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»Ich weiß nicht, wie es passiert ist, aber inzwischen bin ich Zoodirektor«, seufzte Juffin. »Findet ihr das nicht entwürdigend, Herrschaften?«

»Tja«, meinte ich nachdenklich und setzte mich. »Bisher waren Sie Leiter einer Irrenanstalt - der kleinsten im Vereinigten Königreich zwar, aber dafür auch der lustigsten.«

»Nett von dir, die Dinge beim Namen zu nennen«, seufzte mein Chef. »Manche Leute beharren auf dem Namen »Kleiner Geheimer Suchtrupp« - Unsinn!«

Nach einer Stunde beschloss Sir Juffin, endlich arbeiten zu müssen, und stellte fest, meine Anwesenheit erlaube ihm nicht, sich in die richtige Stimmung zu versetzen.

»Lady, ich habe eine Aufgabe für Sie«, wandte er sich sehr förmlich an Melamori. »Es ist die schwierigste Aufgabe, die Sie je von mir bekommen haben, und ich bin mir nicht sicher, ob Sie sie bewältigen können.«

Auf Melamoris schönem Gesicht breitete sich ratloses Staunen aus. »Was ist passiert?«, flüsterte sie dramatisch.

»Der Kleine Geheime Suchtrupp kann nicht ungestört arbeiten, weil er Besuch von einem fremden König und seinem Haustier hat. Darum möchte ich Sie bitten, ihn hinauszuführen und ihn mir zwei, drei Stunden vom Hals zu halten.«

»Ich darf also mit Max spazieren gehen?«, fragte Melamori überrascht. »Einfach so? Sir Juffin, Sie sind ein Wunder!«

»Manchmal staune ich selbst über mich«, sagte mein Chef lächelnd.

»Das gelingt ihr nie und nimmer«, meldete sich Melifaro neidisch. »Solche Aufgaben sind wie geschaffen für mich. Ich würde diesen König mindestens ein halbes Jahr außer Gefecht setzen, nicht nur lächerliche zwei, drei Stunden.«

»So weit brauchen wir wirklich nicht zu gehen«, erwiderte Juffin und zog eine Grimasse. »Du bist für mich unersetzlich, Max, und ich möchte mich um nichts in der Welt von dir trennen. Uns erwartet noch ein langweiliger Besuch beim Zoll. Sir Schürf - das betrifft auch Sie.«

»Ich wollte gerade fragen, ob Sie diesen lästigen Termin ausfallen lassen«, sagte Lonely-Lokley phlegmatisch, stand auf und rückte seinen schneeweißen Lochimantel penibel zurecht. »Kann ich auf deinen Besuch im Armstrong und Ella zählen, Max, wenn ich mit allem fertig bin? Oder soll ich dich woanders treffen?«

»Wenn du ins Armstrong und Ella möchtest, stimme ich meine Pläne selbstverständlich darauf ab. Ich will auf jeden Fall eine Stunde vor Sonnenuntergang bei Techi sein.«

»Ich dagegen warte hier auf dich«, sagte Melifaro finster. »In letzter Zeit hat mein Chef einen Narren an mir gefressen, und ich fürchte, er lässt mich nicht so bald wieder aus seinen Klauen.«

»Du bist ein Hellseher, mein Lieber«, rief Juffin. »Max, bist du immer noch da? Weg mit dir, sonst verpass ich dir eine Aufgabe, unter der du wochenlang stöhnen wirst.«

»Ein nackter Hintern erschreckt keinen Igel«, entgegnete ich übermütig, wandte mich aber gehorsam zur Tür. In der einen Hand hielt ich ein Schlappohr meines Hundes, in der anderen den spitzen Ellbogen von Lady Melamori. Ich war so gut gelaunt, dass ich die ganze Welt hätte umarmen können.

»Gehört dieser Hund etwa Ihnen, Sir Max?«, fragte endlich auch Sir Lukfi Penz, beugte sich interessiert zu Drupi herunter und wischte dabei eine leere Tasse vom Tisch. Eigentlich hatte ich die Hoffnung schon aufgegeben, dass unser Archivleiter mein neues Haustier bemerken würde.

»Wem sonst?«, rief ich stolz und verschwand mit Melamori im Flur.

»Wir waren schon ewig nicht mehr zusammen spazieren«, sagte ich, als ich Lady Melamori die Wagentür öffnete. »Seit wir den guten Mochi aus den Klauen eines Kannibalen befreit haben, um genau zu sein - falls man so einen Einsatz überhaupt Spaziergang nennen darf.«

»Warum sollte man das nicht dürfen? Damals sind wir auch bei Vollmond durch die Stadt spaziert, wenn ich mich recht entsinne.«

»Stimmt. Wohin gehen wir jetzt eigentlich? Immerhin steht uns die Welt offen, oder?«

»Lass uns in die ehemalige Residenz des Ordens vom Geheimen Kraut fahren, Max. Dort gibt es einen schönen Biergarten mit großer Getränkeauswahl. Heute ist es nicht besonders kalt - da können wir uns gut nach draußen setzen. Damals hat es dir dort gefallen, weißt du noch?«

»Und wie!«, rief ich begeistert.

Dann merkte ich, dass traurige Erinnerungen meine gute Laune dämpften. Dieser Besuch war sehr lange her, und seitdem hatte sich mein Verhältnis zu Lady Melamori stark verändert. Immerhin hatten wir es geschafft, Freunde zu bleiben. So ist das Leben mitunter.

»Max, so geht das nicht«, sagte Melamori erschrocken. »Es reicht, wenn ich Trübsal blase. Wer außer dir könnte mir den Stein der Schwermut vom Herzen wälzen?«

»Drupi könnte das. Er ist dafür wie geschaffen. Woher weißt du eigentlich, dass auch ich traurig bin?«

»Was deine Mimik angeht, bist du noch meilenweit von Schurfs Unerschütterlichkeit entfernt«, sagte sie lächelnd. »Aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Und jetzt lass uns fahren.«

Wir erreichten die Neustadt, stellten unser A-Mobil ab und gingen in den großen Garten.

Als Melamori mich zwei Jahre zuvor dorthin geführt hatte, brannten dort viele Kerzen, was die Augen der Besucher hatte glänzen lassen. Jetzt war es hell, doch ansonsten hatte sich nichts geändert. Die Luft war nach wie vor erstaunlich kühl und klar, und Blumen und Büsche dufteten nur dezent. Ideale Voraussetzungen also, um sich wieder mit der traurigen Vergangenheit zu beschäftigen.

Wir setzten uns auf die Bank zwischen den Kachar-Sträuchern. Drupi verschwand, kehrte kurz darauf mit einem Ast zurück und legte ihn mir auf den Schoß. Die Hunde aller Welten haben die gleichen Vorstellungen davon, wie sie ihr Herrchen oder Frauchen glücklich machen können, doch ich tat, als würde ich seinen Bemühungen keine Aufmerksamkeit schenken.

»Nun sitzen wir in der Klemme«, sagte ich und lächelte traurig. »Bisher lief alles wunderbar, aber jetzt bin ich wieder der gleiche Junge wie vor zwei Jahren und sitze erneut mit dir hier. Fragt sich bloß, was du mit dem Max, der ich vor zwei Jahren gewesen bin, jetzt anfängst.«

»Nichts«, sagte Melamori achselzuckend. »In einer halben Stunde verschwinden wir wieder, und die Sache ist vorbei. So lange kann ich es mit jedem Max der Welt aushalten.«

»Ja, das ist machbar«, pflichtete ich ihr bei. »Eine halbe Stunde dürften wir es miteinander aushalten.«

»Bestell mir bitte etwas Stärkeres. Ich schlage vor, wir treffen uns künftig alle zwei Jahre hier, und ich betrinke mich bis zum Filmriss. Das dürfte eine interessante Tradition werden, auf die du eines Tages stolz sein kannst.«

»Warum nicht? Man kann auf alles Mögliche stolz sein«, pflichtete ich ihr etwas zerstreut bei.

Drupi hatte offenbar beschlossen, mehr Aufmerksamkeit einzufordern, legte mir zu diesem Zweck die Vorderpfoten auf die Schultern und schleckte mir das Gesicht ab. Dabei verlor ich das Gleichgewicht und fiel ins Gras, wo ich wie ein Käfer auf dem Rücken liegen blieb und ratlos mit den Beinen strampelte, während Drupi mich fast erdrückte. Dann aber ließ er erschrocken von mir ab, sprang auf und legte sich brav neben mir auf den Boden. Offenbar gehörte das Erdrücken des Herrchens auch in den Leeren Ländern nicht zu den Aktivitäten, die Hunden Streicheleinheiten eintrugen.

Melamori lachte laut. »Max, du schaffst es wirklich immer wieder, mich aufzuheitern. Dafür spendiere dir was zu trinken. So ein Genuss ist schließlich einiges wert.«

»Ich nehme dich beim Wort«, sagte ich und versuchte erfolglos, auf die Beine zu kommen. »Aber bitte hilf mir, denn so werde ich zum Gespött aller Anwesenden.«

Melamori streckte mir die Hand entgegen und zog mich hoch. Die kleine Lady hatte wirklich erstaunliche Kräfte.

Sie hielt Wort und bestellte mir ein exotisches Getränk. Ich hatte nie einen Menschen getroffen, dessen Geschmack sich so von meinem unterschied. Während ich mein Glas austrank, musste ich mich ungeheuer bemühen, auch nur einen Hauch von Genuss auf mein Gesicht zu zaubern. In Gesellschaft einer so wunderbaren Lady kann man unmöglich nach jedem Schluck eine Grimasse ziehen - jedenfalls nicht, wenn sie einem das Getränk ausgegeben hat.