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»Ich zahle deinen Preis, aber du musst tun, was ich verlange. Schneide mir die Haut vom Rücken. Und wenn die Lutin erwacht, dann sage ihr, dass sie aus meinem Dienst entlassen ist. Sie soll sich zu ihren diebischen Verwandten scheren. Ich will sie nie wieder sehen. Wenn sie es wagt, auf die Burg der Königin zu kommen, dann lasse ich sie dem Scharfrichter vorführen. Sie wird wissen, wofür. Sag ihr, dass sie mich enttäuscht hat und dass ich sie verachte. Und erzähle ihr nichts von unserem Geschäft. Meinetwegen soll sie denken, dass ich sie hier im Schilf liegen gelassen habe und du sie aus Barmherzigkeit pflegst.«

In den Schlangenaugen zeigte sich keine Regung. »Dass ich barmherzig bin, würde sie niemals glauben. Ich werde auch sie bezahlen lassen.«

»Du wirst ihr kein Leid zufügen!« Ollowain legte die Hand an sein Schwert. »Wie ist dein Name, Hexe?«

»Warum sollte ich ihn dir nennen?«

»Glaubst du, ich würde ihn in Yaldemee nicht erfahren?« Sie starrte ihn mit ihren kalten Reptilienaugen an. »Man nennt mich Rika.«

»Gut. Wisse, Rika, wenn du Ganda etwas antust oder sie auch nur schlecht behandelst, so werde ich davon erfahren. Es gibt kein Loch in ganz Albenmark, das tief genug wäre, um sich dort vor mir sicher zu fühlen. Ich würde dich finden, Rika, ganz gleich, wohin du gehst. Nimm meine Haut! Aber damit ist die Schuld abgetragen! Dir wird schon etwas einfallen, was du der Lutin erzählen kannst.«

»Weil alle Kobolde geborene Lügner sind?«, fragte sie harsch.

»So wie alle Elfen von Geburt an überheblich sind?«

Ollowain zog sein Gewand über die Schultern. »Fang an.«

»Leg dich vor mir in den Schlamm.« Sie sagte das langsam, kostete jedes Wort aus.

Ollowain gehorchte ihr. Er konnte die kühle Spitze der Steinklinge zwischen den Schulterblättern fühlen. Ganz langsam fuhr sie seinen Rücken hinab. So scharf war das Messer, dass er keinen Schmerz empfand.

Die Hexe schlug ihm mit der flachen Hand auf den Hintern.

»Das genügt.« Er richtete sich auf und tastete mit der Hand über seinen Rücken. Da war kein Blut. Und die Hexe hielt auch keinen Hautstreifen in Händen.

»Verschwinde jetzt, Schwertmeister! Du hast mich beeindruckt. Ich hätte niemals geglaubt, dass sich ein Elf für ein Koboldweib die Haut abziehen lassen würde. Und noch dazu für eine Lutin!« Sie lächelte. »Ich werde sie heilen. Und ich werde dafür sorgen, dass sie dich für einen ausgesprochenen Mistkerl hält. Sie wird keinen Fuß in Emerelles Burg setzen.« Die Augen der Hexe blickten traurig. »Bist du sicher, dass du es so haben willst? Du wirst in Ganda eine Feindin haben, wenn sie mich verlässt.«

»Wenn sie zu Emerelles Burg käme, wäre sie in tödlicher Gefahr. Lieber habe ich sie als Feindin, als dass ich ihr als Freund Blumen aufs Grab lege.«

»Bist du da nicht ein wenig melodramatisch?« Ollowain schüttelte den Kopf. »Ich kenne Emerelle.«

Macht und Ohnmacht

Obilee wusste nicht, wie sie es sagen sollte. Mit so viel Hoffnung war sie aufgebrochen, und doch war alles vergebens gewesen. Sie verabschiedete sich von der Pfadfinderin, die sie zu Eleborn ins Reich unter den Wogen geführt hatte, und den beiden Kentauren, die sie vom Tor bei den Wurzeln Atta Aikhjartos bis zur Burg der Königin gebracht hatten. Wieder eine vergebliche Reise! »Gibt es Neues aus dem Norden?«, fragte sie die Ehrenwache vor dem Thronsaal.

Die Elfenkriegerin, die sie angesprochen hatte, schaffte es nicht, ihre Niedergeschlagenheit zu überspielen. »Nichts Neues. Die Trolle werden stärker. Wir nicht.«

Obilee nickte knapp. So ging es seit Jahren. Doch die Zeit des Wartens war nun fast vorüber. Spätestens im Winter würden die Trolle ihren Angriff beginnen, da waren sich alle Fürsten einig. Und sie würden nicht ruhen, bis alle Ströme rot von Elfenblut waren. Das Heer, das sich in Feylanviek gesammelt hatte, würde die Trolle nicht aufhalten können. Es waren tapfere Krieger in schimmernden Rüstungen, die Elite der Elfenfürstentümer. Im frühen Sommer war sie bei einer Heerschau gewesen. Elodrin hatte eine wunderbare Schar um sich versammelt. Und obwohl ihre Niederlage schon jetzt feststand, würden sie kämpfen. Sie waren wie ein Tor aus Goldblech, das von einem Rammbock aus dem Stamm einer tausendjährigen Eiche bedroht wurde. Schon der erste Ansturm wäre ihr Untergang. Und sie waren nicht zu ersetzen. Zehn Jahre dauerte es, bis ein Trollwelpe zum Jungkrieger heranwuchs, aber einen toten Elfen zu ersetzen mochte hundert Jahre und mehr dauern.

Das hohe Tor zum Thronsaal schwang wie von Geisterhand auf. Die Kommandantin der Wache nickte Obilee zu, und ihr prächtiger weißer Rosshaarbusch wippte auf dem schimmernden Bronzehelm. »Die Herrin erwartet dich.«

Obilee klemmte den eigenen Helm fest unter den Arm. Ihre Hand lag auf dem Knauf ihres Schwertes. Das Kettenhemd lastete schwer auf ihren Schultern, und die Nachricht, die sie überbringen musste, lastete auf ihrem Herzen. Mit festem Schritt trat sie vor den Thron.

Emerelle erwartete sie aufrecht stehend wie eine Kriegerin in der Schlachtreihe den Ansturm der Feinde. Leise rauschte das Wasser, das in endlosen Kaskaden die Wände des Thronsaals hinabströmte. Die Luft war feucht und angenehm kühl.

Die Königin trug ein eisgraues Kleid mit hohem Kragen und langen, glatten Ärmeln. Es war von schlichtem Schnitt und betonte ihre schmalen Hüften. Sehr zierlich wirkte sie, und wer sie nicht selbst schon im Fechtsaal erlebt hatte, der hätte in dieser zerbrechlichen Frau niemals die Kriegerin erahnt. Das dunkelblonde Haar wurde von einem dünnen, silbernen Stirnreif gehalten. Die hellbraunen Augen blickten hart. Die Königin hatte sich bereits für schlechte Nachrichten gewappnet. »Es ist schön, dich wieder bei Hof zu sehen.«

Die fahrende Ritterin wusste nicht, welchen Ton sie anschlagen sollte. Sie beide waren allein im Thronsaal. Früher hatten sie sich einmal sehr nahe gestanden. Aber dieser Ort verlangte nach Förmlichkeiten. Hier wurde seit Jahrhunderten über die Geschicke Albenmarks entschieden. Es war nicht der Platz, an dem zwei Freundinnen miteinander plauderten.

»Es schmerzt mich, dir keine guten Nachrichten bringen zu können, Herrin.« Obilee senkte den Kopf. Elf Tage hatte der Fürst im Reich unter den Wogen sie warten lassen, bevor er sie endlich empfangen hatte. »Eleborn wird unsere Sache nicht unterstützen. Er beharrt darauf, dass die alte Grenze gewahrt bleibt. Die Völker des Wassers haben nichts mit den Kriegen diesseits der Ufer zu schaffen, so wie wir nicht an den Kriegen jenseits der Ufer teilhaben. Die Trolle behelligen sein Reich nicht und ...« Obilee zögerte, ob sie Eleborns Beleidigung wörtlich wiederholen sollte.

Emerelles Miene blieb wie versteinert. Sie forderte sie nicht auf, weiterzusprechen, doch sie entließ sie auch nicht. Sie wartete.

»Er lässt dir ausrichten, dass du den Thron aufgeben und dich der Trollschamanin Skanga stellen solltest. Er sieht in dir und deinen Taten den wahren Grund für diesen Krieg. Er ist stur ... Er wollte nichts anderes hören.«

»Er hätte gegen sie kämpfen können.« Emerelle sprach leise, ohne Obilee anzublicken. »Jedes ihrer Schiffe liefert sich ihm aus. Jeder Troll, der eine Furt durchquert, setzt seine schmutzigen Füße in Eleborns Reich.« Die Königin straffte sich. »Du hast ihm natürlich den schriftlichen Befehl übergeben, uns Truppen zu schicken.«

»Natürlich, Herrin. Eleborn hat ihn nicht einmal gelesen.«

»Manchmal habe ich das Gefühl, dass mir alles entgleitet, indem ich zu sehr darum kämpfe. Ja, vielleicht zerstört man letzten Endes das, was man um keinen Preis loslassen kann. Was glaubst du, Obilee? Hat er Recht? Würde der Krieg enden, wenn ich mich den Trollen ausliefere?« Die fahrende Ritterin wusste es nicht. Viele glaubten das, und deshalb fiel es immer schwerer, Verbündete im Kampf gegen die Trolle zu finden.