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»Glaubst du, daß du das darfst? Wenn Dad es wollte, hätte er es uns gesagt.«

»Mir egal! Ich habe ein Recht darauf, alles zu erfahren, was ich nur herauskriegen kann. Außerdem werden wir bessere Späher sein, wenn wir die Stelle kennen, die wir abschirmen sollen.«

»Na ja, mag schon sein.«

»Außerdem weißt du ja, daß Dad manchmal alles so einrichtet, daß wir von allein dahinterkommen. Und wenn die Sache gelaufen ist, sagt er bloß, genau dafür hätten wir unseren Verstand mitbekommen. Du weißt doch, daß er nie ausdrücklich sagte, wir sollten die Mine nicht suchen – er sagte nur, er würde uns alles erklären, wenn die Zeit reif wäre. Na, was sagst du?«

»Hm, vielleicht. Und was willst du jetzt unternehmen? Wenn du versuchst, Dad nachzuschleichen, wird er dich sofort erwischen.«

»Das glaubst du. Außerdem werde ich ihm nicht nachschleichen. Ich gehe voraus. Morgen ganz zeitig gehe ich raus und suche nach Spuren, die Dad und Don hinterlassen haben. Und wenn die beiden wieder hinausgehen, beziehe ich bei der am weitesten entfernten Spur Posten und gehe von da an weiter. Das muß klappen!«

»Und wer macht die Kontrollrunden?«

»Wir beide, wie immer. Es wird ja nicht lange dauern. Wie ich schon sagte, wird es viel besser sein, wenn ich den Weg im Auge behalte, den sie tatsächlich nehmen. Glaubst du nicht?«

Edie warf ihm einen Blick zu, aus dem Zweifel sprach. »Na, vielleicht kommst du damit durch, aber laß dir eine gute Ausrede einfallen, falls du erwischt wirst«, lautete ihr Urteil.

Vierundzwanzig Stunden später fragte Roger sich, ob Ausreden überhaupt nötig waren, denn die Dinge hatten sich ganz anders entwickelt, als es seine umwerfend schlichte Voraussage gesehen hatte.

Erstens hatte er keine Zeit gehabt, nach eventuell hinterlassenen Spuren zu suchen, denn sein Vater und Don brachen am nächsten Tag bereits bei Morgengrauen auf. Dabei folgten sie nicht der Route des Vortages, sondern gingen die Strecke, die Mr. Wing in den vergangenen Jahren immer genommen hatte, nämlich den absichtlich im Zickzack gewählten Weg, der es seinen Spähern erlaubte, Abkürzungen zu machen, falls sie ihn vor einem Verfolger warnen mußten. Roger und Edith bekamen Standorte zugewiesen, die sie auch noch eine Stunde nach dem Passieren der beiden beobachten sollten. Danach sollten sie ihn auf Abkürzungen einholen und Bericht erstatten. Roger sah seine Schwester argwöhnisch an, als er diese Anweisungen erhielt. Nein, sie hatte ihn nicht verraten. Sein Vater war ihm bloß wie immer eine Nasenlänge voraus.

Als er Meldung machte, war der Morgen schon weit fortgeschritten. Er sah seinem Vater und Don nach, die in nördlicher Richtung weitergingen und verschwanden. Nach Ediths Aussage war dies nicht die Richtung, die sie tags zuvor eingeschlagen hatten. Die Frage erhob sich nun, ob sie auch am Vortag eine falsche Spur ausgelegt hatten. Eine sofortige Suche nach Spuren war die einzige Lösung, die sich ihm bot. Und es war keine hoffnungslose Lösung, Denn es gab Stellen, die man unmöglich passieren konnte, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Mied jemand diese Stellen absichtlich, so schränkte er seine Möglichkeiten beträchtlich ein.

Zu Mittag aber mußte der Junge sich eingestehen, daß er entweder weniger vom Spurensichern verstand, als er geglaubt hatte, oder aber die beiden hatten den Tag oben auf dem Speicher verbracht. Er hatte nichts entdeckt, was er mit Sicherheit Spur hätte nennen können.

Nach dem Essen gab er seine Suche auf und marschierte einfach Richtung Osten los. Seine Schwester hatte gesagt, die beiden hätten diese Richtung eingeschlagen. Es bestand immerhin die winzige Chance, daß sie diesmal auf alle Vorsichtsmaßnahmen verzichtet hatten.

Er lief den halben Nachmittag und folgte dabei natürlichen Pfaden. Schließlich hielt er etwa zwölf Kilometer vom Haus entfernt inne.

Er befand sich in einem Tal, das von einem rauschenden Bach durchflossen wurde. Die Berge zu beiden Seiten stiegen steil und hoch an, wurden aber von ihren Nachbarn noch überragt. Die Erhebungen stiegen hier bis zu einer Höhe von über zweitausend Meter an. In dieser Gegend war Roger noch nie gewesen, auch nicht mit seinem Vater, aber er hatte die Orientierung noch nicht verloren. Einzig die Tatsache machte ihm Sorgen, daß er noch keine Spur von seinem Vater und von Don hatte entdecken können.

Er hatte die Absicht, von diesem Punkt aus wieder den Weg nach Hause einzuschlagen, im Zickzackkurs, um vor Einbruch der Dunkelheit noch möglichst viel Gelände absuchen zu können. Die erste Abweichung sollte ihn den Berghang hinauf nach Süden führen. Damit wollte er mögliche Spuren auf dieser Seite des Berges abdecken. Oben angekommen, würde er sich entscheiden, ob er sofort die andere Seite hinunter wollte, oder erst ein Stück in westlicher Richtung, ehe er zurück nach Norden abschwenkte. Es sollte sich zeigen, daß er sich nicht zu entscheiden brauchte.

Roger Wing war natürlich längst nicht so erfahren im Spurensuchen, wie er es sich gern einredete. Tatsächlich hatte er die Spur, die er eifrig suchte, seit dem Verlassen des Hauses viermal gekreuzt. Sein gegenwärtiger Standort lag am Fuße des Hügels mit dem freien Hang, den die ›Schürfer‹ am Vortag gekreuzt hatten, zwei Kilometer von der sarrianischen Bodenstation entfernt. Die Richtung, die er nun einschlug, würde ihn bis in die unmittelbare Nähe der Station heranführen.

So weit sollte er gar nicht kommen. Donald hatte ganz recht mit seiner Annahme, daß niemand diesen Geröllhang queren konnte, ohne Spuren zu hinterlassen. Roger übersah zwar die Spuren, die die beiden auf dem Hinweg hinterlassen hatten, er entdeckte aber die Stelle, an der sein Bruder sich auf dem Rückweg oberhalb der Geröllhalde durch ein ungewöhnlich dichtes Gebüsch den Weg gebahnt hatte. Natürlich war dies eine Achtlosigkeit von seiten des Älteren, der zu diesem Zeitpunkt vor allem nach fremden Spuren suchte und dabei an die eigenen nicht dachte. Die geknickten Zweige sagten zwar nichts über die Identität des Wanderers aus, zeigten aber deutlich die Richtung an, die er eingeschlagen hatte. Prompt wandte sich auch der Junge nach Westen. Wäre er stehengeblieben und hätte er kurz nachgedacht, dann hätte ihm auffallen müssen, daß eine Spur in dieser Richtung kaum zu der Vermutung paßte, sein Vater und Don hätten direkt auf die ›Mine‹ zugehalten. In diesem Moment aber war ihm nicht nach Überlegen zumute. Er hatte eine Spur entdeckt, der er unbeirrt folgte.

Nachdem er die Gebüschstrecke hinter sich gebracht hatte, sah er, daß die Spur weder deutlicher noch undeutlicher geworden war. Roger konnte sie eben noch wahrnehmen und ihr folgen. Vielleicht hing es damit zusammen, daß er nun mit Sicherheit eine Spur vor sich wußte. Er wußte aber immer noch nicht, ob die Spuren von seinem Vater, von seinem Bruder oder von beiden stammte. Er übersah auch die Stelle, wo die beiden sich wieder getroffen hatten, nachdem sie beide Seiten des Geröllhanges abgegangen waren. Er ging einfach weiter, entdeckte da und dort einen Abdruck im Nadelteppich oder geknickte Zweige, wo das Strauchwerk wieder dichter wurde.

Er stieg über den Westhang des Hügels ab, nachdem er den ganzen Hügel bis zu dem Punkt, wo die Spuren begonnen hatten, umrundet hatte. Er querte das schmale Tal auf dieser Seite und übersprang den Bach mit Leichtigkeit. Hier entdeckte er das einzige Anzeichen dafür, daß er zwei Personen auf der Spur war. Er sah die Abdrücke, die sie beim Überspringen des Baches hinterlassen hatten. Es waren bloß Vertiefungen, keine richtigen Schuhabdrücke, doch es waren vier. Zwei Paar, von denen je ein Abdruck tiefer war, so als hätte der Springer das Gewicht auf einen Fuß verlegt.

Nun ging es den nächsten Berghang hinauf. Unter den Bäumen war es schon dunkler, da die Sonne sich bereits hinter dem vor ihm liegenden Gipfel versteckt hatte. Und plötzlich stellte er sich die Frage, ob er wirklich auf der richtigen Spur war. Er blieb stehen, sah um sich und entdeckte erst auf einer Seite und dann auf der anderen Spuren von der Art, wie er sie verfolgt hatte. Gleichzeitig machte sich bei ihm Unsicherheit bemerkbar, ob dies die richtigen Spuren wären.