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»Zu den Magistern mit meinen Vorgesetzten und meiner Reputation!«, seufzte Sir Slobat. »Was würde ich darum geben, diese Nacht in meinen vier Wänden verbracht zu haben! Es ist schrecklich, dass während meiner Schicht so viele Menschen gestorben sind. Nächte wie diese lassen mich an meinem Beruf zweifeln.«

Wir gingen durch den Park zum Ausgang.

»Meinen Sie wirklich, Ihr Freund hat jeden umgebracht, der ihm als Reittier dienen sollte, um das Tor zwischen den Welten zu durchqueren?«, fragte ich beunruhigt. »Was mag dann mit Sir Schürf geschehen sein? Wir können uns nicht mal per Stummer Rede bei ihm melden, weil er in der Isolationszelle sitzt.«

»Bei Schürf ist alles in Ordnung, keine Sorge. Er wollte nicht schlafen, und ich hab ihn hellwach bleiben lassen. Dagegen kann selbst Gugimagon nichts unternehmen. Außerdem hab ich Lonely-Lokley eine ausgezeichnete Waffe besorgt.«

»Was denn für eine Waffe?«, fragte ich pochenden Herzens. »Oder ist das ein Geheimnis?«

»Allerdings. Über Waffen soll man erst reden, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt haben. Manchmal nämlich schwächen Worte ihre Kraft. Gedulde dich noch etwas. Ich erzähle dir alles, wenn ich mir erst sicher bin, dass Schürf keinen Schutz mehr nötig hat.«

»Also deshalb haben Sie mich zum Bücherholen geschickt?«

»Nicht doch. Ich fürchte nur, dass du der Redaktion der Königlichen Stimme früher oder später all meine Geheimnisse verrätst. Besonders, da du dich nun so gut mit Chefredakteur Rogro Schill verstehst.«

»Ach, daher weht der Wind! Aber ich trenne das Dienstliche immer strikt vom Privaten.«

»Das ändert sich bestimmt noch«, tröstete mich mein Chef und schwang sich auf den Beifahrersitz.

Ich setzte mich ans Lenkrad und stellte die entscheidende Frage: »Und jetzt?«

»Jetzt, lieber Max, müssen wir zum Tor zwischen den Welten fahren und meinen alten Freund auf spüren.«

»Er ist bestimmt an den Ort gegangen, von dem Sir Schürf und ich unabhängig voneinander geträumt haben.«

»Wie kommst du darauf?«, wunderte sich mein Chef.

»Ich weiß es nicht, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es so ist.«

»Umso besser«, sagte Juffin. »Morgen gehen wir ihn dort gemeinsam suchen.«

»Warum nicht sofort?«

»Warum so ungeduldig?«, fragte mein Chef und schüttelte den Kopf. »Wir sollten uns besser mit Sir Kofa treffen und uns die neusten Gerüchte erzählen lassen, die in Echo in Umlauf sind. Außerdem bekommst du morgen von deinen Untertanen deine Krone aufgesetzt - schon vergessen? Es wäre doch schade, wenn das Tor zwischen den Welten dich in weite Fernen führen würde und du deine Krönung versäumtest, oder?«

»Ich fände das ganz und gar nicht schade«, brummte ich.

»Du nicht, aber Seine Hoheit König Gurig VIII. sieht das sicher völlig anders. Er hat alles vorbereitet und aus allen Provinzen des Vereinigten Königreichs wichtige Personen nach Echo eingeladen. Sollten wir uns der Krönungsfeier entziehen, würde er das sicher nicht verstehen - trotz seines Respekts für unsere geheimdienstliche Arbeit. Nach der Feier dagegen könnten wir womöglich jahrelang verschwinden, ohne dass er unsere Abwesenheit bemerken würde.«

»Glauben Sie wirklich, Seine Majestät würde uns nicht bald vermissen?«

»Nicht unbedingt, denn im Tor zwischen den Welten vergeht die Zeit viel schneller als in Echo. Aber wir sollten die Krönungszeremonie wirklich abwarten - vor allem, weil ich dir nicht versprechen kann, dass wir unbeschadet aus dem Tor zurückkehren. Und wer sich auf ein riskantes Abenteuer einlässt, sollte seine Angelegenheiten geregelt haben. Es ist nämlich so, Max: Wer mehrere Lochimäntel übereinander trägt, bekommt irgendwann Probleme mit dem Gehen und stürzt. Deshalb sollte man Ballast abwerfen, verstanden?«

»Natürlich.«

»Nett, dass du mitunter so verständig bist. Ich bin heute nämlich nicht aufgelegt, den geduldigen Lehrer zu spielen.«

Trotz meines grenzenlosen Vertrauens in Juffin Halli, der mir mehrmals versichert hatte, mit Lonely-Lokley sei alles in Ordnung, wollte ich mich mit eigenen Augen davon überzeugen. Mein Chef war so nett, die Tür zur Verhörzelle zu öffnen. Schürf saß kerzengerade und mit gekreuzten Beinen auf dem Boden und las im Pendel der Ewigkeit. Unser Erscheinen löste bei ihm anfangs wenig Begeisterung aus, doch dann taute er auf und fand sich sogar dazu bereit, eine Tasse Kamra mit uns zu trinken.

Dann kehrte er in seinen Elfenbeinturm zurück, und Kimpa - der Haushofmeister von Sir Juffin - tauchte auf, um seinen Herrn abzuholen. Etwas später teilte Sir Kofa mir per Stummer Rede mit, er komme in wenigen Minuten ins Haus an der Brücke.

Zwar hätte ich nicht auf Kofa warten müssen, sondern nach Hause gehen können, doch diese Aussicht begeisterte mich wenig, da meine Freundin Techi mir per Stummer Rede mitgeteilt hatte, sie sei todmüde und wolle früh ins Bett. Ich dagegen war putzmunter.

Mein Kampf mit Lonely-Lokley hatte mich offenbar viel stärker aufgeputscht als zunächst vermutet. Wie groß war daher meine Erleichterung gewesen, nach diesem Kampf in das beruhigende Gesicht meines Chefs blicken zu können.

Zudem musste ich mir eingestehen, mich auch deshalb so stark für die Suche nach Gugimagon zu engagieren, um mich von meinen Problemen abzulenken.

»Guten Abend«, begrüßte Sir Kofa mich freundlich.

Er betrat mein Büro und ließ dabei seine neueste Tarnung - ein Gesicht mit buschigen Augenbrauen - verschwinden.

»Was machst du hier, mein Junge? Und was suchst du in deiner leeren Tasse?«

»In meine Tasse gehört eine neue Portion Kamra, aber das bekomme ich schon hin. Setz dich und greif zu. Wenn nichts mehr da ist, geben wir unserem Schatzmeister Dondi Melichais Bescheid, der sicher so freundlich ist, unsere Zeche bei Madame Zizinda zu begleichen.«

»Ich wusste ja, dass du großartige Arbeitsmethoden hast«, stellte Sir Kofa respektvoll fest.

»Die habe ich von dir. Du hast mir beigebracht, dass man am besten arbeitet, wenn man in der Dienstzeit von Wirtshaus zu Wirtshaus zieht, und zwar auf Kosten seines Arbeitgebers. Aber ich war heute ziemlich viel unterwegs und möchte deshalb lieber hierbleiben und dir die Möglichkeit geben, die Früchte deiner pädagogischen Bemühungen in meinem Büro zu genießen.«

Wir machten nur eine kleine Bestellung im Fressfass, denn besonders ich musste auf das Fassungsvermögen meines Magens Rücksicht nehmen, den ich seit Sonnenaufgang unausgesetzt mit Essen vollgestopft hatte. Nur während des Kampfs mit Lonely-Lokley und dem Flug über Echo hatte es eine Pause gegeben.

Nun erst erkannte ich die komische Seite meiner Abenteuer und musste so herzlich wie erleichtert lachen. Sir Kofa hörte sich die ganze Geschichte an und war sichtlich amüsiert.

»Tja«, seufzte ich dann, »der Abend ist zu Ende, und ich hoffe, dass ich morgen wie neugeboren meiner Arbeit nachgehen kann.«

»Von wegen! Morgen erwartet dich ein Abenteuer anderer Art. Hast du das vergessen? Wahrscheinlich nicht - schließlich bist du ein Freund der Abwechslung.«

»Manchmal schon«, bestätigte ich vorsichtig. »Allerdings verstehe ich unter Abwechslung vor allem, den Abend nicht immer im gleichen Wirtshaus ausklingen zu lassen.«

»Die morgige Veranstaltung ist bestimmt nach deinem Geschmack«, versicherte mir Sir Kofa. »Schon die Gästeliste ist ein Genuss.«

»Meinst du meine Untertanen? Ich musste sie etwas zivilisieren, aber nun ist ein recht angenehmes Völkchen aus ihnen geworden.«

»Dazu kann ich mich nicht äußern. Ich meinte eher die eingeladenen Provinzfürsten. Die werden dir sicher gefallen.«

»Sind sie so amüsant?«, fragte ich erfreut.