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Die Kinder unternahmen sofort verzweifelte Versuche, an Bord zu klettern. Es glückte ihnen nicht. Der Rumpf war zu glatt, die Krümmung nicht so stark, daß man sich richtig daran hätte festhalten können und zu all dem kam noch ihre Erschöpfung.

Roger formte nun mit beiden Händen einen Bügel für seine Schwester und schaffte es tatsächlich, sie ein Stück über den glatten Rumpf zu heben. Nach einem Augenblick vergeblichen und verzweifelten Anklammerns rutschte sie zurück und sank schluchzend auf dem Boden zusammen. Roger war ratlos. Er rang nach Atem, als ein heißer, rauchiger Windstoß ihn ins Gesicht traf. In Sekunden würden die Flammen sie eingeholt haben. Er starrte neiderfüllt zu dem hilflos am anderen Ende des Torpedos hängenden Wesen hoch, für das der Feuerhauch wahrscheinlich eine kühle Brise darstellte. Da fiel sein Blick auf die Halterungen, in denen die Probenbehälter gehangen hatten.

Sogar diese erschienen ihm in diesem Augenblick nutzlos. Er bezweifelte, ob man sich an diesen kleinen Metallstücken auch nur kurz mit den Händen festhalten konnte. Seiner Schwester traute er es schon gar nicht zu. Da kam ihm eine Idee. Die Halterungen waren hakenartige Vorrichtungen, die zuschnappten wie eine Broschenschließe. In geschlossener Stellung waren sie ringförmig. Roger klappte den nächstliegenden zu, riß sich mit einem energischen Ruck den Gürtel vom Leib, zog ihn durch den Ring und hakte den Gürtel zu. Er scheuchte Edie auf, die sich ein wenig gefaßt hatte, weil sie sah, was er machte, und Roger machte dasselbe mit ihrem Gürtel, den er durch einen zweiten Ring zog. Gottlob trug auch sie Jeans wie alle Kinder hier im Wald. Dann half er ihr hinauf. Sie hielt sich an der einen Lederschlinge fest und steckte beide Beine durch die andere. Das Festhalten erforderte trotz allem noch ziemliche Mühe, doch trug die Beinschlinge den Hauptteil ihres Gewichtes. Befriedigt winkte er dem Sarrianer, er solle abheben.

Ken kapierte sofort. Seine Bewunderung für die menschliche Rasse war um ein bis zwei Grad gestiegen. Bedenken oder gar Worte des Zweifels waren überflüssig. Er wußte genau, daß der Junge die einzig mögliche Methode gefunden hatte, sich und seine Schwester befördern zu lassen. Auch wenn Ken die Sprache gut beherrscht hätte, wäre ein Einwand Zeitverschwendung gewesen. Er ging sofort höher, das halb benommene Mädchen mit sich schleppend.

Als erstes trachtete er, aus dem Rauch herauszukommen, damit sein Fahrgast wieder frei atmen konnte. Dann versuchte er sich seine Umgebung einzuprägen, um die Stelle später wiederzufinden. Roger kämpfte sich wieder hangaufwärts, wie er durch den Rauch hindurch erkennen konnte. Ohne ihn weiter zu beobachten, steuerte Ken das Torpedo bergab auf das Haus zu. Mrs. Wing sah sie schon kommen. In einer dreiviertel Minute war Ken auf dem Rückweg, um den zweiten Passagier zu holen.

Trotz der kurzen Zeit, die vergangen war, und seiner sorgfältigen Orientierung, merkte er weiter oben sofort daß es nicht einfach sein würde, den zweiten Eingeborenen zu finden. Seinen ursprünglichen Aussichtspunkt hatte er sofort wieder gefunden. Ohne Instrumente und wegen der wechselhaften Luftströmungen konnte er jedoch nicht feststellen, ob er bis zu diesem Punkt vertikal hochgestiegen war oder ob er von diesem Punkt vertikal niedergehen würde. Natürlich hatte er Roger erst gesehen, nachdem er diesen Punkt erreicht hatte, doch war der Junge da schon in Bewegung gewesen. Ken hätte auch das Hochgehen stoppen und vertikal fallen können. Doch war dieses Vorgehen nicht empfehlenswert. Das Torpedo war ein schweres Ding. Er wollte nicht, daß es ihm auf seinen Panzer knallte, unter der Schwerkraft dieses Planeten erst recht nicht. Er ging nun so schnell zu Boden, als es sich mit der Sicherheit noch vereinbaren ließ, und suchte das Gebiet systematisch ab.

An die Stelle, wo er landete, war das Feuer noch nicht vorgedrungen. Die Sträucher fingen eben erst zu glimmen an. Eine Spur, die von dem Jungen hätte stammen können, war nicht zu sehen, zumindest keine, die Ken erkennen konnte. Zur Sicherheit ließ er sich bergab ganz an den Rand des Brandgebietes tragen und suchte ihn nach beiden Seiten etwa vierzig Meter weit ab, eine beträchtliche Entfernung bei einer Sichtweite von höchstens vier Meter. Dann ließ er sich langsam bergauf befördern.

Roger war weiter vorangekommen, als man es ihm in Anbetracht seines Zustandes zugetraut hätte. Es vergingen zehn Minuten, ehe Ken ihn fand. Roger kämpfte sich noch immer weiter, ohne nennenswert voranzukommen. Doch hatte er dem Feuer gegenüber beträchtlich Abstand gewonnen, wie der Sarrianer sah.

Er ließ seinen dröhnenden Ruf nach unten ertönen und senkte das Torpedoheck. Roger streckte mit letzter Kraft die Beine in die eine Schlinge und hielt sich mit den Händen an der anderen fest. Sein Gesicht war in unmittelbarer Nähe des Torpedorumpfs, der sich während des Fluges durch die Flammenfront ziemlich aufgeheizt hatte. Roger war sich der Blasen an Händen und im Gesicht kaum bewußt, da ihm alles lieber war, als dort unten den Flammen davonzulaufen. Kaum hatte Ken sich vergewissert, daß der Junge sich gut festhielt, schoß er hoch in reine Luft und trug seine zweite Ladung zum Haus. Als sie ankamen, hielt er sich noch immer fest, doch war es kein bewußtes Verhalten. Seine Mutter mußte seinen verkrampften Griff mit aller Gewalt lösen.

Ken wußte, daß es hier beim Haus für ihn nichts zu tun gab. Er überließ es dem vermutlich sehr kompetenten Erwachsenen, sich um das gerettete Kind zu kümmern, und ließ sich von seinem Torpedo bis über die Baumwipfel tragen, weil er sehen wollte, wie weit es die anderen beim Löschen gebracht hatten.

Die Lage hatte sich seiner Ansicht nach entspannt. Der untere Teil des Hanges war bereits abgebrannt. Nur am oberen Rand war das Feuer noch aktiv. Die Männer waren unermüdlich an der Arbeit. Sie besprühten die Ränder, indem sie sich hangaufwärts bewegten. Das Feuer hatte sie längst überholt, doch hatte es sich in ein Gebiet ausgedehnt, wo es nur mehr Felsen und nichts Brennbares mehr gab. Ehe es aber ganz erloschen war, würden noch Stunden vergehen.

Den Wings war klar, daß der Brand noch tagelang eine Gefahrenquelle darstellte, wenn der Wind sich drehte. Sie ließen in ihren Bemühungen keine Sekunde lang nach und gaben erst auf, als Erschöpfung sie dazu zwang.

Ken landete zweimal auf einer abgebrannten Stelle neben Mr. Wing und zeichnete ihm eine grobe Lageskizze auf den Boden. Einmal suchte er selbst auf dem Boden zwischen Bäumen Schutz, als eine steifflüglige, dreimotorige Metallmaschine über ihn hinwegdröhnte. Und er versteckte sich noch einmal, als eine Gruppe von Männern mit Wasserpumpen und anderen Feuerlöschgeräten auf dem Weg von Clark Fork auftauchten, um den Wings zu Hilfe zu eilen.

Ken hielt sich nun in der Nähe des Hauses auf. Er wollte vermeiden, von diesen neuen Eingeborenen gesehen zu werden. Er befürchtete, seine Fortschritte in der Sprache würden sich verzögern. Damit mochte er recht haben.

Kurz nach Eintreffen der neuen Gruppe kamen Mr. Wing und Don zum Umfallen müde nach Hause. Sie waren zerkratzt, rußverschmiert und versengt. Sogar Ken merkte den Unterschied zu ihrem normalen Aussehen. Nicht mal Roger und Edie hatten so schlimm ausgesehen.

Erst jetzt erfuhr Mr. Wing, daß die beiden aus großer Gefahr gerettet worden waren, denn Ken hatte ihm bislang nichts davon gesagt. Es wäre ihm auch zu schwergefallen, Mr. Wing mit seinen begrenzten Sprachkenntnissen die Vorgänge zu erklären.

Nachdem Mr. Wing die Geschichte erfahren hatte, sah er sich ähnlichen Schwierigkeiten gegenüber. Ken hatte bereits vermutet, daß diese Wesen untereinander starke Zuneigung entwickelt hatten. Jetzt war er seiner Sache sicher. Mr. Wing fand zwar nicht die richtigen Worte, war aber doch imstande, das Ausmaß seiner Dankbarkeit deutlich zu machen.