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>Wie können Sie das zulassen?< fragte ich. Es war beinahe nicht mehr zu ertragen.

Er sagte: >Verstehen Sie doch, Dolly darf nicht länger leben. Wenn sie unter Kindern ist, wird sie noch mehr Leben vernichten ... die arme Seele, sie ist so hilflos. Und ich werde meine Tat mit meinem eigenen Leben bezahlen. Ein paar Wochen werden wir hier noch ruhig leben, Dolly spielt die Rolle von Molly, und dann ereignet sich noch eine Tragödie.<

Ich verstand nicht, was er meinte. Er erklärte es mir: >Die Welt erfährt nur, daß Molly und ich, daß wir beide Selbstmord begingen. Ich glaube nicht, daß die Ursache jemals bekannt wird. Man wird vermuten, sie sei krebskrank gewesen - oder, daß ich es glaubte ... alles mögliche. Sie müssen mir helfen, Zelie! Sie liebten Molly und die Kinder. Wenn Dolly sterben muß, bin ich der einzige, der es tun kann. Sie wird nichts spüren oder Angst haben. Ich erschieße sie, und dann töte ich mich selbst. Man wird ihre Fingerabdrücke auf dem Revolver finden, weil sie ihn vor kurzem in der Hand hatte. Und meine werden auch darauf sein. Die Gerechtigkeit muß ihren Lauf nehmen. Ich habe beide geliebt - und liebe sie noch immer. Molly liebte ich mehr als mein Leben. Dolly tat mir so leid.< Er fügte noch hinzu: >Vergessen Sie das nie...«<

Zelie stand auf und trat auf Celia zu. »Nun kennst du die Wahrheit«, sagte sie. »Ich versprach deinem Vater, daß du sie nie erfahren würdest - ich habe mein Wort gebrochen. Ich wollte sie nie verraten, weder dir noch irgend jemand anderem. Aber Monsieur überzeugte mich. Es ist eine so schreckliche Geschichte ... «

»Ich verstehe gut, was du gefühlt hast«, antwortete Celia. »Vielleicht hattest du von deinem Standpunkt aus recht, aber ich - ich bin froh, daß ich die Wahrheit weiß. Mir ist ein großer Stein vom Herzen gefallen ... « ,

»Weil«, sagte Desmond, »wir jetzt beide die Wahrheit kennen. Und dieses Wissen wird uns nie belasten. Es war eine Tragödie. Wie Monsieur Poirot sagte, die Tragödie zweier Menschen, die sich liebten. Aber sie töteten sich nicht gegenseitig aus Liebe. Der eine wurde ermordet, und der andere richtete die Mörderin. Man muß ihm vergeben, wenn er falsch gehandelt hat, aber ich glaube, daß es nicht falsch war.«

»Sie war eine böse Frau«, bemerkte Celia. »Sogar als Kind hab' ich mich vor ihr gefürchtet, nur wußte ich nicht, warum. Jetzt weiß ich es! Ich glaube, mein Vater war ein tapferer Mann. Er tat, worum ihn meine Mutter mit ihrem letzten Atemzug gebeten hatte. Er rettete ihre Zwillingsschwester, die sie immer sehr geliebt hatte. Ich möchte gern glauben - ach, sicher ist es dumm von mir, so was zu sagen ... « Sie sah Hercule Poirot zweifelnd an. »Vielleicht denken Sie anders. Es steht auf ihrem Grabstein: >Im Tode wurden sie nicht getrennt.< Natürlich bedeutet es nicht, daß sie zusammen starben, aber ich glaube, daß sie jetzt zusammen sind. Zwei Menschen, die sich zärtlich liebten ... und meine arme Tante, über die ich nun anders denke - sie mußte nicht für eine Tat leiden, für die sie nichts konnte. Offen gestanden«, fuhr Celia, nun wieder mit ihrer Alltagsstimme fort, »sie war keine nette Person. Man kann nichts dafür, wenn man Leute nicht mag, weil sie einem nicht sympathisch sind. Vielleicht hätte sie sich ändern können, wenn sie wirklich gewollt hätte, vielleicht konnte sie es auch nicht. Und wenn das stimmt, dann muß man sie als eine unheilbar Kranke ansehen -wie zum Beispiel einen Menschen, der in einem Dorf wohnt und die Pest hat, und die Leute wollen ihn nicht rauslassen oder ihm zu essen geben, und er kann nicht unter Menschen gehen, weil dann das ganze Dorf gestorben wäre. Irgend so etwas ... Ich werde versuchen, Mitleid mit ihr zu haben. Ober meine Eltern brauche ich nicht länger nachzugrübeln. Sie haben sich sehr geliebt, und auch die arme, unglückliche, haßerfüllte Dolly haben sie geliebt.« »Ich finde, Celia«, sagte Desmond, »wir sollten so rasch wie möglich heiraten. Und ich möchte dir noch eines sagen: Meine Mutter wird kein Wort von der Geschichte erfahren. Sie ist nicht meine richtige Mutter und auch nicht der Mensch, dem ich ein solches Geheimnis anvertrauen möchte.«

»Ihre Adoptivmutter, Desmond«, mischte sich Poirot ein, »versuchte - und für diese Behauptung habe ich gute Gründe -, sich zwischen Sie und Celia zu drängen und Sie in dem Gedanken zu bestärken, daß sie von ihren Eltern irgendwelche schrecklichen Veranlagungen geerbt hätte. Aber wie Sie wissen - oder vielleicht wissen Sie es nicht, doch ich sehe keinen Grund, es Ihnen nicht zu sagen -, vermachte Ihnen Ihre leibliche Mutter, die vor nicht allzulanger Zeit starb, ihr ganzes Geld. Sie erhalten eine sehr große Summe, wenn Sie fünfundzwanzig sind.«

»Wenn wir heiraten, brauchen wir natürlich welches«, meinte Desmond. »Ich weiß, daß meine Adoptivmutter sehr hinter dem Geld her ist. Neulich schlug sie vor, daß ich einen Anwalt aufsuchen sollte. Jetzt, da ich über einundzwanzig bin, müßte ich ein Testament machen. Sicher glaubte sie, sie würde das Geld bekommen. Aber wenn Celia und ich heiraten, werde ich es natürlich Celia vermachen. Es hat mir gar nicht gefallen, wie meine Mutter mich gegen Celia auszuspielen versuchte.«

»Ich glaube, Ihr Verdacht stimmt genau«, meinte Poirot. »Wahrscheinlich redete sie sich ein, daß sie nur das Beste wollte, daß Sie über Celias Herkunft Bescheid wissen müßten, ob es ein Risiko für Sie wäre. Aber -«

»Na schön«, unterbrach ihn Desmond, »ich weiß, daß ich undankbar bin. Schließlich hat sie mich adoptiert und aufgezogen. Wenn genug Geld da ist, kann sie ja was kriegen. Celia und ich werden auch mit dem Rest glücklich sein. Von Zeit zu Zeit werden wir ein bißchen traurig sein, wegen allem, was passiert ist, aber wir brauchen nun nicht mehr darüber nachzugrübeln, nicht wahr, Celia?«

»Ja«, sagte Celia, »nie mehr. Ich finde, mein Vater und meine Mutter waren großartige Menschen. Ihr Leben lang versuchte meine Mutter, für ihre Schwester zu sorgen, aber es war wohl einfach zu hoffnungslos. Man kann die Menschen nicht ändern.«

»Meine lieben Kinder«, sagte Zelie. »Entschuldigt, wenn ich euch so nenne, denn ihr seid ja längst erwachsen. Ich bin so froh, euch wiedergesehen zu haben und zu wissen, daß ich mit meinem Verhalten niemand geschadet habe.«

»Es war so nett, dich wiedergesehen, liebe Zelie.« Celia umarmte sie. »Ich habe dich immer schrecklich gern gehabt.«

»Und ich dich auch«, sagte Desmond. »Du hast so wunderschön mit uns gespielt.« Er wandte sich an Mrs. Oliver. »Bei Ihnen möchte ich mich auch bedanken, Mrs. Oliver. Sie waren sehr freundlich zu uns und haben soviel für uns getan. Und vielen Dank, Monsieur Poirot!«

»Ja, herzlichen Dank«, sagte auch Celia. »Ich bin Ihnen so dankbar.«

Celia und Desmond verabschiedeten sich. Die anderen sahen ihnen nach, bis ihr Auto verschwunden war.

»Monsieur Poirot«, sagte Zelie dann, »müssen Sie irgend jemandem den wahren Sachverhalt berichten?«

»Es gibt nur einen Menschen, den ich ins Vertrauen ziehen möchte. Einen pensionierten Polizeibeamten. Er ist nicht mehr aktiv. Ich glaube nicht, daß er es für seine Pflicht halten wird, sich einzumischen. Die Zeit ist darüber hinweggegangen. Wenn er noch im Dienst wäre, wäre es vielleicht etwas anderes.«

»Eine schreckliche Geschichte«, sagte Mrs. Oliver, »schrecklich. Und die vielen Leute, mit denen ich sprach ... ja, sie haben sich alle an etwas erinnert. Etwas, das uns bei der Suche nach der Wahrheit nützlich war, obwohl es schwierig war, die Einzelheiten zusammenzusetzen. Außer natürlich für Monsieur Poirot, der noch bei den ausgefallensten Sachen Rückschlüsse ziehen kann. Wie bei Perücken und Zwillingen, zum Beispiel.« Poirot fragte Zelie, die über das Meer in die Ferne schaute. »Sie sind mir nicht böse, daß ich Sie besuchte und überredete, die Wahrheit zu verraten?«