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»Ja. - Wie ich schon sagte, man muß in der Vergangenheit nach dem Motiv suchen. Obwohl ich gestehe, daß wir nicht daran gedacht haben, so weit zurückzugehen. Denn schließlich war dies alles zwanzig Jahre vor dem Selbstmord.«

»Gab es damals irgendeine gerichtliche Untersuchung?«

»Ja. Ich konnte den Fall einsehen, die entsprechenden Berichte und die Zeitungsartikel. Es bestanden schon einige Zweifel, wissen Sie. Die Mutter war schwer erschüttert und brach völlig zusammen. Sie mußte ins Krankenhaus. Angeblich war sie danach nie mehr so wie vorher.«

»Aber man nahm an, daß sie es getan hatte?«

»Zumindest dachte der Arzt es. Direkte Beweise gab es keine, wissen Sie. Sie sagte, sie habe den Vorfall vom Fenster aus beobachtet, wie das ältere Kind - das Mädchen - den Jungen schlug und hineinstieß. Aber ihr Bericht - tja, ich nehme an, sie glaubten ihr damals nicht. Sie redete so durcheinander.« »Und die psychiatrischen Befunde?«

»Sie kam in ein Sanatorium oder in ein Krankenhaus, sie war zweifellos geisteskrank. Sie blieb eine sehr lange Zeit dort und wurde behandelt. Soviel ich weiß, unter Aufsicht eines Spezialisten vom St. Andrew's Hospital in London. Schließlich hat man sie nach drei Jahren für geheilt erklärt und entlassen, damit sie zu Hause ein normales Leben mit ihrer Familie leben konnte.«

»Und war sie normal?«

»Sie war immer schon neurotisch ... «

»Wo hielt sie sich zur Zeit des Selbstmordes auf? Bei den Ravenscrofts?«

»Nein - sie war etwa drei Wochen vorher gestorben. Da wohnte sie gerade bei den Ravenscrofts in Overcliffe. Es scheint wieder einmal ein Beispiel für das Schicksal von eineiigen Zwillingen zu sein. Sie war Schlafwandlerin - schon eine ganze Reihe von Jahren offenbar. Auf diese Weise hatte sie schon mehrmals kleinere Unfälle gehabt. Manchmal nahm sie zu viele Beruhigungstabletten und wanderte nachts im Schlaf im Haus herum oder draußen. Einmal lief sie über den Pfad oben bei den Klippen, verlor den Halt und stürzte ab. Sie war sofort tot - sie haben sie erst am nächsten Tag gefunden. Ihre Schwester, Lady Ravenscroft, war schrecklich unglücklich. Sie hatten sich sehr gemocht. Infolge des Schocks mußte sie ins Krankenhaus.«

»Könnte dieses tragische Unglück später zu dem Selbstmord der Ravenscrofts geführt haben?«

»Es gab keinerlei Hinweise in dieser Richtung.«

»Wie Sie sagen, passieren bei Zwillingen manchmal die merkwürdigsten Dinge. Lady Ravenscroft könnte sich umgebracht haben, weil sie so sehr an ihrer Zwillingsschwester hing. Daraufhin erschoß sich der Gatte, weil er sich in irgendeiner Form schuldig fühlte ... «

Garroway protestierte: »Ihre Phantasie geht mit Ihnen durch, Poirot. Alistair Ravenscroft hätte nie eine Affäre mit seiner Schwägerin haben können, ohne daß es jeder wußte! Derartiges gab es nicht - wenn Sie das meinen.«

Das Telefon läutete. Poirot nahm den Hörer ab. Es war Mrs. Oliver.

»Monsieur Poirot, können Sie morgen zum Tee oder auf einen Sherry zu mir kommen? Celia ist auch da, und später dieses tyrannische Weibsbild. Das sollte ich doch so arrangieren, nicht wahr?«

Poirot bestätigte, daß dies der Fall sei.

»Ich muß mich beeilen«, sagte Mrs. Oliver, »ich soll einen alten Haudegen treffen, den mir mein Elefant Nummer 1, Julia Carstairs, besorgt hat. Ich glaube, sie hat den Namen nicht richtig behalten - das tut sie immer -, aber ich hoffe, die Adresse stimmt!«

12

»Nun, Madame«, sagte Poirot, »wie erging es Ihnen mit Sir Hugo Foster?« -»Zunächst mal - er heißt nicht Foster, sondern Fothergill. Julia bringt die Namen immer durcheinander.«

»Also sind Elefanten, was Namen betrifft, nicht verläßlich?«

»Reden wir nicht mehr von Elefanten - ich bin fertig mit ihnen.«

»Und Ihr alter Haudegen?«

»Ein Schatz - aber als Informationsquelle völlig hoffnungslos. Ganz besessen von Leuten, die Barnet hießen und ein Kind hatten, das in Indien bei einem Unfall starb. Aber das hat nichts mit den Ravenscrofts zu tun. Ich sage Ihnen, mit Elefanten bin ich fertig!«

»Madame, Sie waren sehr hartnäckig, Sie haben sich prächtig gehalten.«

»Celia kommt in ungefähr einer halben Stunde. Sie wollten sie doch treffen, nicht wahr? Ich sagte ihr, daß Sie - nun, daß Sie mir in dieser Angelegenheit behilflich sind. Oder möchten Sie lieber, daß sie zu Ihnen kommt?«

»Nein«, sagte Poirot, »so ist es besser.«

»Ich glaube nicht, daß sie lange bleibt. Wenn sie nach etwa einer Stunde wieder ginge, könnten wir die Sache noch ein bißchen überdenken, bevor Mrs. Burton-Cox kommt.«

»Das wird interessant werden. Sehr interessant!«

Mrs. Oliver seufzte. »Lieber Himmel, es ist ein Jammer! Wir haben viel zuviel Material, finden Sie nicht?«

»Trotzdem wissen wir nicht, wonach wir eigentlich suchen. Bis jetzt wissen wir nur, daß es aller Wahrscheinlichkeit nach ein Doppelselbstmord war. Eines Ehepaares, das ruhig und glücklich zusammen lebte. Und was ist die Ursache, der Grund? Wir haben vor und zurück geforscht, nach rechts und links, nach Westen und Osten.«

»Genau«, pflichtete Mrs. Oliver bei. »Überall. Nur am Nordpol waren wir noch nicht«, fügte sie hinzu.

»Und nicht am Südpol«, ergänzte Poirot.

»Was haben wir also, alles in allem gerechnet?«

»Einiges«, sagte Poirot. »Hier hab' ich eine Liste. Möchten Sie sie sehen?«

Mrs. Oliver setzte sich neben ihn und schaute ihm über die Schulter.

»Perücken«, rief sie und deutete auf den ersten Punkt. »Warum die zuerst?«

»Vier Perücken«, sagte Poirot, »das ist doch interessant und ziemlich seltsam.«

»Soviel ich weiß, wurde das Geschäft, aus dem die Perücken stammen, aufgegeben. Heute kaufen die Leute sie ganz woanders. Sie tragen auch nicht mehr so häufig welche wie damals. Man trug eine Perücke, wenn man verreiste. Das ersparte einem Unannehmlichkeiten unterwegs.«

»Ja, ja«, sagte Poirot. »Wir werden in dieser Beziehung tun, was wir können. Aber da sind noch mehr Dinge, die mich interessieren. Und noch andere Geschichten. Zum Beispiel über Geisteskrankheiten in der Familie. Über eine Zwillingsschwester, die nicht normal war und viele Jahre ihres Lebens in einem Sanatorium verbrachte.«

»Das scheint doch nirgends hinzuführen«, erklärte Mrs. Oliver. »Sie könnte natürlich aufgetaucht sein und die beiden erschossen haben, aber ich sehe wirklich nicht ein, warum.« »Aber«, sagte Poirot, »die Fingerabdrücke auf dem Revolver waren ausschließlich die des Generals und seiner Frau. Dann ist da die Geschichte in Indien, von einem Kind, das ermordet wurde, möglicherweise von Lady Ravenscrofts Zwillingsschwester. Möglicherweise auch von einer völlig anderen Frau - einer Amme oder einem Dienstboten. Zu Punkt zwei: Wir wissen ein bißchen mehr über Geld.«

»Wieso kommt jetzt Geld ins Spiel?« fragte Mrs. Oliver überrascht.

»Das ist ja das Interessante. Geld spielt meistens eine Rolle. Ob es jemand durch diesen Selbstmord erbte oder eben nicht erbte. Geld bringt Schwierigkeiten, Unruhe, Habgier und so weiter. Aber in diesem Fall scheint es überhaupt nicht um Geld gegangen zu sein! Dann sind da noch die verschiedenen Geschichten über Liebesaffären, entweder der Ehefrau oder des Ehemannes. Sie könnten einen Selbstmord oder Mord ausgelöst haben. Das passiert häufig. Und dann kommen wir zu dem Punkt, der mich im Augenblick am meisten interessiert. Deshalb möchte ich Mrs. Burton-Cox so dringend sprechen.«