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Seine Kumpane grölten vor Lachen und traten weiter auf den jungen Mann ein. Es war ein wilder Haufen abgehalfterter Gestalten, gehüllt in zerlumpte, notdürftig geflickte Klamotten, mit schmutzigen Gesichtern, langen Rauschebärten und verfilzten Haaren. Einige von ihnen trugen Helme und alte Armeejacken, was Zara vermuten ließ, dass die Horde aus Fahnenflüchtigen bestand, die sich hier in den Wäldern vor den Nachstellungen der königlichen Garde verbargen und sich ihren kargen Lebensunterhalt damit verdienten, ahnungslosen Reisenden aufzulauern, sie auszuplündern und anschließend irgendwo in den Wäldern zu verscharren, auf dass sie nie wieder gesehen wurden.

Neben Zara brachte Falk sein Pferd zum Stehen. Noch hatten die Wegelagerer die Neuankömmlinge nicht bemerkt, weil sie vollauf mit ihrem Opfer befasst waren, aber das konnte sich jeden Augenblick ändern, und dann, daran hatte Zara keinen Zweifel, würde es Ärger geben.

Falk sah entsetzt, wie die Räuber den jungen Burschen mit Tritten quälten, und zischte angespannt: „Verdammt, die prügeln ja den letzten Lebensfunken aus dem armen Burschen heraus!“

Zara sagte nichts.

Dreißig Schritte weiter vorn beschloss der Behelmte, dass es nun an der Zeit wäre, ernst zu machen, und zog sein Schwert aus der Scheide. Die anderen Männer wichen einige Schritte zurück. Breitbeinig stand der Wegelagerer mit dem Helm über dem am Boden liegenden jungen Mann, packte das Schwert mit beiden Händen und sagte fröhlich: „Keine Sorge, Bürschchen. Es wird nicht wehtun – oder zumindest nicht lange.“ Er lachte hämisch, und seine Kumpane stimmten ein.

„Bei allen Göttern, die werden ihn umbringen!“, raunte Falk. „Das können wir nicht zulassen! Wir müssen ihm helfen!“

„O nein, das müssen wir nicht“, entgegnete Zara ebenso leise. „Es gibt keinen Grund, sich einzumischen. Er kannte die Gefahr, die in diesen Wäldern lauert.“

„Aber die bringen ihn um!“, beharrte Falk.

„Das geht uns nichts an“, sagte Zara. „Egal, was diese Männer miteinander zu regeln haben, es ist ihre Angelegenheit. Ganz abgesehen davon habe ich meine gute Tat für heute bereits geleistet. Schon vergessen?“

Falk sah Zara einen Moment lang an, und man konnte erkennen, dass Zara in seiner Achtung eine Stufe tiefer sank. Doch das war ihr gleichgültig; sie legte keinen Wert darauf, ihm zu gefallen, noch irgendjemand anderem auf der Welt. Sie tat nur das, was sie tun wollte, und dass sie allen Widrigkeiten zum Trotz noch immer über dem Boden Ancarias wandelte, war ein unleugbarer Beleg dafür, dass diese Taktik aufging.

„Bitte“, bettelte der junge Bursche ein Stück weiter den Pfad hinab mit schwacher Stimme; er hatte kaum noch die Kraft zu sprechen. Er röchelte, als hätte er Schwierigkeiten zu atmen. „Ich muss nach Hohenmut. Die Menschen in Moorbruch brauchen Hilfe. Die Bestie ...“

„Das ist nun nicht länger deine Sorge“, erwiderte einer der Strolche ungerührt, während er den Beutel mit dem Gold an seinem Gürtel befestigte.

„Mach dich bereit, deinen Ahnen gegenüberzutreten, Bürschchen!“, sagte der Kerl mit dem Schwert, und er hob die scharfe Waffe zum Schlag ...

Doch bevor er dazu kam, die Klinge niedersausen zu lassen, bäumte sich Falks Gaul plötzlich mit lautem Wiehern auf, stieg auf die Hinterläufe und preschte unvermittelt vorwärts, geradewegs auf die Gruppe der Wegelagerer zu.

„Zum Angriff!“, brüllte Falk lauthals, zog den Dolch, den er am Gürtel getragen hatte, stieß ihn wie ein Offiziersschwert in die Luft und jagte mit Sasha auf die Wegelagerer zu. Deren Köpfe ruckten herum, und sofort griffen sie nach ihren Waffen.

„O nein“, murmelte Zara und seufzte. „Nicht auch das noch...“

Die Wegelagerer postierten sich mit militärischer Präzision in einem Halbkreis: vorne die Kerle mit den Hieb- und Stichwaffen, dahinter die beiden Bogenschützen, die in ihre Köcher griffen und Pfeile auf ihre Bögen spannten. Keiner der Kerle sagte ein Wort, jeder von ihnen wusste genau, was er zu tun hatte.

Nicht so Falk, der blindwütig wie ein Berserker vorpreschte und seinen Dolch schwang wie ein Schwert. Er war noch zehn Schritte von den Männern entfernt, als einer der beiden Bogenschützen den Pfeil von der Sehne zischen ließ.

Der Pfeil drang mit einem harten Laut fast bis zum gefiederten Schaft in den Hals des heranstürmenden Pferdes.

Dieses stieß ein schrilles, schmerzerfülltes Wiehern aus, strauchelte. Falk riss entsetzt die Augen auf und schaffte es gerade noch, sich an Sashas Mähne festzuklammern, ehe das Pferd schwer stürzte und mit der Brust zuerst zu Boden krachte, wo es schnaubend liegen blieb. Die Hufe schlugen zuckend auf die harte Erde.

Falk schrie auf, als er in einem hohen Satz vom Rücken des Tiers geworfen wurde. Der Aufprall war so heftig, dass es ihm alle Luft aus den Lungen trieb. All seine Glieder schmerzten. Benommen blinzelnd, hob Falk den Kopf- und riss abwehrend die Arme hoch, als einer der Wegelagerer, ein stämmiger Bursche mit einer wulstigen Narbe quer über der linken Wange, mit seiner Streitkeule auf ihn zusprang und die mit langen Eisennägeln gespickte Waffe schwang.

Da traf ihn unversehens der Griff eines Wurfmessers mit solcher Wucht am Kopf, dass er benommen nach hinten taumelte, und sofort stand nicht mehr Falk im Mittelpunkt des Interesses, sondern Zara, die rasch auf Kjell näher trabte.

„Haltet ein!“, rief sie in dem Versuch, die Situation zu schlichten und eine Katastrophe abzuwenden. Sie ließ den Blick über die Schurken gleiten und behielt vor allem die beiden Bogenschützen unauffällig im Auge, die ihre Pfeile bereits wieder schussbereit auf den Sehnen liegen hatten. „Wenn euch euer Leben lieb ist, legt die Waffen nieder. Hier ist heute schon genug Blut vergossen worden!“

Die Wegelagerer starrten sie an, ein wilder Haufen ehemaliger Söldner, die Begriffe wie Anstand und Ehre schon vor langer Zeit aus ihrem Wortschatz gestrichen hatten. Die Waffen drohend erhoben, standen sie im Halbkreis um den am Boden liegenden Falk, der sich möglichst klein machte und so tat, als wäre er gar nicht da. Ein paar Schritte weiter lag der junge Bursche, den die Banditen überfallen hatten, und stöhnte leise.

„Zu dem Blut, das hier heute noch vergossen wird, wird auch deins gehören, wenn du dich nicht trollst!“ Der Kerl mit der nagelgespickten Keule hatte sich wieder gefangen und funkelte sie unter seinen buschigen Augenbrauen heraus böse an. Der Griff des Messers hatte auf seiner Stirn einen kleinen, kreisrunden Abdruck hinterlassen, der bereits die Farbe einer überreifen Pflaume annahm. Es schien, als wäre er der Anführer der Bande. „Das hier ist nichts für dich. Wenn du klug bist, reitest du dorthin zurück, wo du herkommst, und vergisst, dass du jemals hier warst. Scher dich zurück an den Herd, oder wir bringen dir bei, wie man hier bei uns mit aufmüpfigen Weibern umgeht! Nicht wahr, Männer?“

Die anderen Wegelagerer bekundeten grinsend Zustimmung. Einer der Kerle, dem jahrelange Trunksucht ein dichtes Netz aus geplatzten roten Äderchen auf die Nase gezaubert hatte, leckte sich voller Vorfreude über die Lippen. Sein gieriger Blick interessierte sich mehr für Zaras weibliche Rundungen unter dem Lederkostüm als für die beiden Schwerter, die in den Lederscheiden am Sattel steckten. „Wir werden es dir gut besorgen“, versprach er. „Es ist schon viel zu lange her, seit wir das letzte Mal eine Frau hatten.“

„He!“, rief Falk entrüstet vom Boden her. „Schämt ihr euch nicht, so mit einer Dame zu sprechen?“

Der Straßenräuber mit der Stachelkeule grinste und entblößte dabei einen Mund voll schlechter Zähne. „Tut mir Leid, Jungchen, aber ich sehe hier weit und breit keine Dame!“ Er wandte sich an seine Kumpane. „Ihr etwa?“ Sie schüttelten grinsend die Köpfe. Auch wenn sie instinktiv einen gewissen Respekt vor Zara empfanden, so schienen sie in der hoch gewachsenen jungen Frau doch keine nennenswerte Bedrohung zu sehen. Im Gegenteiclass="underline" Mit jeder Sekunde, die verstrich, wurden die Blicke der Männer gieriger, verlangender, und Zara wurde klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis die zerlumpten Gesellen wie ein Rudel ausgehungerter Hyänen über sie herfielen.