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Stirb endlich, du elendes Scheusal!“

Die Schwertklinge drang fast senkrecht in den Kopf der Bestie ein, mit solcher Wucht, dass sie die dicke Schädeldecke durchstieß und an der Unterseite des Schädels wieder zum Vorschein kam.

Die Bestie stieß ein durchdringendes, unmenschliches Kreischen aus, das Zara in den Ohren schmerzte, und bäumte sich auf. Zara wurde vom Rücken der Kreatur beschleudert, die wild um sich schnappte, und landete ein paar Schritte weiter im Schnee. Sie krabbelte hastig weiter zurück, als sich die funkelnden roten Augen der Kreatur auf sie richteten und die Bestie schwankend auf sie zukam, das Schwert noch immer senkrecht im Kopf, und einen endlosen Moment fürchtete die Vampirin, dass selbst das die Bestie nicht umbrachte, dass die Bestie tatsächlich unsterblich war, so wie es Salieri und die ängstlichen Einwohner von Moorbruch behauptet hatten. Dann jedoch geriet die Bestie ins Straucheln, die Beine unter dem gewaltigen Körper gaben nach, und mit einem letzten dumpfen, irgendwie resignierten Grollen krachte sie keine drei Schritte vor Zara in den Schnee. Eine letzte stinkende Atemwolke drang aus den Nüstern des Tiers, um in der kalten Morgenluft zu Nichts zu vergehen. Schließlich lag die Bestie ruhig, und plötzlich war es, als würde die Welt stillstehen; alles, was sich rührte, war der Schnee, der lautlos vom Himmel fiel, und das Blut, das aus einem Dutzend kleiner und großer Wunden in den Schnee rann.

Der Augenblick zog sich wie magisch dahin, obwohl nichts Magisches daran war; es war nur die reumütige, dankbare Stille nach einem schweren Kampf, den man mit heiler Haut überstanden hatte.

Nun ja, mit fast heiler Haut...

Zara verzog das Gesicht, als der Schmerz jetzt, da sie den Kampf hinter sich hatte, mit großer Wucht zurückkehrte und jeder Knochen ihres Leibes gleichzeitig vor Pein aufzuschreien schien. Sie hob keuchend den Kopf, das Gesicht von Blut und Dreck verschmiert, und starrte durch den Vorhang ihrer Haare auf die Bestie hinab, die reglos zu ihren Füßen lag. Erst jetzt, da das Biest reglos dalag, wurde das ganze Ausmaß seiner Monstrosität deutlich, doch das Untier war tot – das war alles, was zählte.

Sie trat neben den Kadaver, zog mit einem Ruck ihr Schwert aus dem Schädel und schaute zu Wanja hinüber, die blutüberströmt in ihren Fesseln hing. Ihr Kopf war nach vorn gesackt, sodass ihr Kinn auf ihrer Brust ruhte, und ihre Augen waren geschlossen. In ihrer Brust klaffte eine tiefe Wunden, und doch ... Auf eine schreckliche, unbeschreibliche Art wirkte sie wunderschön, wie ein Engel, der daraufwartet, seine weißen Schwingen auszubreiten und zum Himmel emporzusteigen. Zara konnte nur hoffen, dass Wanja dort ein schöneres, ausgefüllteres Leben führen würde, als es ihr hier auf Erden zuteil geworden war. Wenn es bei alldem überhaupt einen Trost gab, dann vielleicht diesen.

An der Rückseite des Felsen entdeckte Zara einen Hang, über den man den Waldboden erreichen konnte, ohne klettern zu müssen. Jahn hatte die gefährliche Kletterei vorhin wahrscheinlich nur auf sich genommen, weil über diesem Pfad bereits die Bestie zum Plateau hochgetrottet war; er hatte die irrsinnige Hoffnung gehegt, eher bei Wanja anzugelangen als das Untier.

Zara nahm den Pfad nach unten und ging zu ihren Gefährten. Falk und Ela schauten sie aus großen Augen an. Jahn lag am Boden, sein Gesicht weiß wie Kreide. Falk hatte seinen Arm notdürftig verbunden und dafür einen Teil seines Hemdes geopfert.

Auch er starrte sie an, und über seine zitternden, blutleeren Lippen floss nur ein Wort, ein Name: „Wanja ...?“

Zara schüttelte nur den Kopf.

Seine Miene zuckte, und tausend Emotionen gleichzeitig spiegelten sich auf seinen Zügen wieder. „O nein ...“, murmelte er immer wieder mit heiserer Stimme. „O lieber Gott, nein ...“ Vor noch nicht allzu langer Zeit hatte ihm die Bestie die jüngste Schwester genommen, jetzt hatte er auch die Frau verloren, die er liebte.

Zara ging neben ihm in die Knie. „Es tut mir Leid“, sagte sie leise. „Ich konnte sie nicht retten ...“

Jahn sah zu ihr auf, doch wenn sie erwartet hatte, Hass darin zu sehen, weil sie seine Geliebte hatte sterben lassen, irrte sie; da war bloß eine endlose Traurigkeit, die ihr wie ein Messer ins Herz schnitt, und eine Ahnung der grauenvollen Einsamkeit und Leere, die jetzt in seinem Inneren herrschte. Er hatte das Kostbarste verloren, was er auf der Welt besessen hatte, und es gab nicht, was er tun konnte, um es wiederzuerlangen. Es war für immer verloren, vollkommen und unwiederbringlich, von jetzt an bis in alle Ewigkeit.

Diese Erkenntnis hatte schon ganz andere um den Verstand gebracht.

Zara hätte ihm gern geholfen, ihm gesagt, dass alles gut werden würde, dass das Leben weiterging ... Doch ihr war klar, dass nichts, was sie sagen oder tun konnte, den Schmerz und den Kummer des jungen Mannes lindern würde. Deshalb blieb sie einfach nur schweigend neben ihm knien.

Endlose traurige Minuten später stieg sie dann zusammen mit Falk zurück auf das Plateau, wo der Kampf gegen die Bestie stattgefunden hatte; Ela blieb bei Jahn und kümmerte sich um den gebrochenen jungen Mann.

Zara besah sich das Untier, unter dem sich ein wahrer See aus Blut gebildet hatte, der in der Kälte dampfte. Sie starrte den gewaltigen Schädel der Kreatur an, in dem die roten Augen staken wie Rubine in einem unförmigen Tonklumpen, und selbst jetzt noch schien das Biest Zara hasserfüllt anzustarren. Zara lief ein eisiger Schauder über den Rücken; soviel Bosheit auf einmal hatte sie selten gesehen.

„Unfassbar“, raunte Falk, der neben Zara stand und den monströsen Kadaver ebenfalls anstarrte. „Was ist das für ein Ding?“

„Ein Wargh-Wolf’, sagte Zara düster.

Falk runzelte die Stirn. „Ein Wargh-Wolf? Nie davon gehört.“

„Kein Wunder“, sagte Zara. „Wargh-Wölfe gelten als ausgestorben. Ursprünglich waren es gewöhnliche Grauwölfe, doch dann gerieten sie den Dunkelelfen in die Finger, die sie über die Jahrhunderte hinweg in den düsteren Zwingern von Mhurag-Nar mit anderen Spezies kreuzten, um eine neue, stärkere und blutrünstigere Art zu züchten, die allein einem einzigen Zweck diente.“

„Um Jagd auf Unwürdige zu machen“, mutmaßte Falk.

Zara nickte. „Bei der Schlacht um Mhurag-Nar schickten die Dunkelelfen eine Hand voll dieser Kreaturen gegen unsere Armeen in die Schlacht, und viele von uns fanden durch ihre Krallen den Tod. Wir ließen keine am Leben, und seitdem habe ich nie wieder einen gesehen.“

„Bis jetzt“, sagte Falk.

Zara schüttelte den Kopf. „Diese Kreatur hier war um einiges größer und stärker als die Wölfe von Mhurag-Nar, viel widerstandsfähiger, und auch sonst sieht die Bestie anders aus.“ Sie stieß den Kadaver mit der Stiefelspitze an. „Irgendetwas hat diese Kreatur – verwandelt.“

„Aber wie?“, wollte Falk wissen.

„Magie“, sagte Zara düster. „Schwärzeste, verbotene Magie.“ Mit knappen Worten erzählte sie ihm von dem Hexenpulver, das sie bei der Leiche von Drusilla von Drake gefunden hatte, und schloss mit den Worten: „Irgendjemand hat diese Kreatur erschaffen, und zwar zu einem ganz bestimmten Zweck. Das hier ist Menschenwerk“, schloss sie, „nicht das eines Gottes.“

„Wie auch immer“, sagte Falk. „Die Bestie ist tot.“ Er sah hinüber zu Wanja, und Trauer umwölkte seinen Blick. „Und Wanja hat ihren Teil dazu beigetragen. Dafür sollten wir dankbar sein.“

Zaras Blick glitt über die Baumwipfel in Richtung Moorbruch; ihre Miene wurde hart. „Jemand wird dafür bezahlen.“ Dann verengten sich ihre Augen plötzlich zu Schlitzen. „Was war das?“

Falk runzelte die Stirn. „Was war wa...“, sagte er und brach ab, denn nun hörte auch er es.

Ein dunkles, gutturales, auf- und abschwellendes Grollen, wie in der Ferne rollender Donner.

Doch es war kein Donner.

Es war Knurren.

Ein vielstimmiges aggressives Knurren, so düster, so bösartig, dass sich Zaras Kopfhaut zusammenzog. Ihre Nackenhaare sträubten sich, und unwillkürlich schlössen sich ihre Finger fester um den Griff ihres Schwerts.