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Bis jetzt hatte er nirgends eine Spur von Tafak entdecken können, obwohl die Kinder in regelmäßigen Abständen mit neuen Proben für die Behälter zurückgekommen waren und jede einzelne Pflanze genannt hatten. Er selbst hatte bislang nichts unternommen, um seinen Plan zu verwirklichen.

Er hatte sich eben mit dieser Erkenntnis beruhigt, als der Eingeborene, der beim Reden die Hauptrolle innegehabt hatte, eine Zigarette hervorholte und sie anzündete.

Mr. Wing hatte nicht die Absicht gehabt, es zu tun. Er hatte eine zutreffende Vorstellung von dem Wert, der dem Tabak von diesen Wesen beigemessen wurde, und er wollte den Wissenschaftler nicht von einem Gespräch ablenken, das vielleicht sehr nützlich sein konnte. Tatsächlich wäre es ihm sogar recht gewesen, wenn das Wesen geglaubt hätte, daß ein anderer der Handelspartner gewesen sei. Seine Gewohnheit aber durchkreuzte seine guten Absichten. Er wurde erst aus seinen Spekulationen über die Natur dieser neuen Unterbrechung gerissen, als er merkte, daß er den ersten Zug getan hatte.

Der Sarrianer hielt beide Augen auf den kleinen Zylinder gerichtet – an sich schon ein ungewöhnlicher Vorfall. Für gewöhnlich war ein Auge ständig in Bewegung, so daß es sogar einem unerschütterlichen Typ wie Roger auf die Nerven fiel.

Der Grund war klar. Mr. Wing konnte sich gut vorstellen, wie der Fremde nun im Geist die Liste der mitgebrachten Dinge durchging und sich fragte, was er für den Rest der Packung eintauschen könne. Er war der Wahrheit damit näher, als es Ken recht gewesen wäre.

Diese Oberlegungen waren nutzlos. Das wußte niemand besser als Ken. Das echte Problem lag darin, das höllische Zeug fortzuschaffen, ehe Drai aufkreuzte, falls er kommen würde. Einen Augenblick lang fragte Ken sich, ob die zweite Funkanlage, die er auf der Veranda hatte liegen gesehen, rechtzeitig in Betrieb gesetzt werden konnte. Sein Verstand sagte ihm, daß es unmöglich war. Auch wenn es ihm gelänge, einen Eingeborenen zu überreden, den Apparat zu bringen und das Torpedo außer Hörweite zu schleppen, würde er es nicht schaffen, seine Wünsche rechtzeitig an den Mann zu bringen. Blieb nur die Hoffnung… der Zylinder verschwand ganz langsam. Es bestand die Möglichkeit, daß er ganz verschwunden sein würde, wenn das Schiff eintraf. Wenn er bloß sicher gewußt hätte, daß die Empfangsanlage und auch der Sender an Bord des Raumschiffes abgeschaltet worden waren!

Falls Drai noch immer auf der Lauer lag, dann würde die Stille der letzten Sekunden ihn womöglich noch argwöhnischer machen. Nun, das ließ sich im Moment eben nicht ändern.

Als es passierte, hatte die Zigarette reichlich Zeit gehabt, herunterzubrennen, dank Ordon Lee. Feth hatte versucht, Ken zu warnen, kaum daß er merkte, was in Drai vorging. Aber noch ehe er den Satz beenden konnte, hatten ihn die peitschenden Tentakel des anderen vom Instrumentenbrett und quer durch den Kontrollraum geschleudert. Als er sich wieder gefaßt hatte und aufstehen wollte, hatte er in die Mündung einer Pistole geblickt, deren scheibenförmiger Griff fest gegen den Torso des Rauschgifthändlers gestützt war.

»Ihr beide habt also tatsächlich etwas vor«, hatte Drai gesagt. »Wundert mich nicht. Lee, peil das Torpedo an und ab die Post!«

»Aber, Sir… in die Atmosphäre von Drei? Wir können nicht…«

»Wir können, du hirnverbrannter Tastenklopfer! Dieses zahme Hirn da unten hat es drei Stunden und länger in einem Panzeranzug ausgehalten, und du willst mir einreden, der Schiffsrumpf könnte es nicht aushalten!«

»Aber die Scheiben… die äußeren Antriebsplatten und…«

»Ich sagte, nichts wie runter! Scheiben sind auch an einem Panzeranzug, und die Fußplatten mußten aushalten, was der Boden von Planet Drei hergibt. Und komm mir jetzt nicht mit den Gefahren, die von den Flachländern drohen! Ich weiß so gut wie du, daß der Rumpf gegen frequenzmodulierten Radar geschützt ist, ganz zu schweigen von dem, was wir ausstrahlen – dafür habe ich schwer bezahlt, und wir sind damit lange durch die Systemüberwachung auf Sarr geschlüpft. Und jetzt laß mal die Tasten spielen!«

Ordon Lee gab sichtlich unglücklich nach. Er stellte den Kompaß mit hoffnungsvoller Miene ein. Dieser Ausdruck schwand jäh, als er merkte, daß Kens Torpedo noch immer die Trägerwelle ausstrahlte. Mißmutig stellte er den Antrieb entlang der angezeigten Linie ein, und der runde Lichtfleck, der Planet Drei war, schwoll hinter den Sichtscheiben an.

Als das Licht aufflackerte, das Außendruck anzeigte, stoppte er das Raumschiff und warf seinem Chef einen hoffnungsvollen Blick zu. Drai deutete mit der Revolvermündung nach unten. Lee schob resigniert die Schultern hoch, schaltete die Wärmezufuhr im Außenrumpf ein und tastete sich in das Meer aus kaltem Gas hinein, wobei er vor sich hinbrummte und eine besserwisserische Miene aufsetzte, wenn ein leises ›Klink‹ davon kündete, daß die Außenplatten stark kontrahierten.

Feth, der wußte, daß er keine Chance hatte, an die Funkanlage zu kommen, heftete seine Aufmerksamkeit auf eine der Sichtscheiben. Eines von Drais Augen hielt es ebenso, sein Gesichtsausdruck blieb jedoch unverändert, als sich die Beweise häuften, daß Ken die Wahrheit gesagt hatte. Hohe Berge, dunstige Luft, grüne Vegetation, sogar die schimmernden Flecken, die so stark an die riesigen blauen Ebenen erinnerten, wohin die Flachländer die Forschungstorpedos hatten landen lassen. Alles war da, wie der Wissenschaftler es beschrieben hatte. Die matte Sonne dieses Systems erhellte alles nur schwach, doch es war deutlich sichtbar. Ungeachtet der Waffe in Drais Hand sprang Feth plötzlich zur Tür. »Kamera!« rief er und lief den Gang entlang. Drai legte die Waffe weg.

»Warum kannst du nicht so sein wie die beiden?« fragte er den Piloten. »Wenn ihr Interesse geweckt ist, vergessen die sogar ihre Angst.«

Der Pilot gab zunächst keine Antwort. Offenbar hatte Drai keine erwartet, denn er ging sofort an eine Scheibe.

Ohne von seinen Instrumenten aufzusehen sagte der Pilot: säuerlich: »Wenn Sie glauben, Ken wäre nur an seiner Arbeit interessiert, warum sind Sie dann so scharf drauf, ihn plötzlich zu besuchen?«

»Vor allem deswegen, weil ich nicht sicher bin, wessen Arbeit er ausführt. Sag mal, Lee, wer hat deiner Meinung nach schuld, daß wir heute zum erstenmal auf dieser Welt landen, obwohl wir sie schon seit zwanzig Jahren kennen?«

Der Pilot gab keine Antwort. Nur ein Auge rollte zurück und traf sich mit dem seines Chefs.

Die Frage hatte ihn von Frostbeulen und gesprungenen Platten abgelenkt: Laj Drai war vielleicht kein Genie, wie er selbst zugegeben hatte, aber seine über den Daumen gepeilte Psychologie traf ins Schwarze.

Die Karella ging tiefer. Jetzt war sie in gleicher Höhe mit den Berggipfeln. Eine grüne Fläche, leer, wie man sehen konnte, und doch wies der Kompaß unerbittlich auf ihre Mitte hin. In einer Höhe von hundertsiebzig Meter waren einzelne Bäume zu unterscheiden, und zwischen ihnen zeigte sich undeutlich das Dach des Wing-Hauses. Von Ken und dem Torpedo keine Spur, doch zweifelte keiner der im Kontrollraum Anwesenden, daß es das erwähnte Haus war. Beide hatten Feth ganz vergessen.

»Lee, ein paar Meter seitlich steuern. Ich möchte aus den Seitenscheiben raussehen. Ja, ich glaube, ich sehe Kens Panzer. Der Boden ist abschüssig. Wir landen ein Stück bergauf. Zwischen diesen Pflanzen kann man ziemlich weit hindurchsehen.«

Der Pilot gehorchte wortlos. Falls er Feths Aufschrei hörte, der aus dem Raum drang, in dem der Techniker noch immer Bilder auf nahm, ließ er es sich nicht anmerken. Außerdem waren die Worte wegen der Erschütterung im Schiff ohnehin unverständlich. Die Bedeutung aber wurde sofort klar, denn das Schiff bahnte sich seinen Weg durch die Baumwipfel. Man hörte das Krachen der Äste nicht bis hinein. Dafür war die zweite Begleiterscheinung der Landung deutlich zu merken. Eine plötzlich auftauchende Rauchwolke nahm einem die Sicht durch die Scheibe. Als Laj Drai erschrocken zurückfuhr, züngelte bereits eine Flamme den gewölbten Schiffsrumpf hoch.