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Die Anzüge wurden gebracht und mit äußerster Sorgfalt untersucht. Der auf Planet Vier verwendete schien unversehrt. Sie beschäftigten sich daher sehr lange mit dem anderen. Diesmal widmete Ken dem Anzug viel mehr Zeit als an Bord der Karella, und konnte tatsächlich zwei neue Erkenntnisse daraus gewinnen.

Neben der Blaufärbung des Metalls, die Sauerstoff zuzuschreiben war, wie er nachgewiesen hatte, hatte er an geschützteren Stellen eine losere Krustenbildung entdeckt, die eindeutig auf eine Kaliumverbindung hindeutete – eine der wenigen, die Ken sofort erkannte –, und bei Erwärmung wurde ein deutlicher Geruch nach doppelschwefelsaurem Kohlenstoff bemerkbar. Und dies war eine für den Chemiker völlig unerklärliche Erscheinung. Er war mit gasförmigen Verbindungen beider Elemente vertraut, konnte sich aber noch vorstellen, das sich aus ihnen etwas absetzen konnte, was bei ›normaler‹ Temperatur im festen Zustand blieb..

Natürlich hatte er keine Ahnung vom Aufbau irdischer Planeten, und er hatte auch das Feuer nicht gesehen, dessen Überreste Roger Wing so in Erstaunen versetzt hatten. Auch das beste Vorstellungsvermögen hat seine Grenzen, wenn Fakten fehlen.

Die Gelenke waren, wie Feth erwartet hatte, an den Dichtungen geschrumpft. Oxidspuren waren in der Isolierschicht nachweisbar. Es mußte Atmosphäre von Planet Vier in den Anzug eingedrungen sein, entweder durch Diffusion oder aber durch Außendruck, nachdem der Schwefel gefroren war.

»Glauben Sie, daß das auch passieren wird, wenn die Dichtungen ordnungsgemäß angezogen sind?« fragte Ken, nachdem dieser Punkt überprüft worden war.

»Nein, falls nicht die Innenheizung aus irgendeinem anderen Grund ausfällt. In diesem Fall wird es Ihnen ohnehin egal sein. Das Überdrehen der Dichtungen unterband die Zirkulation des Temperaturausgleichsmittels, so daß als erstes an bestimmten Stellen eine starke Abkühlung eintrat, ohne daß zunächst die Hauptheizanlage davon betroffen wurde. Die Heizung in den einzelnen Extremitäten schaffte es nicht, und als die Flüssigkeit an den Gelenken gefroren war, war alles andere nur eine Sache von Sekunden. Wir könnten statt Zink eine andere Ausgleichsflüssigkeit nehmen, eine, deren Gefrierpunkt tiefer liegt. Kalium oder Natrium wären unter diesem Gesichtspunkt am besten, doch sind sie von der Chemie her schwer zu handhaben. Zinn oder Wismut wären in dieser Hinsicht in Ordnung, ihre spezifische Wärme ist aber weit niedriger als die von Zink. Ich vermute, daß Selen der geeignetste Kompromiß wäre.«

»Hm, ich sehe, daß Sie darüber gründlich nachgedacht haben. Was stört Sie an einer Ausgleichsflüssigkeit mit geringer spezifischer Wärme?«

»Die müßte viel rascher zirkulieren. Ich weiß nicht, ob die Pumpen das schaffen, denn beide Metalle haben eine beträchtlich größere Dichte als. Zink. Selen ist nicht so günstig, was die spezifische Wärme betrifft, aber die geringere Dichte unterstützt die Pumpen. Das einzig Schwierige daran ist, an das Zeug heranzukommen. Na ja, war nur so eine Idee, das Zink müßte eigentlich flüssig bleiben, wenn keine besonderen Pannen auftreten. Wir können es ja beim nächsten Test versuchen.«

»Haben Sie sich schon eine Rechtfertigung zurechtgelegt, wenn Drai Fragen wegen des nächsten Tests stellt?«

»Nicht im Detail. Er wird schon nicht fragen. Er prahlt gern damit, daß er nichts von Naturwissenschaften versteht und sich die Köpfe anheuert, wenn er sie braucht. Wir sagen einfach, daß wir einen Weg gefunden haben, die Ursache für den ersten Fehlschlag auszuschalten, was eigentlich der Wahrheit entspricht.«

»Könnten wir nicht eine Fernsehkamera miteinschmuggeln, damit man sehen kann, was dort vorgeht?«

»Wüßte nicht, wie sich das heimlich machen ließe. Alles, was wir an Signalen oder Bildern empfangen, kann ebensogut oder besser im Observatorium empfangen werden. Aber wir könnten sagen, daß Sie eine diesbezügliche Idee haben, die wir ausprobieren möchten.«

»Ja, wir könnten – bloß wäre es besser, wenn wir die verschiedenen Ideen aufteilen. Es wäre für uns nicht günstig, wenn Drai zur Meinung gelangte, Sie wären ein Narr. Zu oft werden Narren und Schurken in einem Atemzug genannt. Wäre schade, wenn er in dieser Richtung zu denken begänne.«

»Danke, ich hoffte, Sie würden daran denken. Außerdem spielt es keine große Rolle. Ich sehe nämlich nicht ein, warum wir nicht die Karella nehmen und die Tests in der Nähe von Planet Drei machen. Alles wäre in wenigen Minuten erledigt, und wenn alles klappt, könnten Sie gleich anschließend die Landung wagen. Ich weiß, daß das Schiff erst in einigen Tagen gebraucht wird, vielleicht sogar erst in Wochen. In einer Saison kommen acht bis zehn Ladungen Tafak vom Planeten, und zwischen den einzelnen Ladungen liegt ein Abstand von einigen Tagen. Da die Fracht per Torpedo befördert wird, kann Lee sich indessen eine schöne Zeit machen.«

»Das wäre besser. Ich bin zwar nicht scharf auf freien Fall, aber ein paar Stunden freier Fall sind immer noch besser als eine Wartezeit von Tagen. Los jetzt, tragen Sie Drai die Sache vor. Noch etwas… wir sollten diesmal mehr als nur einen Anzug mitbringen. Da draußen auf Vier habe ich eine Weile ganz schön Blut geschwitzt.«

»Gute Idee. Ich sehe drei Anzüge durch und besuche dann Drai.«

Das Gespräch geriet ins Stocken, denn in den nächsten Stunden wurde bemerkenswert viel konstruktive Arbeit geleistet. Die drei Raumanzüge wurden diesmal richtig gründlich untersucht, und Feth war dabei sehr pingelig. Pumpen, Ventile, Tanks, Gelenke, Heizschlangen… alles wurde getestet, einzeln und in allen möglichen Kombinationen.

»Der Gipfel wäre es jetzt, wenn wir die Anzüge mit flüssigem Quecksilber einsprühen könnten«, sagte Feth, als er mit dem letzten Anzug fertig war. »Aber wir haben kein Quecksilber, außerdem nirgends einen Ort, wo man es ausprobieren könnte. Ich will mal sehen, was Drai davon hält, daß wir das Schiff nehmen. Aber wir können unmöglich drei Torpedos gleichzeitig losschicken. Ich möchte außerdem sichergehen, daß alle diese Anzüge einsatzbereit sind, ehe einer auf Drei verwendet wird.« Dabei legte er sein Werkzeug ab. Er wollte schon zur Sprechanlage, als er es sich anders überlegte.

»Ich spreche lieber persönlich mit ihm… Drai ist ein komischer Kerl.« Damit ging er hinaus.

Er war in wenigen Minuten zurück. Er lächelte.

»Wir dürfen«, sagte er. »Er bestand auf dem Plural. Sie haben noch keine Tafak-Sucht durchgemacht. Da hat er Angst, Sie könnten auf komische Ideen kommen, wenn man sie allein ließe. Bei mir kann er sicher sein, daß ich rechtzeitig für meine nächste Dosis wieder zur Stelle bin. Das alles hat er nicht ausdrücklich gesagt, doch war mir klar, was er meinte.«

»Könnten wir nicht genügend Tafak an Bord schmuggeln, so daß wir während des Rückflugs nach Sarr damit auskommen?«

»Was mich betrifft, ich könnte dorthin nicht zurück. Und Sie kennen die Richtung ja auch nicht. Und wenn Drai selbst nicht imstande ist, das Zeug auf Sarr einzuschmuggeln, dann können Sie nicht erwarten, daß ich es schaffe, noch dazu ohne sein Wissen. Ich kann doch nicht einen Kühlschrank auf dem Rücken schleppen, und Sie wissen ja, was passiert, wenn das Zeug sich erwärmt.«

»Na denn, wollen wir das Spiel nach den vorgegebenen Regeln spielen. Los gehen wir.«

Eine halbe Stunde später stieß die Karella ins eisige Dunkel vor. Um dieselbe Zeit wurde es auch Roger Wing kalt. Er entschloß sich, die Wache für diese Nacht aufzugeben. Bei ihm machte sich nun Mutlosigkeit breit. Nachdem er durch sein Schlafzimmerfenster geklettert war – mit gebührender Vorsicht versteht sich – und das Seil unter dem Bett versteckt hatte, fragte er sich ernsthaft, ob er seine Nachtwache nicht einstellen sollte. Vielleicht würde der fremde Besucher niemals mehr wiederkehren, und je länger er wartete, die Meinung seines Vaters einzuholen, desto schwerer würde es ihm fallen, handfeste Beweise vorzuweisen.