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Und wahrscheinlich wäre auch ganz genau das geschehen, hätte es Torman und seine beiden Begleiter nicht gegeben.

Die drei Schattenelben krachten wie eine stählerne Faust in die heranrasende Front und zerschlugen sie. Sie brachten die Orks nicht zum Stehen – dafür waren es einfach zu viele –, aber sie sprengten sie auseinander, sodass aus der lebenden Mauer ein wildes Durcheinander einzelner Körper und kleiner Gruppen wurde, die in verschiedene Richtungen auseinanderstoben. Etliche bewegten sich immer noch in ihre Richtung, und sie taten es immer noch entsetzlich schnell, aber es waren nicht mehr annähernd so viele wie zuvor, und auch von ihnen wandte sich ein guter Teil sofort wieder herum, um sich auf die drei Schattenelben zu stürzen.

Wie es aussah, rannten sie sehenden Auges in den Tod.

Die Klingen der drei Giganten wüteten fürchterlich unter ihnen. Jeder der drei Schattenelben hielt plötzlich zwei Schwerter in Händen, und diesmal war Pia sicher, abgeschlagene Köpfe und abgetrennte Gliedmaßen durch die Luft fliegen zu sehen. Wer den tödlichen Klingen entging, den zerschmetterten die wirbelnden Hufe der Schlachtrösser. Auch die drei Schattenelben wurden getroffen, aber die Äxte, Schwerter und Keulen der grünhäutigen Ungeheuer prallten einfach von ihren Rüstungen ab, ohne ihnen auch nur einen Kratzer zuzufügen.

Die drei Riesen wüteten dafür umso gnadenloser unter ihnen. Ork um Ork fiel, und einen Moment lang sah es beinahe so aus, als sollte es ihnen gelingen, die kreischende Meute ganz allein in die Flucht zu schlagen.

Möglicherweise wäre es ihnen sogar gelungen, hätte das Torgewölbe in diesem Moment nicht eine weitere Horde noch bizarrerer Ungeheuer ausgespuckt.

Es waren Orks, genau wie die brüllende Horde, die Torman und seine beiden Begleiter reihenweise niedermähten, doch anders als diese stürmten sie nicht zu Fuß herein, sondern ritten auf riesenhaften, grün geschuppten … ja, was eigentlich? Pferden? Dinosauriern? Pia wusste es nicht. Sie wusste nur, dass sie solche Geschöpfe nicht nur noch nie zuvor gesehen hatte, sondern diese auch einen ebenso schrecklichen wie Furcht einflößenden Anblick boten. Sie waren riesig, fast so groß wie die Schlachtrösser der drei Schattenelben, und bewegten sich auf vier muskulösen Beinen, die in breiten Krallenfüßen endeten, verfügten aber zusätzlich über einen langen, in einer natürlichen Keule endenden Schwanz und einen langen Schlangenhals, der von einem schrecklichen Reptilienschädel gekrönt wurde. Ihre schuppige Haut wurde durch zusätzliche, mit spitzen Metalldornen versehene Panzerplatten verstärkt, und mit einer einzigen Ausnahme wurden sie von ganz besonders großen und muskulösen Orks geritten, die sich ohne das geringste Zögern formierten und sich dem Angriff auf Torman und seine Begleiter anschlossen – wobei sie mehr als nur einen ihrer eigenen Brüder über den Haufen rannten, die nicht schnell genug zur Seite sprangen.

Diese eine Ausnahme war Hernandez.

Pia erkannte ihn sofort und ohne den geringsten Zweifel, obwohl auch er sich in eine ebenso barbarische wie groteske Rüstung gehüllt und seine Haut sogar grün angemalt hatte. Auch wenn er alles andere als klein war, wirkte er zwischen den anderen monströsen Reitern wie ein Zwerg.

Pia unterschätzte ihn jedoch keine Sekunde lang, und sie war auch kein bisschen überrascht, dass er sich als einer von sehr wenigen nicht dem Angriff auf die Schattenelben anschloss, sondern sich nur wild umsah – und dann direkt auf Istvan und sie zugaloppierte!

»Weg!«, keuchte sie. »Schnell!« Sie fuhr in der Sekunde herum, packte Istvan kurzerhand am Arm und zerrte ihn einfach hinter sich her, als sie losstürmte.

Sie registrierte kaum, dass der Stadtkommandant vor lauter Überraschung das Gleichgewicht verlor und fiel, sodass sie ihn gute zehn Meter weit einfach hinter sich herschleifte, bevor sie es endlich doch merkte und ihn mit einem weiteren und noch härteren Ruck einfach wieder auf die Füße riss. Gleichzeitig warf sie einen hastigen Blick über die Schulter zurück, und was sie sah, das ließ sie nur noch einmal schneller laufen; oder es wenigstens versuchen.

Hernandez und fünf oder sechs weitere Orks hatten ihre monströsen Reittiere herumgerissen und jagten hinter ihr her. Einer der drei Schattenelben hatte es wohl bemerkt und versuchte sein Pferd aus dem Kampfgeschehen zu lösen, um ihnen den Weg abzuschneiden, aber die übrigen Orks hinderten ihn ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben daran, und es waren einfach zu viele, um sie schnell genug zu erschlagen. Vier, fünf Echsenreiter rasten weiter auf sie zu, und Pia begriff, dass sie keine Chance hatte, den albtraumhaften Kreaturen davonzulaufen. Nicht so.

Kurz entschlossen packte sie zu, warf sich den völlig perplexen Istvan einfach über die Schulter und schlug einen blitzschnellen Haken, als sie spürte, wie etwas Riesiges und ungeheuer Starkes auf sie zuraste.

Ein schuppiger grüner Schemen jagte an ihr vorbei, krachte gegen eine Hauswand und einfach hindurch, und Pia hatte einen flüchtigen Eindruck von einem hässlichen grünen Gesicht, das einen Moment lang einfach nur verdutzt aussah und dann unter den Trümmern des zusammenbrechenden Hauses verschwand.

Pia beschloss, später darüber zu lachen, schlug einen weiteren Haken und jagte in eine schmale Gasse zwischen zwei Häusern, die ihr kaum Platz bot. Dem Echsenreiter hinter ihr nicht einmal annähernd.

Als die Echsenkreatur hinter ihr in die Gasse stürmte und darin stecken blieb wie ein Korken in einem zu engen Flaschenhals, hatte Pia zumindest das Gefühl, den Boden unter ihren Füßen erbeben zu fühlen. Dem Reiter, der in hohem Bogen über den Hals der Kreatur hinweggeschleudert wurde, erging es beinahe noch schlechter, denn auch er blieb mit seinen breiten Schultern in der schmalen Gasse stecken, das aber mit dem Kopf nach unten. Waffen, Münzen und andere Dinge aus Metall, die er in seinen Taschen gehabt hatte, klimperten zu Boden, gefolgt vom Helm des Grünhäutigen, dann rutschte er noch ein Stück weiter nach unten und spießte sich an seinem eigenen Schwert auf. Immerhin war das Blut, das in Strömen über seine schartige Klinge lief, rot und nicht grün.

Pia beschleunigte ihre Schritte noch einmal, stürmte auf der anderen Seite aus der Gasse hinaus und fand sich wenigstens für den Moment in Sicherheit. Vor ihr lag eine schmale und vollkommen menschen- (und monster)leere Straße. Schreie und Kampflärm drangen von weit her an ihr Ohr, aber auch ein näheres und eher empörtes Ächzen und Keuchen, und erst in diesem Moment erinnerte sie sich wieder an Istvan, den sie noch immer über der linken Schulter trug. Hastig setzte sie ihn ab und bemühte sich um ein möglichst verlegenes Lächeln. »Tut mir leid, Kommandant«, sagte sie. »Aber es war das Einzige, was mir auf die Schnelle eingefallen ist.«

»Das war entwürdigend, Erhabene«, beschwerte er sich.

»Möglich, aber Ihr lebt noch, oder? Und ich werde es niemandem verraten, keine Angst.« Sie schnitt ihm mit einer herrischen Geste das Wort ab, als er widersprechen wollte. »Wir müssen weg. Gibt es irgendwo in der Nähe ein sicheres Versteck?«

»Ein Versteck?«

»Oder einen Ort, an dem wir uns besser verteidigen können? Hier haben wir keine Chance!«

»Torman und seine Begleiter werden die Orks vernichten«, sagte Istvan überzeugt. »Niemand überlebt einen Kampf mit einem Schattenelben.«

Anscheinend hatte er gerade nicht richtig hingesehen, dachte Pia, und ganz gewiss kannte er Hernandez nicht. Trotzdem antwortete sie: »Das mag sein, aber ich würde es vorziehen, wenn ich dann noch am Leben wäre. Also?«

Istvan überlegte einen Moment. »Die Zitadelle«, sagte er dann. »Es ist nicht weit. Und dort sind meine Soldaten, die Euch verteidigen können.«

»Dann los«, sagte Pia. Als Istvan zögerte, fügte sie hinzu: »Ich kann Euch auch tragen, wenn Euch der Weg zu weit ist.«