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»Geben Sie mir Ihre Einschätzung«, forderte sie ihn auf, wobei sie wusste, dass ihre Stimme schroffer klang als üblich. »Daten kann ich so gut lesen wie jeder andere auch. Aber ich will wissen, was sie bedeuten.«

Der Supervisor schluckte nervös, ehe er weiterredete. »Madam Präsidentin, man kann aus dem Verhalten folgern, dass sich etwas in der neuen Allianz-Formation befindet, das die Enigmas unbedingt zerstören wollen. Dieses Etwas befindet sich genau im Zentrum der Formation.«

Drakon zeigte auf das Display. »Die Versorgungsschiffe sind allesamt rund um das Zentrum der Formation angeordnet, und genau da befindet sich auch dieses riesige Dings.«

»Dahin wollen sie«, sagte Iceni. »Sie haben recht, das ist ihr Ziel. Was immer das Objekt da auch sein mag, sie wollen es um jeden Preis zerstören. Darüber vergessen sie alle anderen Ziele.«

»Die Enigma-Formation zieht sich ebenfalls zusammen«, merkte Malin an.

»Jawohl, Sir«, entgegnete der Supervisor. »Sie wollen die Formation der Allianz rammen.«

»Das wird hässlich werden«, sagte Drakon. »Ich hasse solche Frontalattacken.«

Tatsächlich rasten beide Formationen aufeinander zu, sodass die Flotten einander rammen würden. Auf dem Display flammte ein richtiger Farbwirbel aus blitzenden Lichtern, Alarmsignalen und Warnzeichen auf, der auf einen ahnungslosen Betrachter sicherlich nur farbenprächtig gewirkt hätte. In Wahrheit jedoch standen diese Symbole für gewaltige Zerstörungen, die sich zudem auf engstem Raum abspielten. Schweigen machte sich im Kommandozentrum breit, da jeder das Geschehen auf dem Display verfolgte.

»Man sollte nie in der Absicht auf ein Schlachtschiff zufliegen, es zu rammen«, sagte Iceni schließlich, während die Systeme des Kommandozentrums noch damit beschäftigt waren zu analysieren, was sie an Daten geliefert bekamen. »Es sei denn, man schickt selbst auch ein Schlachtschiff los, auf das man notfalls auch verzichten kann.« Die Allianz-Streitmacht hatte einige Schäden hinnehmen müssen, doch die Enigma-Armada war regelrecht ausgeweidet worden, da von den dicht an dicht angeordneten Schiffen im Kern der Formation keines überlebt hatte.

Drakon nickte bedächtig. »Das werde ich mir auf jeden Fall merken.«

»General, wenn wir jemals in eine Situation geraten sollten, in der Sie mobile Streitkräfte befehligen, dann werden wir alle ernsthaft in Schwierigkeiten stecken«, erwiderte Iceni, die vor Erleichterung fast übermütig wurde. Die meisten Enigma-Schiffe waren zerstört worden, und die restlichen würden bestimmt …

»Die Enigma-Formation hat sich in kleinere Gruppen aufgeteilt«, meldete ein Wach-Spezialist besorgt. »Sie machen kehrt und nehmen Kurs auf … auf …«

Iceni starrte auf das Display und spürte, wie die Anspannung im Raum wieder anstieg. Eine Gruppe Enigma-Schiffe machte den Eindruck, als wolle sie zum Hypernet-Portal gelangen, wo der von den Kampfhandlungen bisher völlig unbehelligte CEO Boyens immer noch mit seiner Syndikat-Flotte wartete. Was mit Boyens geschah, war ihr herzlich egal. Aber wenn die Enigmas das Portal angriffen …

»Wir haben Abfangvektoren für die Schiffsgruppen der Enigmas ausgemacht. Eine Gruppe hat Kurs auf das Hypernet-Portal genommen, eine andere fliegt den Gasriesen an, und die letzte hat … diesen Planeten zum Ziel!«, brachte der Spezialist endlich heraus.

Alle drehten sich zu Iceni um, die nicht wusste, was sie tun oder sagen sollte, sich aber alle Mühe gab, nicht so beunruhigt dreinzublicken, wie sie sich in Wahrheit fühlte. Kommodor Marphissa und ihre Flotte mochten in der Lage sein, die Einrichtung der mobilen Streitkräfte im Orbit um den Gasriesen zu beschützen, denn die Einrichtung und das Schlachtschiff mussten das Ziel der Enigma-Schiffe sein, die Kurs auf den Gasriesen genommen hatten. Es gab keine Möglichkeit, die Gruppe aufzuhalten, die auf dem Weg zum Hypernet-Portal war. Ihre einzige Hoffnung war, dass Boyens etwas mehr Einsatz als Befehlshaber der mobilen Streitkräfte zeigte als bisher.

Aber sie konnte überhaupt nichts gegen die Enigma-Schiffe unternehmen, die sich dem Planeten näherten. Marphissas Flotte war zu weit entfernt, um sie noch abzufangen. Die Kriegsschiffe der Allianz — die Schlachtkreuzer, Leichten Kreuzer und Zerstörer — hatten ihre Formation aufgelöst und verfolgten die Enigmas, aber das war schon jetzt eine aussichtslose Verfolgungsjagd. Wenn die Enigmas der Planetenoberfläche nahe genug waren, konnte die planetengebundene Verteidigung sie unter Beschuss nehmen, dennoch sagte ihr ein ungutes Gefühl, dass die Enigmas für die Ausführung ihres mutmaßlichen Vorhabens gar nicht erst bis in Reichweite der Verteidigungsanlagen kommen mussten.

Ein grelles Alarmsignal flammte rot auf dem Display auf und drängte alles andere in den Hintergrund.

Drakon ballte eine Faust und sah Iceni an. »Ich kenne diesen Alarm.«

»Ja«, erwiderte sie und wunderte sich darüber, wie fest ihre Stimme klang. Das Display war etwas Mechanisches, das ohne Gefühlsregung alle Details des Todesurteils auflistete, von dem Iceni gehofft hatte, dass sie davon wie durch ein Wunder verschont bleiben würden. »Die Enigmas haben Projektile auf diesen Planeten abgeworfen. Insgesamt zweiundsiebzig, und jedes Einzelne mit einer erheblichen Masse. Eine Masse, die genügt, um die geringe Landfläche auf dieser Welt zu verwüsten und die menschliche Bevölkerung auszulöschen.«

»Was sollen wir unternehmen?«

»Wir können nichts unternehmen, General Drakon. Absolut gar nichts.«

Vier

»General«, sagte Malin aufgeregt. Er hatte sich unbemerkt Drakon genähert, während alle wie gebannt und voller Verzweiflung auf das Display starrten, das die für diese ganze Welt todbringende Nachricht übertrug. »Im Orbit befinden sich immer noch ein paar Frachter. Wir können Sie zu einem von ihnen bringen.«

»Sie wollten doch, dass ich bleibe«, erwiderte Drakon, der tiefe Verbitterung darüber verspürte, dass seine Hoffnungen für dieses Sternensystem auf eine solche Weise ein Ende nahmen.

»Da hat es auch noch etwas bedeutet, General. Jetzt ist das nicht mehr der Fall. Das Bombardement lässt sich nicht aufhalten. Sie können sich in Sicherheit bringen, und solange Sie leben, können Sie immer noch versuchen, aus den Ruinen etwas auferstehen zu lassen. Mit der Flotte unter dem Kommando von Kommodor Marphissa können Sie zum Beispiel in einem System wie Taroa Ihren Einfluss geltend machen.«

»Und meine Truppe, Colonel Malin? Was ist mit meinen Soldaten?«

»Wir bringen so viele wie möglich nach oben auf die Frachter, General.«

So viele wie möglich? Das würden ein paar hundert sein, ein paar hundert von Tausenden. Colonel Rogero würde vermutlich bis zum Ende bei seiner Einheit bleiben und mitansehen, wie die Projektile der Enigmas als feurige Geschosse vom Himmel fielen und beim Aufprall Rauchpilze in die Luft aufsteigen ließen. Colonel Kai würde ganz genauso handeln. Colonel Gaiene? Drakon konnte sich vorstellen, dass Gaiene das Bombardement mit einem Gefühl der Erleichterung aufnehmen würde, weil seine lang anhaltende Trauer dann endlich ein Ende nahm. Gaiene würde vermutlich aus Trotz sein Glas erheben und dem Projektil, das seinen Namen trug, einen Toast entgegenrufen. Er würde sein Ende mit eben jener Mischung aus Eleganz und Traurigkeit akzeptieren, die ihn in den letzten Jahren ausgezeichnet hatte. »Bran, ich glaube, ich möchte das nicht. Wie soll ich all diese Soldaten im Stich lassen, und all die Bürger, die auf uns gezählt haben, dass wir sie beschützen?«

»Sir, bei allem Respekt«, drängte Malin. »Es geht nicht um Sie. Es ist Ihre Pflicht, diesen Kampf fortzuführen, mit allem, was wir aus den Überresten dieser Welt noch bergen können.«

Morgan tauchte plötzlich auf der anderen Seite von Drakon auf. Sie zeigte eine überzogen überraschte Miene. »Sogar er liegt manchmal richtig. General, kommen Sie, wir müssen los. Wir haben noch etwas Zeit, bevor die Steine einschlagen und hier alles verwüsten. Aber sobald der Mob erfährt, was da vom Himmel kommt, wird es einen Aufstand geben, und sie werden versuchen, den Landeplatz zu stürmen.«