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Die schwere Tür schwang auf. Sie sah, wie Alfadas sich spannte, um seinem Ärger Luft zu machen, und mitten in der Bewegung erstarrte. Undeutlich hörte sie jemand flüstern. Die Stimme klang sehr fremd. Es schien eine Frau zu sein. Ihre Worte waren wie leiser Gesang.

Hastig streifte sich Asla das Kleid über und bückte sich nach der Hose ihres Mannes. Wer war dort? Alfadas trat zur Seite. Eine hoch gewachsene, schlanke Frau trat ein. Ihr Anblick versetzte Asla einen Stich. Die Fremde war zu hager, ihre Kleider waren zerrissen, und doch war sie wunderschön. Ihre Bewegungen waren stolz und selbstbewusst. So, als sei sie eine Königin.

Blut sprang auf. Er begrüßte die Fremde mit einem tiefen Knurren. Auf steifen Beinen stakste er vorwärts. Jede Faser seines Körpers schien sich dagegen zu sträuben anzugreifen. Und doch wollte er diese fremde Frau vertreiben.

Noch jemand kam herein. Ein Weib mit kurzen, blonden Haaren. Schwertgurte kreuzten sich über ihrer Brust. Sie sah sich misstrauisch um. Als sie Blut bemerkte, machte sie eine knappe, befehlende Geste. Der Hund presste sich zu Boden. Er knurrte noch immer.

Eine dritte Frau trat ein. Asla starrte ihre Gäste fassungslos an. Was war das für ein Aufmarsch! Noch immer redete dieses schlanke, dunkelhaarige Weib, das zuerst eingetreten war, auf Alfadas ein. Die Blonde mit den zwei Schwertern umfasste sein Handgelenk im Kriegergruß. Diese beiden schienen ihren Mann zu kennen. Nur die dritte hielt sich im Hintergrund. Sie sah sich um und schürzte abfällig die Lippen.

Asla schluckte. Nun war also geschehen, was sie immer befürchtet hatte. Die Elfen waren gekommen, um ihren Mann zu holen.

Von Fremden und Freunden

Vorsichtig zog Lyndwyn an dem Schilfröhrchen in seinem Hals. Es zwickte leicht, dann glitt es aus der Wunde. Sie legte ihm die flache Hand auf die Stelle. Ihre Finger verströmten eine wohltuende Wärme. Drei Tage hatte sie sich damit Zeit gelassen. Die Magierin behauptete, die Reise auf den Albenpfaden habe sie zu sehr erschöpft. Ollowain glaubte ihr kein Wort!

Lyndwyn nahm die Hand zurück und sah ihn erwartungsvoll an. »Du solltest jetzt wieder sprechen können.« Der Mund des Schwertmeisters war staubtrocken. Er räusperte sich leise. Alle umstanden ihn und sahen ihn an. Er saß auf einem der drei groben Stühle, die es im Haus von Alfadas gab.

Vorsichtig tastete Ollowain über seinen Hals. Lyndwyn hatte die Lederriemen abgenommen. Weder hartes Narbengewebe noch Schorf verrieten, wo sie in seine Kehle geschnitten hatte. Es war, als habe es dieses Schilfrohr nie gegeben. »Es scheint alles verheilt zu sein.« Seine Stimme war rau und erschien ihm fremd.

»Dein Hals muss sich noch ein wenig erholen«, sagte Lyndwyn selbstsicher. »Deine Beschwerden werden bald vorübergehen. Suche nicht danach, ob etwas mit dir nicht stimmt. Du wirst sehen, es kommt alles wieder in Ordnung.«

Ollowain blickte zu der Schlafnische, in der sie der Königin ein Lager bereitet hatten. Nichts kam in Ordnung! Wie konnte sie nur so reden, solange Emerelle in diesem Zustand war! Die Wunden der Herrscherin verheilten, doch lag sie in einem tiefen Schlaf. Nichts vermochte sie zu wecken. Ihr Schlaf erschien dem Schwertmeister wie eine Flucht vor der grausamen Wirklichkeit. Oder war er das Werk Lyndwyns? Er wusste nicht mehr, was er von der Magierin halten sollte. Ohne ihre Hilfe wären sie niemals hierher in Sicherheit gelangt. Und Silwyna? In ihrem Köcher verwahrte sie Pfeile, die aussahen wie jene, die auf Emerelle abgeschossen worden waren. Jede von beiden hatte ihm auf der Flucht das Leben gerettet. Aber wie sollte es weitergehen? Noch immer sahen ihn alle an. Sie erwarteten Entscheidungen, nun, da er ja wieder sprechen konnte.

Ollowain lächelte. »Ich möchte mich bei unseren beiden Gastgebern bedanken«, sagte er ruhig. »Ich bin mir bewusst, wie sehr unsere Anwesenheit den Frieden deiner Familie belastet, Asla. Wir werden gewiss nicht sehr lange bleiben.«

Die Menschentochter sah ihn mit Augen an, in denen keine Herzlichkeit lag. »Die Gesetze der Gastfreundschaft sind uns heilig. Ihr seid willkommen in diesem Haus.«

Ollowain wusste nicht, was er der jungen Frau getan hatte, doch seit dem ersten Tag spürte er den Widerwillen, den Asla gegen sie empfand. Ob Alfadas so dumm gewesen war, ihr von Silwyna zu erzählen? Gewiss nicht. Doch sie hatten das Leben der Menschenkinder gründlich durcheinander gebracht. Die Leute kamen von weit her, um die seltsamen Gäste zu betrachten, die den Jarl von Firnstayn besuchten. Und Asla musste sie alle bewirten. Der Wintervorrat ihrer Familie schmolz dahin wie Schnee in der Frühlingssonne. Sie hatte allen Grund, wütend zu sein.

»Ich glaube, ich würde jetzt gern ein wenig spazieren gehen. Hättest du etwas dagegen, mich zu begleiten, Alfadas?«

»Nein, Meister. Ganz im Gegenteil.«

Sein Gesicht war noch immer der Spiegel seiner Gefühle. Das hatte Ollowain immer an den Menschen geschätzt. Nur wenige von ihnen konnten sich verstellen.

»Nehmt ihr Kadlin und Ulric mit?« Aslas Worte waren eher ein Befehl als eine Frage. »Und bittet Svenja, dass sie mir für heute Abend noch drei Brote backt. Bringt auch einen Korb voller Äpfel von ihr mit. Dieser Pferdemann frisst einem die Haare vom Kopf!«

»Wie stets sind mir deine Wünsche Befehl«, antwortete Alfadas gut gelaunt, hob Kadlin auf die Schultern und gab seinem Sohn einen Wink mitzukommen. Auch der große, hässliche Hund folgte ihnen.

Solange sie im Dorf waren, wurden sie von neugierigen Blicken verfolgt. Am Fuß des kleinen Hügels, auf dem Alfadas sein Langhaus errichtet hatte, lagerte ein ganzer Trupp von Schaulustigen. Zum Glück wurden sie von Orimedes unterhalten, der gerade ein Fass hochstemmte und daraus trank. Der Kentaur fühlte sich wohl unter den Menschen. Ganz anders Silwyna. Sie war nach dem ersten Abend in die Wälder verschwunden, ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren, warum.

»Du bist der Meister, der meinem Vater das Schwertkämpfen beigebracht hat, nicht wahr?«, fragte Ulric ehrfurchtsvoll.

»Ja. Er war noch jünger als du, da hat man ihn zu mir gebracht. Er war ein sehr guter Schüler.«

»Würdest du mir auch eine Schwertkampflektion erteilen, Meister?«

Ollowain musste lächeln. Einen Augenblick lang sah er wieder den frechen, wissbegierigen Jungen vor sich, der Alfadas einst gewesen war. Ulric ähnelte seinem Vater sehr. Allerdings war er entschieden respektvoller. »Es wird mir eine Ehre sein, mit dem Sohn meines besten Schülers die Klinge zu kreuzen. Wie ich sehen konnte, verfügst du zu Hause über eine gute Auswahl schöner Schwerter.«

»Die hat mir alle mein Vater geschnitzt!«, erklärte Ulric stolz.

»Meistens wenn er Streit mit meiner Mutter hat, schnitzt er mir ein Schwert. Und die beiden streiten sich gern.«

Vielleicht hatte er sich in dem Jungen getäuscht, was den respektvollen Umgang mit Erwachsenen anging, dachte Ollowain amüsiert.

Sie schlenderten den Weg entlang, der auf der Rückseite des Dorfes zum Wald führte. Der Schwertmeister empfand die Welt der Menschenkinder auf schwer in Worte zu fassende Weise als unheimlich. Etwas mit der Luft stimmte hier nicht. Sie verwischte den Blick in die Ferne, und die Ordnung der einfachsten Dinge schien durcheinander geraten zu sein. Die Art, wie die Bäume zueinander standen, oder wie ihr Astwerk wuchs. Selbst das Rascheln der Blätter im Wind klang anders, wenn man genau hinhörte, anders als in Albenmark. Vielleicht lag es daran, dass der Welt der Menschen kaum Magie innewohnte? Vielleicht war es auch ganz natürlich, dass sich Welten voneinander unterschieden. Was wusste er schon von diesen Dingen! Er hatte andere Sorgen.

Ein weites Stück gingen sie schweigend. Nur Ulric rief unsichtbaren Gegnern am Wegesrand Herausforderungen zu und drosch gelegentlich mit seinem Holzschwert auf Büsche und Pilze ein.