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Die Bestie fauchte wütend, als sie erkannte, dass ihre Beute sie zum Narren gehalten hatte, wirbelte herum – und stieß ein schmerzerfülltes Kreischen aus, als sich die vorstoßenden Klingen handbreit in ihre Brust bohrten. Schwarzes, dickflüssiges Blut quoll aus den Wunden, doch ehe Zara dazu kam, die Klingen tiefer in den Leib der Bestie zu rammen, schlug das Monster voll blinder Wut mit der rechten Pranke zu. Die Vampirin versuchte zwar noch, dem Hieb auszuweichen, doch sie war zu langsam.

Die messerscharfen Krallen zerfetzen ihr Gewand, gruben sich tief in ihre Seite, zogen fünf parallele Furchen in ihr Fleisch, von ihrer linken Schulter bis hinunter zum Nabel. Zara erstarrte, schier überwältigt vor Pein, und für einen Moment wurde ihr schwarz vor Augen. Wie aus weiter Ferne hörte sie jemanden laut aufschreien, und es dauerte einen Moment, bis ihr bewusst wurde, dass sie selbst es war, die schrie. Sie blinzelte, versuchte, die Benommenheit abzuschütteln, und wich wankend zurück; die Schwertklingen glitten aus dem Fleisch der Bestie, kleine blutende Wunden hinterlassend, die in dem gewaltigen Brustkorb des Ungetüms winzig wie Mückenstiche wirkten. Die Bestie blieb einen Moment, wo sie war, als würde sie sich überlegen, was sie tun sollte. Ihre roten Augen folgten jeder Bewegung der Vampirin, und als wüsste das Ungetüm genau, dass sich ihm keine bessere Gelegenheit bieten würde als jetzt, da der Schmerz Zara fest in seinen Klauen hielt und ihr Blickfeld von schwarzen Schleiern getrübt war, stieß die Bestie erneut dieses wütende, durchdringende Brüllen aus, schüttelte ihren gewaltigen Schädel – und sprang mit gefletschten Zähnen vor, um die Sache zu Ende zu bringen.

Zara sah das Ungetüm durch den trüben Schleier ihrer Benommenheit wie eine Mauer aus Fleisch, Muskeln und Klauen auf sich zukommen, sah die gebleckten Zähne und die funkelnden roten Augen, sah, wie die gewaltige Pranke, an der noch ihr Blut klebte, erneut in einem kraftvollen Bogen auf sie zuschoss, und beugte ihren Oberkörper mit unglaublicher Anmut und Schnelligkeit nach hinten, sodass die Tatze nur Millimeter über ihr Gesicht hinwegpfiff, so nah, dass die Spitzen der Krallen ihre linke Wange ritzten. Im nächsten Moment schnellte Zara schon wieder hoch – nur um geradewegs in den Hieb der anderen Pranke zu geraten, die von rechts herangewischt kam. Und diesmal blieb es nicht bei ein paar oberflächlichen Kratzern: Die rasiermesserscharfen Krallen trafen die Vampirin mit solcher Wucht, dass es sie von den Füßen riss. Während der Schmerz alles verzehrend über sie hinwegtoste und ihr Gehirn in einem Inferno der Pein zu sprengen drohte, flog Zara mit hilflos wedelnden Armen nach hinten. Als sie neben der Eiche hart auf dem Boden schlug, entglitt eines ihrer Schwerter ihren Fingern, fiel klirrend auf den Fels, rutschte über den Rand des Plateaus und verschwand in der Tiefe. Doch das bekam Zara kaum mit. Alles, was sie wahrnahm, war Schmerz: gleißender, so überwältigender Schmerz, dass er die ganze Welt auszufüllen schien. Ihre Seite, ihr Kopf, ihr ganzer Körper schien lichterloh in Flammen zu stehen, eine einzige lodernde Quelle der Pein, die sie in den Irrsinn treiben wollte. Wahnsinnig vor Schmerzen – jetzt wusste sie, was das bedeutete ...

Stöhnend wand sie sich am Boden, kaum mehr bei Sinnen. Es war sonderbar; obwohl sie einerseits das Gefühl hatte, jemand hätte sie mit Salzsäure übergossen, die sich brennend und siedend durch ihren Körper fraß, spürte sie gleichzeitig eine unheimliche Kälte, die von innen nach außen durch ihren gepeinigten Leib zu dringen schien und ihre Glieder lähmte, und trotz ihrer Benommenheit war Zara bewusst, dass sie erledigt war, wenn sie zuließ, dass die Kälte die Oberhand gewann; wenn sie einfach nur hier liegen blieb und nichts tat; wenn sie nur darauf wartete, dass all dies ein Ende fand. Doch so verlockend die Aussicht auch war, den Schmerz hinter sich zu lassen und nichts mehr zu fühlen, sie kämpfte gegen die Kälte und die Lähmung an. Sie hatte noch nie in ihren zwei Leben aufgegeben, weder in ihrem richtigen noch in ihrem untoten, und das würde sie auch jetzt nicht!

Als sie mühsam den Kopf hob und mit tränenverschleierten Augen zu Wanja sah, die reglos und blutüberströmt in ihren Fesseln hing, wusste sie, dass sie so nicht enden wollte. Sie wollte leben, um jeden Preis, egal, wie schmerzvoll dieses Leben auch sein mochte!

Der Überlebenswille loderte in ihrem Inneren auf wie eine Flamme, so heiß, dass ihre Hitze selbst die Schleier der Benommenheit verbrannte. Die Vampirin wälzte sich schwerfällig auf den Rücken, und mit jedem hektischen Blinzeln sah sie ein wenig besser. Doch was sie sah, ließ sie beinahe erneut verzweifeln, denn schon stapfte die Bestie wieder auf sie zu, langsam, ohne Eile, sich ihrer Beute gewiss. In den kalten roten Augen lag fast so etwas wie Häme, als sich die Kreatur über der am Boden liegenden Frau aufbaute und die Zähne bleckte. Die Kiefer öffneten sich, das Maul gähnte über ihr wie ein Abgrund, tief und schwarz wie die Ewigkeit, und dann war da wieder dieser stinkende Odem nach geronnenem Blut und verwesendem Fleisch. Der gewaltige Kiefer schoss auf sie zu, um nach ihrem Kopf zu schnappen und ihn zu zermalmen – und Zara riss mit einer Hand ihr verbliebenes Schwert hoch und stieß es der Bestie mit aller Kraft, die noch in ihr steckte, in den Oberschenkel des rechten Vorderlaufs.

Die beidseitig geschliffene Klinge drang tief ein. Zara spürte, wie der Stahl am Knochen entlangschrammte, und riss den Griff mit der Kraft der Verzweiflung nach rechts. Die Klinge durchtrennte Adern, Muskelstränge und auch die Beinsehnen.

Die Bestie jaulte auf, als der Vorderlauf unter ihrem Gewicht nachgab und die Kreatur zusammensackte wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte. Schnaufend richtete sich das Biest wieder auf, und humpelnd zog es sich zurück, so hastig, dass es Zara beinahe das Schwert aus der Hand riss, so tief steckte die Klinge im Oberschenkel der Kreatur. Während sie sich langsam aufrappelte, noch immer halb von Sinnen vor Schmerzen, schwankte die Bestie unsicher hin und her, wie ein Matrose bei schwerem Seegang. Der riesige kahle Schädel schwang ruckartig von einer Seite zur anderen, die Bestie kämpfte mühsam darum, ihr Gleichgewicht zu halten. Blut rann aus den durchtrennten Adern das Bein hinab und benetzte bei jedem Schritt den Schnee. Es hatte wieder stärker zu schneien begonnen, und Tausende zarter schlohweißer Flocken umwirbelten sie, als sich Zara mühsam auf die Beine stemmte, ihr Schwert als Stütze benutzend. Ihre linke Gesichtshälfte war über und über mit Blut besudelt, das in warmen, klebrigen Rinnsalen ihren Hals hinabrann. Bei jeder Bewegung klaffte die Wunde in ihrer Seite auf. Doch Zara biss die Zähne zusammen, das Schwert halb erhoben, die freie Hand gegen ihre verletzte Seite gepresst; Blut quoll zwischen ihren Fingern hervor.

Die Vampirin starrte die Bestie an, die rückwärts vor ihr zurückwich, wobei sie den verletzten Vorderlauf merklich nachzog, doch die funkelnden roten Augen loderten noch immer vor Hass, und zwischen den halb geöffneten Kiefern drang ein tiefes, gutturales Knurren hervor – eine unmissverständliche Warnung, nicht näher zu kommen.

Doch Zara zeigte sich unbeeindruckt, selbst wenn es ihr schwer fiel, sich auf den Beinen zu halten, doch das ließ sie sich nicht anmerken. Keine Schwäche zeigen, sagte sie sich, das Biest wittert deine Schwäche... Sie hatte einen metallischen Kupfergeschmack im Mund und spie blutigen Speichel in den Schnee. „Ich steh zwar auf Blut“, sagte sie düster, „aber nicht auf mein eigenes ...“ Ohne das Biest aus den Augen zu lassen, hob sie das Schwert. „Na, los!“, grollte sie. „Bringen wir’s hinter uns!“

Die Worte waren kaum über ihre Lippen, als sie auch schon einen Satz nach vorn machte, das Schwert hoch über den Kopf schwang und mit einem angestrengten Keuchen zuschlug. Die Klinge sauste als stählerner Blitz hernieder, doch offenbar hatte das Biest ihr nur vorgemacht, es habe Angst vor ihr, denn plötzlich wirbelte das Untier herum, und der armdicke Schwanzstumpf peitschte Zara entgegen wie eine Schlange. Ohne zu überlegen, hieb sie erneut zu, trennte eine weitere Handbreit Schwanz ab – und wurde unversehens von den Hinterbeinen der Kreatur erwischt, als die Bestie austrat wie ein störrischer Esel. Die mächtigen Pranken trafen sie mit ungeheurer Wucht in den Bauch und rissen Zara von den Füßen. Wie eine Strohpuppe segelte sie nach hinten und krachte rücklings gegen den Fels. Sofort kamen die Boten der Benommenheit wieder aus ihrem Versteck, doch Zara schüttelte sie ab – und schrak mit weit aufgerissenen Augen zurück, als sich die Bestie vor ihr auf einmal mit einem wütenden Knurren auf die Hinterbeine aufrichtete, wie ein Hund, der Männchen macht. Plötzlich überragte die Kreatur Zara um nahezu fünf Köpfe, ein gewaltiges Monstrum, das wütend knurrend mit beiden Vordertatzen nach ihr schlug.