allem, was ein Mensch zustande bringen konnte, kam das einer vielarmigen Umarmung am nächsten.

»Du weißt, wie begierig Papa war, Hrunk von der Gegenlauer zu erzählen. Das letzte Mal in Weißenberg dachten Papa und ich, wir könnten es fertigbringen, dass Mutter es durchgehen lassen würde. Aber nein. Die Generalin war so… unversöhnlich. Am Ende… nun ja, sie wollte, dass Hrunk bei ihrer Reise nach Südende dabei war. Wenn sie ihm darin vertraut hat, wird sie ihm doch sicherlich den Rest erzählt haben. Nicht wahr? Sie wird ihm gesagt haben, dass nicht alles vergebens war.«

EPILOG

Sieben Jhre später…

Die Spinnenwelt hatte einen Mond; der Felshaufen war von L1 in eine Synchronbahn auf der Länge von Weißenberg bugsiert worden. Nach den Maßstäben der meisten bewohnbaren Welten war es ein erbärmlicher Mond, vom Planeten aus kaum zu sehen. Vierzigtausend Kilometer draußen glomm der Klumpen von Diamanten und Eis trübe im Licht der Sterne und der Sonne. Dennoch erinnerte er die halbe Welt daran, dass das Universum nicht war, wofür sie es gehalten hatten.

Vor und hinter dem Felshaufen erstreckte sich eine Kette von winzigen Sternen, Glasperlen, die Jahr für Jahr heller wurden: die Temps und Werkstätten der Spinnen. In den ersten Jahren waren es die primitivsten Bauwerke, die jemals im Weltraum geflogen waren, billig und überladen mit Vorrichtungen und Besatzung, auf Cavoritflügeln emporgetragen. Doch die Spinnen lernten schnell und gut…

Es hatte schon früher Staatsbanketts im arachnischen Großen Temp gegeben. Der König selbst war in die Umlaufbahn aufgestiegen, als die Flotte nach Triland abgeflogen war. Das waren vier Sternenschiffe gewesen, wiederhergestellt von den neuen Großindustrien seines Reichs und der ganzen Welt. Und die Flotte hatte nicht nur Dschöng-Ho-Leute und Triländer und ehemalige Aufsteiger befördert. Zweihundert Spinnen waren an Bord gewesen, angeführt von Jirlib Lichtberg und Rachner Thrakt. Sie besaßen erste praktische Umsetzungen der verbesserten Staustrahltriebwerke und Kälteschlaf-Ausrüstungen. Wichtiger noch, sie führten die Schlüssel für das codierte Wissen mit sich, das über die Lichtjahre nach Triland und Canberra abgestrahlt worden war.

Zum Abflug waren nahezu zehntausend Spinnen in den Weltraum gekommen, der König auf einer der ersten gesamtarachnischen Fähren, und jenes ›Bankett‹ hatte sich über mehr als dreihundert Kilosekunden erstreckt. Seither gab es mehr Spinnen als Menschen im arachnanahen Raum.

Pham Nuwen war das nur recht. Kundenzivilisationen sollten das Territorium um ihre Planeten dominieren. Zum Teufel, für die Dschöng Ho war das die wichtigste Funktion der Leute vor Ort -Häfen zu sein, wo Schiffe repariert und neu ausgerüstet werden konnten, Märkte zu sein, die den Flug über interstellare Entfernungen zu einem einträglichen Geschäft machten.

Für diesen zweiten Abflug war das Große Temp fast ebenso überlaufen wie beim Triland-Abschied, doch das eigentliche Bankett war viel kleiner, zehn, fünfzehn Leute. Pham wusste, dass Ezr und Qiwi und Trixia und Viki die Sache klein genug arrangiert hatten, dass die Leute reden und gehört werden konnten. Es war vielleicht das letzte Mal, dass so viele von den überlebenden Hauptakteuren einander an einem Ort sahen.

Der Festsaal des arachnischen Großen Temps war etwas Neues im Universum. Die Spinnen waren jetzt erst zweihundert Megasekunden im Weltraum, kaum sieben von ihren Jahren. Der Festsaal war ihr erster Versuch mit Erhabenheit in der Schwerkraft. Für die Biotechnik der Dschöng-Ho-Parks reichten ihre Fähigkeiten noch nicht. Eigentlich hatten die meisten Spinnen noch gar nicht begriffen, dass lebende Parks das größte Symbol für Macht und Kunstfertigkeit im Weltraum waren. Vielmehr hatten die Ingenieure des Königs Anleihen bei der anorganischen Bauweise der Dschöng Ho gemacht und versucht, ihre eigenen architektonischen Traditionen an die Schwerelosigkeit anzupassen. Binnen eines Jahrhunderts würden sie ihre Anstrengungen zweifellos als lachhaft betrachten. Oder vielleicht würden die Fehler Teil der Tradition werden.

Die Außenwand war mosaikartig aus Hunderten von durchsichtigen Platten zusammengesetzt, gehalten von einem Strebennetz aus Titan. Manche bestanden aus Diamant, manche aus Quarz, manche waren für Phams Augen fast undurchsichtig. Die Spinnen bevorzugten immer noch direkte Ansichten. Bildtapeten und menschliche Abbildungstechniken wurden nicht annähernd ihrem Sichtspektrum gerecht. Die polyederförmige Oberfläche wölbte sich wie eine Blase von fünfzig Metern Durchmesser nach außen. An ihrer Basis hatten die Spinnenarchitekten eine in Terrassen gegliederte Erhebung errichtet, die zu den Bankett-Tischen an der Spitze anstieg.

Nach arachnischen Maßstäben war die Steigung sanft, mit breit ausladenden Stufen. Für menschliche Augen war die Erhebung ein Hochsitz mit steil abfallenden Flanken, und die Treppen waren seltsame, breite Leitern. Doch die Gesamtwirkung war — für Menschen wie für Spinnen —, dass man, wo auch immer man um die Bankett-Tafel saß, auf den halben Himmel hinausschauen konnte. Das Große Temp war ein langgestrecktes Bauwerk, Gezeiten stabilisiert, und der Festsaal befand sich an dem der Arachna zugewandten Ende. Für jemanden, der genau nach oben schaute, füllte die Spinnenwelt einen Großteil des Blickfeldes. Für jemanden, der zur Seite blickte, bildeten der Felshaufen und die Temps der Menschen eine wohlgeordnete Ansammlung, jedes Jahr länger als zuvor. In der Gegenrichtung sah man die Königlichen Werften. Aus dieser Entfernung erschienen die Werften als formlose Zusammenballung von Lichtern, wo ab und zu winzige Blitze aufzuckten. Die Spinnen waren dabei, die Werkzeuge zur Herstellung von Werkzeugen zu bauen. In vielleicht einem weiteren Jahr würden sie die Mittelachse für ihr erstes Staustrahlschiff in Angriff nehmen.