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Aslas Onkel strich sich fahrig über die Stirn. Dann trat er in das Langhaus. Sein Hund hielt sich dicht neben ihm. »Hast du vielleicht einen Markknochen mit etwas Fleisch dran? Blut ist friedlich, solange er etwas hat, woran er kauen kann.«

»Blut?«, fragte Asla verwundert.

Ole deutete auf den schwarzen Hund. Das Monstrum reichte ihm fast bis zu den Hüften. »Ich war mit meinen anderen Namen durch. Mörder, Reißzahn, Zerfleischer. Sie verkaufen sich viel besser, wenn sie einen gefährlichen Namen haben.« Ole hob die Stimme. »Das sind ideale Hofhunde, diese schwarzen Bärenbeißer aus Farlon!«

Alfadas seufzte. Ole war ihm ein Rätsel. Es gab Augenblicke, da könnte er ihn erschlagen. Und schon beim nächsten Atemzug musste er sich auf die Lippen beißen, um nicht laut loszulachen. Der Hundezüchter war der rätselhafteste Mensch, dem er bisher begegnet war. War er gerade noch ein ausgemachter Mistkerl, schaffte er es, nur einen Herzschlag später als traurige Witzfigur dazustehen.

Alfadas tränten die Augen von der rauchgeschwängerten Luft des Langhauses. Es hatte keinen Kamin, sondern eine Feuergrube in der Mitte des einzigen Raums. Der Rauch zog nur träge durch zwei kleine Luken unter den Giebeln ab. Es dauerte nicht lange, bis Alfadas sich an die verräucherte Luft, an die brennenden Augen und das Kratzen in der Kehle gewöhnte. Doch wenn er von draußen hereinkam, empfand der Jarl die ersten Augenblicke jedes Mal als Folter.

Fünfzehn Schritt war seine Halle lang. Fünf Wochen hatte das halbe Dorf daran gearbeitet. Es war ein gutes Haus. Für Elfen wäre es wohl nicht eindrucksvoller als eine in die Erde gewühlte Koboldhöhle. Aber er war stolz auf sein Heim. Sie alle gemeinsam hatten es so gut gemacht, wie sie nur konnten.

Neben der langen Feuergrube standen Bänke, auf denen sich die Mehrzahl der Gäste niedergelassen hatte. Sie tranken, scherzten oder blickten einfach nur stumm in die Glut. Lange Holztafeln auf groben Böcken bogen sich unter der Last der Speisen. Zwei fette Schweine waren geschlachtet und am Spieß gebraten worden. Es gab Apfelwein vom Vorjahr, frische Butter und duftendes Brot. Drei Tage lang hatte Asla geschuftet wie eine Sklavin, um das Fest vorzubereiten. Selbst jetzt stand sie keinen Augenblick still. Wenn der König ihn im nächsten Jahr wieder in den Süden rief, um das Heer bei seinen Raubzügen zu befehligen, würde er Asla tatsächlich eine Sklavin mitbringen, die sich an ihrer Stelle plagte, das schwor sich Alfadas.

Sie trug ihr grünes Kleid und den Bernsteinschmuck, den er ihr zur Geburt von Kadlin geschenkt hatte. Sie war die schönste Frau in der Halle. Sie merkte nicht, wie er sie still beobachtete. Alfadas dachte an ihren Streit vom Nachmittag. Er sollte ihr öfter sagen, wie viel sie ihm bedeutete. In letzter Zeit sprachen sie immer weniger miteinander. Es war keine böse Absicht von ihm. Sie kannten sich so lange, dass er sie wortlos verstand. Dachte er ... Er sollte es ändern. Öfter mit ihr reden oder einfach nur scherzen. So wie früher. Sie tat so viel für ihn. Das Apfelfest war ihre Idee gewesen. Er hatte die Bäume hierher gebracht. Als sie nach zwei Jahren zum ersten Mal ein paar Früchte trugen, hatte Asla alle wichtigen Familien zu einem Fest eingeladen. Wenig später war er zum ersten Mal zum Jarl gewählt worden. Er wusste, dass er die entscheidenden Stimmen zu seiner Mehrheit dem Fest zu verdanken gehabt hatte. Seitdem gab er in jedem Jahr ein Apfelfest, und mittlerweile feierte das ganze Dorf, wenn die Apfelernte eingebracht war.

Geschickt löste Asla den Knochen aus einem der Schinken auf der Tafel und gab ihn dem Hund. Das Monstrum zog sich zurück und verkroch sich in einer Ecke nahe bei den Schlafnischen, die hinter dicken Wollvorhängen verborgen unter der Dachschräge lagen.

Alfadas konnte hören, wie der Knochen zwischen den Fängen von Blut splitterte. In diesem Augenblick glaubte er Ole, dass sich das Mistvieh sogar mit Bären anlegen würde. Aslas Onkel hatte sich inzwischen einer Gruppe Einödbauern aufgedrängt und redete wild gestikulierend auf sie ein.

Der Jarl schenkte sich einen Becher Apfelwein ein und kauerte sich neben die Feuergrube. Still lauschte er dem Murmeln der Stimmen und der leisen Melodie der Glut. Er dachte an den ersten Sommer mit Asla zurück. Sie war so anders als die Elfenfrauen. So voller überschäumender Lebensfreude. Wild wie ein Sommergewitter. Es war einfach gewesen, mit ihr zu leben. Sie trug jeden ihrer Gedanken und Träume auf der Zunge. Noch bevor der erste Schnee gefallen war, waren sie um den Stein getanzt. Jenen großen, schneeweißen Felsblock unten am Fjord, der dem Dorf seinen Namen gegeben hatte – Firnstayn.

»Kann ich mit dir sprechen, Jarl?« Gundar, der alte Luthpriester des Dorfes, ließ sich neben ihm auf der Bank nieder, ohne seine Antwort abzuwarten. Alfadas hatte ihn im letzten Jahr überredet, aus der Königsstadt nach Firnstayn zu kommen. Eigentlich hätte er lieber einen Firnpriester mitgebracht, doch die hatte er weder durch Gold noch durch gute Worte dazu bewegen können, einen der ihren in ein so unbedeutendes Dorf zu schicken. So musste er mit einem Priester vorlieb nehmen, der Luth, dem Weber der Schicksalsfäden, ergeben war.

Anfangs hatte Alfadas befürchtet, dass Gundar nur einen Platz suchte, an dem er auf seine alten Tage durchgefüttert wurde. Tatsächlich war der Appetit des Priesters schon nach seinem ersten Winter im Umkreis von drei Tagesreisen um das Dorf berüchtigt gewesen. Wann immer man in seine Hütte kam, köchelte etwas auf seinem Feuer. Trotzdem hatte es Alfadas nie bereut, ihn hierher geholt zu haben. Gundar verstand sich auf Kräuter und auf Seelen. Alfadas wusste nicht, welchen seltsamen Zauber der alte Mann wirkte, aber es war friedlicher geworden, seit er hier lebte. An den Gerichtstagen wurde weniger gestritten, und mancher alte Zwist war endlich beigelegt worden.

Gundar hatte eine Schüssel mit Brot und Schweinestücken vor sich auf dem Schoß. Sein weißer Bart glänzte vor Fett. »Luth warnt uns vor diesem Winter, mein Jarl.« Der Priester brachte das Kunststück fertig, zu kauen und trotzdem verständlich zu sprechen. »Heute früh hat er mir das dritte ungünstige Omen in nur vier Tagen geschickt. Es war gleich nach dem Frühstück. Eine bedeutsame Tageszeit! Ich habe den Hecht aufgeschnitten, den ich mir zum Mittag braten wollte, und habe einen großen, schwarzen Stein in seinem Leib gefunden.«

»Tja, so etwas kann einem wirklich den Appetit verderben.«

»Spotte nicht über die Zeichen der Götter, Jarl!« Gundar spuckte ein Stück Knorpel in die Glut. »So ein Stein gehört nicht in den Bauch eines Hechts. Ich bin mir sicher, in diesem Winter wird etwas hierher kommen. Etwas Dunkles, Böses, das nicht in dieses Land gehört.«

Alfadas war überrascht, was der alte Mann alles aus einem Stein las, den irgendein dummer Fisch verschluckt hatte, aber er hütete sich, Gundar seine Meinung zu sagen. Wenn der Priester hier in der Halle lauthals seine dunklen Vorahnungen verkündete, dann würde das für eine Menge Unruhe sorgen. Die einfachen Leute hörten auf ihn. Alfadas hoffte, dass er Gundar den Unsinn am nächsten Morgen ausreden könnte, wenn er ihn mit einem Schinken und einem Korb mit frischem Käse in seiner Hütte besuchen ging.

»Du hast von drei Vorzeichen gesprochen ...«

»Oh, ja, ja.« Gundar wischte mit einem Stück Brot den Bratensaft aus der Schüssel. »Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist. In der letzten Nacht vor Neumond war Blut auf der Mondsichel. Schon als ganz junger Priester habe ich gelernt, dass Luth uns damit vor einem nahen Krieg warnt.«

»Der Herbst hat begonnen. Bald wird der erste Schnee fallen. Niemand führt in dieser Zeit Krieg. Schnee und Eis würden mehr Männer töten als der schrecklichste Feind.«

»Und doch warnt uns Luth.« Der Alte sah ihn forschend an.

»Oder zweifelst du an seinen Omen?«

»Und was sollten wir deiner Meinung nach tun?«

Gundar breitete hilflos die Arme aus. »Ich bin nur das Werkzeug meines Gottes. Ich sehe seine Omen. Du bist der Jarl. Du musst entscheiden, was geschehen soll.«

»Was hast du noch gesehen?«