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»Wollen Sie mir daran die Schuld geben, Colonel?«, fragte Morgan.

»Natürlich nicht, Colonel

Drakon gab ein Zeichen, um dem Streit ein Ende zu setzen. »Sie haben beide gute Arbeit geleistet. Colonel Malin konnte das Signal orten, und Colonel Morgan hat den Absender dingfest gemacht. Aber beim nächsten Mal möchte ich, dass das nicht wieder so dramatisch inszeniert wird, Colonel Morgan. Nicht mal annähernd so dramatisch. Sie mussten wissen, dass der Leibwächter der Präsidentin Sie als Bedrohung ansehen würde.«

Sie grinste breit. »Ich bin ja auch eine Bedrohung.«

»Nur dann, wenn ich Ihnen sage, dass Sie auf jemanden losgehen sollen. Ist das klar?«

»Ja, Sir. Jawohl, Sir.« Morgan drehte sich zu Malin um und warf ihm einen listigen Blick zu. »Sie werden wohl alt. Ich hätte das halbe Kommandozentrum ausschalten können, so lange, wie Sie gezögert haben.«

Malin erwiderte ihr Lächeln. »Ich mag ja biologisch nur ein Jahr älter sein, aber in Sachen Reife gebe ich unumwunden zu, dass ich Ihnen um ein Vielfaches voraus bin.«

»Schluss damit«, ging Drakon dazwischen. »Morgan, eine solche Aktion wie gerade eben will ich von Ihnen nie wieder erleben. Und jetzt nehmen Sie sich die Konsole der Controllerin vor und sehen Sie, was Sie da finden können. Malin, Sie scannen planetenweit die Systeme nach Hinweisen darauf, ob von dieser Konsole noch irgendetwas ausgelöst worden ist.«

Während die beiden sich an die Arbeit machten, ging Drakon zu Iceni, die nicht in guter Stimmung zu sein schien, obwohl der Verursacher der Nachricht an die Syndikat-Flotte verhaftet worden war.

»Falls diese Frau«, begann Iceni in dem frostigen Tonfall, in dem ein CEO üblicherweise einem Untergebenen ein Todesurteil verkündete, »in meiner Gegenwart noch einmal so auftritt, werde ich sie als eine unmittelbare Bedrohung ansehen und entsprechend behandeln.«

Drakon hielt inne, da er wusste, wie das gemeint war. Seine Loyalität gegenüber Morgan brachte ihn in einen Konflikt mit seiner sich entwickelnden Beziehung zu Iceni. Zähneknirschend musste er zugeben, dass Iceni allen Grund hatte, wütend zu sein. »Ich dachte, wir sind uns einig. Keine Hinrichtungen und Attentate, wenn wir nicht der gleichen Meinung sind.«

»Diese Vereinbarung hat für Leibwächter keine Gültigkeit, General Drakon. Fangen Sie mit mir keine Haarspaltereien an. Wenn sie so etwas noch mal macht, ist sie tot.«

Wut und Starrköpfigkeit regten sich in ihm, und er hatte Mühe, beide Empfindungen unter Kontrolle zu halten. »Es wird nicht wieder vorkommen. Aber falls Ihr Assistent sich Morgan vornimmt, könnte es passieren, dass Sie eher ihn verlieren als ich Morgan.«

War das Enttäuschung, die da für einen Moment in ihren Augen aufblitzte? Was immer es war, sie überspielte es rasch mit unbändigem Zorn. »Sie drohen mir? Sie drohen meinen engsten Mitarbeitern? Jetzt und hier?«

»Nein.« Sein eigener Widerwille steigerte sich mit jedem ihrer Worte und sorgte dafür, dass seine nächste Äußerung nicht so überlegt über seine Lippen kam, wie es eigentlich der Fall hätte sein sollen. »Die Angelegenheit wurde ungeschickt gehandhabt, aber niemand hatte die Absicht, Sie zur Zielscheibe zu machen. Das muss Ihnen wohl auch klar sein.«

»Verwenden Sie nicht das Wort ›muss‹, wenn Sie mit mir reden, General. Ich bin nicht dazu verpflichtet, so zu handeln oder zu denken, wie ein anderer das von mir erwartet.«

Sie wurde immer wütender, das Gleiche galt für ihn. Gib endlich auf, du Idiot. Wenn du weiter gegen diese Wand anrennst, holst du dir bloß noch einen Schädelbruch. »Vielleicht sollten wir darüber später diskutieren.«

»Ja, vielleicht.« Iceni ließ ihren Blick über das Kommandozentrum schweifen. »Ich werde mich in mein Büro zurückziehen und von dort aus alles Weitere mitverfolgen.«

Sie stürmte nach draußen, während Drakon vor Wut kochend dastand und sich vorkam, als hätte er dieses Gefecht verloren, auch wenn sie es war, die das winzige Schlachtfeld verlassen hatte. Mit finsterer Miene betrachtete er das Kommandozentrum und suchte nach etwas, worauf er seine Verärgerung richten konnte, doch jeder gab zumindest vor, völlig in seine Arbeit vertieft zu sein. Verdammt, Morgan, kannst du nicht wenigstens ab und zu deinen Verstand gebrauchen? Und warum will Iceni nicht begreifen, dass alles nur ein Missverständnis war?

Morgan muss doch klar gewesen sein, dass ein solcher Auftritt Iceni wütend machen würde, und zwar wütend auf sie und auf mich …

Natürlich hat sie es gewusst. Verflucht! Wir beide werden ein langes Gespräch führen müssen, Colonel Morgan.

Es kostete sie all ihre Willenskraft, nicht die Tür hinter sich zuzuschmeißen, als sie in ihr Büro zurückkehrte. Es gelang ihr nur mit Mühe, die Tür ohne jenen Kraftaufwand zu schließen, der andere zu unpassenden Spekulationen über ihren Gemütszustand veranlasst hätte.

Dieser Idiot! Ihm muss doch klar sein, wie das ausgesehen hat! Diese Frau hat mich bedroht! Jeder andere an ihrer Stelle wäre jetzt schon tot.

Ich dachte, sie ist klug. Malin hat immer betont, wie klug sie ist. Warum sollte jemand mit so viel Verstand sich so unglaublich dumm verhalten …?

Weil dieser Jemand das mit voller Absicht macht?

Iceni zwang sich zur Ruhe, setzte sich an den Schreibtisch und starrte vor sich hin, während sie ihre Gedanken zu ordnen versuchte. Über dem Tisch zeigte das Display, wie sich die Enigmas und Black Jacks Flotte allmählich näher kamen, auch wenn das tatsächliche Zusammentreffen noch eine ganze Weile auf sich warten lassen würde. Um die Zeit bis dahin sinnvoll zu nutzen, beschloss Iceni, sich doch weiter mit dem Fall Morgan zu befassen.

Was, wenn das Ganze Absicht gewesen ist? Die enttarnte Agentin war ein willkommener Deckmantel für Morgans Auftritt. Ein solches Verhalten könnte mit dem Vorsatz demonstriert worden sein, mich zu einem Angriff auf sie zu provozieren.

Morgan kennt Drakon. Er ist loyal bis zum Äußersten. Er wurde nach Midway ins Exil geschickt, nachdem er einer seiner Untergebenen in dem Moment zur Flucht verhalf, als die Schlangen einen Verdacht gegen sie hegten. Nachweisen konnten die Schlangen ihm das zwar nicht, aber das hat sie nicht davon abgehalten, ihn hierher zu verbannen.

Sie wusste mithin genau: Wenn ich einen von Drakons Untergebenen angreife, wird er diesen Untergebenen reflexartig verteidigen. Aber warum sollte Morgan das wollen? Um einen Keil zwischen Drakon und mich zu treiben. Sie sieht, wie gut wir zusammenarbeiten. Vielleicht hat dieser Mann Morgan tatsächlich erzählt, dass wir eine Beziehung haben. Eine Arbeitsbeziehung, meine ich.

Morgan hat mir eine Falle gestellt, und ich als erfahrene CEO bin auch prompt hineingetappt. Zumindest in einem Punkt hatte Malin recht: Ich darf Morgan nicht unterschätzen.

Malin … Er hatte etwas gesagt, das sie hatte aufhorchen lassen. Was war es nur? Etwas über … über sein Alter! »Ich mag ja biologisch ein Jahr älter sein.«

Das war es! Welchen Grund sollte es für Malin geben, auf sein biologisches Alter in Relation zu Morgans Alter einzugehen, außer natürlich, er war mit ihrer Vorgeschichte vertraut? Malin musste wissen, dass Morgan in Wahrheit rund zwanzig Jahre älter war, als ihr Aussehen es vermuten ließ. Während einer selbstmörderischen Mission gegen die Enigmas hatte sie diese Zeitspanne im Kälteschlaf verbracht, und nachdem die Mission schließlich abgebrochen worden war, hatte man lediglich sie und eine weitere Freiwillige lebend bergen können. Aber die Mission und Morgans vorgesehene Rolle galten nach wie vor als Verschlusssache, und das auf einer Ebene, auf die Malin gar nicht hätte zugreifen dürfen. Drakon selbst gehörte auch nicht zu jener Sorte von Vorgesetzten, die dem einen Untergebenen vertrauliche Informationen über einen anderen Untergebenen weitererzählten.