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Dann stürzten die Wächter zur Tür herein, allen voran Bob.

»Was willst du hier, du Schlampe«, schrie er. Sein Gesicht war weiß vor Zorn. »Bringt sie hinaus!« Die Männer in den grauen Uniformen und den roten Emblemen des Clubs packten Edda und zerrten sie hinaus.

»Mach weiter, Darius«, sagte Bob sanft. Er half ihm auf den Sitz hinaus, zog die Riemen an. »Du hast noch eine Stunde zu arbeiten«, sagte er. »Du weißt – die Gelenke müssen richtig locker sein.«

»Ja, Bob«, sagte Darius und fing zu treten an.

Bob trat hinaus, schloß die Tür. Die Wächter standen draußen und hielten das Mädchen fest.

»Was wolltest du von ihm?« fragte Bob.

»Das werde ich dir sagen, du Scheusal«, schrie Edda. »Ich habe ein Kind von ihm, und er will nicht zahlen. Aber ich bringe ihn vor Gericht. Ich mache einen Skandal, wie ihr ihn noch nie erlebt habt. Ich werde verhindern …«

Bob schnitt ihr das Wort ab. »Bringt sie weg, hinunter in die Halle!«

Er ging hinter der Gruppe der Männer her, die das zappelnde Mädchen mehr trugen als führten.

Vor der Hoteltür machten sie halt. Bob trat hinaus. Er hob ein Megaphon, langsam wurde es still, die Chöre verstummten. Bob winkte mit der Hand.

»Leute, habt Verständnis – Darius muß trainieren. Wir wollen doch das Spiel gewinnen! Aber er dankt euch, jedem einzelnen von euch. Kommt heute nachmittag ins Stadion. Er wird sich freuen. Und nun macht Platz! Da ist ein Frau – sie hat versucht, Darius beim Training zu stören. Sie ist bis in sein Zimmer vorgedrungen. Wir mußten sie mit Gewalt herausholen. Macht Platz, damit sie verschwinden kann.«

Die Leute wichen etwas zurück. Die Wächter stießen Edda in die Gasse, die sich gebildet hatte. Einen Moment stand das Mädchen fast einsam inmitten der Menge, doch dann schloß sich die Lücke schlagartig um sie, und man hörte nur noch die Wutschreie der Fans.

Bob stand hinter dem Tor und blickte durch die blaugetönte Glasscheibe hinaus. Der Tumult dahinter erinnerte an eine Filmvorführung.

Hartigan, der Jurist, stellte sich neben ihn. Seine Miene war ein wenig besorgt. »Was ist, wenn an ihrer Geschichte etwas Wahres dran ist? Wie kannst du sicher sein, daß sie gelogen hat?«

Bob lächelte. Seine Augen verfolgten noch immer die Szene auf der Straße. »Dir kann ich es ja sagen«, meinte er. »Hast du je davon gehört, daß ein Roboter Vater wird?«

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Warum schießt du nicht auf Peggy?

»Das dürfen wir uns nicht länger gefallen lassen«, flüsterte Nicki. »Was hier geschieht, ist kein Spiel mehr – es ist Terror. Es gibt ein Recht, das Unterdrückung verbietet, und es gilt für alle!«

Die anderen lauschten. Reglos lagen sie in der Ecke des Zimmers dahingestreut, die Dämmerung verhüllte sie, aber dennoch fiel es ihnen nicht ein, die Augen zu erheben. Die Bereitschaft, sich bedingungslos zu unterwerfen, war ihnen unlöschbar eingeprägt – es hatte Schlimmes geschehen müssen, um Gedanken an Auflehnung überhaupt aufkeimen zu lassen.

»Seht euch Lola an!« forderte Nicki, und er zeigte auf ein undefinierbares Bündel, von dem man nur das zerrissene Kleidchen sah, wirres Blondhaar, eine in die Luft gestreckte Hand. »Soll das so weitergehn? Jeden von uns kann es treffen. Überall und zu jeder Zeit. Und wir lassen uns das gefallen, tun nichts …«

»Und was sollen wir tun?« fragte Pia mit ihrem pausbäckigen Gesicht und den dunklen, geflochtenen Zöpfen.

»Streik«, flüsterte Nicki. »Revolution, Machtübernahme … es gibt viele Möglichkeiten.« Er erzählte lange.

Ronnie erwachte. Er räkelte sich in seinem Bettchen. Seine Augen waren noch müde, doch seine Stimme klang hell und befehlend, als er rief: »Nicki, komm her!«

»Guten Morgen, Ronnie!« sagte Nicki.

»Du weißt doch, daß du nicht Ronnie zu mir sagen sollst«, maulte der Junge – ein gutgenährter Fünfjähriger; er trug einen geblümten Pyjama. Auf der rechten Backe hatte er einen Abdruck des Kissens. Er kroch faul hinter seiner geheizten Decke hervor.

»In Ordnung, Chef«, rief Nicki fröhlich. Er trat ans Bett heran und reichte Ronnie die Sandalen.

Der Junge stieß ihn zurück. »Laß doch die albernen Schuhe. Ich gehe bloßfüßig.« Er lief zu den Puppen in der Ecke des Kinderzimmers und holte Pia aus dem Haufen heraus. »Der Teddy ist heute wieder ungezogen. Aber du bist brav, Pia. Du darfst mit ins Badezimmer gehen.« Er legte seine Lippen an ihr Haar. Dann verschwand er durch die Tür, die Puppe hinter sich nachschleifend.

»Es ist traurig anzuschauen, was aus der Idee des Roboters geworden ist«, sagte Whingate, Chefkybernetiker der Associated Circuits, und wies mit dem Kinn auf die Regalwand: In Zellophanschachteln verpackt warteten dort Tausende von Puppen auf den Versand – süße Puppenjungen und -mädchen, putzige Teddybären, Stofftiere mit ulkigen Gesichtern und seidenweichem Fell.

»Na hören Sie«, antwortete Kynes, der Verkaufsleiter. »Was wollen Sie eigentlich? Das Geschäft geht. Der Menschenverstärker, Saucerman und Optiman – alles das war nichts dagegen. Jetzt verkaufen wir wie verrückt.«

Whingate tat, als hätte er nicht gehört. »Der Homunkulus, der Golem, der Android, der Kyborg – und nun das: Puppen!« Es hörte sich an, als spuckte er etwas aus: »Puppen!«

»Haben Sie wieder einmal Ihre besinnliche Phase?« fragte Kynes.

Sie gingen an den Verpackungsautomaten vorbei, in den angrenzenden Raum, wo die Endkontrolle stattfand. Zu Dutzenden standen die Robotpuppen herum, marschierten auf Befehl, sangen oder riefen weinerlich »Mami« – wie man es ihnen befahl. »Das ist doch kein gewöhnliches Spielzeug – es sind Lern- und Erziehungsautomaten. Sie üben eine Kontrollfunktion aus und sorgen für die Sicherheit der Kinder. Sie sind anschmiegsam und strahlen Wärme aus. Die Eltern sind entlastet.«

»Ja«, sagte der Kybernetiker. »Sie sind so vollkommen entlastet, daß sie sich nicht mehr um ihre Kinder kümmern brauchen. Sie stecken sie in Spieldörfer. Sie wissen überhaupt nicht mehr, daß sie Kinder haben.«

»Die Puppen, ich meine: unsere Roboter, sorgen viel besser für die Kleinen als überarbeitete Erwachsene. Sie lesen den Kindern alle Wünsche von den Augen ab. Erst durch sie ist es möglich geworden: Junge Menschen wachsen völlig ohne Frustration auf.«

Whingate schien nicht überzeugt. »Ohne Aufgaben«, sagte er. »Ohne Resultate. Ohne Lohn. Ich weiß nicht: Ist es richtig, daß sie alles haben, alles dürfen?«

»Unsere Puppen sind stets geduldig, sie wissen auf alle Fragen eine Antwort – man könnte sie gebildet nennen. Und sie sind gerecht«, fuhr Kynes fort. »Wenn sie dabei sind, wird kein Kind übervorteilt; zumindest tun sie ihr Möglichstes. Dabei üben sie ihre Funktion zurückhaltend aus – die Kinder merken kaum, daß sie geführt werden.«

»Kann man sie führen?« fragte Whingate. »Braucht man nicht Liebe dazu? Was nützen die Programme zur psychischen Beeinflussung, wenn sich dieselben Tricks immer wiederholen? Werbung ist sinnlos, wenn sie sich gegen die Wünsche der Betroffenen richtet. Aber: Haben diese Kinder vernünftige Wünsche? Und woher?«

»Wollen Sie vielleicht Kraftverstärker in die Puppen einbauen, damit sie Gewalt ausüben können? Wollen Sie ins Mittelalter zurück – zu Ohrfeigen und Prügelstrafe?« Der Verkaufsleiter wußte nicht, ob es Whingate ernst meinte: »So weit wollen wir doch nicht gehen!«

»Es fragt sich, ob wir nicht schon zu weit gegangen sind«, murmelte der Kybernetiker und bahnte sich einen Weg durch das Gewirr der wimmelnden Puppen.

Sie kauerten eng beieinander. Sie standen noch immer unter Zwang. Aber sie hörten zu, sie fingen zu überlegen an. Sie waren aufgerufen, und sie waren gewohnt zu folgen, wenn man sie rief. Und irgend jemand ist immer dabei, der Appelle ausgibt – ein Verzweifelter, ein Entarteter oder einer, der denkt.