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Um ihn herum war jetzt Luft – die Gasmischung, die auf dieser Welt als Luft galt. Sie pfiff an ihm vorbei, er konnte es sogar durch die dicke Metallschicht hindurch hören. Mehr als acht bis zehn Kilometer war er jetzt nur mehr von der Oberfläche entfernt, und er sank noch immer mit großer Geschwindigkeit. Seinem Gefühl nach ging es zu schnell. Sozusagen als Reaktion auf diesen Gedanken erhöhte sich sein Gewicht abrupt. Er wußte, das Feth dort oben den Antrieb gesteigert hatte. Mit einem Kraft- und Müheaufwand, der größer war, als er sich selbst je zugetraut hatte, riß Ken seine Aufmerksamkeit von der sich rasend schnell vergrößernden Landschaft unter ihm und dem Ächzen der gespannten Ketten über ihm los und konzentrierte sich auf Einzelheiten. Es war ganz einfach, als er sich dazu durchgerungen hatte, denn nicht nur die Temperatur war phantastisch.

Natürlich konnte er nicht weit sehen. In der dunsterfüllten irdischen Atmosphäre sind Augen, deren größte Empfindlichkeit im Blau- und Ultraviolettbereich liegt, eindeutig benachteiligt. Trotzdem… die Oberfläche unter ihm wies schon Einzelheiten auf.

Das Gebiet war zerklüftet, wie man ganz richtig vermutet hatte. Ken hatte genügend Erfahrung, um festzustellen, daß die Berge nach sarrianischen Gesichtspunkten beachtliche Höhen erreichten, obwohl Gebirge von oben gesehen sich nicht so einfach abschätzen lassen. Die Oberfläche ging in einem wilden Farbenaufruhr unter. Es waren alle Schattierungen von Grün, Braun und Grau vertreten. Da und dort ein Fleck jener metallisch schimmernden Substanz, die ihn fatal an die riesigen, flachen Gebiete erinnerten, wo die rätselhaften feindseligen intelligenten Wesen des Planeten hausten. Falls dies hier Vorposten waren… aber sie hatten die Handelstorpedos nie behelligt, die seit Jahren hier in diesem Gebiet niedergegangen waren, beruhigte Ken sich.

Weiter unten sah er, daß bestimmte graue Erhebungen von bemerkenswerter Form waren. Manche waren oben breiter als unten. Er mußte noch ein Stück tiefer absinken, um zu sehen, daß diese Objekte nicht Teile der Landschaft waren, sondern in der Luft hingen. Die einzigen Wolken, die er je gesehen hatte, waren die von den heftigen Winden auf Sarr verursachten Sandstürme. Er konnte aber sehen, daß es sich um Gebilde ähnlicher Art handeln mußte. Wahrscheinlich waren die Einzelpartikel viel kleiner, so daß sie sich in der Luft ganz fein verteilen konnten. Ein Planet von dieser Eiseskälte konnte unmöglich starke Winde haben. Er beschrieb dieses Phänomen so genau als möglich seinen zwei Zuhörern an Bord der Karella. Feth meldete, daß er Kens Berichte auf Band aufnähme, und gab dann ein paar wichtige Informationen an Ken weiter.

»Der Landeanflug ist fast beendet. Sie befinden sich etwa zwei Kilometer oberhalb des Zielsenders, ein Stück oberhalb der Stelle, wo die Atmosphäre-Tests durchgeführt wurden. Möchten Sie sofort landen oder noch oben bleiben und Beobachtungen machen?«

»Bitte, mit mäßiger Geschwindigkeit abwärts. Man sieht nicht weit, deswegen möchte ich so weit runter, daß man Details ausmachen kann. Sieht mir nach einer gebirgigen Gegend aus. Ich will versuchen, Ihnen Richtungsanweisungen zu geben, damit Sie mich in der Nähe eines Gipfels landen lassen können. Ich möchte von einem festen Punkt aus in große Entfernung sehen können.«

»In Ordnung. Es geht runter.« Ein paar Minuten vergingen, ohne daß ein Wort gewechselt wurde. Dann meldete Ken sich wieder. »Steuern Sie mich jetzt horizontal?«

»Nein. Sie sind schon über den Zielsender hinweg… sechs, sieben Kilometer etwa.«

»Dann hat diese Atmosphäre stärkere Strömungen, als ich zunächst dachte. Ich werde sichtlich abgetrieben, wenn auch nur schwach. Die Richtung kann ich nur schwer angeben… die Sonne steht fast senkrecht über mir hinter dem Torpedo.«

»Wenn Sie fast unten sind, geben Sie mir die Richtung im Hinblick auf die Orientierung des Torpedos an. Ich stoppe Sie kurz vor dem Aufsetzen.«

Allmählich traten die Einzelheiten deutlicher hervor. Das Grün schien ein Durcheinander von einem Material zu sein, das an die chemischen Gewächse erinnerte, die Ken in verschiedenen Lösungen gezogen hatte. Er stufte die Erscheinungen vorerst als pflanzliches Leben ein. Langsam dämmerte ihm, was das krachende, knisternde Geräusch bei der Landung des Probetorpedos verursacht haben mochte.

Mitten im Grün traten da und dort nackte Felsen hervor. Das war vor allem gegen die Gipfel hin. Mit unendlicher Sorgfalt gab Ken seinem fernen Piloten Anweisungen, das Torpedo einem dieser Gebilde zu nähern. Als er schließlich reglos etwa fünfunddreißig Meter über einer Fläche hing, die auch in diesem relativ schwachen Licht als Fels erkennbar war, gab er Anweisung weiter herunterzugehen.

Zwei Meter über dem Boden ließ er wieder stoppen und löste vorsichtig die Beinketten. Der untere Teil seiner Rüstung fiel herunter, kam fast auf dem Boden auf. Ein Wort ins Mikro, und die Metallfüße hatten Kontakt mit dem Boden. Als er eine der oberen Ketten losmachte, geriet er ins Schwingen. Dabei hing er im spitzen Winkel, eine Seite dem stützenden Torpedorumpf zugewandt. Durch besondere Verdrehungen und Verrenkungen schaffte er es, aus Beinen und Hinterstütze der Rüstung einen funktionierenden Dreifuß zu schaffen. Dann erst löste er die letzte Haltekette. Er stand auf eigenen Beinen auf dem Eisplaneten.

Er fühlte sich schwer, aber nicht unerträglich schwer. Seine Voraussicht, nicht in liegender Stellung zu landen, war richtig gewesen. Bei dieser Schwerkraft war es sehr unwahrscheinlich, daß er sich samt seinem Schutzanzug mit eigener Muskelkraft hätte aufrichten können. Auch das Gehen war schwierig, vielleicht sogar gefährlich, denn der Felsen war alles andere als eben.

Aber das war nicht die Hauptsache. Mehrere Minuten nachdem er die Verbindung mit dem Torpedo gekappt hatte, machte Ken noch immer keinen Versuch, sich zu bewegen. Er stand einfach da, hörte auf das fast unhörbare Summen der Kreislaufmotoren und fragte sich, wann seine Füße zu frieren beginnen würden. Aber es passierte gar nichts, so daß er ein paar vorsichtige Schritte wagte. Die Anzuggelenke waren noch beweglich. Das Zink war offenbar nicht eingefroren.

Das Torpedo war ein wenig abgetrieben. Es mußte ein leichter Wind wehen. Auf Kens Anraten hin brachte Feth das Torpedo ganz zu Boden. Obwohl seine Ängste längst von seiner Neugierde verdrängt worden waren, hatte Ken nicht die Absicht, zwischen sich und sein Transportmittel zu viel Entfernung zu legen. Kaum hatte er sich vergewissert, daß das Torpedo an Ort und Stelle blieb, machte er sich an die Arbeit.

Auf seiner Suche stieß er auf einige lose Felsbrocken. Diese hob er auf und legte sie ins Torpedo, da alles von Interesse sein konnte. In erster Linie aber wollte er Erde – Erde, in der etwas wuchs. Mehrmals untersuchte er Felsstücke so gründlich als möglich, in der Hoffnung, etwas zu finden, was an die winzigen Pflänzchen von Planet Vier erinnerte. Die grauen und schwarzen Flechtenschichten, die auf einigen dieser Brocken wucherten, erkannte er nicht als pflanzliche Lebensform.

Die Landschaft war jedoch nicht ganz öde. Ein Stück unterhalb seines Landeplatzes gab es Strauchwerk und Moosflecken, die hangabwärts immer dichter wurden, bis sie allmählich kleinwüchsigen Bäumen wichen und schließlich dort, wo der Fels endgültig unter dem Erdreich verschwand, ausgewachsenen Tannen. Ken sah dies alles und bewegte sich prompt auf das nächste Gebüsch zu. Da fiel ihm ein, daß er Feth sagen sollte, was er vorhatte, damit dieser ihm das Torpedo nachschicken konnte. Es hatte keinen Sinn, wenn er mühsam alle Proben wieder den Hang hinaufschleppte.