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»Kennt er oder kennen Sie irgendwelche Blutsverwandte?« »Ich glaube nicht, daß er wen kennt. Es interessiert ihn auch nicht. Ober so was macht er sich keine Gedanken.«

»War Mrs. Burton-Cox mit Ihrer Familie, Ihrer Mutter oder Ihrem Vater befreundet? Können Sie sich erinnern, daß sie mal zu Besuch kam, als Sie noch zu Hause lebten?«

»Nein. Ich glaube, Desmonds Mutter, Mrs. Burton-Cox, ging nach Indien. Ihr Mann ist wahrscheinlich dort gestorben, und Desmond wurde nach England auf die Schule geschickt. Während der Ferien war er bei irgendwelchen Vettern. So haben wir uns kennengelernt. Ich konnte ihn nicht vergessen, wissen Sie. Es war eine Art Heldenverehrung. Er war groß im Bäumeklettern und hat mir viel über Vogelnester und Vogeleier beigebracht. So war es ganz natürlich, daß wir, als wir uns auf der Universität wiedersahen, von alten Zeiten sprachen und er mich nach meinem Namen fragte. Er sagte: >Ich kenne nur (feinen Vornamen.< Und dann erinnerten wir uns an viele Dinge, die wir zusammen erlebt hatten. So kamen wir uns näher. Ich weiß nicht viel über ihn. Eigentlich weiß ich gar nichts. Aber ich möchte die Wahrheit wissen. Wie kann man sein Leben planen, wenn man nicht genau weiß, was einen beeinflußt, was wirklich geschehen ist?«

»Sie möchten also, daß ich mit meinen Nachforschungen fortfahre?«

»Ja, wenn es was nützt, obwohl ich's fast nicht glaube, weil Desmond und ich uns auch schon so bemüht haben. Wir hatten nicht viel Erfolg. Alles scheint immer wieder auf das gleiche hinauszulaufen, obwohl es ja eigentlich nicht die Geschichte eines Lebens ist. Es ist eher die Geschichte eines Todes, nicht wahr? Eigentlich von zwei Toden. Aber wenn es zweifacher Selbstmord ist, denkt man daran wie an einen einzigen Tod. Habe ich das bei Shakespeare gelesen oder woher kenne ich das Zitat >Und im Tode wurden sie nicht getrennt ...<« Celia sah Poirot fest an. »Ja, machen Sie weiter. Finden Sie die Wahrheit! Informieren Sie Mrs. Oliver oder mich über alles, was Sie entdecken. Mir wäre es fast lieber, wenn Sie mir persönlich Bescheid geben.« Celia wandte sich an Mrs. Oliver. »Ich möchte nicht unhöflich zu dir sein, liebe Patentante. Du warst immer so nett zu mir, aber - aber ich hätte gern alle Informationen direkt von der Quelle.«

»Nun«, sagte Poirot, »ich will gern die Quelle sein.«

»Und Sie glauben, Sie finden etwas?«

»Davon bin ich überzeugt.«

»Und Sie täuschen sich nie?«

»Selten oder nie. Mehr sage ich nicht.«

13

»Nun«, sagte Mrs. Oliver, nachdem sie Celia zur Tür gebracht hatte, »was halten Sie von ihr?«

»Sie ist eine Persönlichkeit«, erklärte Poirot, »ein interessantes Mädchen. Entschieden kein Durchschnittstyp.«

»Ja, ganz meiner Meinung.«

»Ich möchte Sie bitten, mir Näheres zu erzählen.«

»Über Celia? Eigentlich kenne ich sie gar nicht gut. Das ist immer so mit Patenkindern. Wie es so geht, sieht man sie nur alle heiligen Zeiten.«

»Celia meinte ich nicht. Ich meinte ihre Mutter.«

»Aha!«

»Sie kannten die Mutter?«

»Ja. Wir waren zusammen in Paris im Pensionat. Damals war es üblich, die jungen Mädchen für den letzten Schliff nach Pa-ris zu schicken«, erklärte Mrs. Oliver. »Was möchten Sie denn wissen?«

»Sie erinnern sich also an sie. Wie war sie denn?«

»Ja, ich erinnere mich. Wie ich Ihnen schon mal sagte, man vergißt Leute oder Dinge nicht, weil die Verbindung zu ihnen schon so lange in der Vergangenheit liegt.«

»Was für einen Eindruck machte sie auf Sie?«

»Sie war bildschön«, antwortete Mrs. Oliver. »Daran erinnere ich mich. Nicht mit dreizehn oder vierzehn. Da hatte sie noch viel Babyspeck. Ich glaube, den hatten wir alle«, fügte sie nachdenklich hinzu.

»War sie eine Persönlichkeit?«

»Schwer zu sagen. Sie war nicht meine einzige oder meine engste Freundin. Wir waren mehrere - eine kleine Horde, könnte man sagen. Wir spielten begeistert Tennis oder gingen in die Oper oder langweilten uns tödlich in einer Gemäldegalerie. Ich kann Ihnen wirklich nur ein allgemeines Bild geben.«

»Molly Preston-Grey. So hieß sie doch. Hatte sie einen Freund?«

»Wir schwärmten immer für jemanden, natürlich nicht für einen Popsänger. Die gab's damals noch nicht. Meistens für Schauspieler. Da war ein ziemlich berühmter Varietekünstler. Ein Mädchen hatte sein Bild über ihrem Bett hängen, und Mademoiselle Girand, die Französischlehrerin, wollte das nicht gestatten. >Ce n'est pas convenable<, sagte sie. Das Mädchen hat ihr nicht verraten, daß es ihr Vater war. Wir haben so gelacht«, fügte Mrs. Oliver hinzu. »Ja, wir haben viel gelacht.« »Erzählen Sie mir noch mehr von Molly oder Margaret Preston-Grey. Erinnert Celia Sie an sie?«

»Nein, gar nicht. Sie sind sich nicht ähnlich. Ich finde, Molly war mehr - war gefühlsbetonter.«

»Wie ich hörte, hatte sie eine Zwillingsschwester. War sie im gleichen Pensionat?«

»Nein. Sie war zwar gleich alt, aber sie war irgendwo anders, in England. Ich bin mir nicht sicher. Ich traf die Zwillingsschwester Dolly nur ein- oder zweimal. Damals sah sie natürlich genauso aus wie Molly. Sie versuchten noch nicht, verschieden auszusehen, verschiedene Frisuren zu tragen und so weiter, wie Zwillinge das häufig machen, wenn sie größer werden. Molly hing sehr an ihrer Schwester, aber sie hat nicht viel von ihr gesprochen. Ich habe das Gefühl - heute, meine ich, nicht damals. -, daß mit der Schwester nicht alles ganz stimmte. Ein- oder zweimal, erinnere ich mich, hieß es, sie sei krank und irgendwo zur Behandlung. Oder so ähnlich. Ich erinnere mich, daß ich einmal überlegte, ob sie ein Krüppel sei. Einmal wurde sie von einer Tante zu einer Seereise abgeholt, die ihre Gesundheit bessern sollte.« Mrs. Oliver schüttelte den Kopf. »Ich erinnere mich nicht mehr genau. Jedenfalls hatte ich das Gefühl, daß Molly ihr sehr zugetan war und sie irgendwie beschützen wollte. Kommt Ihnen das unsinnig vor?«

»Oberhaupt nicht!«

»Es gab auch Zeiten, wo sie nicht über sie sprechen wollte. Sie erzählte von ihrem Vater oder ihrer Mutter. Sie hatte sie gern, so auf die übliche Weise. Einmal kam ihre Mutter nach Paris und führte sie aus. Eine reizende Frau, nicht sehr aufregend oder gutaussehend, einfach nett, ruhig, gütig.«

»Aha. Sie können also nichts erzählen, was uns weiterhilft. Wie steht's mit Jungenfreundschaften?«

»Damals hatte man nicht so viele Freunde«, antwortete Mrs. Oliver. »Es war nicht so wie heute, wo es selbstverständlich ist. Später, als wir wieder zu Hause waren, haben wir uns mehr oder weniger aus den Augen verloren. Ich glaube, daß Molly mit ihren Eltern ins Ausland ging. Nach Indien, oder war's Ägypten? Einmal waren sie in Schweden und danach irgendwo auf den Bermudas. Ich glaube, der Vater war Gouverneur. Aber an diese Dinge kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Man erinnert sich besser an die Dummheiten, die man angestellt hat. Ich war in den Geigenlehrer verknallt, das weiß ich noch, Molly in den Gesangslehrer, was wohl beides weniger aufregend war als die Freunde von heute. Man betete sie an, sehnte sich nach dem Augenblick, wo sie zum Unterricht kamen. Wir waren ihnen -darüber besteht kein Zweifel - völlig gleichgültig. Aber nachts träumte man von ihnen, und ich kann mich noch erinnern, daß ich im Traum meinen geliebten Monsieur Adolphe pflegte, als er an der Cholera erkrankt war, und Blut spendete, um sein Leben zu retten. Wie jung man doch war! Es gab mal eine Zeit, da wollte ich absolut Nonne werden, später Krankenschwester. - Nun, ich glaube, Mrs. Burton-Cox wird in ein paar Minuten hier sein. Ich bin neugierig, wie sie auf Sie reagiert.«

Poirot sah auf seine Uhr. »Das werden wir bald wissen.«

»Haben wir vorher noch irgendwas zu besprechen?«

»Da gibt es einige Punkte, in denen wir unsere Notizen vergleichen sollten. Wie gesagt, ein oder zwei Details wären noch zu untersuchen. Ein Elefant für Sie, und ein Elefant für mich.« »Wie können Sie so was sagen«, tadelte Mrs. Oliver. »Ich hab' Ihnen doch erklärt, daß ich mit den Elefanten fertig bin.« »Ach«, sagte Poirot, »aber vielleicht sind die Elefanten noch nicht fertig mit Ihnen!«