Выбрать главу

»Er wird unser Bote für Orgrim sein«, erklärte Elodrin.

»Der Herzog soll schließlich wissen, wer sein Feind ist.« Er wandte sich an den Troll und sprach ihn in dessen Sprache an.

»Wenn dein Herr dich findet, dann richte ihm aus, dass Elodrin, der Fürst von Alvemer, hier war. Der Fürst, dessen Tochter und dessen Enkel in Reilimee lebten, bevor ihr die Stadt vor fünfzehn Jahren niedergebrannt habt. Kannst du dir meinen Namen merken? Elodrin«, wiederholte er noch einmal langsam.

»Ehlodrin«, wiederholte der Troll. Aus seinem Munde klang der Name befremdlich. Hart und irgendwie beschmutzt.

Der Seefürst wandte sich an die Wachen und fuhr in seiner Muttersprache fort: »Kettet den Mistkerl an der Mole fest. Und dann schneidet ihm beide Daumen ab. Er soll nie wieder eine Waffe halten können.«

Fenryl sah ihn schockiert an. Von diesem romantischen Weichling mit seinen falschen Ritteridealen hatte Elodrin nichts anderes erwartet. Er konnte sehen, wie es den Grafen Mühe kostete, sich zurückzuhalten.

Ungerührt schlenderte er ein Stück die Mole hinauf. Er beobachtete, wie die Landestege von den Galeassen zurückgezogen wurden. Die Galeeren nahmen die zwei schwarzen Schiffe in Schlepp. Ihre roten Ruder zerwühlten das dunkle Wasser zu Gischt. Die Seile zwischen den Schiffen spannten sich. Wasser perlte aus dem feuchten Hanf. Langsam, Zoll um Zoll, kamen die Galeassen in Fahrt.

Aus den Feuerschalen auf der Mole stieg der Rauch fast senkrecht in die Luft. Das Wetter war umgeschlagen. Es schneite noch immer, aber es war jetzt völlig windstill. Die Maurawan hatten sich nicht von der Stelle gerührt.

Als die Schiffe die Mitte der Bucht erreichten, holten die Galeeren die Schlepptrossen ein.

Fenryl räusperte sich. »Sollten wir uns mit dem Einschiffen nicht etwas mehr beeilen? Ich dachte an die Schamanin, die uns entkommen ist. Orgrim wird doch sicher schon benachrichtigt sein.«

»Ich selbst habe fünf Tage gebraucht, um mit meinen Schiffen nach Reilimee zurückzukehren, als ich hörte, dass die Trolle die Stadt erstürmt hatten. Die Nachricht war damals schon sieben Tage alt.«

Kurz zuvor war sein Bruder Hallandan bei den Kämpfen um Vahan Calyd gefallen. Die Flotte war auf hoher See. Es gab Streit um Hallandans Nachfolge, und in dieser Zeit griffen die Trolle Reilimee an. Es waren schreckliche Tage, die sein Leben zerstörten.

»Glaubst du, die Trolle sind uns überlegen?«, fragte er harsch.

»Wir haben noch Zeit.« Elodrin erwähnte nicht, dass die Schamanin auf seinen Befehl hin Gelegenheit zur Flucht bekommen hatte. Fingayn war ihr gefolgt und hatte beobachtet, wie sie durch den Albenstern ging. Elodrin wollte, dass der Feldherr der Trolle wusste, was hier geschah. Er würde rasen vor Zorn. Er würde wochenlang nicht wiederkehren. Hoffentlich hatte Emerelle einen fähigen Heerführer ernannt. Orgrims Abwesenheit war die Gelegenheit, gegen die Trolle loszuschlagen. Ihres fähigsten Anführers beraubt, standen die Aussichten gut, sie doch noch zu besiegen.

Elodrin dachte an die niedergebrannte Stadt, in die er vor fünfzehn Jahren heimgekehrt war. An die Knochenberge, die am Ufer gelegen hatten, dort, wo die Trolle ihr Siegesfest gefeiert hatten.

Der Feldherr hob den rechten Arm. »Bogenschützen! Setzt die Schiffe in Brand!« Die Maurawan zogen die vorbereiteten Brandpfeile aus ihren Köchern. Die Spitzen waren mit ölgetränkten Lappen umwickelt. Sie hielten die Pfeile in die Feuerschalen.

»Nein!«, schrie Fenryl. »Ich verbiete euch zu schießen! Im Namen der Königin, legt die Waffen nieder.«

Die ersten Pfeile flogen in weitem Bogen den Schiffen entgegen.

»Die Maurawan haben noch nie sehr viel auf die Befehle der Königin gegeben«, bemerkte der Seefürst trocken. Fenryl führte sich genauso auf, wie er es erwartet hatte.

Yilvina kam die Mole entlanggelaufen. Auch sie war erschüttert. »Herr, was geschieht hier? Wie konntest du diesen Befehl geben? Du wirst eine Lawine damit lostreten! Sie werden sich an den Menschen rächen! Das kannst du nicht zulassen.«

Er wies auf den angeketteten Troll. »Er wird ihnen sagen, wer hier den Befehl geführt hat. Vielleicht werden die Fjordländer einen schlimmen Winter haben, aber in hundert Jahren werden sie mir dankbar sein, denn dann ist der Letzte dieser Menschenfresser an Altersschwäche verreckt. Ohne Weiber gibt es keine Kinder mehr. Wir müssen ihre Weiber dezimieren, bis sie genauso wenige Kinder bekommen wie wir. Nur dann wird es Frieden in Albenmark geben können.«

Gellende Schreie hallten über das Wasser. Noch immer schickten die Maurawan Salve auf Salve gegen die brennenden Schiffe. Elodrin hatte die Decks und die Segel am Morgen mit Lampenöl tränken lassen, damit sich das Feuer besser ausbreiten konnte.

»Was ihr dort seht, ist das Totenfeuer des Trollherzogtums in den Menschenlanden.« Fenryl und Yilvina schwiegen. Erschüttert beobachteten sie, was sich auf den Schiffen abspielte. Manche Trolle warfen sich brennend ins Wasser. Wild mit den Armen schlagend, versuchten sie zum Ufer zu gelangen. Doch keiner schaffte es. Ihre schweren, gedrungenen Leiber rissen sie in die Tiefe.

Elodrin hatte erwartet, dass ihm seine Rache mehr Genugtuung bereiten würde. Aber was er sah, vermochte die große Leere, die der Verlust seiner einzigen Tochter in ihm hinterlassen hatte, nicht auszufüllen. Ernüchtert winkte er seinem Navigator auf der Meerwanderer. »Bring mir meinen Schild und mein Schwert, Landal!«

»Ich werde dich zum Hof der Königin bringen, Elodrin! Du wirst für deine Verbrechen büßen.«

Fenryls Zorn hatte etwas Rührendes. »Ich werde hier bleiben. Es gibt keinen Ort mehr, wohin ich zurückkehren könnte. Emerelle hat mich gewiss schon jetzt für vogelfrei erklärt. Mein Fürstentum wird sie mir für meine vermeintlichen Verbrechen entziehen, und meine Sippe ist ausgelöscht.«

Der Navigator brachte ihm die Waffen. Elodrin gürtete sich das Schwert um, das ihn in so vielen Schlachten begleitet hatte. Dann schnallte er den Schild mit dem Bild der silbernen Nixe, dem Wappen Alvemers, an seinen Arm.

Die Schreie auf den Schiffen erstarben. Bald war nur noch das Knistern des Feuers zu hören.

»Was hast du vor?«, fragte Yilvina.

»Meine letzte Schlacht schlagen. Ich erwarte die Trolle. Mein Schicksal hat sich erfüllt. Vielleicht kann ich Orgrim ja davon überzeugen, dass ich die Menschen nur benutzt habe.«

»So wie mich?«

»Es war in der Tat von Vorteil, dass König Alfadas dir vertraute, Yilvina. Aber machen wir uns nichts vor. Er hätte niemals Frieden mit den Trollen geschlossen. Ich fühle wie er. Ich weiß, wie es ist, die eigene Familie an diese Ungeheuer zu verlieren.«

Seine Leibwächterin funkelte ihn wütend an. »Nichts hast du mit ihm gemeinsam. Die Dunkelheit, die du in deiner Seele trägst, konnte ich an ihm nie entdecken.«

In der Ferne erklangen Kriegshörner. Ihre plumpen, röhrenden Rufe waren unverwechselbar. Es waren die Hörner von Trollen.

Elodrin war überrascht.

Niemals hätte er damit gerechnet, dass die Trolle es nach ihrer blutigen Niederlage beim Angriff auf Emerelles Burg noch einmal wagen würden, mit einem Heer das goldene Netz zu durchqueren. Mochte die Masse dieses Volkes auch aus tumben Blutsäufern bestehen, so war zumindest Orgrim ein würdiger Gegner.

»Sie marschieren auf Alfadas und seine Getreuen zu«, stellte Yilvina fest.

Wahrscheinlich werden die Trolle die Fjordländer schon erreicht haben, dachte Elodrin. Warum sonst sollten sie in ihre Kriegshörner stoßen? Er deutete auf den gefangenen Troll.

»Macht den Kerl da los! Unsere Pläne haben sich geändert!«

Ein Stein weniger

Emerelle erwartete Eleborn im Falrach-Zimmer. Sie verbrachte in den letzten Wochen sehr viel Zeit in dem kleinen Raum, der völlig vom Spieltisch beherrscht wurde. Auf dem Brett hatte sie die Lage Albenmarks dargestellt. Sie spielte Weiß, die Trolle Schwarz. Die weißen Steine waren in das letzte Drittel ihrer Spielfeldhälfte zurückgedrängt. Doch zumindest schlossen sich langsam die Reihen. Die Lage war verzweifelt, daran ließ sich nichts schönreden, aber sie war noch nicht völlig hoffnungslos.