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(...) Und dann hat sie all seine Sachen in ein Lederbündel gepackt und sich ganz lange umgesehen. Ich konnte riechen, wie der Fuchs sein Wasser nicht halten konnte, so finster hat sie zu uns zum Waldrand geschaut, und ich war froh, dass ich keine Hosen anhatte, so konnte ich einfach in den Busch pinkeln, und als mir dann die Ohren vor die Augen geklappt sind, da war mir das auch recht. Dann ist sie gegangen, die schlimme Riesin mit den weißen Augen, und das Bündel mit den Sachen hat sie in den Grünaugensee geworfen, und sie hat auch schöne Lichter an den Himmel gezaubert. ( ...) Dann sind wir also zum See hinab, und ich habe mit den Bibern geredet, während mein Freund, der Fuchs, am Ufer auf und ab gelaufen ist, weil ihm vom langen Herumstehen in den Büschen die Pfoten ganz unruhig geworden waren. Die Biber fanden es einen guten Vorschlag, den blutigen Ledersack aus dem See verschwinden zu lassen, und haben sich nach Kräften ins Zeug gelegt, um ihn ans Ufer zu schaffen, obwohl der Sack so schwer war, dass sogar eine Hornschildechse unter seinem Gewicht gestöhnt hätte — und denen kann man ja sogar kleine Häuser aufladen, ohne dass sie sich beschweren und bockig werden. Mit dem Sack hatte ich dann natürlich ein Problem, weil ich ja nicht so stark wie eine Hornschildechse bin, deshalb habe ich mich verwandelt und meine eigentliche Gestalt angenommen und mich daran gefreut, dass mir nun nicht mehr dauernd meine langen Ohren vor die Augen klappten. Als dann jeder sehen konnte, wer ich bin, da habe ich zwei Hirsche gefunden, die mir tragen helfen wollten; eigentlich wollten sie ja nicht, aber als ich von Meister Gromjan und dir erzählt habe, da wollten sie ja doch, denn es ist klüger, mit so berühmten Lutin keinen Ärger anzufangen. Ein richtiger Schatz war ja nicht in dem Sack, aber die Gürtelschnalle war hübsch, denn sie ist aus einem Stein, wie ich ihn noch nie gesehen habe, und zeigt einen großen, schuppigen Wurm, der sich wild windet und böse dreinschaut. Meister Gromjan habe ich meine Geschichte dreimal erzählen müssen, da wusste ich, dass sie sehr wichtig ist, und habe beschlossen, dir davon zu schreiben, damit du auch Bescheid weißt, denn du sagst ja immer, du müsstest über die wichtigen Angelegenheiten der Sippe immer in Kenntnis gesetzt werden. Gromjan ist im Dunkeln noch mal los, weil er etwas mit dem Kopf des Riesen machen wollte, wo ich nicht dabei sein durfte, obwohl ich ihm sagte, dass ich das nicht gerecht finde, und als ich geschimpft habe, hat er mir den Rohrstock gezeigt, da bin ich weggelaufen und hab mir die Birkenstreifen gesucht, denn ich weiß, wenn du ihm sagen wirst, du hättest es auch nicht gerecht gefunden, dass er mich nicht mitgenommen hat, dann wird er es sich beim nächsten Mal dreimal überlegen, ob er mich mit dem Rohrstock davonjagt. (...)« [1]

Aus: Truhe XVII, Akte 5, Dokument 32 B
Sammlung der Prozessakten im Fall des
Fürstenhauses von Arkadien gegen
den Mörder und Hochverräter Elija Glops

Unter Menschen

Ollowain wedelte verzweifelt mit einem parfümierten Tuch, doch nichts vermochte den durchdringenden Gestank des Hafens zu überdecken. Neidisch betrachtete er Ganda. Der Lutin schien der üble Geruch nichts auszumachen. Sie hatte für die Reise in die Welt der Menschen die Gestalt eines kleinen Mädchens angenommen und stand jetzt neben dem Kapitän, der die plumpe Galeere durch das überfüllte Hafenbecken steuerte. In ihrem perlenbestickten Kleid mit dem feinen Schleier, der ihr Gesicht kaum verhüllte, und mit den großen dunklen Augen sah die Lutin sehr unschuldig aus. Sie hatte die Herzen der Besatzung im Sturm erobert. Alle liebten das kleine Mädchen. Sie hatten ja keine Ahnung, wen sie da an Bord gelassen hatten!

Ganda redete kichernd auf den Kapitän ein. Ollowain wünschte, er wüsste, was die beiden beredeten. Der Schwertmeister verstand die Sprache der Menschen in dieser Weltgegend nicht. Sie war ein grobes Gestammel, kaum besser als das Grunzen der Trolle. Er hatte lange gebraucht, um sich die Sprache der Fjordländer anzueignen. Doch diesmal gab er sich nicht die geringste Mühe, etwas zu lernen. Sie würden nie wieder hierher kommen. Es war überflüssig, sich die Zunge mit solchem Kauderwelsch zu verbiegen. Wenn nur Ganda nicht so viel schwatzen würde! Am Ende verplapperte sie sich noch.

Der Elf strich über den Griff seines Schwertes. Selbst wenn die ganze Schiffbesatzung über sie herfallen sollte, würde er vermutlich keine ernsthaften Schwierigkeiten haben zu siegen. Doch es würde hunderte von Augenzeugen geben, und es war äußerst fragwürdig, ob sie aus dem Hafen entkommen könnten, selbst wenn er sich dazu überwinden würde, ins stinkende Wasser zu springen.

Ollowain suchte keinen Ärger, aber dieser Lutin traute er jeden Verrat zu. Wenn Ganda nur endlich aufhören würde, mit jedem dahergelaufenen Menschen zu reden. Das würde auf kurz oder lang zu Schwierigkeiten führen! Sie tat das, um ihn zu provozieren, Ollowain wusste das genau. Er sollte sich seinen Zorn nicht anmerken lassen, dann würde sie es vielleicht aufgeben.

Eine Weile betrachtete er die unerfreulichen Dinge, die in der Bugwelle vor der Galeere trieben. Fäkalien, Gemüsereste, Fischabfälle. Ein Stück entfernt trieb etwas Weißes auf einer dicken Planke. Es bewegte sich noch. Der Elf zuckte zusammen, als er erkannte, was er da sah: eine Katze, deren Hinterleib in helles Tuch gewickelt war, sodass er aussah wie ein Fischschwanz. Die Vorderläufe des Tieres waren auf die Planke genagelt. Und die Katze lebte noch! So etwas konnten sich nur Menschen ausdenken.

Ollowain dachte daran, das Tier mit einem Messerwurf von seinen Qualen zu erlösen. Vermutlich war die Katze eine Opfergabe an einen der obskuren Menschengötter. Leise fluchend erinnerte er sich, dass sie um keinen Preis auffallen durften. Ein oder zwei Stunden noch, dann wären sie in der Bibliothek. Die Reise war fast geschafft! Er musste sich zusammenreißen.

Der Blick des Schwertmeisters wanderte unstet hin und her. Es gab nichts, das es wert war, länger betrachtet zu werden. Zugegeben, für Menschenverhältnisse war der Hafen von Iskendria ungewöhnlich groß. Selbst in Albenmark gab es nur wenige Häfen, die größer waren. Aber nichts schien hier fertig zu sein. Und wenn ein Werk vollendet war, dann verloren die Menschen offensichtlich das Interesse daran und überließen es dem Verfall. Wenn man sich allein schon die hohe Mauer ansah, die den Hafen von der eigentlichen Stadt abriegelte ... Breite Schmutzstreifen zogen sich über den hellen Stein, und in den Fugen wucherte Unkraut, ja, an manchen Stellen klammerten sich sogar junge Bäume in das Gestein. Die Wurzeln würden das Mauerwerk schwächen, und all der Schmutz beleidigte das Auge, aber das schien niemanden hier zu stören.

Ganz deutlich sah er die funkelnden Helme von Wachen, die auf dem Wehrgang patrouillierten. Männer genug waren also vorhanden, um die Festungsanlagen in besserem Zustand zu halten.

Ollowain ertappte sich dabei, wie er die Schusswinkel der Bastionen abschätzte, die sich drohend über dem Hafen erhoben, und wie er in Gedanken einen Angriff auf Iskendria plante. Nach dem Gemetzel um Phylangan hatte er sich geschworen, nie wieder ein Kommando zu führen. Aber alte Gewohnheiten warf man nicht einfach ab wie einen staubbedeckten Umhang.

Erstaunlich, wie viele Schiffe im Hafen lagen. Es waren fast alles Galeeren, und sie hatten haarsträubende Baufehler. Was immer man von den Menschen halten mochte, eine Tugend besaßen sie zweifellos: Sie waren mutig bis zur Unvernunft. Sich in diesen besseren Eimern hinaus auf die hohe See zu wagen, erforderte schon einigen Schneid. Deshalb war der Schwertmeister auch entsetzt gewesen, als Ganda und Emerelle beschlossen hatten, das letzte Stück des Weges nach Iskendria an Bord eines Schiffes zurückzulegen. Allein die Tatsache, dass Ganda wirklich nach Ablauf einer Stunde mit einem Lederbeutel voller Reisegepäck im Thronsaal erschienen war, hatte Ollowains Weltbild einen derben Stoß versetzt. Er hätte jeden Eid darauf geschworen, die Lutin nach der Begegnung auf der Terrasse niemals wieder zu sehen.

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Anmerkung des Übersetzers: Das Originaldokument 32 a ist mit Ruß auf acht Streifen Birkenrinde geschrieben. Einige der Textstellen sind leider verwischt und unleserlich, daher rühren die Lücken in der Übersetzung. Der Verfasser des Textes schreibt auf sehr unbeholfene Art, so als habe er die Schreibkunst eben erst erlernt. Seine kindliche Grammatik wurde in der Übersetzung leicht geglättet, der sprunghafte Stil des Berichts ist jedoch beibehalten. Obwohl der Brief nicht unterschrieben ist, gibt es Indizien, die darauf hindeuten, dass er von Nikodemus Glops verfasst sein könnte.