Выбрать главу

»Heute sehen wir uns leider nicht mehr«, sagte ich zu Techi. »Erst kommt die Krönung, und dann muss ich einen Fall lösen - weiß der Teufel, wie lange das dauern wird.«

»Dieser Teufel, von dem du so oft redest - kennt er sich in deinen Angelegenheiten wirklich so gut aus?«, fragte sie mich interessiert. »In deiner DVD-Sammlung taucht das Wort auch erstaunlich häufig auf.«

Ich schwieg ratlos und sah mich um. Ande saß neben uns, war aber so tief in Gedanken versunken, dass er nichts von unserem Gespräch mitbekommen hatte. Das war auch gut so, denn hätte er von meiner DVD-Sammlung erfahren, dann hätte davon in kürzester Zeit die ganze Stadt gewusst.

»Na schön, mein Lieber. Viel Spaß heute Abend - und hab meinetwegen kein schlechtes Gewissen! Du weißt ja, wie sehr ich mein unspektakuläres Leben liebe.«

Da es inzwischen höchste Zeit für mich war, sprang ich vom Hocker und rüttelte Ande aus seinen Tagträumen. Er folgte mir gehorsam zum Ausgang.

»Einen netten Spaziergang durchs Chumgat wünsche ich dir«, meldete Techi sich per Stummer Rede. »Und denk daran: Immer kühlen Kopf bewahren!«

Dass sie von meinem neuen Fall wusste, schockierte mich, doch ich ließ mir nichts anmerken, sondern drehte mich auf der Schwelle um und flüsterte: »Vielen Dank für deinen Rat.«

Sie lächelte so freundlich wie unschuldig und winkte mir zu.

Schweigend fuhren Ande Pu und ich zum Haus an der Brücke.

Während der Fahrt machte ich mir Gedanken. Zum Beispiel darüber, woher Techi von dem gefährlichen Abenteuer wissen mochte, das ich gerade mit Juffin durchstand. Nicht, dass ich unseren Einsatz für ein besonders streng zu hütendes Geheimnis hielt, aber wir hatten bisher keine Zeit gefunden, über ihn zu reden. Als ich am Vortag nach Hause gekommen war, hatte Techi schon geschlafen, und als ich am Morgen aufwachte, war sie schon fort. In ihrem Lokal hatten wir nur beiläufig über allerlei Kleinigkeiten gesprochen.

Entweder rede ich ständig im Schlaf, dachte ich, oder ich muss mir wirklich Gedanken machen, um wen es sich bei meiner Freundin eigentlich handelt. Als Tochter von Lojso Pondochwa ist sie bestimmt zu vielem fähig.

Ich hielt vor dem Seiteneingang des Hauses an der Brücke und seufzte. Nichts wusste ich über meine Freundin, absolut nichts!

»Warte, ich bin gleich zurück«, sagte ich zu Ande Pu.

Seltsamerweise verlor mein Begleiter sogar dann seine Seelenruhe, wenn er auf harmlose Polizisten traf. Und das, obwohl ihn mein Todesmantel kein bisschen ängstigte. Manche Leute sind eben merkwürdig.

»Ich warte gern auf dich. Kein Problem. Du hast da drin sicher etwas Wichtiges zu erledigen«, sagte Ande Pu beflissen.

Das Treppenhaus, das den Trakt der Stadtpolizei vom Trakt des Kleinen Geheimen Suchtrupps trennt, war menschenleer. Auch im Saal der allgemeinen Arbeit war niemand, doch das war nicht erstaunlich, denn alle Mitarbeiter meiner Behörde waren in Juffins Büro versammelt. Sogar Sir Lonely-Lokley hatte die Isolation seiner Verhörzelle verlassen, fütterte Kurusch mit süßen Piroggen aus dem Fressfass und sprach mit Lady Melamori über die neuesten Erwerbungen der Stadtbibliothek. Offenbar ging es ihm bestens. Ich hatte also eine Sorge weniger.

»Ihr habt's gut!«, rief ich von der Tür. »Ihr könnt zu Abend essen, und ich muss in den Palast. Wie schade!«

»So schlimm ist das gar nicht«, tröstete mich Sir Juffin. »Schließlich bist du nicht irgendwer, sondern ein zukünftiger König. Also kannst du dich ruhig etwas verspäten. Würde Gurig VIII. an der Zeremonie teilnehmen, müsstest du natürlich pünktlich sein. Aber da seine innenpolitischen Prinzipien ihm die Teilnahme an deiner Krönung verbieten, kannst du es dir sicher herausnehmen, mit uns etwas zu trinken und mindestens eine kleine Pirogge zu essen.«

»Und höchstens drei davon«, sagte ich lächelnd. »Das ist eine der besten Nachrichten der letzten Zeit. Was feiert ihr hier eigentlich so eifrig, Herrschaften?«

»Na, was wohl? Deine Krönung natürlich!«, rief Melifaro und brachte das Piroggentablett vor meinen hungrigen Händen in Sicherheit. »Nicht so gierig! Bekommst du in deiner Residenz etwa nichts zu futtern?«

»Ein Wort noch, und ich erkläre dir im Namen meines Königreichs den Krieg«, drohte ich ihm und stützte mich auf die Lehne von Melamoris Stuhl. Sofort legte meine Kollegin mir eine kalte Hand auf die gut durchblutete Rechte.

»Guten Abend«, sagte sie, und mir fiel auf, dass sie so verzweifelt blickte, als verzehrte sie sich vor Sehnsucht.

»Wenn du willst, baue ich dir ein Floß und reise mit dir nach Arwaroch. Sag mir einfach Bescheid«, versicherte ich ihr per Stummer Rede, denn schließlich gibt es Dinge, die kein anderer hören soll.

»Darauf komme ich gern zurück«, sagte sie. »Keine Sorge, Max, ich bin eigentlich immer traurig gestimmt, und bei schlechtem Wetter ist es noch schlimmer.«

»Dann sollte man das Wetter ändern.«

»Die Meteorologen sagen, es bessert sich bald. Aber jetzt sprich wieder laut - dein langes Schweigen ist verdächtig.«

Ich tat, wie mir geheißen, und wandte mich an die Kollegen. »Wollt ihr mir nicht Gesellschaft leisten, Freunde? Ohne euch wird die Krönung sicher furchtbar für mich.«

»Ich lasse dich nicht im Stich«, beruhigte mich mein Chef. »Anders als unser König bin ich verpflichtet, an der Zeremonie teilzunehmen.«

»Danke, Juffin. Nun geht es mir schon viel besser«, versicherte ich ihm. »Gibt es noch andere Freiwillige?«

»Ich würde deine Einladung gern annehmen, aber du siehst sicher ein, dass ...«, begann Sir Schürf und breitete ratlos die Arme aus.

»Natürlich«, seufzte ich.

»Unser Max ist in die Klemme geraten und versucht, auch den anderen den Abend zu verderben«, sagte Kofa lächelnd. »Oh nein, ich bleibe. Einer muss schließlich Bereitschaftsdienst schieben.«

»Weißt du, auch ich muss dich im Stich lassen«, flüsterte Melamori mir zu. »Ich habe mir schon lange vorgenommen, mir heute Abend ein paar deiner DVDs anzusehen.«

»Das hab ich mir schon gedacht. Ich kenne noch eine nette Lady, die den heutigen Abend glühend erwartet, und kann mir durchaus vorstellen, dass du auch ihr eine Flasche Wein aus dem Keller deines Großvaters Kima versprochen hast.«

»Es ist wirklich gefährlich, mit dir zu tun zu haben, denn du weißt alles, und zwar über jeden von uns.«

»Nicht alles - nur das Wichtigste«, sagte ich lächelnd und wandte mich an Melifaro. »Und du, mein Augenstern? Willst du die wunderbare Gelegenheit, mir Gesellschaft zu leisten, einfach verstreichen lassen?«

»Keine Sorge, das tu ich schon nicht«, antwortete er wie ein Gentleman, der in den Heiratsantrag der Witwe seines Opfers einwilligt. »Erstens darf man so ein Ereignis nicht verpassen, und zweitens möchte ich unbedingt meinen guten alten Freund Wiedersehen.«

»Von wem sprichst du?«

»Von Prinz Ajoncha Rotri Schimaro, dem älteren Herrn der Grafschaft Schimara. Das ist ein wunderbarer Mann, der dir sicher gefallen wird. Sein jüngerer Bruder ist auch nett, für meinen Geschmack aber ein wenig streng. Prinz Ajoncha ist eine Seele von Mensch - und obendrein mein Schuldner.«

»Kaum hatte unser Kollege Melifaro seine Laufbahn beim Kleinen Geheimen Suchtrupp begonnen, befreite er den älteren Prinzen Schimaro aus einer recht unangenehmen Lage«, erklärte Juffin. »Einer der Freunde des Prinzen neigte dazu, Morde vermittels unerlaubter Magie zu begehen, um Rache für seine Verwandten zu nehmen, die bei den Kämpfen um die Einführung des Chrember-Gesetzbuchs ums Leben gekommen waren. Dieser Freund war kein schlechter Magier, und es gelang ihm, dem armen Ajoncha die Schuld an diesen Taten in die Schuhe zu schieben. Kaum war unser Prinz in Echo, landete er schon im Cholomi-Gefängnis. Daraus entwickelte sich ein Skandal, und sein Bruder Dschifa wandte sich an mich. Er ist zwar zwei Jahre jünger als Ajoncha, sieht aber bedeutend älter aus und war seit Kindertagen gewöhnt, seinen Bruder in Schutz zu nehmen. Prinz Dschifa kam im Inkognito eines Kaufmanns nach Echo, um mich um Hilfe zu bitten. Damals war ich noch neu hier und so überlastet, dass ich ihn zu Sir Melifaro schickte, ohne allerdings daran zu glauben, es werde ihm gelingen, den Fall erfolgreich abzuschließen. Unser inzwischen so erfahrener Kollege klimperte damals nur ratlos mit den Wimpern und wusste nicht, wie er den Fall angehen sollte. Als er mir dann am übernächsten Morgen den wirklichen Mörder präsentierte, wollte ich das zunächst nicht glauben.«