Eine derartige Vorrichtung hatten wir natürlich nicht zur Hand, aber die ließ sich einfach zurechtbasteln. Ärgerlich war nur, daß wir nicht feststellen konnten, was in die leeren Fächer gelegt worden war, ehe die ganze Vorrichtung wieder bei uns eintraf. Da wir aber mehr an der Sprache als am Handel interessiert waren, machte das zunächst nicht so viel aus. Wir schickten die Kistchenanordnung mit dem nächsten Torpedo hinunter, auf das Signal des ersten hin, in der Hoffnung, die Flachlandleute würden es nicht entdecken. Wir machten das Ding auf und warteten.
Der Eingeborene machte sich prompt an die Untersuchung. Er war offenbar so intelligent, daß seine Neugierde die Angst besiegte, obwohl er die Sonde ja im Flug beobachtet haben mußte; Und er verhielt sich genau so, wie wir es erwartet hatten, obwohl wir ihn natürlich nicht beobachten konnten. Er legte in jedes Fach der leeren Seite etwas hinein, und leerte die anderen Fächer aus. Aber das meiste tat er wieder zurück. Eines der Dinge, die er uns mitgab, erwies sich als brauchbar – es ist das Zeug, das wir noch immer von dort beziehen. Deswegen füllten wir bei der Rücksendung nur das Fach, das mit jenem zusammenhing, in das er sein Zeug getan hatte. Er kapierte, und seither läuft die Sache reibungslos.«
»Und was ist mit der Sprache?«
»Ach ja, wir kennen inzwischen die Worte für ›Ja‹ und ›Nein‹, die Bezeichnungen für ein paar Metalle und den Namen für das Zeug, das er uns verkauft. Ich kann Ihnen ein Band geben, von dem Sie die Aussprache lernen können. Wenn Sie wollen, bekommen Sie auch einen schriftlichen Bericht darüber.«
»Vielen Dank. Damit gewinnt die Situation natürlich an Klarheit. Ich nehme an, daß Sie mit diesen Flachländern keine Schwierigkeiten mehr hatten?«
»Richtig. Wir haben es peinlich vermieden, mit anderen Teilen des Planeten in Kontakt zu treten. Wie schon gesagt, sind unsere Interessen mehr kommerzieller als wissenschaftlicher Natur. Wir haben natürlich nichts dagegen, wenn Sie selbst ein paar Sonden losschicken wollen. Aber bitte mit größter Vorsicht. Wir möchten den Kontakt nicht abreißen lassen, ehe wir nicht selbst imstande sind, eine Produktion aufzuziehen.«
Ken ließ das Äquivalent eines Lächelns erkennen. »Mir fällt auf, daß Sie es sorgfältig vermeiden, mir zu sagen, um was es sich bei dem Zeug handelt. Meinetwegen, ich will nicht in Sie dringen. Es geht mich nichts an, und ich wüßte auch nicht, wie es mir weiterhelfen könnte. Im Moment halte ich es für das Beste, wenn Sie mich mit allen greifbaren Daten über den Planeten versorgen. Dann kann ich mir ein Bild von der Atmosphäre machen und eine Sonde samt einer Ausrüstung losschicken, die meine Vermutung bestätigt oder nicht. Ich denke, das ist einfacher als das Sammeln von Proben zur Analyse.«
Drai raffte sich von dem Gestell auf, an dem er hing, und produzierte so etwas wie ein bejahendes Nicken. »Ich sage ja nicht, daß Sie nicht wissen dürften, was wir von dem Planeten beziehen, aber Sie können sicher sein, daß ich demjenigen die Haut vom Leibe ziehe, der zuläßt, daß Sie es herausbekommen!«
Der Techniker, der sich im Hintergrund gehalten hatte, machte sich wieder bemerkbar. »Das ist nicht weiter schwierig«, sagte er. »Es gibt da nämlich nicht viel zu sagen. Der Planet ist im Durchmesser etwa um drei Zehntel größer als Sarr, damit ist das Volumen mehr als doppelt so groß. Die Masse ist ebenfalls das Doppelte der unseren, obwohl die Durchschnittsdichte um eine Spur geringer ist. Die Oberflächenschwerkraft beträgt eineinviertel Sarr-Normal. Die Durchschnittstemperatur liegt um ein Geringes unter dem Gefrierpunkt von Kalium. Atmosphärendruck unsicher, Zusammensetzung unbekannt. Rotationsperiode 1,84 Sarr-Tage.«
»Verstehe. Man könnte die Temperatur auf dem Planeten leicht verdoppeln, wenn man einen Punkt wählt, der weit genug von der dunklen Seite entfernt ist. Und wenn nötig, würde die Reproduktion von Tag und Nacht auch nicht viel Schwierigkeiten machen. Das echte Problem stellt die Atmosphäre dar. Ich werde mich sehr eingehend damit befassen.«
Sallman Ken bewegte sich langsam zu seiner ihm zugewiesenen Unterkunft. Dabei waren seine Gedanken nicht ausschließlich mit dem Problem der Atmosphäre befaßt. Er dachte vielmehr an die geheimnisvolle Rasse, die die öden Ebenen von Planet Drei bewohnte, und an die Möglichkeit, den Handel mit dem Planeten zum Stillstand zu bringen – vorausgesetzt natürlich, daß dieses geheimnisvolle Produkt das war, was er befürchtete.
Und er fragte sich, ob er sein Desinteresse am Hauptexport des Planeten nicht zu übertrieben zur Schau getragen hatte.
IV
Ein Kreis mit einem Radius von vier Kilometern bedeckt ein Gebiet von knapp über fünfzig Quadratkilometer. So kam es, daß die von Roger und Edith Wing angefertigte Karte nicht so detailliert war, wie sie hätte sein können. Andererseits bietet ein bewaldeter Berghang keine Einzelheiten, die der Eintragung wert wären, wie ihr Vater zugeben mußte. Und was die Kinder da ablieferten, zeigte auch den allerkleinsten Wasserlauf und Pfad, von dem Mr. Wing Kenntnis hatte. Was aber noch wichtiger war, die Karte bewies, daß sie das fragliche Gebiet tatsächlich durchwandert hatten. Genau diesem Mangel an Erfahrung des Mädchens hatte er abhelfen wollen, ehe sie von der Regel entbunden wurde, sich strikt an die Pfade zu halten.
Plötzlich sah er von dem fleckenübersäten Heft auf. Die Familie hatte sich wieder um den Kamin geschart, die zwei Kartographen hatten sich auf den Armlehnen seines Sessels niedergelassen. Don hockte zwischen den Sesseln auf dem Boden mit Billy, der es sich auf seinen Schultern bequem gemacht hatte. Marjorie saß auf dem Schoß ihrer Mutter. Alle warteten auf das Urteil.
»Mir scheint, du hast ganze Arbeit geleistet«, sagte Mr. Wing schließlich. »Mit dieser Karte könnte sich hier in der Umgebung jeder zurechtfinden. Edie, wie kannst du nur glauben, du könntest ohne die Karte auskommen?«
»Schon gut, Dad, ich weiß Bescheid«, erwiderte das Mädchen ein wenig erstaunt. »Muß ich denn?«
»Das mußt du selbst wissen, ob du die Karte immer bei dir haben mußt«, sagte er achselzuckend. »Meinetwegen mußt du nicht. Na, wie habt ihr beiden die Kontrollgänge eingeteilt?«
Jetzt übernahm Roger das Wort. Er rückte noch näher an die väterliche Schulter heran und benutzte die Karte zur Verdeutlichung.
»Insgesamt existieren acht Pfade, die an verschiedenen Punkten in den Vier-Kilometer-Kreis führen. Don und ich gingen täglich den Kreis ab und verfolgten jeden Pfad so weit, bis man feststellen konnte, daß ihn niemand benützt hatte. Es gibt immer wieder Stellen, wo man nicht hindurch kann, ohne Spuren zu hinterlassen. Diese Stellen haben wir an jedem Pfad abgeklappert.
Jetzt möchten wir die Sache anders angehen. Ich werde die Enden dieser Pfade zwar kontrollieren, aber wir haben daneben eine Aufstellung jener Punkte gemacht, von denen man die Zugänge überwachen kann – es sind übrigens nicht viele. Edie kann sie morgens und nachmittags mit einer Tour von zweieinhalb Stunden hinkriegen. Und ich übernehme die äußeren Wege. Eigentlich ähnelt das deiner Methode, die du immer bei den Rückwegen angewandt hast. Du gingst im Zickzack und hast uns nach eventuellen Beobachtern Ausschau halten lassen, so daß einer von uns immer eine Abkürzung nehmen und dich warnen konnte, falls wir jemanden gesehen hätten, was eigentlich niemals der Fall war. Aber das wirst du wohl kaum als Beweis gelten lassen.«
Mr. Wing lächelte flüchtig. »Ja, vielleicht sind meine Vorsichtsmaßnahmen übertrieben«, sagte er. »Aber ich habe meine Gründe, die Stelle geheimzuhalten, von der ich das Metall beziehe. Ein halbes Dutzend dieser Gründe befinden sich hier mit mir im Raum. Außerdem weiß ich, daß es euch Spaß macht und daß ihr euch damit ausreichend Bewegung an der frischen Luft verschafft. Wenn sich noch einer oder zwei für die Naturwissenschaften entscheiden, dann werden wir zusammen etwas ausarbeiten, was dann nicht mehr geheimgehalten werden muß.«