Maria schickte sich an niederzuknien, aber die Peitsche unterbrach sie mitten in der Bewegung; zum ersten Mal berührte die Schnur ihr Fleisch – Gesäß. Es brannte, schien aber keine Spuren zu hinterlassen.
»Habe ich nicht gesagt, du sollst niederknien?«
»Nein.«
Wieder berührte die Peitsche ihr Gesäß.
»Sag >Nein, Meister!<«
Und noch ein Peitschenhieb. Diesmal brannte es heftiger. Sie konnte jederzeit aufhören; oder sich entscheiden, bis zum Ende zu gehen, nicht wegen des Geldes, sondern weil – wie Terence bei ihrer ersten Begegnung gesagt hatte – ein Mensch sich nur dann wirklich kennt, wenn er bis an seine Grenzen vorstößt.
Und dies hier war neu; das war ein Abenteuer; ob sie weitermachen wollte oder nicht, konnte sie immer noch entscheiden; in diesem Augenblick hörte sie auf, das Mädchen mit den drei Zielen im Leben zu sein, das Geld mit seinem Körper verdiente, das einen Mann kennengelernt und interessante Geschichten von ihm zu hören bekommen hatte. Hier war sie niemand – und da sie niemand war, war sie alles, was sie träumte.
»Zieh dich nackt aus! Und geh dazu auf und ab, damit ich dich sehen kann!«
Wieder gehorchte sie, hielt den Kopf gesenkt, schwieg. Der Mann, der sie ungerührt beobachtete, war vollständig bekleidet. Er war nicht mehr derselbe wie der, der sie im Nachtclub angesprochen hatte. Dieser Mann war ein Odysseus aus London, ein Theseus, der vom Himmel heruntergestiegen, ein Entführer, der in die sicherste Stadt der Welt und das verschlossenste Herz der Welt eingedrungen war. Sie zog Slip und BH aus, fühlte sich zugleich wehrlos und geborgen. Die Peitsche knallte wieder durch die Luft, berührte aber diesmal ihren Körper nicht.
»Halt den Kopf gesenkt! Du bist hier, um gedemütigt zu werden, um dich allem zu unterwerfen, was ich wünsche, verstanden?«
»Ja, Meister.«
Er packte ihre Arme, fesselte ihre Handgelenke. »Ich werde dich so lange züchtigen, bis du gelernt hast, dich zu benehmen.«
Er schlug sie auf die Hinterbacken, mit der Hand. Maria schrie auf. Diesmal hatte es weh getan.
»Ach, du beklagst dich, was? Na, du wirst schon noch erleben, was guttut.«
Noch bevor sie reagieren konnte, steckte ein lederner Knebel in ihrem Mund. Sie hätte noch reden, hätte noch >gelb< oder >rot< sagen können, aber sie spürte, daß sie diesen Mann alles mit ihr machen lassen und daß sie nicht heil davonkommen würde. Sie war nackt, geknebelt, trug Handschellen an den Handgelenken, und statt Blut floß Wodka in ihren Adern.
Noch ein Klaps auf die Hinterbacken. »Geh auf und ab!«
Maria setzte sich in Bewegung, gehorchte den Kommandos »halt«, »dreh dich nach rechts«, »setz dich«, »mach die Beine breit«. Hin und wieder erhielt sie unvermittelt einen K laps. Sie spürte den Schmerz, fühlte die Erniedrigung, die mächtiger und stärker war als der Schmerz, und wähnte sich in einer anderen Welt, in der nichts weiter existierte als Schmerz und Erniedrigung; und diese vollkommene Selbstaufgabe, der blinde Gehorsam, die Vorstellung, das Ich zu verlieren, keine Wünsche, keinen eigenen Willen mehr zu haben, mündeten in einem geradezu religiösen Gefühl. Sie war vollkommen naß, erregt, und verstand nicht, wieso. »Knie dich wieder hin!« Da sie zum Zeichen ihres Gehorsams und ihrer Demütigung den Kopf immer gesenkt hielt, konnte Maria nicht sehen, was um sie herum geschah. Doch sie hörte den Mann heftig atmen, als wäre er es müde, mit der Peitsche zu knallen und mit der Hand auf ihr Gesäß zu schlagen, während sie selbst sich immer kräftiger und voller Energie fühlte. Sie hatte jetzt jegliches Schamgefühl verloren. Es machte ihr nichts aus, zu zeigen, daß sie Gefallen daran fand. Sie begann zu stöhnen, wollte, daß er ihr Geschlecht berührte, aber der Mann packte sie statt dessen und warf sie aufs Bett.
Gewaltsam – aber mit einer Gewalt, von der sie wußte, daß sie ihr nichts anhaben konnte – schob er ihre Beine auseinander und band sie an den Bettpfosten fest. Sie lag da, geknebelt, die Hände hinter dem Rücken gefesselt, mit gespreizten Beinen.
Wann würde er in sie eindringen? Sah er nicht, daß sie bereit war, daß sie ihm dienen wollte, seine Sklavin, sein Tier, sein Objekt war, daß sie alles tun würde, was er verlangte?
»Soll ich dich fertigmachen?«
Sie spürte, wie er mit dem Griff der Peitsche ihr Geschlecht berührte. Er rieb damit von oben nach unten, und in dem Augenblick, als er ihre Klitoris berührte, verlor sie die Kontrolle. Plötzlich kam der Orgasmus, ein Orgasmus, wie ihn Dutzende, Hunderte von Männern in all den Monaten nicht hatten wecken können. Ein Licht explodierte, sie spürte, wie sie in eine Art schwarzes Loch in ihrer Seele fiel. Dort vermischte sich intensiver Schmerz mit intensiver Angst zu totaler Lust und trug sie über Grenzen hinaus, die sie nicht kannte. Maria stöhnte, schrie mit vom Knebel erstickter Stimme, wälzte sich auf dem Bett hin und her, spürte, wie die Handschellen in ihre Gelenke schnitten und die Lederriemen in ihre Fußgelenke, und gerade weil sie sich nicht bewegen konnte, bewegte sie sich wie nie zuvor. Weil sie einen Knebel im Mund hatte und niemand sie würde hören können, schrie sie, wie sie noch nie zuvor geschrien hatte. Da waren Schmerz und Lust, der Peitschengriff, der immer stärker auf ihre Klitoris drückte. Und der Orgasmus drang aus ihrem Mund, aus dem Geschlecht, den Augen, aus allen Poren.
Sie verfiel in eine Art Trance, kam dann allmählich wieder zu sich: Es gab keine Peitsche mehr zwischen ihren Beinen, nur die vom reichlichen Schweiß nasse Scham, und zärtliche Hände nahmen ihr die Handschellen ab und lösten die Lederriemen von ihren Füßen.
Sie blieb liegen, verwirrt, außerstande, den Mann anzusehen, weil sie sich schämte, sich ihrer Schreie, ihres Orgasmus schämte. Terence strich ihr übers Haar und atmete ebenfalls schwer – aber die Lust war ganz allein ihr vorbehalten gewesen; er hatte keinerlei Ekstase erlebt.
Sie schmiegte sich an den vollkommen angekleideten Mann, der vom vielen Befehlen, Schreien, Kontrollieren ganz erschöpft war. Ihr fiel nichts ein, was sie sagen könnte, was sie jetzt machen sollte, aber sie fühlte sich sicher, geborgen: er hatte sie zu einem Teil ihrer selbst geführt, den sie nicht kannte, er war ihr Beschützer und ihr Meister.
Sie begann zu weinen, und er wartete geduldig, bis sie sich wieder beruhigt hatte.
»Was hast du mit mir gemacht?« fragte sie unter Tränen.
»Das, was du wolltest.«
Sie schaute ihn an und spürte, daß sie ihn verzweifelt brauchte.
»Ich habe dir keine Gewalt angetan, habe dich nicht gezwungen und habe dich nicht >gelb< sagen hören; meine Macht war nur die, die du mir gegeben hast. Es gab keinen Zwang, keine Erpressung, nur deinen Willen; obwohl du die Sklavin warst und ich der Meister, bestand meine Macht nur darin, dich in deine eigene Freiheit zu stoßen.«
Handschellen. Lederriemen an den Füßen. Knebel. Demütigung, die stärker und intensiver gewesen war als der Schmerz. Dennoch – und da hatte er recht – war sie vom Gefühl vollkommener Freiheit erfüllt gewesen. Maria fühlte sich voller Energie, Lebenskraft und war überrascht, daß der Mann so erschöpft war.
»Hattest du keinen Orgasmus?«
»Nein«, sagte er. »Die Aufgabe des Meisters ist, die Sklavin zu zwingen. In der Lust der Sklavin liegt die Freude des Meisters.«
All das war unverständlich, weil es nicht dem entsprach, was sie darüber gehört hatte, und es im realen Leben so etwas nicht gab. Aber dies hier war die Welt der Phantasie. Maria fühlte sich voller Licht, und Terence wirkte matt, erschöpft.
»Du kannst gehen, wann du willst«, sagte er. »Ich möchte nicht gehen, ich möchte verstehen.«
»Da gibt es nichts zu verstehen.« Sie erhob sich, schön und intensiv in ihrer Nacktheit, und schenkte Wein in zwei Gläser. Sie zündete zwei Zigaretten an und reichte ihm eine – die Rollen hatten sich vertauscht, sie war die Meisterin, die den Sklaven bediente, ihn für die Lust entschädigte, die er ihr gegeben hatte.