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»Es reicht jetzt, Kadlin!«, unterbrach Ulric sie scharf.

Eirik schüttelte wütend den Kopf. »Bleib mir gestohlen mit deinem verdrehten Unsinn, Mädchen! Ich weiß, was ich weiß. Wenn ein Troll sich plötzlich aufführt wie eine Glucke, dann steckt da mehr dahinter. Du wirst schon noch sehen, Kadlin.«

Mit diesen Worten ging er zur Höhle hinaus.

»Ist er immer so?«, fragte Kadlin. Sie hatte sich auf einen Stein neben das Feuer gesetzt und massierte sich den Fußknöchel.

»Er ist der Einzige aus seiner ganzen Sippe, der den Elfenwinter überlebt hat. Wundert es dich da, dass in seiner Welt kein Platz ist für einen Troll, der keine reißende Bestie ist?«

Der Kniefall

Orgrim betrachtete die Bauarbeiten unten am Pass mit gemischten Gefühlen. Er stand verborgen zwischen Felsen, die fast die Farbe seiner Haut hatten. Völlig reglos blickte er auf die große Baustelle am Pass. Zu hunderten waren die Menschen gekommen, und ihre Arbeit machte gute Fortschritte. Sie hatten den Boden der Baustelle geebnet und die Fundamente gelegt. Es war unübersehbar, dass die Menschen sich auf Dauer einrichteten. Zum ersten Mal bauten sie eine Grenzbefestigung aus Stein, und das mitten auf dem wichtigsten Pass nach Süden. Wollten sie ihn herausfordern? Oder war ihre Angst vor seinem Volk so groß?

Für seinen Geschmack waren sie zu weit in die Jagdgründe der Trolle vorgestoßen. Wohin sollte das führen? Träumten sie etwa davon, die Nachtzinne anzugreifen?

Er musste unwillkürlich lächeln. Das war albern. Auch wenn seine Felsenburg bei weitem nicht über die raffinierten Verteidigungsanlagen Phylangans verfügte, wäre sie für Menschen doch ähnlich unangreifbar. Niemals würden sie die steile Felsnadel erobern! Ihre Burg dort unten war der Ausdruck ihrer Angst vor seinem Volk. Er sollte sie gewähren lassen. Seine jungen Krieger würden sich mit den Patrouillen herumschlagen können, die von hier aufbrechen würden, wenn das Bauwerk erst einmal vollendet war. Das wäre eine gute Übung für sie.

Orgrim streckte die Glieder. Er hätte den König der Menschen gern einmal kennen gelernt. Dieser Alfadas war ein tapferer Mann. Er genoss sogar unter den Elfen großes Ansehen. Der Herzog der Nachtzinne spielte mit dem Gedanken, einfach in das Lager der Menschen zu schlendern. Aber sie hatten zu viele Bogenschützen dort unten, und sie waren zu ängstlich. Er würde gar nicht bis zu Alfadas vordringen, obwohl es da unten nicht einen einzigen Krieger gab, der sich mit ihm hätte messen können. Außer der Elfe vielleicht, die er schon oft in der Nähe des Königs beobachtet hatte.

Das Geräusch schlurfender Schritte und das leise Klicken eines Holzstabs ließen ihn herumfahren. Skanga! Die alte, gebrechliche Schamanin kam zu ihm herauf. Er seufzte. Dann gab er seinen Beobachtungsposten auf und ging ihr entgegen.

»Es gibt wohl keinen Ort, an dem man vor dir sicher ist, Alte.«

»Hast du es denn nötig, dich vor mir in Sicherheit zu bringen?«, stieß sie vor Erschöpfung schnaufend hervor.

Er lachte. »Stets zu einem kleinen Wortgeplänkel aufgelegt, was? Komm, setz dich.« Die Schamanin blieb stehen. Ihre schneeweißen blinden Augen musterten ihn durchdringend. Der Fürst fragte sich, wie sie ihn wohl sah. Natürlich war Magie dabei im Spiel. Aber wie mochte er wohl aussehen für sie?

»Du hast von der Schlacht am Mordstein gehört?« Orgrim war überrascht. Nur wenige Trolle besaßen die Macht, die Albenpfade zu beschreiten und zwischen den Welten zu wandern. Nachrichten aus Albenmark waren deshalb selten.

»Sie haben die Snaiwamark angegriffen. Ich hätte nicht gedacht, dass sie das wagen würden.«

»Wir hatten ein Heer versammelt, das fünfmal so stark war wie das der Elfen und Kentauren.« Orgrim ahnte Schlimmes. Schweigend hörte er sich den Bericht der Alten an. Er war erschüttert. Von Süden gab es nur einen Weg, den ein Heer auf die Ebene am Mordstein nehmen konnte. Es wäre ein Leichtes gewesen, diesen Anmarschweg zu blockieren! Zweihundert Trolle hätten genügt, um das Heer Albenmarks aufzuhalten, bis Verstärkungen gekommen wären. Aber Orgrim hütete sich, der Alten Vorwürfe zu machen. Sie war berüchtigt für ihre Launen.

»Wie viele Tote sind es auf unserer Seite?«

»Zu viele.« Skanga presste die Lippen zusammen. Ein Muskel in ihrer Wange zuckte. »Viel zu viele. Aber wir haben gesiegt. Wir haben das Schlachtfeld gehalten. Es waren die Elfen und ihre Verbündeten, die flohen.« »Warum bist du zu mir gekommen, wenn ihr doch gesiegt habt?«

»Weil ich weitere Siege dieser Art fürchte.« Plötzlich ließ sie sich auf die Knie sinken. Ihre Gelenke knackten schauderlich.

»Ich bitte dich, uns zu helfen, Orgrim. Sieh mich an! Es ist Jahrhunderte her, dass ich vor jemandem niedergekniet bin. Ich weiß nicht einmal, ob ich aus eigener Kraft wieder hochkommen werde. Aber auf der Ebene am Mordstein ist mein Stolz zu Asche geworden. Tausende unserer Welpen haben dort erschlagen gelegen. Jungen, die es verdient gehabt hätten, unter den Wölfen aufgenommen zu werden und sich Krieger zu nennen. Die Elfen sind schwach. Wir werden sie letztlich besiegen. Aber ich fürchte den Preis des Sieges. Du hast selbst einen ganzen Wurf junger Welpen gezeugt. Du weißt, wovon ich rede. Ich bitte dich, Orgrim, steh uns bei! Wenn es sein muss, werde ich sogar deine Füße küssen. Ich werde alles tun, was du verlangst. Ich ...«

Orgrim packte sie bei den Schultern und hob sie hoch.

»Komm, Skanga. Komm! Du weißt, ich respektiere dich. Spiel mir nichts vor. Ich habe meinen Frieden in der Welt der Menschen gefunden. Ich habe gute Weiber und mit ihnen acht Welpen gezeugt, die mir viel Freude bereiten. Warum sollte ich in Albenmark Kriege führen? Ich bin glücklich hier.«

Der Atem der Alten ging immer noch pfeifend vor Anstrengung. »Du magst glücklich sein, aber der Tod ist deinen Welpen näher, als du denkst. Erinnerst du dich an das Ritual auf der Insel im Waldmeer? Weißt du noch, was ich aus den beiden gefangenen Elfen erschaffen habe?«

Bis ans Ende seiner Tage würde er das nicht vergessen. »Ja. Drohst du mir, Skanga?«

»Nicht ich! Emerelle hat einige Shi-Handan erschaffen. Und ihre Burg im Herzland lässt sie durch Yingiz bewachen.«

Orgrim dachte darüber nach. »Das ist nicht die Emerelle, die ich kenne«, sagte er schließlich.

»Natürlich nicht. Sie kämpft einen Todeskampf, und ich habe Sorge, dass sie unsere Welt mit in den Abgrund reißt. Ihr muss klar sein, dass sie gegen uns nicht gewinnen kann, und sie ist verzweifelt. Hätte ich es nicht erlebt, ich hätte niemals geglaubt, dass sie einen Teil vom großen Werk der Alben zerstören würde. Und die Vernichtung des Albenpfads war erst der Anfang. Sie gibt die Fesseln auf, die sie sich bisher auferlegt hat. Und sie hat Alathaia von Langollion in ihre Burg gerufen. Wenn sie beginnen, gemeinsam Magie zu weben, müssen wir mit dem Schlimmsten rechnen, Orgrim. Dein Volk braucht dich! Albenmark braucht dich! Wir müssen die Elfenkönigin endgültig besiegen, bevor sie noch mehr Unheil anrichten kann.«

Orgrim blieb unschlüssig. Er hatte sich geschworen, dem König nicht mehr zu dienen. Gewiss, Branbart war tot, aber seine Seele war wiedergeboren, und der Herzog der Nachtzinne mochte nicht glauben, dass nun alles ganz anders werden würde. Branbart hatte seinen Tod gewollt, als er ihn hierher in die Welt der Menschen geschickt hatte. Ob die dunklen Seiten Branbarts wohl in Gilmarak wiederkehrten? Er hatte kein Bedürfnis, das herauszufinden. Und er war sich im Klaren darüber, dass Skanga sich immer auf Seiten des Königs stellen würde. Nein, wenn er nach Albenmark ging, dann hatte er nichts zu gewinnen, aber viel zu verlieren.

»Du wirst Emerelle besiegen, Skanga. Du bist unendlich viel mächtiger als ich.«

Die Schamanin grunzte ärgerlich. »Schmier mir nicht Honig ums Maul. Ich bin keine Feldherrin. Vielleicht würde ich gewinnen, doch diesen Sieg würde ich weit blutiger erkaufen als du. Und was mir noch viel mehr Sorge macht, ich würde länger brauchen, um Emerelle zu besiegen. Zeit haben wir aber nicht mehr. Wer weiß, was die verfluchte Tyrannin als Nächstes tun wird. Ich bin nicht ängstlich, Orgrim. Aber Emerelle fürchte ich. Sie nutzt die Shi-Handan, um all jene Fürsten zu bestrafen, die sich nicht entscheiden können, auf Seiten der Elfen in den Krieg zu ziehen. Und was noch schlimmer ist, ihre Opfer glauben, ich hätte die Geisterwölfe geschickt! Vor wenigen Wochen noch war ihr Bündnis schwach und keine Gefahr für uns. Doch nun gewinnt sie jeden Tag neue Verbündete. Und dann noch die Shi-Handan und die Yingiz. Sie weiß, dass du eine Gefahr darstellst. Vielleicht wird sie einen ihrer Geisterwölfe auch hierher schicken. Du solltest deine Weiber und deine Welpen aus der Nachtzinne fortbringen. Und wer weiß, was Emerelle noch alles plant. Womöglich will sie einen der schlafenden Riesen wecken.«