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»Aber diese Funken waren lediglich ein Zeichen.«

»Stimmt, aber ein sehr gutes Zeichen«, pflichtete ich ihr bei. »Und ein gutes Zeichen ist viel wert.«

»Das merke ich mir.« Melamori nickte erstaunlich ernst. Dann streichelte sie Drupi am Ohr, und die beiden schmusten ein wenig.

Unser vertrauliches Gespräch war beendet, ohne dass ich gewusst hätte, mit welchem Ergebnis, aber das spielte auch keine Rolle.

Ich brachte Melamori wieder zur Arbeit und fuhr ins Armstrong und Ella. Zwar war dieses Lokal nicht mein Zuhause, doch ich war überzeugt, nach Hause zu fahren. Wohin sonst? Drupi nahm ich mit, denn er hatte sich lange genug in meiner königlichen Residenz langweilen müssen. Demnächst wollte ich ihn sogar zur Arbeit mitbringen, wusste aber nicht recht, wie Sir Juffin darauf reagieren würde.

»Max, langsam reicht's aber«, sagte Techi erschrocken. »Zuerst hast du mir die Katzen angeschleppt, dann musste ich die Erziehung deiner Gattinnen übernehmen, und jetzt soll ich mich noch um dieses Riesenvieh kümmern?«

Zwei flauschige Katzen, Armstrong und Ella nämlich, musterten besagtes Riesenvieh von ihren Hockern aus. Offenbar hatten sie es nicht eilig, Drupis Bekanntschaft zu machen. Das konnte ich ihnen nicht verübeln.

»Aber nein«, sagte ich und schwang mich auf einen Hocker. »Noch habe ich nicht vor, mich von ihm zu trennen«, setzte ich beruhigend hinzu und küsste sie auf die Nasenspitze.

»Noch!«, seufzte sie. »In ein paar Tagen wirst du deine Meinung bestimmt ändern oder auf eine Audienz gehen müssen, bei der keine Hunde erlaubt sind. Ein paar Tage darauf wirst du mir sagen, Drupi passe fantastisch zu meiner Einrichtung und niemand könne sich besser um ihn kümmern als ich. Und irgendwann lässt du nebenbei fallen, der Hund könne eigentlich hier bleiben. Wenn ich dann Widerstand leiste, küsst du mich, damit Drupi mich auch für sein neues Frauchen hält. Max, ich kenne dich zu gut. Darum setze ich mich jetzt schon zur Wehr.«

»Oh nein, bitte! Für heute habe ich wirklich genug von Ladies, die finster in die nahe Zukunft blicken«, sagte ich, glitt vom Hocker und setzte mich auf meinen Lieblingsplatz. »Glaub mir, auf dieses schöne Tier warten ein eigenes Schlafzimmer und einige Diener, die jeden Befehl beflissen erfüllen. Und was meine drei Frauen anlangt, bist du einfach die ideale Erzieherin. Womöglich kannst du sie sogar anlernen, damit sie dir im Lokal helfen. In Echo gibt es meines Wissens bis jetzt noch kein Wirtshaus, in dem drei gleich aussehende Frauen hinter der Theke stehen. Für diesen Anblick sind sicher viele Menschen bereit, tief in die Tasche zu greifen.«

»Das ist eine grandiose Geschäftsidee, aber angesichts der gesellschaftlichen Stellung deiner Frauen riecht sie nach internationalem Skandal«, sagte Techi lächelnd. »Außerdem sind sie viel zu seriös, um Trunkenbolden die Gläser zu füllen.«

»Ich weiß nicht, ob sie wirklich so seriös sind«, wandte ich ein. »Ich habe sie erst dreimal im Leben gesehen.«

»Selber schuld. Wer hätte dich gehindert, es öfter zu tun? Wen hast du eigentlich gemeint, als du von den Ladies gesprochen hast, die finster in die Zukunft blicken?«

»Dreimal darfst du raten.«

»Ach so«, sagte Techi, lächelte gedankenverloren, verließ die Theke und setzte sich zu mir. »Du hattest das Vergnügen, den dramatischen Monolog von Lady Melamori zu hören. Es ging also um das weit entfernte, ach so schöne Arwaroch und um die Angst, die sie sich vor diesem Land einredet.«

»Vor allem um die Angst«, seufzte ich. »Ich habe versucht, ihr zu erklären, dass die Bewohner aller bekannten und unbekannten Welten solche Probleme haben, und ich habe ihr auch gesagt, dass nur wenige ihre Angst überwinden können.«

»Schau an - mitunter redest du ganz kluge Sachen«, meinte Techi und schmiegte sich an meine Schulter. »Weggehen oder bleiben - solche Probleme möchte ich haben«, sagte sie leise.

»Wieso denn?«, fragte ich erstaunt. »Langweilst du dich etwa?«

»Nein, Max, aber ich habe diese Wahl nicht und werde sie auch nie haben. Weißt du, ich darf nicht einmal Uguland verlassen, wenn ich nicht als Gespenst enden will.«

»Wie meinst du das?«, fragte ich frappiert.

»Ich darf mich nicht weit vom Zentrum dieser Welt entfernen, sonst sterbe ich. Das liegt in meiner Natur, und ich kann nichts dagegen tun. Ich bin die Tochter von Lojso Pondochwa und kein gewöhnlicher Mensch.«

»Ja und? Ich verstehe nicht recht, was du da sagst.«

»Das ist gar nicht so schwer. Meine Brüder und ich sind Beispiele für die seltsame Magie meines Vaters und für seinen eigenartigen Humor. Das hat Vorteile, denn wir sind unsterblich. Deshalb existieren meine Brüder, die in der Traurigen Zeit gestorben sind, weiter. Andererseits aber sind wir keine gewöhnlichen Menschen, denn wir können nicht in andere Welten reisen, noch nicht mal nach Arwaroch. Am besten wäre es für mich, immer in Echo zu bleiben. Mein echtes, intensives Leben übrigens soll erst nach meinem Tod beginnen. Max, hab ich dich schockiert? Hättest du dieses Gespräch bloß nicht angefangen! Was ist nur in mich gefahren?«

»Aber nein - das zu erzählen, war sehr tapfer von dir. Es ist nur etwas schade, denn ich hatte gehofft, dir eines Tages ein kleines Städtchen bei Kettari zeigen zu können, einen meiner liebsten Orte. Dass das nun nicht klappt, ist nicht so schlimm. Ich muss mich halt an den Gedanken gewöhnen, nicht mit dir verreisen zu können.«

»Das muss nicht so bleiben - alles kann sich irgendwann ändern. Ich weiß zwar nicht, wie, aber ausschließen kann ich es nicht. Wer weiß, wohin wir irgendwann reisen werden«, sagte sie und lächelte mich an.

Darauf hatte ich keine Antwort parat. Also küsste ich sie ungescheut, denn das Wirtshaus war noch leer. Das war auf jeden Fall angenehmer, als über das nachzudenken, was sie mir gerade gesagt hatte.

Ich spürte einen intensiven Blick auf meinem Hinterkopf und drehte mich um: Von der Türschwelle beobachtete uns Sir Lonely-Lokley. Es hätte mich sehr gewundert, wenn es uns gelungen wäre, diesen herrlichen Menschen mit so gewöhnlichen Tätigkeiten wie dem Küssen zu schockieren. Auch wenn wir bereits zu anderen Aktivitäten übergegangen wären, hätte Schürf uns wohl nur gleichgültig von einem Barhocker aus im Blick behalten und sich auf sein Buch konzentriert.

Techi jedoch kannte Lonely-Lokley nicht so gut wie ich, ließ sofort von mir ab und lief hinter die Theke. Dort seufzte sie so erleichtert auf, als würde ihr alles, was sie gerade auf der anderen Seite des Tresens getrieben hatte, bereits unwirklich erscheinen.

Auch Drupi erkannte unseren Gast wieder, beschränkte seine Begrüßung aber auf ein freundliches Ohrenschlackern. Der schlaue Hund unterschied offenbar treffsicher, welchen meiner Freunde gegenüber er sich eine herzliche Begrüßung erlauben konnte und bei welchen er Distanz zu wahren hatte.

»Schürf, ich freue mich, dich hier begrüßen zu dürfen«, rief ich mit etwas künstlich anmutender Begeisterung. »Komm her! Steh nicht auf der Schwelle herum!«

»Ich steh nicht auf der Schwelle herum, sondern versuche, die Tür zu schließen«, erklärte Schürf. »Es ist kalt draußen, und der Wind weht vom Churon herauf. Ich habe zwar schon viel davon gelesen, wie vorteilhaft es sein soll, sich abzuhärten, aber ich denke nicht, dass auch Durchzug diese Vorteile hat. Lady Techi, ich glaube, Sie müssen Ihre Türklinke reparieren lassen. Ohne eine anständige Portion Magie dürfte sie nie und nimmer funktionieren.«

»Da haben Sie Recht, Sir Schürf«, sagte Techi betrübt. »Ich habe schon oft gedacht, ich sollte einen Spezialisten rufen, mir aber immer wieder gesagt, ein guter Zauberspruch werde viel schneller helfen. Schauen Sie mich nicht so finster an. Schwarze Magie zweiten Grades reicht völlig, um meine Tür zu schließen. Ich unternehme also nichts, was gegen das Chrember-Gesetzbuch oder gegen die Empfehlungen von Magister Nuflin Moni Mach verstoßen würde.«

Lonely-Lokley nickte verständnisvoll und setzte sich neben mich.